Familienname: Fleß

Hi,

ne Freundin von mir wüsste gerne, welchen Ursprung ihr Familienname „Fleß“ hat. Geboren ist sie im Fränkischen.

Wäre schön, wenn das jemand weiß - bzw. mir sagen kann, wie ich sowas recherchiere, ich will ihr ne Freude damit machen!

Dank & Gruß,
Anja

Zusatz:
Das
http://www.verwandt.de/karten/relativ/fle%25C3%259F…
habe ich dank Lawrence schon gefunden…

Noch’n Gruß,
Anja

Hallo,

schön, dass mir die Arbeit abgenommen wird.

Aber exakt diese Karte macht es in dem Fall um einiges schwieriger.

Fleß/Fless ist die niederdeutsche Form von Flachs.
Es wäre demnach eigentlich ein Berufsübername für einen Flachsbauern oder -händler.

Aber jetzt kommt diese Karte ins Spiel.

Der Name kommt geballt in Franken um Forchheim/Erlangen vor.
Und das ist nicht niederdeutsch, sondern oberdeutsch.

Im Mittelalter als die Familiennamen entstanden konnte in keinster Weise von einer Mobilität der Bevölkerung wie heute die Rede sein.
Noch vor 100 Jahren waren die meisten Menschen nicht weiter als 50 Km vom Ursprungsort der Entstsheung des Namens beheimatet.

Wenn nun ein Name so geballt in einer Ecke Deutschlands vorkommt, so ist ziemlich sicher davon auszugehen, dass er auch dort entstanden ist.

Ich sträube mich deshalb gegen den niederdeutschen Flachs.

Fleß sollte demnach entweder eine spezielle fränkische Bezeichnung für etwas sein, was ich als nicht-Franke nicht benennen kann.
Oder aber Fleß steht für die Herkunftbezeichnung für eine Ortschaft.
Diese Ortschaft lässt sich von mir aber nicht auffinden. Das kann aber auch heißen, dass es sich um eine untergegangene Ortschaft, eine Wüstung handelt.

Gruß
Lawrence

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Danke…
Lawrence,
für Deine Ausführungen. Auch wenn es keine Lösung enthält. Ist einfach interessant sowas…

Gruß,
Anja

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Hi,
Lawrence und Anja,
in dieser Gegend gibt es ausgedehnte Waldgebiete (Kiefernwälder)
Meine (durch nichts sonst gesicherte) Vermutung, dass der Name mit „Flößen“ zu tun haben kann. Also ein Berufsname ist. Holz wurde über die Regnitz und den Main geflößt.
Blah

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Hallo Blahfasel,

nachdem du im Dialekt-Brett bestätigt hst, dass im Fränkische das Floß/die Flöße im Plural zu Fleeß werden, gebe ich deiner Erklärung eindeutig den Vorzug.

Es dürfte sich also für einen Berufsübernamen für einen Flößer handeln.

Das zeigt mir mal wieder, dass bei der Namensforschung alles angelesene Wissen und alle schlauen Bücher wertlos sein können, sofern man keine Ahnung hat von den geographischen und mundartlichen Eigenheiten des Ursprungsgebiet eines Namens.

Gruß
Lawrence

Hallo Lawrence,

ich stimme Dir voll zu, dass es mit Flachs höchstwahrscheinlich nichts zu tun hat.

