Fahrerflucht ohne Unfallschuld?

Hallo nochmal,

Sinn und Zweck des „Unfallflucht“-Paragraphen werden überall
damit beschrieben, daß man sich wegen evtl. rechtlicher
Ansprüche Dritter nicht der Identifizierung entziehen darf.
Genau das tut man aber nicht, wenn man sein Fahrzeug am
Unfallort beläßt.

Doch, tut man ggf. schon, denn der Fahrer muss ja nicht der
über das Kennzeichen ermittelbare Halter sein. Klassische
Variante: Fahrzeug bleibt stehen, Fahrer/Halter entfernt sich,
Halter meldet es als angeblich gestohlen, und bestreitet
natürlich, zum fraglichen Zeitpunkt gefahren zu sein.
Alternative: Halter gibt an Fahrzeug an nicht auffindbaren
Dritten verliehen zu haben, …

All das war wohl im beschriebenen Fall nicht gegeben. Außerdem wurde doch schon geklärt, daß die Haftpflichtversicherung des HALTERS die Schäden im Rahmen der Gefährdungshaftung in jedem Fall reguliert.

Ich habe das geschilderte Problem so verstanden:

  • Eine Schuld des Fahrers am Unfall ist nicht gegeben. Also ist der Fahrer aus dem Schneider.
  • Zivilrechtliche Ansprüche hat die Versicherung des Halters bereits geregelt.

Ich finde die Frage daher völlig berechtigt: Wieso denn dann den (am Unfall unschulidgen) Fahrer werden Unfallflucht belangen? Wessen Ansprüche sind durch sein Entfernen von Fahrzeug gefährdet worden?

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Hallo,

Hast Du denn Sinn dieses Forums verstanden???

Durchaus. Er besteht darin, auf eine Frage eine Antwort zu geben.

Da stellt jemand ein konkretes rechtliches Problem zur
Diskussion: „Kann man sich der Unfallflucht schuldig machen,
wenn man am Unfall keine Schuld trägt?“ Durchaus nicht
uninterssant.

Ja. Inzwischen hat sich die Diskussion jedoch ein wenig gewandelt. Die ursprüngliche Frage wurde bereits beantwortet (nicht durch mich, ich bin wie gesagt kein Jurist). Und nun hat der Ursprungsposter angefangen, über den Sinn der gesetzlichen Regelung zu diskutieren.

Jetzt kommst Du daher und konstruierst einen völlig anderen
Fall

Nö. Ich habe ausschließlich auf direkte Aussagen des Posters geantwortet. Magst Du das nicht nochmal nachlesen?

Bei uns in Berlin gibt es mehr Fahrrad-Rambos als man aushält.

Ach? Und das ist jetzt kein neuer Fall?

Gruß
loderunner

Anmerkung
Hallo,

  • Zivilrechtliche Ansprüche hat die Versicherung des Halters
    bereits geregelt.

Zum Zeitpunkt des Entfernens vom Unfallort auch schon?

Btw., was genau hat die zivilrechtliche Seite mit der strafrechlichen zu tun? Hältst Du den Fall eines Einbruchdiebstahls für abgeschlossen, nachdem die Versicherung den entstandenen Schaden bezahlt hat oder sollte der Dieb ggf. trotzdem bestraft werden?

Gruß
loderunner

Hallo nochmal,

All das war wohl im beschriebenen Fall nicht gegeben. Außerdem
wurde doch schon geklärt, daß die Haftpflichtversicherung des
HALTERS die Schäden im Rahmen der Gefährdungshaftung in jedem
Fall reguliert.

Du lebst in der Vergangenheit. Die erste Frage wurde doch schon längst beantwortet. Die nachgeschobene Frage ist viel genereller, und darauf bezog sich meine völlig korrekte Antwort.

