Hallo!
Wen interessiert die EMRK?
: Die EMRK ist seit 7. August 1952 als Bundesgesetz Teil der
:deutschen Rechtsordnung. Bei dem Streit in den 50er Jahren
: ber ihren Rang hat sich in der Rechtsprechung die Auffassung
: durchgesetzt, daß sie den Charakter eines einfachen Gesetzes
: trägt(OVG Münster, NJW 1956, 1374; VGH BW, VerwRspr. 8, 859ff;
: OLG Bremen, JZ 1960, 260).
: D.H. sie steht nicht über der StPO und schon gar nicht über
: dem GG.
: Sie hat lediglich eine mittelbare Wirkung: sie kann nämlich
: zur Bestätigung einer Auslegung des deutschen Rechts
: herangezogen werden („Bekräftigungsfunktion“).
Das wird auch niemand ernsthaft bestreiten. Die EMRK steht innerstaatlich nicht über der StPO, sondern auf gleicher ebene, es steht daher auch die StPO nicht über der EMRK!
Innerstaatlich gesehen folgt daraus, dass selbstverständlich die StPO in Zusammenschau mit der EMRK, als Staatsvertrag mit innerstaatlichem Rang eines Gesetzes, systematisch auszulegen ist (wie du ja eigentlich selbst geschrieben hast - nichts anderes heißt das ja - die von dir zitierte Gerichtseintescheidung fordert ja gerade eine solche systematische Interpretation). Es ist daher äußerst naheliegend auch aus der Sicht des innerstaatlichen Rechts die EMRK heranzuziehen, da diese mit der StPO auf einer Stufe steht und die StPO keinesfalls Vorrang genießt - soviel zu juristischen Interpretationsregeln.
Dass der Verstoß gegen die EMRK jedenfalls eine Verurteilung durch den EGMR in Straßburg nach sich zieht, soferne geklagt wird, ist natürlich auch klar, aber es ist richtig, dass das für das innerstaatliche Recht nicht relevant ist.
Nein, er hatte einen Ausweis in dem eine nicht Ladungsfähige
Anschrift stand, woher die Polizisten das wußten ist
irrelevant. Zur Feststellung der Identität gehört die
Feststellung der Wohnanschrift(OLG Hamburg, MDR 1964, 778).
Die Identität einer Person ist insoweit erst dann geklärt,
wenn sie ohne weitere Ermittlungen auch später auffindbar ist.
: Dass Du zwischenzeitlich umgezogen bist und Dich noch nicht
: umgemeldet hattest, durfte und konnte die Beamten eigentlich
: nicht interessieren.
as durfte sie sehr interessieren, das ist nämlich auch in NRW
:eine Ordnungswidrigkeit.
: Natürlich kann man mit Nachforschungen mehr ermitteln als in
:einem Ausweis steht.
: Im Klartext:
: Die Ermittlung besteht in der Regel in der Feststellung der
: Daten bei Deinem alten Einwohnermeldeamt.
as diese nicht ausreichen hatten wir schon.
: Und da sind die
: gleichen Daten erfasst wie in Deinem Ausweis.
: Genau das ist das Problem, eine Ladungsfähige Anschrift ist
: nicht zu ermitteln, der „Täter“ ggf. später nicht mehr
: aufzufinden.
: Dazu kommt: Der Dienstherr des Beamten hat unter Umständen
: gemäß Art. 34 GG, § 839 BGB sogar dafür aufzukommen – und er
: kann den Beamten gegebenenfalls nach den einschlägigen
: beamtenrechtlichen Bestimmungen in Regreß nehmen –, wenn
:infolge
: einer unzureichenden Identitätsfeststellung z. B. der
: Schädiger
: unauffindbar bleibt und der Geschädigte einen
: Schadensersatzanspruch nicht geltend machen kann (OLG
: Stuttgart v.
:8.11.1972 – 1 U 63/72, NPA 769 Private Rechte Bl. 5 = NPA 1029
: BGB
: § 839 Bl. 55).
Das mag sein, ist aber für die Zulässigkeit der Anhaltung nicht relevant.
In Deiner Sache mutet es schon etwas merkwürdig an. Es riecht
: etwas nach Schikane, oder zumindest danach, dass hier die
: Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wurde.
In unserem, dem wahrscheinlich liberalsten Land auf der Welt,
: schreit sofort jeder Schikane und will sich auf die EMRK
berufen, wo er in anderen - nicht einmal weit entfernten -
: Ländern schon längst in einer Zelle sitzen würde.
Ja nur weil andere Länder Grundrechte nicht beachten, ist man noch lange nicht berechtigt, diese selbst nicht zu beachten. Gerade weil es viele Länder gibt, die Grundrechte mit Füßen treten, sollte es einem Staat eine Ehre sein, diese zu beachten!
Als ob den Polizisten sooooo langweilig war, dass sie sich mit
: dem ärmsten nur so als Beschäftigungtherapie für 5 Std die
Zeit vertreiben mussten.
: Hätte er sich umgemeldet wäre das alles nicht passiert, so
einfach ist das, aber nein man schreit sofort nach EMRK und
: Verhältnismäßig- keit.
Die Verhältnismäßigkeit ist hier aber auch das einzige Problem - was soll man denn sonst prüfen?
Im Übrigen halte ich deine rechtliche Argumentation an sich für durchaus nachvollziehbar, wenn ich auch noch nicht so ganz überzeugt bin und ich sag dir auch gerne warum:
Der Name und Geburtsdatum konnte ja festgestellt werden, nicht festgestellt werden konnte eine ladungsfähige Anschrift. Es ist richtig, dass eine solche festgestellt werden muss zur Sicherung der Strafverfolgung. Es ist nun aber so, dass die tatsächliche Anschrift ja, wie du selbst schreibst, in keinem Register aufscheint. Wie stellt man nun diese tatsächliche Anschrift fest, indem man jemanden 5 Stunden lang auf der Wache anhält, wenn die Adresse doch sowieso in keinem Register steht? Ist das wirklich das gelindeste taugliche Mittel um eine ladungsfähige Adresse festzustellen? Hätte man nicht zuerst vor Ort vom Verdächtigen die Adresse erfragen können und nachfragen können, ob einem der Verdächtige erlaubt diese Angaben vor Ort zu überprüfen? Hätte es nicht vielleicht vor Ort Leute gegeben, die die Richtigkeit einer solchen Angabe bestätigt hätten? Bestanden Anhaltspunkte, dass eine solche Feststellung ein falsches Ergebnis gebracht hätte? Wodurch erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass durch eine fünfstündige Anhaltung auf der Wache die richtige Adresse gefunden wird? Fragen über Fragen…
Ich lasse mich durchaus vom Gegenteil überzeugen, aber die Frage ist nicht, ob es erforderlich war, die richtige ladungsfähige Anschrift zu ermitteln - das muss zweifelsfrei geschehen, sofern wirklich ein Tatverdacht gegeben ist - die Frage ist: war dafür eine fünf stündige Anhaltung auf der Wache notwendig?
Gruß
Tom