Meine Skepsis gegenüber der Verbindung von „Fleß“ zu „Floß“, habe ich über die Eintragungen im „Kluge“ Etym. Wöbu (sv „flößen“ mhd vloezen) kaum ablegen können. Denn der Raum Erlangen liegt im sogenannten „Rundungsgebiet“ und eigentlich gibt es keinen Grund, weshalb aus einem alten „oe“ ein blankes „e“ werden sollte. Der letzte Buchstabe , das „ß“ ist ja das Dehnungszeichen, das geht somit wieder mit „flößen“ überein. Aber diese Entrundung gefällt mir gar nicht. Wenn jetzt natürlich nachgewiesen ist, dass die Mz. von Floß im Raum Erlangen (nicht Ansbach! Ansbach ist bereits Entrundungsgebiet!) als „Fleeß“ ausgesprochen wird, na dann ist es halt so. Bleibt aber dann doch die Frage, wie diese Entrundung ins Rundungsgebiet kommt. Eine denkbare Möglichkeit wären gerade im Raum Erlangen die Exulanten, die evangelischen Glaubensflüchtlinge, die vom Salzburger Bischof aus seiner Diözese verbannt wurden und im Raum Erlangen eine neue Heimat gefunden haben. Und gerade an Inn, Salzach und Saalach war die Flößerei weit verbreitet. So könnte sich möglicherweise die Spur weiter ins südostoberbayerische ziehen. Wichtig wäre hier zu wissen, ob es sich bei den heutigen Namensträger um Evangelen oder um Katholiken handelt. Ich vermute Evangelen…
Salzburg ist eindeutig im Entrundungsbereich, um wieder auf die Diskrepanz zwischen „ö“ und „e“ zu kommen.

Eigentlich stört mich an der Berufsübernamenserklärung aus Mz. von Floß noch was, und zwar sogar ziemlich heftig:

Berufsübernamen bezeichnen NIE den Beruf als solches, sondern stets das Produkt, um welches es geht. Hier wäre es das Floß. Und die Berufsübernamen sind dabei stets in der Einzahl. Mir ist kein Fall bekannt, dass das namensgebende Produkt in der Mehrzahl stünde: Vergleiche: Familiennamen Nagel (Mz. Nägel), Vogel (Mz Vögel), Ring (Mz. Ringe), Schuh (Schuhe). Natürlich kannst Du mir bei all diesen Mz-Formen entgegenhalten, dass man dazu ebenfalls Namensverteilungskarten findet. Wenn man jedoch dann die Verbreitung z.B. von „Nägel“ anschaut, so fällt auf, dass es sich just um das Gebiet handelt, welches im Dialekt regelmäßig aus einem einfachen Vokal einen Umlaut macht (Beispiel: statt Flossenburg „Flossenbürg“). Beim „Schuhe“ ist es ähnlich: hier vermute ich - man müsste genauere Untersuchungen anstellen, sicher, - gar keinen Zusammenhang mit dem was man in der Regel am Fuß trägt, sondern eine Verschleifung aus dem germanischen Rufnamen Skoghart > Schuchardt > Kurzform Schuche/Schuhe
So könnte man weiter machen und es würden sich alle als „unechte Pluralformen“ entpuppen. Also müsste der Berufsübername „Floß“ und nicht die Mehrzahlform „Fleß“ sein. Gegen den Flößer muss man ohnehin einwenden, dass der Flößerberuf viel zu häufig vorkam, als dass der Familienname so isoliert auftritt. Geht man wieder zum Produkt, so komme ich auf den Nagel,Tisch, Schuh, Ring etc. zurück: für all diese Familienname fehlt der (selbsterklärende) Zusatz „-macher“. Nagelmacher, Tischmacher, Schuhmacher, Ringmacher, etc.etc. Somit kann es nicht der Flößer sein (sofern die Flößerei überhaupt die Ursache ist), sondern es muss der Floßmacher sein. Lass ich es dabei, so kann es sich nur um einen Namen handeln, der in Großstadtnähe entstanden ist - wie sonst käme man auf die Idee, jemand nach dem Produkt „Floß“ zu bezeichnen, wenn er nicht regelmäßig solche herstellen würde - und gleichzeitig an einem floßbaren Fließgewässer und gleichzeitig in einem Gebiet, in dem es viel Wald gab (als Material für das Floß). Außer der Großstadt, dem „ß“ (alt „z“ = mittelhochdeutsche Sprachregion) und dem entrundeten „e“ ergeben sich jedoch keine weiteren Hinweise auf das Entstehungsgebiet. Alles unter der Prämisse, dass der Name tatsächlich was mit dem Floß zu tun hat.
Wie gesagt: die Mehrzahlform „Flöße“ lässt mich nicht so recht an diese Lösung glauben.
Ich habe noch zwei andere mögliche Erklärungen, die aber auch nicht DIE Lösung schlechthin ist.
Das Wort „Fleiß“ ist im mhd. vliz. Also auch mit dem langgesprochenen Vokal. Lautlich ist ein „i“ breiter als ein „e“. Somit (aber das ist nur ein Analogie-Schluss, ob der zutreffen könnte, müssten Germanisten/Linguisten/Dialektologen nachweisen) man überspitzt von einer "Rundung des „i“ sprechen, mit dem Ergebnis des „e“. Somit wäre es dann ein Übername nach der Eigenschaft einer Person: Fleiß. Dabei kann es ernst oder spöttisch gemeint sein - ich vermute eher spöttisch, da Übernamen zu einem hohen Anteil negativ besetzt waren. Um ihn also nicht „der Faule“ nennen zu müssen, hat man den Satz „Er hat den Fleiß nicht erfunden“ auf „Fleiß“ - „Fleß“ reduziert.