Allerdings erzählst Du jetzt hier Unsinn, indem Du Zivil- und Strafrecht durcheinander wirfst. Die strafrechtliche Sanktionierung des § 142 StGB hat nichts damit zu tun, wer ggf. wie für einen zivilrechtlich zu verantwortenden Schaden aufzukommen hat/aufkommt. Es geht strafrechtlich ausschließlich darum, dass man als Beteiligter den Unfallort nicht verlassen darf, bevor alles aufgenommen ist. Schließlich sind da nicht nur Leute mit zweitem juristischen Staatsexamen beteiligt, die die Sache mit einem Blick perfekt einzuordnen wissen, sondern Otto-Normalverbraucher, der üblicherweise keinen Schimmer von Gefährdungs- und Verschuldenshaftung hat, …

Ganz abgesehen davon ist eine Unfalllage nur in den seltensten Fälle wirklich glasklar und einwandfrei. Zudem darf man auch nicht vergessen, dass die Unfallverursachung oft mit OWIs und Straftatbeständen in Zusammenhang steht. Genau hier kommt man zwar an das eigentliche Problem des § 142 StGB, aber der Gesetzgeber hat sich nun mal entschieden das Ding im Gesetz zu lassen (ist Teil von Freisslers besonderen Strafrechtsvorschriften zum Straßenverkehr), und damit ist es zu beachten.

Gruß vom Wiz

Hältst Du den Fall eines
Einbruchdiebstahls für abgeschlossen, nachdem die Versicherung
den entstandenen Schaden bezahlt hat oder sollte der Dieb ggf.
trotzdem bestraft werden?

Gruß
loderunner

Nee, natürlich nicht. Aber - irgendwie komme ich immer wieder auf die Ausgangsfrage zurück - hier war ja wohl durch Zeugenaussagen die Schuldfrage geklärt worden und zwar negativ.

Halten wir also fest, daß der Unfallflucht-Paragraph abstrakt ist und auch die bestraft, die zufällig in der Nähe eines Unfalls waren, damit nichts zu tun haben, solange der Unfallschuldige einfach nur behauptet, sie hätten etwas damit zu tun. Hinterher stellt sich zwar raus, daß das Humbug ist, dennoch reicht eine solche Aussage, sie als MÖGLICHE Unfallbeteiligte zu klassifizieren und damit dürfen nicht weggehen. Super Regelung, wenn man mal jemandem was Böses will…!

Hallo,

Super Regelung, wenn man mal jemandem was Böses
will…!

Das kannst Du praktisch über jedes Gesetz sagen, weil Gesetze nun einmal abstrakt sind und mit bösem Willen häufig missbraucht werden können.
Die Frage ist nur: Besteht bei dem jeweiligen Gesetz eine bessere Alternativmöglichkeit, ohne, dass dabei der bezweckte Schutz verloren geht. Das wäre vor der Kritik an einem Gesetz vorab zu klären.

Gruß
Dea

Hallo,

Super Regelung, wenn man mal jemandem was Böses
will…!

Die Frage ist nur: Besteht bei dem jeweiligen Gesetz eine
bessere Alternativmöglichkeit, ohne, dass dabei der bezweckte
Schutz verloren geht. Das wäre vor der Kritik an einem Gesetz
vorab zu klären.

Gruß
Dea

Natürlich: Es wäre doch ganz einfach. Stellt sich heraus, daß der Betreffende weder am Unfall Schuld ist, noch daß gegen ihn irgendwelche ziviltechtlichen Ansprüche bestehen, dann kann er sich der Unfallflucht nicht strafbar machen. Es muß dann - wie bei vielen anderen Gesetzen auch - jeder selbst entscheiden, ob er wartet, um auf Nummer sicher zu gehen oder geht. Letzteres mit dem Risiko, sich wegen Unfallflucht strafbar zu machen FALLS es doch straf- oder zivilrechtliche Ansprüche geben sollte.

