Fisch- und Tiermehl in Aquakultur

Hallo,
woran liegt es eigentlich, dass die meisten Aquakulturen carnivorer Fische mit Fischmehl füttern, wo doch Tiermehl aus der Fleischindustrie reichlich vorhanden sein sollte und zudem preisgünstiger ist? Liegt das nur an den weitgehend fehlenden Omega-3-Fettsäuren im Tiermehl oder gibt es noch andere Gründe?

Hallo,

woher stammt diese Information?

Gruß
C.

Es ist der Hauptkritikpunkt der an Aquakulturen immer wieder geäußert wird: Dass sie durch ihren Fischmehlbedarf ebenfalls zur Überfischung der Meere beitragen. Hier beispielsweise ein Zitat aus dem Artikel ‚Lachsfarm‘ auf Wikipedia:
„Die Ernährung der Lachse erfolgt mit Kunstfutter dem Vitamine zugesetzt werden, in der Regel mit Pellets auf der Grundlage von gepresstem Fischmehl und Soja, dem Fischöl und Sojaöl zugesetzt werden.“
Auf YouTube finden sich auch Videos, die zeigen, wie man versucht, Fischmehl (z. B. durch Insekten) zu ersetzen.

Also geht es generell darum, dass Fischmehl verwendet wird und nicht um „die meisten“. Die Fütterung mit Tiermehl (also Tier ungleich Fisch) ist nämlich bei Aquakulturen durchaus beliebt, weswegen ich bei Deiner Formulierung stutzte. Sofern Tiermehl nicht in den Mengen genutzt wird, wie es vielleicht möglich wäre, dürfte das mehrere Gründe haben: Verfügbarkeit, Preis, lokale gesetzliche Vorschriften, Vorgaben von Abnehmern und Zertifizierern.

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Servus,

Du wirst lachen - in keiner Aquakultur wird Fischmehl verfüttert. Es geht da um Mischfuttermittel, die u.a. Fischmehl enthalten.

Beispiel: Futtermittel für Forellen enthält (hierzulande - wo Fischmehl billiger ist, ist der Anteil sicherlich höher) 80 g / kg Fischmehl und 40 g / kg Fischöl.

Schöne Grüße

MM

OK, ich habe mich wohl etwas missverständlich ausgedrückt. Es war mir klar, dass Fischmehl nicht pur verfüttert wird, allerdings wusste ich nicht, dass der Anteil an den Futterpellets so gering ist. Es gibt ja schon seit Jahren Bestrebungen, den Fischmehlanteil in den Futtermitteln zu senken, während die Aquakultur-Brtreiber oft sagen, sie könnten " noch nicht vollständig auf Fischmehl verzichten", auch wenn sie das gerne würden. Meine Frage zielte darauf ab, warum das oft nicht ohne weiteres möglich ist…
Allerdings könnte ich mir vorstellen, dass für einige Arten auch ein höherer Anteil erforderlich ist, wenn es im Wikipedia-Artikel „auf Basis von“ heißt…

das ist durchaus möglich - die von mir zitierten Anteile beziehen sich auf Forellen - in diesem Fall konkret: Bodenseefelchen, die wegen Überhandnehmens von Kormoranen seit einiger Zeit in Aquakultur gehalten werden, damit sie (a) nicht ganz aussterben und (b) noch einigermaßen wirtschaftlich nutzbar bleiben.

Dieses Minimum im Futter an Protein und Fett von Fischen lässt sich derzeit nicht ersetzen, weil ohne dieses der Geschmack der erzeugten Fische nicht mehr „Fisch“ wäre, und auch, weil sie sonst nicht alt genug würden, um einen vermarktbaren Speisefisch abzugeben.

Alternativen könnten sich allenfalls durch GMO ergeben, aber das wäre „ja“ noch viel schlimmer.,

Nachdem seit 2013 nach ein paar Jahrzehnten Journalistenwahnsinn die Verfütterung von Tiermehl an Fische überhaupt wieder erlaubt ist, werden sich da möglicherweise bald noch weitere Alternativen auftun. Wageningen schläft nicht, aber man lässt von dort nur Lösungen auf die Menschheit los, wenn sie erprobt und als fundiert befunden sind - z.B. den Melkroboter, der vor ein paar Jahrzehnten die Milchviehhaltung komplett umgekrempelt hat…

Schöne Grüße

MM

Wenn du schreibst, die Fische würden ohne Fischmehl/-öl nicht alt werden, heißt das ja im Umkehrschluss, dass irgendwelche Mangelerscheinungen auftreten. Weißt du da genaueres?