Noch eine andere Möglichkeit ergäbe sich aus dem Wort „Fleisch“ mhd. vleisch. Im Altfränkischen findet sich die Form „Flesk“ - ohne den heutigen Diphthong. Das „sk“ könnte im Laufe der Sprachentwicklung als „sz“ interpreziert worden sein und somit als Dehnung zum „ß“ mutiert erscheinen. Da „Fleisch“ keine Mz-Form hat, könnte dieses Produkt sich als Berufsübername anbieten: Fleisch-macher. Hier stellt sich aber wieder die Frage, dass man Fleisch nicht „macht“, wie einen Schuh, Hut, Ring, Nagel. Fleisch ist „da“. Somit scheidet der Metzger/Fleischer etc. ebenfalls aus, es gäbe keinen Grund, warum man ihn nicht als Metzger etc. bezeichnen sollte. Den einzigen Ausweg hieraus sehe ich tatsächlich im fehlenden Wortteil „-macher“: Jemand, der Tiere züchtet, „macht“ Fleisch. In Südbayern sind diese Tierzuchtanstalten stets als „Schwaige“ bezeichnet, in der Mitte und im Westen Deutschlands als „La(h)r“: Goslar, Kevelaer, Lahr am Rhein, Uslar, Fritzlar etc. Tierzuchtanstalten lagen immer außerhalb der Siedlung als Einöde zur Vermeidung von Tierseuchen, Geruchsbelästigung und umgekehrt Bränden (wenn der Ort abgebrannt ist, war die Schwaige nicht betroffen und konnte so die Ernährung der Bewohner sicherstellen, obwohl die ganzen Tiere und sonstigen Vorräte verbrannt sind; das Wort „Schwaige“ ist übrigens sprachverwandt mit „schwanger“).

So, ich habe jetzt viel geschrieben. Du wirst fragen: wozu tendierst Du? Welche Erklärung bevorzugst Du?

Ich bin mir auch nicht sicher, tendiere aber zum „Fleischproduzenten“. Zu sehr stört mich am Floß die Mz, zu weit hergeholt erscheint mir die „Rundung“ von Fliz zu Fleß.

Vielleicht konnte ich ein paar Anregungen geben.

Das zeigt mir mal wieder, dass bei der Namensforschung alles
angelesene Wissen und alle schlauen Bücher wertlos sein
können, sofern man keine Ahnung hat von den geographischen und
mundartlichen Eigenheiten des Ursprungsgebiet eines Namens.

ja und nein. Die Siedlungsgeschichte kann hereinspielen, Dialektgewohnheiten sowieso etc.

Schönen Abend wünscht

Alexander

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