Hallo Hardey,
leider kann man eine Antwort nur unter einen Beitrag hängen, nicht unter zwei. Ich hatte kurz überlegt, ob ich meine Ausführungen unter Deinen oder unter Lawrence Beitrag hängen soll. Letztlich habe ich - wie Du siehst - mich für Deinen Beitrag als Fragesteller entschieden.
Ich suche nach Deutungsmöglichkeiten für den Familiennamen
„Dehne“.
wie Du ja weißt, gibt es für viele (die meisten) Familiennamen mehrere Möglichkeiten, woraus diese entstanden sein könn(t)en.
ursprünglich aus Sachsen.
was ist „ursprünglich“? 1950? 1850? 1650? 1200?
Die Vermutungen des Suchenden kommen mir allesamt nicht sehr
wahrscheinlich vor, als da wären:
glaube ich auch nicht
halte ich für gar nicht soooo ausgeschlossen: in Bayern (und nicht nur dort) gibt’s „Schwab“, „Hess“, „Frank“, „Sachs“, „Böhm“, „Schweizer“, warum sollte es dann nicht auch „Däne“ (= Dehne) geben? Dies würde auf die Herkunftsregion für einen Fremden hindeuten. Damit wäre der Name städtischen Ursprungs und für den "Dehne"n wäre ein (Fern-)Handelsberuf anzunehmen: Womit könnte man von Dänemark her kommend ins Landesinnere hinein handeln? Fisch ist vermutlich zu verderblich (außer Trockenfisch). Salz? Ich weiß nicht, ob Dänemark nennenswerte Salzvorkommen hat und obendrein wären die Salzlager im Harz deutlich näher. Bernstein? Ist m.W. eher an der östlichen Küste der Ostsee und somit schon recht weit von DK weg. Edelmetalle? Keine Ahnung. Skandinavisches Holz? Wohl nicht. Wald gab es hierzulande auch genug. Däne als Kriegsüberbleibsel? vielleicht. Aber bei weitem nicht sicher. Ich denke, dieses ist eine nicht unwahrscheinliche, aber dennoch nicht die wahrscheinlichste Bedeutung.
- ein kleines Tal Dene (welches ich nirgends finde)
Hier kommt die Antwort von Lawrence ins Spiel:
Eine Eingabe des Namens bei verwandt.de
http://www.verwandt.de/karten/relativ/dehne.html
ergab das Ergebnis, dass der Name überproportional im Großraum
Hannover vorkommt. Sachsen ist nicht unbedingt das Verbreitungsgebiet
des Namens.
Hannover gehört aber zum Stammland der Sachsen.
Das ursprüngliche Sachsen gliederte sich in Westfalen, Engern und
Ostfalen. Das heutige (Ober-)Sachsen hat als Bundesland diesen Namen
erhalten.
Dies war von 1816-1864 tatsächlich unter dänischer Herrschaft.
Zu dieser Zeit war die Entwicklung der Familiennamen aber längst
abgeschlossen. Die Dänen, die in diese Gebiet einwanderten brachten
wohl schon ihre Familiennamen mit.
Hier macht Lawrence einen kleinen Denkfehler: Namen (aller Art) sind immer von der Umgebung vergeben und dienen der Unterscheidung. Also etwas, was die anderen nicht haben. Somit spielt dieses Lauenburgische Gebiet sicher hier nicht mit herein.
Richtig ist natürlich, dass zu der Zeit (19. Jh.) die Familiennamen selbst im Norden in aller Regel schon fest waren (ganz wenige Gebiete in Ostfriesland ausgenommen, die erst um 1870 zwangsweise durch den Staat Familiennamen verpasst bekommen haben). Aber da diese dänische Herrschaft im Lauenburgischen nicht maßgeblich ist, muss der Name auch nicht aus dieser Zeit datieren. Ja, sogar genauer gesagt: Er kann gar nicht aus dieser Zeit (19.Jh.) stammen.
Zu früheren Zeiten wurden die dänischen Stämme auch eher als Wikinger
oder Nordmänner bezeichnet.
Einheitliche Regeln gab es nicht: Nordmann war sicher eine Möglichkeit, aber analog zu „Schwab“, „Fries“, „Holländer“ schließe ich „Däne“ als Herkunftsbezeichnung für einen Fremden nicht aus.
Oder es wurden noch genauere
Herkunftsbezeichnungen gebraucht wie z.B. Jüte.
das ist die andere Möglichkeit. Hier in diesem Brett gab es vor einiger Zeit den Familiennamen „Holsten“. Das kann dann natürlich bis zum Ortsnamen gehen: Schwartau etc. Oder noch genauer : zu Flurnamen.
