Familienunternehmen - Rechtsform und vererben?

Hallo!
Ich bräuchte jemand, der mir bei einer kniffligen Hypothese die Gedanken ordnet.

Teil 1:
Angenommen wir haben ein Ehepaar, das gemeinsam ein Unternehmen führt.

Frage 1: Haben die beiden dadurch automatisch (konkludent) eine GbR geschlossen, wenn kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag vorliegt?

Frage 2: Angenommen, es kommt durch die reine gemeinschaftliche Erwerbstätigkeit im gemeinsamen Unternehmen nur eine INNENgesellschaft zustande > hat das irgendwelche Auswirkungen auf Dritte? z.B. auf spätere Erben des Familienunternehmens oder Darlehensforderungen von Banken? Und wenn nur eine Innengesellschaft bestünde, hätte das gesellschaftsrechtliche Auswirkungen auf die Vererbung des Unternehmens oder richtet sich dann alles nur nach Erbrecht?

Frage 3: ist das reine Betreiben eines Unternehmens samt Verwaltung desselben als Handelsgewerbe einzustufen, sodass eine GbR auszuschließen wäre?

Teil 2:
Angenommen das Ehepaar schreibt ein Testament mit gegenseitiger Alleinerbeneinsetzung und wenn beide tot sind soll das einzige Kind das Unternehmen erben. Es besteht immer noch kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag!

Fragen:
1.Kann dieses Testament allein als Nachfolge-/ Fortsetzungsklausel im gesellschaftsrechtlichen Sinn gesehen werden?

2.Mit der Folge, dass ein Ehepartner allein nach Tod des anderen sozusagen eine Ein-Mann-GbR weiterführt, ohne dass sich wie gesetzlich bestimmt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts auflöst?

3.Und könnte das Kind nach Tod des letzten Elternteils in diese Ein-Mann-Geschichte eintreten,
oder würde sich die GbR zu diesem Zeitpunkt schon völlig aufgelöst haben, da von den übrigen Gesellschaftern für eine juristische Sekunde keiner mehr übrig ist?

4.Müsste das Kind sozusagen eine eigene Gesellschaft neu gründen und welche Form käme dafür in Betracht?

Viele Fragen, die sich bei mir irgendwie verkompliziert haben… ich hoffe irgendwer kann mir ein paar davon beantworten und bei mir wieder Ordnung schaffen! Vielen Dank schon einmal!!!
Liebe Grüße,
Miamaus123

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Frage 1: Haben die beiden dadurch automatisch (konkludent)
eine GbR geschlossen, wenn kein schriftlicher
Gesellschaftsvertrag vorliegt?

Ja

Frage 2: Angenommen, es kommt durch die reine
gemeinschaftliche Erwerbstätigkeit im gemeinsamen Unternehmen
nur eine INNENgesellschaft zustande

Hat sich wohl erledigt…

Frage 3: ist das reine Betreiben eines Unternehmens samt
Verwaltung desselben als Handelsgewerbe einzustufen, sodass
eine GbR auszuschließen wäre?

Nein, nicht unbedingt.

Fragen:
1.Kann dieses Testament allein als Nachfolge-/
Fortsetzungsklausel im gesellschaftsrechtlichen Sinn gesehen
werden?

Ja

2.Mit der Folge, dass ein Ehepartner allein nach Tod des
anderen sozusagen eine Ein-Mann-GbR weiterführt,

sowas gibts nicht.

ohne dass
sich wie gesetzlich bestimmt die Gesellschaft bürgerlichen
Rechts auflöst?

Die löst sich automatisch auf. Anders gehts nicht.

3.Und könnte das Kind nach Tod des letzten Elternteils in
diese Ein-Mann-Geschichte eintreten,
oder würde sich die GbR zu diesem Zeitpunkt schon völlig
aufgelöst haben, da von den übrigen Gesellschaftern für eine
juristische Sekunde keiner mehr übrig ist?

Richtig

4.Müsste das Kind sozusagen eine eigene Gesellschaft neu
gründen und welche Form käme dafür in Betracht?

