Moin,
zunächst erstmal allen, die sich bisher über meine Artikel hier bzgl. Linux Gedanken gemacht haben, einen herzlichen Dank. Für die, die es interessiert, hier mein Fazit der letzten Tage und Nächte:
Motivation:
Als mittlerweile recht routinierter Benutzer von FreeBSD kam ich an einen Punkt, an dem ich zum einen aus Interesse, zum anderen aus Gründen der Hardware-Unterstützung gerne mal ein Linux ausprobieren wollte.
Nach einem Überblick über die gängigen Distributionen habe ich Debian und Gentoo in die engere Wahl gezogen, weil beides sehr „rudimentäre“ und gut anpassbare, schlanke Distributionen sind, die nicht so überladen mit proprietären Konfigurationskonventionen und unnötiger Standardsoftware sind, wie mir z.B. SuSE, Mandrake oder Fedora erschienen.
Debian GNU/Linux
Ich habe Debian sarge getestet. Die Installation des Basissystems empfand ich als relativ benutzerfreundlich, bei Auswahl eines Minimalsystems etwa vergleichbar mit jener von FreeBSD.
Die Paketverwaltung mit apt-get ist auch ganz angenehm, was mir jedoch sehr übel aufgestoßen ist, ist die Bindung von Betriebssystem und Anwendungssoftware bzgl. der verwendeten Versionen - es war mir nicht ohne weiteres m[glich, z.B. ein sarge zu benutzen, aber trotzdem aktuelle Anwendungssoftware wie gnome 2.6, Mozilla 1.6, gimp 2.0 etc… Es gibt zwar http://www.backports.org/ , aber das ist alles so unübersichtlich und „von Hand“ zusammenzusuchen, daß es wirklich keinen Spaß macht. Um mit einfachen Mitteln(!) aktuelle Software benutzen zu können, scheint es mir notwendig zu sein, sid zu benutzen - das hab ich jetzt nicht ausprobiert, aber insgesamt eher unschön und letztlich der Hauptgrund, aus dem ich mich gegen Debian entschieden habe, wenngleich ich -UNSTABLE vielleicht irgendwann mal noch eine Chance geben werde.
Gentoo Linux
Ich habe Gentoo Linux via „stage 3“ installiert, also mittels Betriebssystem-Binaries. Die Installation war definitiv nichts für Anfänger - wer bisher gar keine Erfahrung mit Unixoiden hat, wird da doch sehr schnell aufgeschmissen sein. Grundkenntnisse vom Umgang
mit einer Shell und einem Texteditor sind zwingend notwendig, ebenso Grundkenntnisse über Hardware (Festplattenpartitionierung etc.).
Die Dokumentation bzgl. der Installation ist mittelmäßig, mit o.g. Vorwissen kann man das also bewältigen, aber es fehlen doch einige wichtige Informationen, z.B. darüber, wie man Gentoo eben ohne seperate /boot-Partition installieren kann - will ja vielleicht der eine oder andere.
Dennoch, ich hab’s geschafft, im zweiten Anlauf mit einigen Stolpersteinen.
Die Softwareverwaltung mittels portage-System empfinde ich als recht angenehm - man hat die aktuellen Anwendungen alle aus einer Quelle, Installation und Updates sind sehr einfach zu erledigen. Sehr angenehm - und nebenbei bemerkt von FreeBSD abgekupfert Vom Umfang her kann Gentoo (6000 portierte Anwendungen) zwar noch nicht mit FreeBSD (10000 Ports) mithalten, aber das ist schonmal was. Einzig die fehlende Übersicht über bisher auf dem System installierte Pakete vermisse ich (FreeBSD: pkg_info), aber vielleicht hab ich die bloß noch nicht gefunden - das Handbuch schweigt sich darüber jedenfalls aus.
Grundsätzlich finde ich sehr bedauerlich, daß das Gentoo-Projekt offenbar keine „precompiled binaries“ von den Ports zur Verfügung stellt. Da fängt dann die Sucherei wieder an, zum Glück hab ich mit etwas Googlen (via lynx auch nur ein eingeschränkter Spaß) http://gentoo.vidalinux.com/ gefunden, dort werden einige Pakete als Binaries vorgehalten. Warum mir das überhaupt wichtig ist?
Weil ich bei einem frischen System zügig zumindest ein laufendes X Windows haben möchte, einen grafischen Browser, und vielleicht ein xmms, um mich ein wenig beschäftigen zu können, während meine Anwendungen compilen.
Fazit:
Insgesamt stellt Gentoo also imho ein durchdachtes Linux für den fortgeschrittenen User dar, welches zwar noch nicht wirklich erwachsen ist, sich jedoch auf dem Weg dahin befindet, ähnlich angenehm benutzbar zu sein wie bspw. FreeBSD (Anm.: Das gilt jetzt nur für die User-Sicht, der Kern des Betriebssystems ist nicht vergleichbar.), wenn an der Installationsroutine und dem Portage-System noch etwas gearbeitet wird.
Grüße,
Malte.