Familienname Langlott

Hallo.
Mich würde mal interessieren, welchen Stamm der Name hat und woher er kommt. Vielleicht sogar mit Wappen??? Alles was ich weiß ist, dass es ein Dorf im Eichsfeld gibt, auf dessen Friedhof der Name sehr häufig ist. Außerdem müssen im 19. Jh Langlott’s nach Amerika ausgesiedelt sein.
Meine eigenen Nachforschungen im Internet haben bisher keine Früchte getragen. Ich hoffe also auf eure Unterstützung.
Danke schon mal.

Hallo Seppelinchen,

Fangen wir an:

Dieser Name dürfte aller Wahrscheinlichkeit nach aus einem erweiterten Rufnamen hervorgegangen sein.

Den gleichen Grund-Rufnamen gab es schon in dem Ort, in dem der Familienname erstmals verwendet wurde. Da alle Arten von Namen immer der Unterscheidung dienten und bis heute noch dienen, musste man für den ersten Namensträger eine Bezeichnung finden, die sich vom anderen Namensträger deutlich unterschied. Da logischerweise innerhalb eines Ortes das gleiche Dialekt gesprochen wurde, konnte dies nur über eine andere Gruppe von Familiennamen erfolgen (Du erinnerst Dich: alle Familiennamen sind aus 4 Gruppen entstanden: aus Berufen (Müller, Schneider etc.) , aus Herkunftsbezeichnungen (Effenberg, Adenauer, Steinbrück etc.), aus Rufnamen (Matthäus, Martini, McDonald etc.) oder aus Übernamen ~ Spitznamen (Unsinn = ehemal. Eishockey-Trainer der dt. Nationalmannschaft, Humpel, Klein, Braun etc.). )oder aber, wenn sich sonst nichts charakteristisches beim ersten Namensträger fand, dann blieb man bei der gleichen Familiennamensgruppe wie beim „Namensvetter“, und kombinierte diese Bezeichnung in irgend einer Form. So entstanden Namen wie Kleingeist (Geist = alter Rufname!) = kleingewachsener Mensch mit einem der Geist-Rufnamen, Großdiethrich (langgewachsender Dietrich), Hansen (= eigentlich Hans-sen = Der Sohn des Hans), Bartels (= der Sohn des Bartholomäus), Schwarzheinz (= schwarzhaariger Heinrich) etc.

Bei „Langlott“ liegt die Kombination aus „Lang“ und „Lott“ vor. Dabei ist „Lott“ die verdunkelte (= verfälschte) Form von althochdeutsch „hlut“, was soviel wie „klar, deutlich, berühmt“ bedeutet. Daraus ist unser heutiges Wort „laut“ entstanden. Bekannte Rufnamen, die aus diesem Namensglied gebildet wurden sind Chlodo©hari (= unser „Lothar“, siehe auch „Lothringen“), Chlodoberath (= unser Lutbert, seltener Rufname, o.k.), und natürlich auch Chlodowech (= unser Ludwig) sowie weitere Rufnamen mehr. Die Kurzform von all diesen Rufnamen ist Lot…, Lut… oft: Lotz, Lutz.
Also könnte - wenn man denn will - den Namen modernisiert als „langer Lutz“ bezeichnen. Für solche erweiterten Rufnamen spricht das recht häufige Vorkommen von „Langhans“ und „Langheinrich“, jeweils als Familienname.

Hier kannst Du zwar entgegenen: Ja, wenn hlut zu unserem „laut“ geworden ist, könnte es dann nicht einfach ein kombinierter Übername mit dem Sinn „Lang und Laut“ sein? theoretisch ja. Nur hätte man dann nicht unbedingt die Kombination gebraucht (man war auch damals schon faul und hat versucht so kurz wie möglich sich auszudrücken: Dann wäre es vermutlich nur der „Lang/e/er“ oder nur der „Lut(h)/t/e/er“ geworden.

Versuchen wir, diese Aussage zu begründen und schauen wir auf formale Aspekte:

Im ersten Moment klingt der Familienname in deutschen Ohren ungewöhnlich und fremd.

