Falsch gelieferte Ware

In dieser vergifteten Atmosphäre möchte ich mich nicht lange aufhalten. Darum beschränke ich mich auf einen einzigen Beitrag.

Die Art der Rechtsfindung durch allgemeine Erwägungen, was recht und billig wäre, entspricht nicht der Rechtsfindung deutscher Jurisprudenz oder Rechtsprechung. Diese funktioniert durch Subsumtion eines Sachverhalts unter das Gesetz.

Die Lieferung des falschen Bettes meint ja wohl die Lieferung eines nicht bestellten Modells. Dazu heißt es in § 434 Abs. 5 BGB:

„Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete Sache liefert.“

Wir haben es (per Fiktion) mit einem Sachmangel und also mit einem Gewährleistungsfall zu tun. Und selbst wenn nicht: Ginge es etwa um die falsche Farbe, läge trotzdem ein Sachmangel vor (siehe § 434 BGB).

Die sich aus dem Gewährleistungsfall ergebenden Rechte stehen in § 437 BGB. Dass Nacherfüllung, also die Lieferung des richtigen Bettes, zu den Ansprüchen des Käufers gehört, dürfte unstreitig sein.

Seit dem 01.01.2022 sagt § 439 Abs. 6 S. 2 BGB:

„Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.“

Hinsichtlich der Frage, ob der Käufer das Bett bei Ablieferung hätte prüfen müssen, gebe ich zu bedenken, dass es eine Rügeobliegenheit (§ 377 HGB) nur für Kaufleute gibt.

Drei Fragen beziehen sich auf Schadensersatz.

Da Schadensersatz bedeutet, einen Schaden zu ersetzen, muss es einen Schaden geben. Worin der liegen soll, weil der Fragesteller auf der Couch schlafen muss, erschließt sich mir nicht. Dasselbe gilt für die Lagerung des neuen Bettes.

Zum Schaden können Anwaltskosten gehören. Eine Fristsetzung ist vermutlich nicht erforderlich. Der Ersatz der Anwaltskosten als Verzugsschaden setzt Verzug voraus, Verzug aber setzt keine Fristsetzung voraus (§ 286 BGB). Auch sonst spielt die Fristsetzung (durch den Käufer) seit 2022 für den Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) keine so große Rolle mehr. Denn § 475 Abs. 5 BGB lautet nun:

„Der Unternehmer hat die Nacherfüllung innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher ihn über den Mangel unterrichtet hat, und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher durchzuführen, wobei die Art der Ware sowie der Zweck, für den der Verbraucher die Ware benötigt, zu berücksichtigen sind.“

Das ändert aber nichts daran, dass sich die Fristsetzung empfiehlt.

Trivia:

Ausgerechnet jetzt, da ich mich zur Klärung der obigen Fragen in eine juristische Datenbank begeben habe, fand ich das einleitend von mir zum Maßstab der Rechtsfindung Gesagte in einer Formulierung des BGH bestätigt, die ich für den BGH außergewöhnlich finde; ich kann mich nicht entsinnen, dergleichen je von ihm gelesen zu haben. Es geht hierbei um Nutzungsherausgabe nach § 439 Abs. 6 BGB:

"Der BGH hatte zuvor bereits eine einschränkende Auslegung abgelehnt. Zwar sei die gesetzliche Regelung unangemessen, jedoch widerspräche eine teleologische Reduktion sowohl dem Wortlaut als auch dem eindeutig erklärten Willen des Gesetzgebers, sodass eine derartige Auslegung unter Berücksichtigung der Bindung der Rechtsprechung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht zulässig sei: Die Möglichkeit der Auslegung ende dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch trete.

Angesichts der Beschränkung der gesetzgeberischen Neuregelung den Verbrauchsgüterkauf muss es auch nach Auffassung des Verfassers für die übrigen Kaufverträge bei der Anwendung von § 439 Abs. 6 BGB bleiben, eine teleologische Reduktion für den Nicht-Verbrauchsgüterkauf scheidet angesichts des nunmehr wiederholt geäußerten klaren gesetzgeberischen Willens aus. Gleichwohl handelt es sich bei § 439 Abs. 6 BGB nach Ansicht des Verfassers um eine rechtspolitisch verfehlte Regelung, die zu einer einseitigen Belastung des Käufers führt."

Pammler in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 439 BGB (Stand: 01.02.2023)

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Ist es das in jedem Fall? Du hast zwei Beispiele für einen Mangel genannt. Was ist mit Mängeln, die sich Nacherfüllen lassen bspw durch Austausch eines Teils? Anderes Kopfteil? Andere Füße…
Ganz so einfach ist es dann doch nicht, wenn der Fragesteller sich nicht äußert, was falsch ist?