Natürlich: Es wäre doch ganz einfach. Stellt sich heraus, daß
der Betreffende weder am Unfall Schuld ist, noch daß gegen ihn
irgendwelche ziviltechtlichen Ansprüche bestehen, dann kann er
sich der Unfallflucht nicht strafbar machen. Es muß dann - wie
bei vielen anderen Gesetzen auch - jeder selbst entscheiden,
ob er wartet, um auf Nummer sicher zu gehen oder geht.
Letzteres mit dem Risiko, sich wegen Unfallflucht strafbar zu
machen FALLS es doch straf- oder zivilrechtliche Ansprüche
geben sollte.

Siehst Du, und genau das wäre eine Lösung, die dem Schutzgut der Norm nicht gerecht wird.

Denn erstens soll eben gerade nicht jeder selbst entscheiden, ob der ein Risiko eingehen will oder nicht, weil es, iGz. anderen Normen, hier gerade darauf ankommt, dass vor Ort in der Situation der Vorfall geklärt oder zumindest so aufgenommen werden kann, dass alle Informationsquellen erreichbar wären. Dem Geschädigten ist das „Riskoeingehen“ des anderen nämlich egal, er hat einfach nur das berechtigte Interesse, dass ein potentieller Verursacher nunmal vor Ort bleibt.

Und zweitens wird bei dem Vorschlag übersehen, dass zu der Tat auch der Vorsatz gehört, es also regelmäßig zu langwierigen Strafprozessen allein deswegen kommen würde, weil nicht oder nur schwer zu klären ist, ob derjenige wusste oder jedenfalls in Kauf nahm, dass er an dem Unfall schuld war. Da das aber bereits zivilrechtlich ein erhebliches Problem ist, wäre ein solcher Vorsatznachweis noch schwieriger zu führen. Das Ergebnis wäre, dass sich faktisch fast jeder vom Unfallort entfernen kann, da ziemlich schnell bekannt würde, dass eine Bestrafung wegen Fahrerflucht mangels Vorsatznachweis praktisch nicht zu führen ist, in 99% der Fälle zugunsten des Angeklagten davon ausgegangen werden müsste, dass er sich einer „Schuld“ am Unfall nicht bewusst war (was idR. auch nach einer zivilrechtlichen Verurteilung noch der Fall ist - „Isch war aber im Rescht!“). Das wiederum würde dazu führen, dass der Schutzweck der Norm, die umfassende Aufklärung durch Anwesenheitspflicht der tatsächlichen und möglichen Beteiligten vor Ort zu ermöglichen, leerlaufen würde.

Das hat der Gesetzgeber auch gesehen und daher Gesagt: Ich mach ein Gesetz, das eben darauf abstellt, dass man grundsätzlich bei einem Unfall vor Ort bleiben muss, und eben nicht darauf, dass nur der vor Ort bleiben muss, der schuld war (und das auch weiß!). Und das ist vor dem voranstehend geschilderten auch die einzig sinnvolle Lösung. Und da Autofahren nunmal ein Risiko darstellt, muss eben auch in Kauf nehmen, bei einem Unfall vor Ort bleiben zu müssen.

Ergo: Der Vorschlag ist keine Alternative, bei der das Schutzgut der Norm erhalten bleibt.

Dea

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Stellt sich keine Schuld beim Autofahrer raus, kann der Radfahrer wegen Falschbezichtigung belangt werden. Jemanden einfach die Schuld aufschieben geht nun nicht. Nebenbei ist das mit dem Schadensersatz usw. auch noch so eine Sache.

Natürlich: Es wäre doch ganz einfach. Stellt sich heraus, daß
der Betreffende weder am Unfall Schuld ist, noch daß gegen ihn
irgendwelche ziviltechtlichen Ansprüche bestehen, dann kann er
sich der Unfallflucht nicht strafbar machen. Es muß dann - wie
bei vielen anderen Gesetzen auch - jeder selbst entscheiden,
ob er wartet, um auf Nummer sicher zu gehen oder geht.
Letzteres mit dem Risiko, sich wegen Unfallflucht strafbar zu
machen FALLS es doch straf- oder zivilrechtliche Ansprüche
geben sollte.