Auffällig ist als erstes die (scheinbare) Endung:
Ich musste spontan an „Brigitte BardOT“ denken und habe kurz überlegt, welche Bedeutung die französische Endung „-ot“ wohl haben könnte. Bin aber trotz der Suche in LEO mit „*ot“ nicht recht weitergekommen. Dann habe ich überlegt, ob wir im Deutschen vielleicht eine ähnliche, wenn auch altertümliche Endung haben. Aber auch da bin ich nicht fündig geworden. Also ist womöglich die Trennlinie Langl-ott falsch. Theoretisch könnte zwar ein heutiger Einzelbuchstabe (hier: -tt) auch als Endung fungieren, doch kam ich auch so nicht weiter. Trennt man jedoch - auch gemäß unserer heutigen Sprache gut nachvollziehbar - in Lang+lott, so erklärt sich der erste Teil schon aus der heutigen Sprache und man benötigt nur noch eine schlüssige Erklärung für den zweiten Namensteil, welcher dann wiederum in Zusammensetzung mit dem „lang“ einen Sinn ergeben muss. Zusätzlich ist darauf zu achten, dass beide Namensglieder aus der selben Sprache sein müssen (es sei denn beide Namensglieder würden das Gleiche ausdrücken im Sinne von „Berg-Berg“, was hier aber nicht der Fall ist). Da sowohl „lang“ als auch „hlut“ althochdeutsch ist, ist die selbe Sprache gegeben.
Damit ist der Name zweigliedrig, das heißt, er besteht aus zwei unabhängigen Begriffen, welche kombiniert wurden: Lang+Rufname.

Es fällt ferner der Doppelkonsonant „t“ am Wortende auf. Das deutet auf eine Region hin, die harte Konsonanten bevorzugt (LoT- im Vergleich zu LuDwig). Dass die Neuhochdeutsche Vokaldehnung hier mit herein spielt, glaube ich jedoch nicht. Dies hat zwei Gründe: zum Einen ist schon das ahd. „hlut“ gedehnt gesprochen (was wiederum den Wechsel zum Diphthong „au“ in „laut“ erklärt) und zum anderen endet „hlut“ nicht mit einem Selbstlaut, was (in aller Regel) eines der Kriterien bei der neuhochdeutschen Vokaldehnung ist.

Vergleicht man den Lothar mit dem Ludwig (beides aus ahd. „hlut“ im Erstglied hervorgegangen), so fällt auch hier der Wechsel zwischen „o“ und „u“ auf. Es gibt Regionen, die bevorzugen das (hellere) „u“, andere das (dunklere) „o“. Man spricht sprachwissenschaftlich von „Verdumpfung“. Diese Regionen kann man auf den Landkarten nachvollziehen, in dem man Orte sucht, die mit „-brunn/en“ bzw. „-bronn/en“ (oder im Norden mit R-Umstellung zu „-born“, z.B. Paderborn) enden. Dies lässt somit einen Rückschluss zu, wo der Name seinen Ursprung haben dürfte. Die Region, die im Dialekt nicht verdumpft (also das hellere „u“ verwendet) liegt innerhalb folgender Linie:
(Hier weise ich die „alten Hasen“, die ständig hier mitlesen darauf hin, dass ich durch Maggie die Grenze im südlichen Bereich verändert habe, da ich erst durch sie die diesbzüglichen Verhältnisse in der Schweiz kennen gelernt habe (ich lerne ja auch ständig dazu))
Nancy/Frankreich - Straßburg - Balingen/BaWü - Leutkirch - Nördlingen/Bayern - Nürnberg - Heidelberg - Aschaffenburg - Meiningen - Plauen/Sachsen - Karlsbad/Tschechien - Prag - Wien - Österreich - Südtirol - Deutschschweiz - Oberelsass - Nancy. Somit ist es unwahrscheinlich, dass „Langlott“ innerhalb dieser Grenze entstanden ist. Das entspricht auch im Großen und Ganzen der Namensverteilung dieses Familiennamens innerhalb Deutschlands, wie sie im Link
http://www.verwandt.de/karten/relativ/langlott.html
dargestellt ist.

Eigentlich widerspricht dem die Südostdeutsche Medienverhärtung ein wenig (harte Konsonanten bevorzugt im Vgl. zu weichen), denn diese kommt etwa im gleichen Gebiet vor wie die nicht-verdumpfende „u“-Sprechweise. Diese Schreibweise mit „-tt“ kann ich auch nicht recht erklären, allerdings scheint diese T-D-Varianz nicht ganz so einheitlich gewesen zu sein: Der Reformator „Luther“ hat auch das harte „t“ im Namen, er stammt aber aus Eisleben, was deutlich außerhalb des Gebietes der Südostdeutschen Medienverhärtung ist. Somit sollte man vielleicht diesem „-tt“ nicht so viel Bedeutung beimessen, wenngleich ich persönlich es immer ganz gerne habe, wenn ich ALLE Aspekte und Auffälligkeiten eines Namens schlüssig erklären kann.