Wenn die Füße wechselbar wären, könnte man das vielleicht vor Ort erledigen. Ich kann aber keinerlei Anhaltspunkt erkennen, dass das der Lieferant dem Kunden angedeutet hätte.

Man kann sich haufenweise Sonderfälle ausdenken, aber wie genau sollte die Beantwortung lauter nicht gestellter Fragen dem Fragesteller helfen?

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Naja, wenn man ehrlich ist, dann hat Cook mit seinen praktischen Ratschlägen konkret weitergeholfen, ohne Rechtsexperte zu sein.

Guybrush und Asteiner sind die einzigen, die über das notwendige Wissen verfügen, um den Fall juristisch beurteilen zu können.
Gut gemeinte Ratschläger anderer führen offenbar in die Irre.

Es geht nicht um haufenweise Sonderfälle! Die von Guybrush genannten beiden Fällen falsches Modell oder falsche Farbe sind genauso Beispiele wie die von mir genannten!
Der springende Punkt ist, dass hier viele Vermutungen angestellt werden. Vom C. sowieso, aber auch von Guybrush. Tatsächlich hat der Fragesteller aber die Frage nicht beantwortet, was nun „falsch“ ist. Damit ist auch nicht geklärt, ob das ganze Bett ausgetauscht werden muss.

Richtig. Auch von dir zum Beispiel.
Man könnte natürlich ganz einfach die Informationen des Fragestellers hernehmen, der geschrieben hat:

Guybrush Threepwood hat keine neuen Vermutungen angestellt, sondern Beispiele gegeben, damit der Fragesteller abschätzen kann, ob das in seinen Fall zutrifft.

Der eine weiß, der andere behauptet.

Der eine weiß, der die (meine ich mich zu erinnern) andere behauptet.

Wenn Guybrush von falschem Modell oder der falschen Farbe spricht, sind das Beispiele und wenn ich darauf antworte, dass das genauso beispielsweise andere Füße oder ein anderes Kopfteil sein können, sind das Vermutungen? Habe ich das soweit richtig zusammengefasst?
Bist du so nett und definierst mal nachvollziehbar (oder wenigstens überhaupt), wann für dich etwas ein Beispiel ist und wann eine Vermutung?

Interessant dabei ist nämlich auch noch, welche Konsequenzen man zieht. Rechtlich Fakt ist, dass der Verkäufer bei einem Mangel die Möglichkeit zur Nachbesserung hat und der Käufer nicht automatisch das Recht auf Neulieferung bzw. komplettem Austausch.

Bevor nicht geklärt ist, was denn nun „falsch“ ist, kann man das also gar nicht rechtlich sauber beantworten. Man kann es zumindest nicht mit einem einzigen Pfad. Guybrush hat nicht nur vermutet, er hat unterstellt, dass keine Nachbesserung möglich ist, weil er sich der von einem Laien formulierten Bezeichnung „falsch“ angeschlossen hat. Er hat, obwohl es sehr wohl eine Relevanz hat, nicht einmal einen Vorbehalt formuliert.

Ich dagegen habe darauf hingewiesen, dass es auch weitere Optionen gibt und habe dabei mitnichten Vermutungen angestellt! Ich habe lediglich an den Fragesteller die Frage gestellt, um den offenen Aspekt zu klären.

Das nun ist aber eine beeindruckende Pirouette. Abgesehen davon, dass Guybrush nicht aufgeführt hat, dass es überhaupt eine Alternative gibt, wenn es in diesem Fall nicht zutrifft. Du hältst also ernsthaft für einen taugliche Auskunft, dem Fragesteller selbst und ohne irgendeine Transparenz zu überlassen, ob etwas zutrifft oder nicht?

Dazu sein neben dem juristischen Hinweis auch mal einer aus dem Möbelbusiness gegeben:
Dass ich Füße und Kopfteil als Beispiel gebracht habe, kommt nicht von ungefähr. Man kommt da selbst nicht mit der Bezeichnung Modell weiter. Hersteller arbeiten auch und gerade bei Möbeln heute sehr modular. Manchmal sieht man das auf den ersten Blick, manchmal nicht. Bett „Morgentau“ kann eine ganz andere Bezeichnung haben als Bett „Blätterwald“ und auch ganz anderes wirken. Tatsächlich unterscheiden sie sich lediglich darin, dass „Morgentau“ kein Kopfteil hat, während „Blätterwald“ sehr wohl eins hat und das aus Holz. Und da gibt es noch „New York“, das ein gepolstertes Kopfteil hat.

