FAQ: Basel II

Vorab: Diese FAQ zum Thema BASEL II ist weder vollständig, noch stellt sie einen Anspruch auf absolute Richtigkeit. Sie ist natürlich mit der notwendigen Sorgfältigkeit angefertigt worden, soll aber letztlich nur einen Eindruck der geplanten Regelungen verschaffen. Sie soll und kann daher eigene Recherchen für Hausarbeiten nicht ersetzen. Des weiteren seit noch erwähnt, daß der geplante, zukünftige Baseler Accord (Basel II) noch längst keine beschlossene Sache ist. Es wird noch verhandelt und wann die Regeln beschlossen und dann in nationales Recht umgesetzt werden, ist noch absolut offen.


Kreditinstitute müssen nach den geltenden Vorschriften des von 1988 (alter Baseler Accord) jeden Kredit (vereinfacht gesagt, tatsächlich sind auch weitere Aktiva der Kreditinstitute betroffen) mit 8% Eigenkapital unterlegen. D.h. bei einem Kredit von EURO 1 Mio. werden TEUR 80 Eigenkapital (EK) gebunden und stehen als Unterlegung für weitere Kredite nicht zur Verfügung. Auf diese Weise (jedoch nicht nur auf diese Weise), wird die maximale Kreditvergabe d.h. das maximale Risiko der Kreditinstitute begrenzt.

Nun ist es offensichtlich wirtschaftlich unsinnig, warum für Kredite minderer Bonität genauso viel EK in Anrechnung gebracht wird, wie für Kredit bspw. an die Bundesrepublik Deutschland. Insofern wird es in Zukunft mehrere Stufen der Bonität und damit der notwendigen EK-Unterlegung geben. Die Einteilung der Bonität erfolgt dabei nach einem Rating, entweder einem externen (Ratingagentur) oder einem internen der Bank. Interne Rating-Systeme werden dann vom BAKred (Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen) kontrolliert und zertifiziert. Die Stufen werden dabei nach den Kreditausfallwahrscheinlichkeiten festgelegt.

Die zukünftige (geplante (!)) EK-Unterlegung ist der folgenden Tabelle zu entnehmen:

Ratingstufe AAA bis AA- : 20% vom Standard (8%) -->1,6 % Unterlegung
A+ bis A- : 50% --> 4%
BBB+ bis BBB- 100% --> 8%
BB+ bis BB- 150% -->12%
B+ und schlechter: Der Kreditbetrag wird vom EK der Bank abgezogen. In diesem Fall wird direkt die maximale Kreditvergabe der Bank gemindert, ebenso die Eigenkapitalquote der Bank. Damit können auch, wenn die Kredite noch nicht abgeschrieben wurden, bei zu hohen Krediten Sanktionen des BAKred folgen, wenn z.B. das Eigenkapital des Institutes unter die vorgeschriebene Grenze zu rutschen droht oder die Kredithöhe die nicht mehr im angemessenen Verhältnis zum ausgewiesenen EK steht.

Die Ratingstufen kommen wie folgt zustande: Jede Ratingstufe steht für eine bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeit der so eingestuften Kredite.

Der nachfolgende Teil ist etwas komplizierter (im Zweifel überspringen):
Nehmen wir (stark vereinfacht) an, das Rating für Unternehmen basiert auf den Kennzahlen „Eigenkapitalquote“ und „Umsatzrendite“. Für diese beiden Kennzahlen wird ein "Teil"rating ermittelt. Nehmen wir weiter an, das Rating umfaßt die Stufen 1-5 und wird aus dem Durchschnitt der Teilratings der beiden Kennzahlen ermittelt.

Nun setzt man fest, daß die Wahrscheinlichkeit mit der ein Kredit eines Unternehmen mit der Einstufung „1“ ausfällt, maximal 2% betragen darf. Nun ermittelt man die Eigenkapitalquoten zum letzten Bilanzstichtag vor der Pleite aller pleite gegangenen Unternehmen der letzten x Jahre. Die 2% an Unternehmen mit den höchsten Eigenkapitalquoten vor der Pleite werden ermittelt. Die niedrigste EK-Quote aus diesen 2% wird festgehalten. Zu ratende Unternehmen, mit einer EKQ über diesem Wert, erhalten für ihre EKQ das Teilrating „1“. Bei den weiteren Ratingstufen wird analog verfahren, ebenso mit der Umsatzrendite.

Das Gesamtrating wird nun als Durchschnitt der beiden Teilratings für EKQ und Umsatzrendite ermittelt. Bsp: Teilrating für EKQ: „2“, Teilrating für Umsatzrendite: „4“. Macht ein Gesamtrating von „3“.

Tatsächlich beruht das Rating auf mehreren Kennzahlen. Außerdem werden die Bereiche für die einzelnen Teilratings etwas komplizierter ermittelt.

