H wie Hola.
Also von den WDR-Radionachrichten wurde „erklärt“, dass unter
anderem die Freileitungen in so starke Schwingungen versetzt
werden, dass sie sich berühren und es auch so zu Kurzschlüssen
kommt.
Ja, auch.
Eine andere Möglichkeit wäre, daß eine Freileitung reißt und auf den Boden fällt. Oder eine Freileitung verfängt sich in einem Ast.
… aber dass die
einzelnen Leiter unterschiedliche Spannungen haben (und es
deswegen zu Problemem kommen kann), wusste ich auch nicht.
Das stimmt auch nicht.
Zwischen jedem Leiter und der Erde gibt es die sogenannte Leiter-Erde-Spannung, auch Phasenspannung genannt. Daß sind übrigens die 230 V im Niederspannungsnetz.
Zwischen den einzelnen Leitern jedoch hast Du nicht die Leiter-Erde-Spannung, sondern die Leiter-Leiter-Spannung, sprich, die verkettete Spannung. Diese Spannung liegt um den Wurzel-3-fachen Wert höher, als die Leiter-Erde-Spannung.
Bei 230 V kommt man dann auf die berühmten SQRT(3) * 230 V = 400 V.
Der einzige Unterschied zwischen den Drehströmen bzw. Drehspannungen ist die versetzte Phasenlage: Die Ströme bzw. Spannungen sind jeweils zueinander um 120° phasenverschoben.
Zwischen den Drehströmen und den Drehspannungen gibt es eine Phasenverschiebung phi.
Bei einem einpoligen Erdkurzschluß (bspw.: eines der Leiterseile reißt und fällt zu boden, die beiden anderen Phasen bleiben unbehelligt) passiert es jetzt, daß sich jetzt der Sternpunkt der Drehspannungen verlagert und der fehlerhafte Leiter auf Erdpotential gezogen wird.
Dabei passiert mit den verketteten Spannungen gar nichts - die bleiben gleich. Jedoch bei den Phasenspannungen tut sich was: Die Spannung des kurzgeschlossenen Leiters bricht zusammen und geht gegen Null. Es fließt ein unangenehm hoher und gefährlicher Kurzschlußstrom.
Die Phasenspannungen der beiden gesunden Leiter erhöht sich durch die Sternpunktverlagerung jedoch auf den Wert der verketteten Spannung.
Deswegen ist es auch möglich, in solchen Fehlerfällen durchaus das Netz weiter zu betreiben (nicht ewig lange, aber über einen gewissen Zeitraum).
Man muß dann einfach nur fafür sorgen, daß der kurzgeschlossene Leiter rausgenommen wird, und beim Verbraucher alles über die zwei gesunden Phasen läuft. Wenn natürlich zwei Leiterseile der Drehstromfreileitung in Mitleidenschaft gezogen werden, siehts schlecht aus.
In dem Moment, wo nun ein solcher Fehler auftritt, wird der Netzschutz aktiv. Eine gewichtige Rolle spielt dann zusätzlich noch die Art und Weise der Sternpunkterdung des Drehstromnetzes. Da gibt es ja die kultigen Abkürzungen, NOSPE, KNOSPE, RESPE usw… Dahinter verbergen sich dann Dinge wie „Niederohmige Sternpunkterdung“, „Kurzfristig Niederohmige Sternpunkterdung“, „Resonanzsternpunkterdung“.
Je nach Fehlerart gibt es das ganze dann garniert mit Lichtbogen oder ohne.
Netzschutz:
http://de.wikipedia.org/wiki/Netzschutz
mögliche Fehler:
http://de.wikipedia.org/wiki/Fehlerarten_in_Drehstro…
Sternpunkterdung:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sternschaltung
Die genannte AWE (Automatische Wiedereinschaltung) macht nun nichts anderes, als im Fehlerfall den oder die kranken Leiter abzuschalten, insbesondere wenn die bösen Lichtbögen im Spiel sind.
Und zwar wird abgeschaltet für eine festgesetzte kurze Zeitdauer (unterhalb einer Sekunde, Millisekundenbereich). Dann wird wieder zugeschaltet - es kann ja sein, der Fehler lag nur kurzfristig vor, und die Leiterseile berühren sich bspw. nicht mehr, oder der Ast ist wieder von der Freileitung weg.
Ist nun der Fehler verschwunden, läuft alles ganz normal weiter, bis zum nächsten Fehlerfall. Ist nach der ersten Wiedereinschaltung der Fehler jedoch immer noch vorhanden, so wird dieses Spiel von der AWE erneut durchgeführt. Jedoch höchstens dieses zweite Mal, allerhöchstens ein drittes Mal. Ist der Fehler dann nicht weg, handelt es sich folgerichtig um ein dauerhaftes Problem.
Dann bleibt es dunkel.
Mit zuwenig Strom im Netz (siehe Paul) hat das also in diesem Falle alles nichts zu tun.
viele Grüße