Auch ist die Verbindung von beiden Begriffen bemerkenswert: es fehlt ein Fugen-Buchstabe. Die Nahtstelle ist „blank“. Es kommt ja öfter „LangERhans“ vor. Dies berücksichtigt die grammatikalischen Strukturen der deutschen Sprache, was Lang_lott eigentlich nicht macht. Da es aber auch die Familiennamen Langdietrich und Kurzhans gibt, ist das für mich eher ein Hinweis, wo der Familiennamen entstanden ist. Ich weiß, dass die Endung „-er“ an Übernamen (Langer, Brauner, Kurzer etc.) typisch für Ostdeutschland ist. Ein „-e“ als Namensendung bei Familiennamen ist eher norddeutsch (nördlich der Benrather Linie; Eichsfeld liegt fast genau auf der Benrather Linie, nur eine Idee südlich davon!) (Lange, Kurze, Krause) während dessen im Süden des deutschen Sprachraums eher die „Reinform“ zum Familiennamen wurde (Lang, Kurz, Klein, Straub etc.). aber auch hier muss man wieder beachten, dass beide Namensglieder in der gleichen Region entstanden sein müssen (also nicht einmal Süddeutschland = lang + einmal Norddeutschland = lott). Somit muss man die bisher gesammelten Informationen so in einen geographischen Übereinklang bringen, dass sich mit der Schnittmenge die Region ergibt, die als Entstehungsgebiet wahrscheinlich in Betracht kommt.

Nun sind ja die Gebiete „Ostdeutschland“ (-ER), Norddeutschland (-E) und Süddeutschland (Reinform) zugegebenermaßen extrem präzise definiert. Wo also zieht man die Grenze(n)? Hmmm… schwierig. Ich denke, so diese Fast-Randgebiete zu den jeweiligen Nachbarregionen bieten sich da recht gut an. Und wo stoßen die drei Gebiete zusammen? In der Mitte Deutschlands. Und wo etwa ist die Mitte Deutschlands? Du wirst es erahnen: Eichsfeld. Wenn man großzügig ist, dann kann man auch noch die Gebiete Paderborn - Hannover - Gifhorn gelten lassen. Das erhöhte Namensvorkommen ganz im Westen an der niederländischen Grenze müsste - soweit es kein Zufall ist (über Zuzug aus dem Eichsfeld-Gebiet) - gesondert untersucht werden, genau so wie das recht hohe Namensvorkommen an der polnischen Grenze (Uckermark und Umgebung). Allerdings lässt ein Blick auf die absoluten Zahlen durchaus den Verdacht zu, dass diese "Randlagen-Langlott"s sich durch Umzug dorthin „verirrt“ haben und ursprünglich ebenfalls aus dem Raum Eichsfeld sein dürften. Das ist aber nur eine Vermutung / Spekulation. Ich sage nicht, dass das SICHER so sei. Denkbar wäre auch, dass das ebenfalls EHER in der Mitte Deutschlands liegende Limburg an der Lahn ein zweiter, von Eichsfeld unabhängiger Ausgangspunkt für diesen Namen gewesen sein könnte (der dann z.B. sich an die niederländische Grenze verzweigt hat).

Familiennamen aus Rufnamen sind weit überwiegend ländlichen Ursprungs. Das bestätigt ebenfalls die Region Eichsfeld, welche ländlich strukturiert ist.

Mehrgliedrige Familiennamen sind jünger als eingliedrige, nördliche sind jünger als solche, die weiter südlich entstanden sind, ländliche sind jünger als städtische. Somit ergibt sich etwa für Langlott eine erstmalige Verwendung als Familienname in der Zeit 1400 bis 1500.

Sonstiges:

Denkbar ist auch eine Umwandlung eines alten „c“ (= k; harter Konsonant) in „g“ (= weicher Konsonant; in Franken „baggd“ man Koffer und Kuchen). Bei der Sprachentwicklung hat es häufig auch Verkürzungen gegeben, so dass einzelne Buchstaben entfallen sind. Denkbar wäre daher auch ein Ursprung in „Lancelot“, welches eine Sagenfigur der mittelalterlichen Artussage ist.
http://de.wikipedia.org/wiki/Lancelot

Damit könnte es sich auch um einen adelig-ritterlichen Kunst-Rufnamen handeln. Dass dieser tatsächlich auch als Rufnamen verwendet wurde, zeigt

http://de.wikipedia.org/wiki/Lancelot_Andrewes

Allerdings erachte ich den Gebrauch als Rufnamen als zu jung, als dass daraus ein entsprechender Familienname wahrscheinlich wäre.