Das Kind könnte ins Einzelungernehmen, das die ehemalige GbR dann ist, aufgenommen werden, mit der Folge, dass wieder eine GbR entsteht.

Viele Fragen, die sich bei mir irgendwie verkompliziert
haben… ich hoffe irgendwer kann mir ein paar davon
beantworten und bei mir wieder Ordnung schaffen

Diese Ehegatten sollten GAAANZ dringend einen Rechtsanwalt aufsuchen…

Teil 1:
Angenommen wir haben ein Ehepaar, das gemeinsam ein
Unternehmen führt.

Frage 1: Haben die beiden dadurch automatisch (konkludent)
eine GbR geschlossen, wenn kein schriftlicher
Gesellschaftsvertrag vorliegt?

entgegen dem unteren beitrag lässt sich das nicht pauschal mit einem „ja“ beantworten.
es kommt z.b. für eine abgrenzung von gbr und ohg darauf an, ob es sich um ein handelsgewerbe i.S.d. § 1 I HGB handelt oder nicht. eine eintragung der ohg ist gerade nicht konstitutiv, wie § 123 II HGB zeigt.
außerdem ist zu anderen gesellschafts-/bzw. handlungsformen entscheidend, wie die ehegatten nach außen auftreten.

haben sie sich z.b. konkludent darauf geeinigt, dass nur ein ehegatte mit dem unternehmen nach außen auftritt, kann etwa auch eine stille gesellschaft (§§ 230ff. HGB) oder innen-gbr vorliegen.

Frage 2: Angenommen, es kommt durch die reine
gemeinschaftliche Erwerbstätigkeit im gemeinsamen Unternehmen
nur eine INNENgesellschaft zustande > hat das irgendwelche
Auswirkungen auf Dritte? z.B. auf spätere Erben des
Familienunternehmens oder Darlehensforderungen von Banken? Und
wenn nur eine Innengesellschaft bestünde, hätte das
gesellschaftsrechtliche Auswirkungen auf die Vererbung des
Unternehmens oder richtet sich dann alles nur nach Erbrecht?

gehen wir von einer innen-gbr aus (was in diesem fall eine ziemlich sinnlose überlegung wäre), bestehen schuldrechtliche anprüche der ehegatten untereinander.
unmittelbare auswirkungen für dritte hat die innen-gbr grds. nicht.

sollte einer der ehegatten versterben und besteht und schuldrechtlicher anspruch gegenüber dem anderen (das ist im regelfall die gewinnbeteiligung), dann geht dieser anspruch auf die erben über, § 1922 bgb; insofern also keine besonderheit.

Frage 3: ist das reine Betreiben eines Unternehmens samt
Verwaltung desselben als Handelsgewerbe einzustufen, sodass
eine GbR auszuschließen wäre?

siehe § 1 I, II hgb, worunter etwa umsatzhöhe, zahl der angestellten etc. fallen.

Teil 2:
Angenommen das Ehepaar schreibt ein Testament mit
gegenseitiger Alleinerbeneinsetzung und wenn beide tot sind
soll das einzige Kind das Unternehmen erben. Es besteht immer
noch kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag!

Fragen:
1.Kann dieses Testament allein als Nachfolge-/
Fortsetzungsklausel im gesellschaftsrechtlichen Sinn gesehen
werden?

ich weiß nicht genau, wie gut du dich mit der qualifizierten nachfolgeklausel auskennst:
es gibt bei der nachfolgeklausel eine sog. „gesellschaftsrechtliche lösung“, die aber abzulehnen ist.
anerkannt ist hingegen die erbrechtliche lösung, bei der ein geschäftsanteil vererblich gemacht wird und damit auf die erben übergeht.

eine fortsetzungsklausel aber besagt nur, dass die gesellschafts nach dem tod durch die verbleibenden gesellschafter fortgesetzt werden soll. sie wird durch alle gesellschafter erklärt, ist also unwirksam in einem testament.

