Feinherb / halbtrocken

Hallo zusammen,

welcher der folgenden Weine ist süßer? Ich bin alles andere als eine Weinkennerin und schmecke halt nur, ob ein Wein süß oder trocken ist.

  1. Wein: Riesling 2004 feinherb (Erben Riesling)

  2. Wein: Frankenwein (Wipfelder Zehntgraf) 2008 Bacchus halbtrocken

Mich verwirren die Angaben im Internet zu halbtrocken und feinherb…

Vielen Dank für eine Antwort.
Gruß
Anna

Servus,

halbtrocken: 9-18 g/L Restzucker
feinherb: 18-45 g/L Restzucker (entspricht „lieblich“)

Subjektiv dürfte allerdings der halbtrockene süßer schmecken, wegen der Säure des „feinherben“.

Schöne Grüße

MM

Servus Martin! (schön, auch ein Bayer)

Danke für Deine Antwort!
Anna

feinherb
Hallo Martin,

die Antwort ist aber nicht ganz korrekt.

Feinherb ist keine offizielle Bezeichnung, deren Restzuckerwerte irgendwo fest gelegt sind. Es ist eine reine Marketingbezeichnung, die ihren Sinn darin hat, eine „schickere“, weniger belastete Bezeichnung für Weine zu finden, die etwas mehr Restzucker haben. Verwendet wird sie für Weine, die nicht trocken und nicht süß sind, ergo halbtrocken oder halbsüße Weine.

Beispiele für feinherbe Weine, die unter halbtrocken fallen, findest du hier:
http://weinhandel-schubert-online.de/Weisswein2.html
oder hier
http://www.rheingauerwein.de/wiki/index.php/Weingut_…

(Liste könnte fortgeführt werden)

Zur Ausgangsfrage:
Ohne die Weine zu kennen, dürfte im konkreten Fall die Aussage schwer fallen. Zwar gilt tendenziell, dass feinherb eher an der oberen Skala (im Vergleich zu halbtrocken) des Restzuckers zu finden ist, aber wie Martin angedeutet hat, spielt für das Geschmacksempfinden auch der Säuregehalt eine Rolle. Riesling hat viel Säure, Bacchus so gut wie gar keine. Insofern könnte es sein, dass der hohe Säureanteil den vielleicht höheren Restzuckergehalt des feinherben Rieslings wett macht, es kann aber genauso sein, dass der feinherbe Restzuckergehalt so hoch ist, dass die Säure keine große Rolle mehr spielt - oder dass sich beide nicht viel tun :wink:

LG Petra

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Moin, Annna,

feinherb war mir bislang nur aus der Pilstrinkerszene bekannt. Schon tholl, was den Werbefuzzis so alles einfällt :smile: Und Monnem in Bayern? Da staun ich aber :smile:))

schmecke halt nur, ob ein Wein süß oder trocken ist.

Dem lässt sich aber abhelfen. Gönn Dir mal ein Wochenende in einer Weingegend und nimm an einer Weinprobe teil, da hilft man Dir ganz sicher auf die Sprünge. Hinterher kennt man natürlich längst nicht alles, aber bei der Suche steht man wenigstens nicht vor dem Regal wie ein Depp.

Gruß Ralf

Hallo Anna,
wie von Petra schon richtig angemerkt, ist ‚feinherb‘ eine reine Marketingbezeichnung ohne vorgeschriebene Kriterien. In Deinem Fall hat der ‚feinherbe‘ Riesling laut Angaben des Abfüllers einen Restzucker von ca. 17,0 g/l - das liegt noch unter dem für halbtrockene Weine in Deutschland zulässigen Höchstwert von 18,0 g/l. Außerdem darf bei halbtrockenen Weinen der Säuregehalt höchstens 10 g/l unter dem Restzuckerwert liegen. Bei Deinem Wein wird diese Bedingung mit 7,5 g/l Gesamtsäure knapp erfüllt. Dieser ‚feinherbe‘ Riesling dürfte also auch noch als ‚halbtrocken‘ verkauft werden.