Kein Fachmann, trotzdem nicht D. Nuhr
Hallo,
wo ich als Laie hier mal eine Frage gestellt hab hinterlasse ich gleich mal ein Wenig meines Senfs.

Am Ende ist es wie immer im Rechtssystem ein Gericht entscheidet, ob hier eine Unfallbeteiligung allein dadurch gegeben war, weil jemand sich subjektiv irritiert fühlte.

Wenn das für den Beschuldigten wie meschuggenes suchen nach einem Schuldigen aussieht und er zu dem Urteil kommt, er sei kein Unfallbeteiligter - allenfalls in der Einbildung des Verunfallten und sich entfernt. Dann unterliegt dieses Privaturteil wie es so schön heißt der Überprüfung durch eine höhere Instanz, der richterlichen Überprüfung.

Der Richter kann dann vielleicht zu dem Urteil kommen der Kläger sei ein Fall für die Psychiatrie, aber wenn der Richter anderer Meinung ist, ist man u. U. dran. Sicher ist man nur, wenn man bei jedem noch so vagen Verdacht auf Unfallbeteiligung die Polizei abwartet.

Außerdem, wenn jemand wie hier geschildert haltlose Anschuldigungen gegen Dritte erhebt, wäre das vielleicht wiederum ein eigener Tatbestand.

Gruß
Werner

Am Ende ist es wie immer im Rechtssystem ein Gericht
entscheidet, ob hier eine Unfallbeteiligung allein dadurch
gegeben war, weil jemand sich subjektiv irritiert fühlte.

Genau ist das Problem und die Spezifik der Unfallflucht. Es kommt überhaupt nicht darauf an, ob man am Ende tatsächlich Beteiligter war oder nicht. Die Definition lautet „möglicher Beteiligter“. Und um ein „möglicher Beteiligter“ zu sein, reicht es ja aus, daß irgendwer das behauptet. Auch wenn sich hinterher 100 Zeugen finden, die aussagen, daß derjenige nichts damit zu tun hat, so ist er trotzdem wegen Unfallflucht zu verurteilen. (NB: Nicht wegen der Schuld am Unfall, dennoch wegen Unfallflucht.) Das widerspricht zwar jeglichem Rechtsempfinden, ist aber Gesetz.

Hallo,

das hat natürlich auch gewisse Grenzen im gesunden Menschenverstand oder sollte haben. Denn jeder Mensch auf dieser Welt ist ein möglicher Unfallbeteiligter.

Ich könnte mich sonst ja prophylaktisch einmal pro Tag bei der Polizei melden und mich erst mal selbst anzeigen, weil ich wahrscheinlich unabsichtlich und unbemerkt in irgendeiner Weise in irgendeinen Unfall verwickelt war.

Kleine Satire.

Gruß
Werner

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Du hast Sinn und Zweck der Norm einfach noch nicht verstanden. Erstens. Zweitens überdehnst du den Anwendungsbereich.

Levay

Du hast Sinn und Zweck der Norm einfach noch nicht verstanden.
Erstens. Zweitens überdehnst du den Anwendungsbereich.

Das lustige ist, und das erlebe und erlebte ich regelmäßig als Anwalt und nun in der Justiz, wie sehr die Menschen solche Normen auf einmal ganz anders und als völlig sinnvoll und berechtigt interpretieren, wenn sie selbst davon profitieren.

Gruß
Dea

Hallo,

Das Menschen praktisch alles Gut heißen, was ihnen Nutzt, sagt aber zunächst nur etwas über den Menschen aus (hier wohl seine Schwäche), nicht über die Sache.

Gruß
Werner

Hallo

Das Menschen praktisch alles Gut heißen, was ihnen Nutzt, sagt
aber zunächst nur etwas über den Menschen aus (hier wohl seine
Schwäche), nicht über die Sache.

Richtig. Umgekehrt führt aber daher auch oberflächliches Rumgenörel an bestimmten Sachen nicht zu der Erkenntnis, dass es bei der Sache ein Problem gibt.

Gruß
Dea