Es geht um die Fettsäuren und sekundär auch um die Proteine, die beide in Tiermehl und allen möglichen pflanzlichen Komponenten zwar ähnlich, aber nicht gleich sind. Vor über zehn Jahren wurde in Langenargen versucht, Felchen vegetarisch zu füttern, indem man sie von frühester Jugend an daran gewöhnte, so dass ihr Verdauungsapparat besser angepasst wäre, aber vollständig ersetzen ließen sich die von Fischen gewonnenen Komponenten nicht.

Schöne Grüße

MM

Friedfische kann man rein mit pflanzlichem Futter züchten. Fische die auf tierische Nahrung eingestellt sind, benötigen teilweise tierisches Protein. Man hat aber festgestellt, dass sich das Mikrobiom im Darm von fleischfressenden Aquakulturfischen umstellt, wenn man ausschließlich pflanzliches Eiweiß verfüttert, sodass eine rein pflanzliche Ernährung möglich ist. Eine andere Frage ist aber wie schnell die Aquakulturfische dann wachsen. Die Antwort weiß ich nicht, aber die Tatsache, dass man Anteile von Fischmehl in jeder Lachszucht verwendet sagt mir, es ist notwendig. Denn Fischmehl ist teurer als Soja- oder Maisschrot.
Fischmehl fällt beim Fischfang als „Abfall“ an. Was aber verwerflich ist - und das geschieht in großem Umfang- wenn man Millionen Tonnen von Kleinfischen fängt, um Fischmehl daraus zu machen, das als Tierfutter dient. Dieser Raubbau müsste durch internationale Verträge abgestellt werden. Dass das nie und nimmer geschieht ist nur eines der vielen Beispiele, dass der Mensch genau weiß was zu tun wäre und dennoch unfähig ist, das richtige zu tun.
Udo Becker

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Danke Udo, ich denke das mit dem Wachstum könnte der springende Punkt sein. Klar, wenn ein Fisch meinetwegen 18 statt 12 Monate braucht bis ich ihn verarbeiten kann schmälert das den Profit. Deshalb hat man Lachse ja auch gentechnisch verändert.
Und, ja, das mit den Sardellen allein zur Fischmehlerzeugung finde ich auch verwerflich…

Servus,

das war der Ansatz, der vor über zehn Jahren in Langenargen am ISF verfolgt worden ist - mit dem Ergebnis, dass es in der Praxis zwar möglich war, die tierischen Anteile auf 80 g / kg Fischmehl und 40 g / kg Fischöl extrem herunterzufahren, aber eben nicht, mit einer rein pflanzlichen Ernährung zurechtzukommen.

Schöne Grüße

MM

@Aprilfisch
Es ist schon möglich Raubfische rein pflanzlich zu füttern, nur ist das eben noch teurer, da das Futter extrem komplex sein muss, um die tierischen Komponenten ersetzen zu können. Deshalb zielte meine Frage ja auch auf Tiermehl ab. Aber da habe ich ja jetzt von dir und Udo einige Hinweise bekommen (z. B. Mangelerscheinungen und Minderwuchs). Wahrscheinlich läuft es darauf hinaus, dass man das Tiermehl so stark durch Zusätze veredeln müsste, dass es eben preislich nicht mehr vorteilhaft ist…

Es ist extrem schwierig, bei rein pflanzlich gefütterten Forellen eine ausreichend feste Konsistenz des Kots zu erreichen, die für Aquakultur unabdingbar ist, weil sich flüssiger Kot nicht abfiltern lässt.

Es ist noch keine zehn Jahre her, dass das in Langenargen bei Forellen gelungen ist, und es ist nicht gesagt, ob das von Salmoniden auch auf andere Raubfische in Aquakultur übertragen werden kann.

Schöne Grüße

MM

Inzwischen ist es möglich, rein vegetarisch zu füttern, ist aber zu teuer:

Servus,

nichts Neues unter der Sonne, wie bereits berichtet. Und kein Hinweis auf das wesentliche Problem, dass man sich ein bisselchen auf die Hinterbeine stellen muss, um bei Forellen ausreichend festen Kot zu erhalten. Und keiner darauf, dass das, was bei Salmoniden wie berichtet gelungen ist, auch auf - ich wiederhole - andere Raubfische in Aquakultur zu übertragen ist oder eben auch nicht.

Unabhängig davon, dass „angenehm süß“ schmeckende Regenbogenforellen vom deutschen Markt vermutlich nicht angenommen würden.

Und unabhängig davon, dass die LfL der Süddeutschen als verlässliche Quelle mit sach- und fachkundigen Autoren in diesem Zusammenhang vorzuziehen ist:

Schöne Grüße

MM

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