(vorneweg: meine erste Nachricht auf wer-weiss-was. Falls ich gegen die hier übliche Etikette verstosse, z.B. indem ich an mehrere Experten gleichzeitig schreibe, bitte ich das zu entschuldigen)
Gleich zuerst: der Fall /ist/ Fahrerflucht, das weiss ich bereits. Ich will nur eine Idee davon haben, was mich erwartet.
Habe auf einem Parkplatz beim Zurückfahren das Gefühl gehabt, ein anderes Auto berührt zu haben, bin ausgestiegen, und habe gründlich, aber wohl nicht gründlich genug nach Schaden gesucht und nichts gefunden.
Bin dann weggefahren (ein Fehler, ich weiss), etwas später am Tag kam die Polizei zur Haustür, denen ich dann gesagt habe was passiert ist (angefahren, nichts gesehen, wegefahren).
Jetzt liegt es, so wie ich es verstehe, am Staatsanwalt was passiert. Meine Frage: Was ist der übliche Verlauf in diesem Fall? Die Fakten sind wie oben beschrieben. Nochmal zusammenfassend: Zusammenstoss beim Parken, ich habe mich nicht selber bei der Polizei gemeldet, der Schaden ist laut Fahrzeughalter ein Lackabrieb (und ca. 600 Euro wert).
Nach welchen Gesichtspunkten entscheidet ein Staatsanwalt, ob es zur Verhandlung kommt, und welche Grössenordnung sind bei einem möglichen Bussgeld zu erwarten?
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort ist eine Straftat.
In der Regel gibt es eine Geldstrafe, Entzug der Fahrerlaubnis und 7 Punkte.
Wer in der Probezeit ist, muss zusätzlich ein Aufbauseminar besuchen und die Probezeit wird um weitere 2 Jahre auf 4 Jahre verlängert.
Hallo,
die StA entscheidet ob das Strafverfahren weitergeführt wird oder ob es sich nur um eine Ordnungswidrigkeit handelt. Es wichtige Sache ist immer die Höhe des Fremdschadens. War dieser bei sorgfältiger Nachschau erkennbar usw.?
Wird von der stA ein Strafbefehl erlassen ( Geldstrafe und bei hohen Fremdschäden natürlich auch Führerscheinentzug) kann man auf jeden Fall dagegen Einspruch einlegen.
zur Fahrerflucht selbst:
Fahrerflucht ist ein so genanntes Vorsatzdelikt. Das bedeutet, dass man dir den Vorsatz nachweisen muss. Nun ist ein Vorsatz nicht für Jeden ersichtlich denn er findet ja bekanntlich im Inneren des Menschen statt. Insofern benötigt der Staatsanwalt Anhaltspunkte für den Vorsatz. Der ist immer sehr schwer nachzuweisen. Erst Recht nicht, wenn der Unfallverursacher nach dem Bemerken des Anstoßes auch noch aussteigt. Indiz wäre nämlich, dass er einfach weiterfährt. In diesem Falle könnte man „unterstellen“ er hätte den Vorsatz, nicht erwischt werden zu wollen. Ist aber hier nicht der Fall. Insofern würde ich schon mal ruhig bleiben und einen guten Verkehrsrechtsanwalt suchen mit Fachgebiet Verkehrs- bzw. Strafrecht. Beides ist sogar noch besser weil die Verkehrsunfallflucht (im Volksmund Faherflucht) ein Delikt des Strafgesetzbuches und nicht der StVO ist.
Nun aber weiter zum Vorsatz: Der Staatsanwalt bzw. Richter braucht Anhaltspunkte für den Vorsatz. In dem geschilderten Fall hat offensichtlich ein Zeuge beobachtet was geschah und die Polizei alarmiert. Finde ich z.B. schon äußerst hinterlistig denn der Zeuge hätte sich z.B. auch bei Ihnen melden können und sich selbst vor Anruf bei der Polizei den vermeintlichen Schaden anschauen können. Hat er nicht getan; was bedeutet, dass der Zeuge sich nicht traute oder sogar „Dreck am Stecken“ hatte. Z.B weil es der Fahrzeughalter selbst war der nun versucht, seinen Kratzer den er vielleicht sogar etwas „erweitert“ hat, von der Versicherung ersetzt bekommen möchte. Wäre in dem Fall Versicherungs-betrug.