- ein kleines Tal Dene (welches ich nirgends finde):
das habe ich auch nicht gefunden.
aber ich habe einen Ort „Theene“ zwischen Aurich und Emden in Nordwestniedersachsen gefunden (Landkreis Aurich). Und wenn man sich jetzt nochmals die Namensverteilung in verwandt.de anschaut, dann ist just im Landkreis Aurich ein „Dehne“-Nest. Die dortigen Namensträger dürften sich somit von der gleichnamigen Ortschaft ableiten.
Da der Name so gehäuft im Hannoveraner Raum auftaucht, habe ich nach
Flurnamen geforscht. Und tatsächlich rund um Hannover finden sich
Strassennahmen wie, „An der Dehne“, „Lange Dehne“.
Es muss sich dabei um alte Flurnamen handeln.
Das bestätigt auch der „Bahlow“, eines der Standardwerke für deutsche Familiennamen. Er gibt an „dene“ = niederdeutsch: feuchte Niederung.
Also genau das, was in anderen Landesteilen die „Au“ ist (Orts- und Flurnamenssilbe „-au“. Oder im Osten „-ow“).
Da wiederum niederdeutsch und niederländisch in früher Zeit sehr ähnlich waren, erklärt sich dadurch auch, warum es dort „Deene“, „van Deene“ u.ä. als Familiennamen gibt: Auch dort ist es ein Herkunftsname für einen Einheimischen nach seiner Wohnstätte in/an einer feuchten Niederung.
Zudem gibt es im niedersächsischen Bergland südlich von Hannover den
Bergzug Heber. Dessen höchster Gipfel ist die Hohe Dehne.
Dieses Suchergebnis von Lawrence bringt das bisher Gesagte völlig ins Wanken. Eine „feuchte Niederung“ ist kein „höchster Gipfel“. Es gibt zwar Hochmoore, aber auch das sind keine Gipfel und andererseits auch keine „Niederungen“, sondern ein völlig flaches Gelände.
Es gibt für mich zwei Möglichkeiten, wie dieser Gipfel „Hohe Dehne“ zustande gekommen sein könnte: Zum Einen, dass es unabhängig der „feuchten Niederung“ noch eine weitere Bedeutung im niederdeutschen für „dene“ gibt, oder aber dass es sich so verhält wie mit dem bayerischen Dialektwort „Düll“. Darin steckt das hochdeutsche Wort „Delle“, auch „Teller“ und meint im allgemeinen eine leichte, rundliche (eben tellerähnliche) Vertiefung im Gelände. GLEICHZEITIG ist aber das SELBE Wort im Bayerischen auch in der Bedeutung von „kleine, rundliche GeländeERHÖHUNG“ bekannt, beschrieben als „umgedrehter Suppenteller“. Wobei mir bisher immer noch nicht klar geworden ist, wie für diese Spiegelverkehrung ein und das selbe Wort verwendet werden konnte. Ich kann mir keinen Reim darauf machen (vielleicht kann mir das ja jemand anders erklären?). Also so wie im Bayerischen „Tüll“ rundliche Senke UND rundliche Geländeerhöhrung bedeuten kann, könnte es vielleicht auch im Niederdeutschen mit dem Wort „Dehne“ sein. Aber das ist eine blanke Spekulation. Hierzu müsste man zum Einen einen Ortskundigen haben, der die „Hohe Dehne“ kennt und sagen kann, ob sich dort (vielleicht kurz unterhalb des Gipfels) tatsächlich eine (vielleicht früher) sumpfige Niederung befinden könnte und zum Anderen bräuchten wir jemand, der sich mit der niederdeutschen Sprache exzellent auskennt und uns sagen kann, ob es im Niederdeutschen noch eine zweite Bedeutung für „De(h)ne“ gibt.
in einer Ortschronik fand ich den Begriff „Pferdedehne“.
http://www.pottland.de/orte/hoyershau…
Hier die hillige Dehne und die Vette-Dehne
http://www.wehdem.de/showobject.phtml…
Alle diese Links beziehen sich auf Ortschaften im Hannoveraner Raum.
Der interessanteste Abschnitt lautet:
„Die vielen engen Täler werden als Dehnen bezeichnet und führen
jeweils besondere Namen, die auch heute noch als Flurnamen
gebräuchlich sind. Der Trog, die Pferdedehne, Hillige Dehne und die
sich zwischen dem kahlen Hügel und dem Dorenberg nach oben ziehende
Vetten-Dehne sind schmale Einschnitte, die den besonderen Reiz der
Berglandschaft ausmachen.“
Somit mag ich behaupten, dass Dehne ein Name nach der Wohnstätte ist.
Der Träger des Namens Dehne wohnte an/im einen engen
Ergänzung meinerseits:
feuchten
Tal.
Dem stimme ich auch in Anbetracht der Namensverteilung als Hauptbedeutung zu. So konzentrierte Familiennamensvorkommen weisen deutlich auf den Ursprung in einer Herkunftsbezeichnung für einen Einheimischen nach seiner Wohnstätte.