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Um was ging es hier ursprünglich?

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Um eine möglichst präzise Definition des Wortes „falsch“. :point_up_2:

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Was behaupte ich denn? Nicht dass die Behauptung, ich hätte behauptet, nur eine Behauptung ist.

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Nö. Allerdings wäre wichtig, was unter „falsch“ verstanden wird, wenn es eine juristische Relevanz hat. Es sei denn, man will nur anekdotisch schwafeln.

Es ging um die Ausgangsfrage, welche Möglichkeiten der Fragesteller bei Lieferung eines aus seiner Sicht „falschen“ Möbelstücks hat. Nur weiß keiner, was er unter „falsch“ versteht. Dabei hat das gravierende Auswirkungen darauf, was er wie durchsetzen kann.
Aber man kann das natürlich auch als komplett irrelevant abtun, weil man bei der Gelegenheit sich so herrlich gegenseitig auf die Schulter klopfen kann. Um eine Beantwortung der Fragen geht es ja eh einigen nur nachrangig.

das musst du Cook fragen … ich bezog mich nur auf die Grammatik

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Du scheinst dich hier vor allem an der Aussage

zu reiben, weil die diese so verstehst: Der Käufer kann hier eine unentgeltliche Ersatzlieferung verlangen, der Verkäufer hat nicht die Möglichkeit, unentgeltlich nachzubessern.

Diese Interpretation der Aussage von @Guybrush ist in meinen Augen nicht nachvollziehbar. Anhand des Kontextes ist offensichtlich, dass nur folgendes gemeint sein kann:

„Der Käufer hat ein Bett Modell A bestellt. Dieses Bett hat bestimmte Eigenschaften. Der Käufer hat den Rechtsanspruch, genau dieses Bett mit genau diesen Eigenschaften geliefert zu bekommen. Wenn bei der ersten Lieferung nichts oder zumindest nicht alles dabei war, was zu Bett A dazugehört, dann muss der Verkäufer eben so lange weiter liefern, bis alles da ist. Das heißt, wenn z.B. das komplett falsche Bett geliefert wurde (falsche Maße, falsche Farbe, falsche Füße, falsches Kopfteil, falsches Fußteil, …), muss eben ein komplett neues Bett geliefert werden. Das heißt aber auch, wenn z.B. alles richtig geliefert wurde, nur eben das falsche Kopfteil, dann muss eben ein neues Kopfteil geliefert werden. Egal wie, der Käufer hat das Recht darauf, dass am Ende des Tages das richtige Bett mit allen zugesagten Eigenschaften geliefert worden ist - egal wie viele Einzellieferungen in wie vielen Einzelpakten dazu nötig sind, und egal wie viele Retouren das mit sich bringt.“

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Richtig. Genau das.
Wobei: egal wie oft stimmt wohl auch nicht. Nach zwei Mal kann der Käufer zurücktreten.

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Nein. Darum, was richtig falsch ist und was nur vermutet falsch ist.

Ließe sich die Moderation zu folgendem Deal ein?

Der Thread wird vorläufig geschlossen.
Der Threadersteller wird zur Abgabe aller relevanten Details aufgefordert.
Der Thread wird, sobald man über diese Angaben verfügt, mit diesen Informationen versehen und wiedereröffnet.

Ihr macht hier sonst so lange weiter, bis einer weint!

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Ich mach nix!

Dieser Aspekt des Rücktrittsrecht sollte nicht unerwähnt bleiben, daher danke für deine Ergänzung.

Streng genommen stimmt „egal wie oft“ aber schon: Der Käufer hat einen Rechtsanspruch darauf, dass der Verkäufer den Kaufvertrag erfüllt - wenn es dem Verkäufer denn möglich und zumutbar ist, in diesem Fall also in der Lage ist, das Bett komplett wie bestellt zu liefern. Davon gehe ich im vorliegenden Fall aus. Dieser Rechtsanspruch verfällt auch nach zwei erfolglosen Nachbesserungsversuchen nicht. Ja, der Käufer kann dann zurücktreten. Er muss aber nicht zurücktreten. Er kann auch einen dritten Nachbesserungsversuch verlangen, ggf. dann einen vierten, fünften, …

Warum ich? Ich kenne mich ja selber nicht mehr aus und deswegen fragte ich ja um was es ursprünglich eigentlich ging.
Und dass hier jemand irgendetwas nur behauptet hat, habe ich schon überhaupt nicht geäußert - auch nicht @asteiner.
Ich vermute da hast Du etwas durcheinander gebracht, was bei dem Kuddelmuddel hier kein Wunder ist.

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