Ich selbst habe Unfälle in meinem Beruf nicht nur erforscht und Zeugenaussagen hierzu gemacht sondern war auch selbst einmal wegen Verkehrsunfallflucht dran. Ich rief, weil ich mir so ein Ding nicht so gern anhängen lassen wollte bei 110 an und erklärte, dass ich am, um, gegen … beim Ausparken gegen ein Fahrzeug gefahren sei, wobei aber kein Schaden entstand. Ich erklärte aber, dass mich mehrere Leute aus dem Fenster eines Wohnhauses beobachtet hätten die dann alle „plötzlich“ verschwunden waren als ich einen Zeugen direkt ansprach. Als ich nach 10 Minuten dann niemanden fand und wegen eines dringenden Termins weiter musste sicherte ich mich über den Anruf ab. Zumindest war ich bezüglich der Verkehrsunfallflucht auf der „sicheren Seite“ da ich den Unfall gemeldet hatte bei dem kein Schaden entstand. Der nette Polizist am Telefon fragte mich doch allen Ernstes, ob ich nicht selbst entscheiden könne, ob ein Schaden vorliegt oder nicht. Ich antwortete, dass kein Schaden vorlag und ich mich absichern möchte. Darauf hin der Polizist: „Wenn wir bei jedem Unfall ohne Schaden den Gutachter spielen würden, dann hätten wir viel zu tun. Es gibt eine klare Regel: Kein Schaden = Kein Unfall und ich solle weiterfahren.“
Besser ist´s wenn man natürlich einen Zeugen vor Ort anspricht der einem das bestätigt mit dem nicht erkennbaren Schaden. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer.
Ich gebe hier den Rat, herauszubekommen, warum der Zeuge sich nicht gemeldet hat sondern lieber direkt bei der Polizei angerufen hat. Dieser Zeuge ist wichtig, denn er muss bestätigen: a) dass du ausgestiegen bist und nachgeschaut hast um den „Vorsatz“ der Verkehrsunfallflucht zu entkräften. Damit wärst du schon raus aus dem Ding. Und b) wenn er nicht sagen kann ob ein Schaden da war, dann stinkt der Zeuge zum Himmel denn entweder ist er der Halter von dem angeblich beschädigten Fahrzeug selbst oder ein „guter Bekannter“ mit einer Gefälligkeitsaussage. Dann wäre diesem Versicherungsbetrug vorzuwerfen und schon ist der Zeuge unglaubwürdig.
Kann man alles allein machen, wenn man entsprechend rechtskundig ist. Wenn nicht dann lieber einen Anwalt beauftragen. Der bekommt auch auf jeden Fall die Daten vom Zeugen, was einem selbst persönlich schwerfällt. Wenn man allerdings bei der Polizei den Verdacht des Versicherungsbetruges erwähnt wird die sich ggf. schon um dieses Problem kümmern. Denn die Polizei ist gezwungen, Straftaten zu erforschen. Und wenn ihnen der Verdacht genannt wird, dann müssen sie ermitteln. Also nicht abspeisen lassen und eine Strafanzeige machen mit dem Verdacht, dass die Zeugenaussage eine Gefälligkeits-aussage ist. Für diese gibt´s vom Richter übrigens neben dem Versicherungsbetrug an dem derjenige auch noch beteiltigt wäre noch einen Zuschlag im Strafmaß wegen uneidlicher Falschaussage.
Ich wünsche viel Glück und stehe gern für weitere detaillierte Fragen zur Verfügung. Ich denke aber dies ist erst einmal der richtige Weg - vorausgesetzt natürlich, es war wirklich kein erkennbarer Schaden vorhanden. ICh wünsche viel Glück! Denn auch dies ist in unserem Rechtssystem wichtig, denn wie sagte Kurt Tucholski so treffend: „Ein Gericht spricht Urteile und nicht Recht!“ (Bitte nicht dem Richter ins Gesicht sagen sondern höchstens bemerken, dass einem soeben das Tucholski-Zitat eingefallen ist. Das reicht in der Regel und ist nicht vorwerfbar)