Hallo Ted!
Du hast recht mit der Aussage, daß die Bestimmung der Alle-Hähne-Geöffnet-Auslaufzeit natürlich nichts mit Dreisatz zu tun hat. Das arithmetische Mittel ist an diesem Problem aber auch nicht beteiligt! Um die Alle-Hähne-Geöffnet-Auslaufzeit zu erhalten, muß lediglich eine Summe berechnet werden, aber nicht die der *Widerstände* der Hähne, sondern die ihrer *Leitwerte*. Das Maß für den Widerstand eines bestimmten Hahns ist einfach die Zeit, in der das Faß ausläuft, wenn ausschließlich dieser Hahn geöffnet ist. Es ist also physikalisch korrekt, zu sagen, daß der Hahn 1 einen Widerstand von 15 min hat, und Hahn 3 einen doppelt so hohen Widerstand von 30 min usw. „Leitwert“ ist genau wie bei den elektrischen Widerständen definiert als Kehrwert des Widerstandes („G = 1/R“). Da ein Faß mit mehreren Hähnen tatsächlich analog zu einer Parallelschaltung von elektrischen Widerständen ist, gilt hier wie da:
G(gesamt) = G1 + G2 + … + Gn
und damit wegen G = 1/R:
1/R(gesamt) = 1/R1 + 1/R2 + … + 1/Rn
Schreibt man für die Hahnwiderstände nach dem oben Gesagten t statt R, so erhält man für die Alle-Hähne-Geöffnet-Auslaufzeit
1/t(alle) = 1/t1 + 1/t2 + 1/t3 + 1/t4
Etwas anders liegen die Dinge bei der Berechnung der Durchschnittsgeschwindigkeit: Der liegt tatsächlich ein (ungewichteter) Mittelwert zugrunde. Es gilt:
1/v(Durchschnitt) = (1/v1 + 1/v2)/2
bzw. bei n Wegstücken
1/v(Durchschnitt) = (1/v1 + 1/v2+ … + 1/vn)/n
Die Teilung durch n ist das, was die Mittelwert-Bildung von einer simplen Summe unterscheidet (und bei dem Faß-Problem und den parallelgeschalteten Widerständen fehlt).
Ein bekanntes Beispiel, wo ein *gewichteter* Mittelwert auftritt, ist der (lineare) inelastische Stoß. Für die „Nachher“-Geschwindigkeit zweier Stoßpartner (Massen m1, m2, Geschwindigkeiten v1, v2) gilt bekanntlich:
v(nachher) = (m1 v1 + m2 v2) / (m1 + m2)
Als „Gewichte“ treten hier die Massen m1 und m2 auf (bei gleichen Massen erhält man den ungewichteten Mittelwert (v1+v2)/2 als Spezialfall). Weitere Probleme, die auf gewichtete Mittel führen, sind z. B. der Temperaturausgleich (mit den Wärmekapazitäten als Gewichte), Mischen von unterschiedlich stark konzentrierten Lösungen (mit den Volumina als Gewichte), Zusammenschaltung von auf unterschiedliche Spannungen geladener Kondensatoren (mit den Kapazitäten als Gewichte) und der Massenschwerpunkt (mit den Massen als Gewichte). Ein gewichtetes arithmetisches Mittel läßt sich immer als „Schwerpunkt“ (nicht nur von Massen, sondern auch anderer Größen, s. o.) interpretieren.
Gruß
Martin