Das ist für die meisten mit der Bezeichnung ‚feinherb‘ gehandelten Weine typisch - sie liegen an der oberen Grenze der für halbtrockene Weine noch zulässigen Werte oder etwas darüber bzw. an der unteren Grenze des für liebliche / halbsüße Weine zulässigen Bereichs (der mit 18 - 45 g/l Restzucker auch recht großen Spielraum hat). Grund für den Bastardbegriff ‚feinherb‘ sind Kunden, die zwar aus Prestigegründen keine lieblichen oder halbsüßen Weine trinken wollen (als ‚Kenner‘ hat einem so etwas nicht zu schmecken), denen aber ‚echte‘ halbtrockene oder trockene Weine nun einmal auch nicht schmecken wollen … Wogegen im Übrigen absolut nichts einzuwenden ist; ich persönlich ziehe zu manchen Speisen einen feinherben Riesling (die hier an der Nahe idR gut mit Säure austariert sind) einem trockeneren vor.

Grundsätzlich zu dem Riesling vom Weinabfüller Langguth: böse Menschen meinen, das ‚Erben‘ auf dem Etikett bedeute, dass man diesen Wein besser seinen Erben hinterlässt, statt ihn selbst zu trinken. Vor allem, wenn man diese nicht besonders schätzt …

Zu dem Bacchus kann ich mangels greifbarer Daten (Produzent?) weniger sagen. Wie schon gesagt wurde, hat diese Rebsorte weniger Säure als der Riesling - idR um die 6 g/l, eher darunter. Entscheidend für den Vergleich mit dem Riesling ist ist also der Restzucker - ob der eher in Richtung der unteren Grenze (9 g/l) oder der oberen (18 g/l) tendiert. Bei 6 g Säure und den dann maximal zulässigen 16 g Zucker dürfte der Bacchus subjektiv deutlich süßer schmecken als der Riesling, obwohl der weniger Zucker hat. Bei für einen fränkischen hlbtrockenen Bacchus typischem Werten von 6 g Restsäure und 12 g Restzucker sähe das schon wieder etwas anders aus …

Auch über diesen Wein lässt sich grundsätzlich nicht viel Positives sagen. Bacchus ist eine dieser parfümierten (Winzersprech: ‚fruchtig-blumig‘) Neuzüchtungen mit hohen Erträgen und Mostgewichten aus den Siebzigern, die man auch auf Standorten ziehen kann, auf die eigentlich Kartoffeln gehören - weil der schöne fränkische Silvaner dort in manchen Jahren nicht ausreifen kann. Schmeckt noch am besten als Federweisser. Die Lage Zehntgraf ist auch nicht ‚klassisch‘ - ebenfalls in den Siebzigern durch eine Flurbereinigung entstanden.

Als bekennende Nicht-Weinkennerin braucht Dich das freilich nicht groß zu bekümmern - entscheidend ist, was Dir persönlich schmeckt. Wenn Du allerdings beispielsweise bei Gästen mit größerer Sachkenntnis Ehre einlegen willst, sind beide Weine nicht gerade erste Wahl.

Freundliche Grüße,
Ralf

Servus,

na siehste, so wird man alt.

Zusammen mit den Angaben, die Ralf für die vorgelegten corpora delicti gefunden hat, belegen Deine exempla, dass aus dem Begriff tatsächlich ein alles und nichts sagendes Attribut geworden ist.

In der gut zehn Jahre zurückliegenden kurzen Zeit, wo ich in Hochheim Gelegenheit hatte, ein paar persönlich bekannten Winzern hie und da Löcher in den Bauch zu fragen, wurde der Begriff dort nur für (nach Restzucker klassifiziert) eigentlich liebliche Weine verwendet, die aber Freunden lieblicher Weine gar nicht zusagen: Die klassischen „Dreimännerweine“, die es im Rheingau gibt, wenn ein Riesling zur Unzeit viele kühle Nächte gehabt hat und dann arg sauer herauskommt. Dann kann man ihn entweder großzügig entsäuern, was einige Winzer nicht gerne mögen, weil sie finden, dass das Ergebnis nach Seife schmeckt, oder man lässt ihm halt sozusagen als Gegengewicht ziemlich Restzucker.

„Dreimännerwein“ heißt beiläufig: Zwei zum Festhalten, einer zum Trinken…

In diesem Sinne

MM
(heut ein Weißburgunder aus Gundheim - Prosit Ralf!)

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(heut ein Weißburgunder aus Gundheim - Prosit Ralf!)

… da fällt mir ein - schon lange keinen vom Gutzler mehr getrunken. Worms und der Wonnegau hat auch seine guten Seiten gehabt …

Wohl bekomm’s!
Ralf