der fall, den du schilderst, ist aber kein gesellschaftsrechtliches problem. denn es geht gerade nicht darum, dass der erbe in eine gesellschaft eintreten soll, sondern nur, wie die eigentumsverhältnisse am unternehmen als ganzes (nicht an einem gesellschaftsanteil) nach dem tod aussehen.
hier gilt -wie immer- § 1922 bgb, das unternehmen geht auf den erben über.
(du musst bedenken, dass mit dem tod eines bzw. beider ehegatten ein vorher bestandene gbr/ohg automatisch aufgelöst wurde, daher bestehen auch keine geschäftsanteile mehr)

2.Mit der Folge, dass ein Ehepartner allein nach Tod des
anderen sozusagen eine Ein-Mann-GbR weiterführt, ohne dass
sich wie gesetzlich bestimmt die Gesellschaft bürgerlichen
Rechts auflöst?

bei gbr und ohg wird die gesellschaft zwingend aufgelöst, wenn sich alle geschäftsanteile in händen eines gesellschafters befinden. nicht so bei juristischen personen wie der gmbh.

3.Und könnte das Kind nach Tod des letzten Elternteils in
diese Ein-Mann-Geschichte eintreten,
oder würde sich die GbR zu diesem Zeitpunkt schon völlig
aufgelöst haben, da von den übrigen Gesellschaftern für eine
juristische Sekunde keiner mehr übrig ist?

die gesellschaft würde dann erhalten werden, wenn einer der ehegatten stirbt und an dessen stelle ein dritter (nicht-ehegatte) eintritt.

4.Müsste das Kind sozusagen eine eigene Gesellschaft neu
gründen und welche Form käme dafür in Betracht?

das kind muss keine gesellschafts gründen, in betracht käme sowieso nur eine einmann-gmbh, da es ein-personEN-gesellschaften grds. nicht gibt.
das kind kann auch z.b. als kaufmann das unternehmen führen…

Familienunternehmen - Rechtsform und vererben?
Vielen Dank schon einmal, das hilft weiter!

Verstehe ich das aber so richtig:

-eine GbR löst sich mit Todesfall automatisch auf

-gibt es aber einen Gesellschaftsvertrag mit Fortsetzungsklausel, so löst sich die GbR nicht auf

-jetzt entscheidend: gibt es KEINEN schriftlichen Gesellschaftsvertrag
(also nur konkludente GbR),
dann kann das reine Privat-Testament der Ehegatten (die ja Eigentümer und somit wohl auch Geschäftsführer und einzige Gesellschafter sind) nicht so gedeutet werden, als wären die testamentarischen „Anordnungen“ gleichsam konkludent eine gesellschaftsrechtliche Nachfolgeregelung?

Vielen Dank noch einmal und liebe Grüße!

Familienunternehmen - Rechtsform und vererbe
Vielen Dank erst einmal für die schnelle Antwort. „Eine“ Frage bleibt mir dann aber noch:

Fragen:
1.Kann dieses Testament allein als Nachfolge-/
Fortsetzungsklausel im gesellschaftsrechtlichen Sinn gesehen
werden?
Ja

->
Das Testament der Ehegatten könnte hier also eine Nachfolge-/
Fortsetzungsklausel des konkludent geschlossenen Gesellschaftsvertrags sein?
Das hieße ja, dass sich die GbR dann nicht automatisch auflöst mit Tod eines Ehegatten. Aber andererseits gibt es keine Ein-Mann-GbR? Macht eine Fortsetzungsklausel bei einer von 2 Personen betriebenen GbR überhaupt Sinn?
Oder ist als Ergebnis schlicht festzuhalten, dass die GbR, wenn nur ein Ehegatte übrigbleibt, nicht mehr derart existiert, jedoch auch nicht Liquidationsgesellschaft wird? Sie sich quasi von GbR in Einzelunternehmen umwandelt?

Vielen Dank noch einmal!
Liebe Grüße

-eine GbR löst sich mit Todesfall automatisch auf

http://dejure.org/gesetze/BGB/727.html
selbst wenn eine klausel in einer 2-personen-gbr besteht und einer verstirbt, wird die gbr aufgelöst.