Nun kommt noch etwas, was in ALLEN vier Standardwerken für „D(Th)e(h)(e)ne“
angegeben ist: Alle vier Werke weisen diese nun folgende Bedeutung sogar als Hauptgrund aus. Ich selbst gehe zwar durchaus konform, dass DER EINE ODER DER ANDERE Namensträger darin seinen Ursprung hat, doch ist es für mich (aufgrund der Namensverteilung) eben NICHT die Hauptbedeutung, sondern nur die zweit- oder drittwahrscheinlichste Möglichkeit:
Überall wird von der Kurzform von germanischen Rufnamen gesprochen, welche mit „Degen-“ beginnen. Der bekannteste ist sicher „Deganhart“, es gab aber auch noch Theganbald, Theganbert, Degenher, Theganolt u.a.m., welche alle zu „Degen“ abgekürzt wurden. Nun weiß ich aus der Literatur, dass bei der Verschleifung eines intervokalen „g“ dies zu einem Diphthong „-ei-“ umgewandelt wird. Siehe Sektmarkt „Deinhart“.
Dieser Diphthong gibt uns jetzt wieder ein formales Kriterium an die Hand: Wir können schauen, in welchen Gebieten die Diphthongierung nicht oder erst in sehr junger Zeit in das Dialekt übernommen wurde:
Im Groben ist dies genau im niederdeutschen Sprachgebiet der Fall, also nördlich der Benrather Linie. Und eben im niederdeutschen Gebiet befindet sich der Raum Hannover. Das würde also passen.
Was ist mit sonstigen Formalia:
Der Familienname ist eingliedrig. Er besteht nur aus der namensgebenden Bezeichnung.
Der weiche Plosiv „D“ am Wortbeginn erscheint bereits im Mittelniederdeutschen, somit ist keine Diskrepanz zwischen Fortis („T“) und Lenis („D“) gegeben. Das hilft uns somit nicht besonders weiter. Wie die Ortschaft „Theene“ bei Aurich früher geheißen hat, weiß ich nicht. Vielleicht besteht ja ein Zusammenhang zwischen dem niederdeutschen „feuchte Niederung“ (= dene) und dem Friesischen als Sprache und somit mit dem Ortsnamen „Theene“. Aber das ist nur Spekulation.
http://www.internetbaron.de/d/theene.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCdbrookmerland
Somit kann die Ursache auch in der Kurzform eines germanischen Rufnamens liegen mit dem Erstglied DEGEN-. Durch die Erscheinung als „-eh-“ (also Dehnlaut) und nicht als Diphthong muss dieser Familiennamen, so er sich denn aus einem germanischen DEGEN-Rufnamen herleitet, ebenfalls nördlich der Benrather Linie beheimatet sein.
Damit ist das Inhaltliche, das Formale und das Geographische abgehandelt.
Die räumliche Herkunft lässt sich wie folgt beschreiben: Familiennamen aus Herkunftsnamen für Einheimische (Wohnstättennamen) sind zumeist ländlichen Ursprungs, ebenso Familiennamen, welche aus Rufnamen entstanden sind. Dagegen sind Familiennamen aus Herkunftsbezeichnungen für Fremde nach deren Heimatregion („Däne“) vorwiegend städtischen Ursprungs.
Zum Alter lässt sich sagen: Eingliedrige Familiennamen sind älter als mehrgliedrige, nördliche sind jünger als solche, die weiter südlich entstanden sind, ländliche sind jünger als städtische und westliche sind älter als östliche.
Damit dürfte eine erstmalige Verwendung des Namens als Familienname aus der Bedeutung „Däne“ am frühesten anzutreffen sein, ich denke, das könnte schon so ca. 1350 bis 1450 sein, aus der Ortschaft „Theene“ in Ostfriesland dürfte die erste Verwendung kaum vor 1700 gewesen sein, eher später (so bis ca. 1800), als Örtlichkeits/Flurname („feuchte Niederung“) dürfte man auf ihn so ca. 1550 bis 1650 erstmals treffen und mit der Ursache im Rufnamen dürfte er ebenfalls ab ca. 1550 zu finden sein (wobei hier die Spanne größer sein muss, da man die Herkunft aus einem Rufnamen geographisch nicht so genau festlegen kann wie aus einer Örtlichkeit: Zeitspanne: 1550 bis ca. 1800).
Resumée: Meine favorisierte Reihenfolge ist:
- Herkunftsname für einen Einheimischen nach seiner Wohnstätte: feuchte Niederung (bzw. in Ostfriesland nach der Ortschaft Theene
- germanischer Rufname, der mit „Degen-“ beginnt
- Herkunftsbezeichnung für einen Fremden nach seiner Herkunftsregion „Däne“.
Ich hoffe, Dir damit geholfen zu haben.
herzliche Grüße und eine gute Nacht wünscht
Alexander