Wo derzeit noch Handlungs- oder besser: Einigungsbedarf besteht, ist das sog. Laufzeitproblem. Bei einem 10jahres-Kredit ist die Ausfallwahrscheinlichkeit größer, als bei einem einjährigen oder baw. (bis auf weiteres, d.h. ohne Laufzeitbegrenzung aber als kurzfristig einzustufen, da kurzfristig kündbar)-Kredit. Ganz einfach deshalb, weil ein Kreditinstitut aus einem langfristig zugesagten Kredit nicht einfach aussteigen kann, wenn es dem Kreditnehmer schlechter geht. Problematisch ist nun, daß diese Art der Finanzierung in den USA verhältnismäßig ungebräuchlich ist, und das Laufzeitproblem die dortigen Banken somit nicht oder nur wenig interessiert. In Deutschland sind lang- und mittelfristige Kredite gerade im Mittelstand sehr verbreitet. Daher befürchtet der deutsche Mittelstand, daß die Kredite teurer werden, weil mehr unterlegtes Eigenkapital das Kreditinstitut natürlich Geld kostet (Renditeziele werden (nicht nur) bei den Banken heute häufig an der Eigenkapitalverzinsung festgemacht).

Dazu kommt, daß in den USA deutlich mehr Unternehmen börsennotiert sind, d.h. weniger auf Kredite angewiesen sind. Dagegen hat der typische dt. Mittelständler eine relativ geringe Eigenkapitalausstattung, was in jedem Rating zu einer Verschlechterung führt. Daher fürchtet der deutsche Mittelstand auch aus diesem Grunde höhere Kreditzinsen, im übrigen ganz zu Recht. Es ist also jetzt an der Zeit, daß die deutschen Unternehmen (insbesondere eben der Mittelstand) die bisher meist vernachlässigte Bilanzstrukur einer genauen Prüfung zu unterziehen, am besten gemeinschaftlich mit den Kreditgebern. Außerdem hatte der „normale“ Mittelständler bisher relativ geringes Interesse daran, einen hohen Gewinn auszuweisen (Steuer). Auch dieses wird sich in Zukunft ändern müssen.

Die Verteuerung von Krediten wird nach Basel II entgegen der landläufigen Einschätzung nicht alle Unternehmen treffen. Wer ein gutes Rating hat, wird zukünftig weniger Zinsen zahlen müssen, als bisher. Dies wird besonders den in Deutschland wichtigen Maschinen- und Anlagenbau betreffen, der sich vor allem über Kundenanzahlungen finanziert und eben nicht bzw. kaum durch Bankkredite (was sich im allgemeinen ebenfalls ratingverbessernd auswirkt). Insofern ist der derzeitige Sturmlauf der deutschen Unternehmerschaft gegen Basel II ein Gegacker um weitestgehend ungelegte Eier und beruht vor allem auf Unkenntnis der geplanten Regelungen. Hier kann man zwar den Banken einen Vorwurf machen, jedoch obliegt die Information eigentlich den Unternehmerverbänden. Diese haben jedoch nach Einschätzung des Autors wenig Produktives in dieser Hinsicht geleistet.

Durch die „weltweite“ Einführung von Basel II wird auch ein Ungleichgewicht in der dt. Bankenlandschaft bereinigt. Kreditinstitute, die derzeit noch nicht mit Ratings und einer entsprechenden Steuerung arbeiten (Stichwort RAROC), bieten den Kunden derzeit noch niedrigere Zinssätze an, als es eigentlich vertretbar wäre. In diesem Zusammenhang ist auch die Diskussion über die Gewährträgerhaftung bei den Sparkassen zu sehen. Während die privaten Banken in Deutschland Beiträge für den Einlagensicherungsfonds deutscher Banken (http://www.bdb.de/download/broschueren/Einlagensmitw…) bezahlen müssen, erhalten die Sparkassen ihre Einlagensicherung derzeit noch kostenlos vom jeweiligen Gewährträger, d.h. der öffentlichen Hand. Die Kosten für den Einlagenschutz der privaten Banken werden natürlich auf die Kreditzinsen umgelegt, während die Sparkassen in dieser Hinsicht einen aus marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten einen durchaus meßbaren finanziellen Vorteil genießen.

Links:
Originaldokumente nach dem derzeitigen Stand sind hier zu finden:
http://www.bundesbank.de/de/banken/aufsicht/internat…… (Kurzfassung der bisherigen Verhandlungsergebnisse)
http://www.bundesbank.de/de/banken/aufsicht/internat…… („Vollversion“, als Warnung: für Laien kaum verständlich)
http://www.bis.org/bcbs/index.htm (englisch, teilweise mit deutschsprachigen Übersetzungen)
http://www.bdb.de/html/fachthemen/bankenaufsicht/spe… (Texte des Bundesverbandes Deutscher Banken)
http://www.bmwi.de/Homepage/Presseforum/Pressemittei… (Gemeinsame Erklärung der Arbeitsgruppe „Finanzierung mittelständischer Unternehmen“ beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vom 25. Februar 2002)


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