-gibt es aber einen Gesellschaftsvertrag mit
Fortsetzungsklausel, so löst sich die GbR nicht auf

s.o.

-jetzt entscheidend: gibt es KEINEN schriftlichen
Gesellschaftsvertrag
(also nur konkludente GbR),
dann kann das reine Privat-Testament der Ehegatten (die ja
Eigentümer und somit wohl auch Geschäftsführer und einzige
Gesellschafter sind) nicht so gedeutet werden, als wären die
testamentarischen „Anordnungen“ gleichsam konkludent eine
gesellschaftsrechtliche Nachfolgeregelung?

auch in einer gbr, in der kein schriftlicher GV besteht, kann konkludent die fortsetzung nach dem tod eines gesellschafters (bei mind.3) vereinbart werden.
entscheidend ist, dass eine vereinbarung zwischen allen gesellschaftern geschlossen wird.

ein testament ist eine einseitige und nicht empfangsbedürftige willenserklärung, also das krasse gegenteil einer vereinbarung (nachfolgevereinbarung = vertrag zwischen 2 oder mehreren personen, der durch empfangsbedürftige willenserklärungen zustande kommt)

Das Testament der Ehegatten könnte hier also eine Nachfolge-/
Fortsetzungsklausel des konkludent geschlossenen
Gesellschaftsvertrags sein?

nein, weil ein testament einseitig und nicht empfangsbedürftig ist, eine entsprechende vereinbarung im GV muss von allen gesellschaftern erklärt werden, ist also empfangsbdürftig.

[ein gesellschafter kann z.b. niemals erklären: „hey, wenn ich sterbe, dann verfüge ich in meinem testament, dass die gesellschaft mit den übrigen fortgeführt wird. mir doch egal, wie ihr darüber denkt“. dann könnte z.b. derjenige, der 1% an der gbr hat, über den kopf der anderen gesellschafter bestimmen, was nach seinem tod mit der gesellschaft passieren wird … unsinn, oder ?!)

Macht eine Fortsetzungsklausel bei einer von 2
Personen betriebenen GbR überhaupt Sinn?

nein, weil die gbr zwingend aufgelöst wird.

Oder ist als Ergebnis schlicht festzuhalten, dass die GbR,
wenn nur ein Ehegatte übrigbleibt, nicht mehr derart
existiert, jedoch auch nicht Liquidationsgesellschaft wird?
Sie sich quasi von GbR in Einzelunternehmen umwandelt?

eine liquidation bedarf es nicht, wenn nur noch 1 gesellschafter da ist. das gesamthänderische vermögen geht vollständig in das vermögen des früheren gesellschafters über. das geschieht automatisch durch gesetz.

Familienunternehmen - Rechtsform und vererben?
Ok, dann war ich immer auf dem Holzweg.
Für die GbR braucht man zwingend mind. 2 Personen. Das heißt das Thema Fortsetzung und Nachfolge ist nur dann überhaupt spruchreif, wenn mindestens drei Gesellschafter vorhanden sind. Daher das Wirrwar in meinem Kopf, weil ich dachte: Fortsetzungsklausel bei egal wievielen Personen…

Ich bedanke mich ganz herzlich und wünsche noch eine schöne Woche!
Liebe Grüße

Familienunternehmen - Rechtsform und vererbe
Gut, dann war das ein Missverständnis, weil Sie beim ersten mal mit Ja geantwortet hatten bezüglich Testament als Nachfolgeklausel.
Und das mit der Empfangsbedürftigkeit dachte ich klärt sich dadurch, dass die Ehegatten ja ein gegenseitiges, gemeinsam verfasstes und unterzeichnetes Testament haben und man es folglich so sehen könnte, dass beide auch als Gesellschafter mit einer entsprechenden Regelung einverstanden wären.
Aber das ist auch irrelevant, da ja nur 2 Personen beteiligt sind und beim Wegfall von einer Person gar keine GbR mehr existiert.

Ich bedanke mich herzlich für die Hilfe, ich denke jetzt ist mir einiges klarer!
Eine schöne Woche noch und liebe Grüße!