Ich habe im „Neubecker“, der nur bürgerliche Wappen verzeichnet, nachgesehen: dort erscheint kein entsprechender Eintrag. Allerdings sind wie gesagt, ausschließlich bürgerliche Wappen enthalten. Vielleicht hat Hardey, der Listenbetreuer hier im Brett, Zugriff auf den „Siebmacher“ oder gar die Wappenrolle des „Deutschen Herold“ in Berlin. Ich jedenfalls habe zu diesen Werken keinen Zugang.

In Betracht ziehen muss man auch immer Buchstabenumwandlungen und -ergänzungen. So wäre ebenfalls denkbar dass Orts/Örtlichkeitsnamen wie Lange(n)loh(e) (7x in Deutschland) zu dem Familiennamen „Langlott“ mutiert sind (erweiterte Mutation: Längloh, Lengloh etc.). Diese Ortschaften liegen 2x in Nordbayern, der Rest im Großraum Hamburg-Bremen. Allerdings halte ich bei Langlott diese Ursache auch nicht für soooo wahrscheinlich.

Schließlich wurde ich in meinen Namenslexika noch auf eine verdunkelte (= schwer erkennbare) Form des germanischen Rufnamens Langwolf (verkürzt zu Langulf, mit Metathese = Buchstabenumstellung zu Langluff/Langloff verändert und schließlich mit der Veränderung von „f“ nach „t“ zu Langlott). Aber auch das halte ich für eher weniger wahrscheinlich.

so das war’s:
Inhalt: Zusammenziehung der körperlichen Eigenschaft lang = groß gewachsen mit einem Rufnamen aus der germanischen „Hlut-“-Gruppe (Z.B. Lothar, Ludwig): „Der lange Lut“, da es einen „Lut“ alleine schon im Dorf gab.

Formalia: zweigliedrig, verdumpfter Vokal „o“, harter Endkonsonant „t“, weicher Mittelkonsonant „g“, kein Fugenbuchstabe, keine Endung

Geographische Herkunft: Mitte des deutschen Sprachgebietes, möglicherweise Raum Eichsfeld

Räumliche Herkunft: ländlich

Alter: vermutlich 1400 bis 1500 erstmals als Familiennamen verwendet.

Sonstiges: kein bürgerliches Wappen nachweisbar, Zusammenhang mit der Artussage (Lancelott) denkbar aber nicht sicher, weniger wahrscheinlich aus ähnlich klingenden Ortsnamen, dem (m.E.) jüngeren Rufnamen Lancelot oder dem germanischen Rufnamen Langwolf hervorgegangen.

Ich hoffe, halbwegs verständlich und interessant geschrieben zu haben.

Schönes Wochenende wünscht

Alexander

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Nochmal ich,

ich hatte zwar geschrieben, dass ich das „-tt“ nicht auf die Neuhochdeutsche Vokaldehnung zurückführe, habe es aber versäumt, zu erklären, wie ich mir denke, dass es zu diesem „-tt“ gekommen sein könnte.

Wie bereits geschildert ist das ahd. hlut gedehnt gesprochen. In Franken wird der „Lothar“ (hochdeutsch: Looooothar) als „Loddddar“ ausgesprochen. Natürlich übertreibe ich jetzt. Das aber bewußt, um deutlich zu machen, was ich meine. Wenn ich jetzt nach Westfalen gehe, so wird dort das (Fahr-)Rad als „Ratt“ und das Bad(ezimmer) als „Batt“ ausgesprochen. Warum dies genau so ist, kann ich nicht genau erklären, da bräuchte man einen Linguisten. Vielleicht hat es trotzdem noch was mit der nhd. Vokaldehnung zu tun (Vermutung). Aber genau diese Ausspracheunterschiede von hochdeutsch gedehnter zu dialektal verkürzter Sprechweise dürfte der Grund für dieses Doppel-T bei diesem Familiennamen sein.

Das wollte ich noch ergänzt haben.

Schönen Abend wünscht

Alexander

Hallo,
Ich selber trage diesen Namen. Die Oma meines Vaters kommt aus Eichsfeld. Ich bin gerade selber dabei, etwas zu forschen. Angeblich soll es mal ein Familienwappen gegeben haben. Doch mehr habe ich auch noch nicht wirklich herausgefunden. Es wird auch vermutet, dass der Name von dem englischen Namen Lancelot abgeleitet wurde. Vllt hast du ja in den Jahren schon mehr herausgefunden. Ich wäre sehr an den Ergebnissen interessiert und würde mich freuen, wenn du dich meldest.