Fluchtgeschwindigkeit verstehen

Liebe Astronomen, je größer die Masse eines Körpers ist, desdo höher ist die Fluchtgeschwindigkeit. Vom Jupiter wegzukommen (mal ausgeklammert, dass dieser keine feste Oberfläche hat) erfordert eine weitaus höhere Geschwindigkeit als vom Erdmond wegzufliegen. Das klingt logisch, aber wie muss ich mir das konkret vorstellen?

Gesetzt den Fall, eine Rakete startet von einem Planeten ohne Atmosphäre und erreicht dabei die nötige Fluchtgeschwindigkeit nicht ganz, was passiert dann? Fliegt sie dann ein bisschen „hoch“ und fällt dann wieder runter? Oder rührt sie sich gar nicht vom Fleck? Die Gravitation wird ja mit zunehmender Entfernung geringer.
Angenommen, man könnte die Geschwindigkeit der fiktiven Rakete sekündlich erhöhen oder verringern, warum könnte man dann nicht den Rückstoß so steuern, dass die Rakete sich langsam immer weiter und beliebig weit? Warum muss sie schnell genug fliegen?
Gruß
Karl

hi,

das widerspricht der Fluchtgeschwindigkeit.
Dabei geht es um die Geschwindigkeit eines Körpers ohne weiteren Antrieb.

Da war ja noch was:

ja. sie fällt runter und an der Erde vorbei, da die Erde aber immer unten ist, fällt sie wieder vorbei.
oder Kurz: die befindet sich auf einer Umlaufbahn. Mehr als stetiges vorbeifallen an der Erde ist es nicht.

Es gibt idealer Weise keine abbremsenden Einflüsse, dann bleibt der Orbit stabil. Wird der Körper dennoch gebremst (siehe ISS) muss hin und wieder etwas Schub gegeben werden, damit sie in ausreichendem Abstand weiter fallen kann.

Ist sie deutlich zu langsam, fällt sie nicht vorbei, sondern drauf. Das hat die Mir hinter sich.

grüße
lipi

Eine Rakete kann sich auch mit 10 km/h von Mond, Erde, Jupiter entfernen. Wenn sie sich mit 10 km/h entfernt wird sie weder langsamer noch fällt sie runter.

Hallo!

Die Fluchtgeschwindigkeit ist tatsächlich die Geschwindigkeit, mit der etwas von der Oberfläche senkrecht nach oben geschossen werden muß, damit es nicht zurück kommt. Insofern könnte eine Rakete mit dauerhaftem Antrieb auch mit Schneckengeschwindigkeit bis in die Unendlichkeit fliegen.

Stell dir ein gespanntes Bettlaken vor, in dessen Mitte ein großer, schwerer Ball liegt, und das Laken trichterförmig eindrückt. Eine kleine, leichte Kugel liegt mit in dem Trichter. Sie wird durch die Steigung des Lakens zum Ball gezogen, und da der Trichter mit der Entfernung flacher wird, ist weiter weg die rücktreibende Kraft auch kleiner. Irgendwo in der Unendlichkeit ist das Laken flach, und die Kugel würde von dort nicht zurück rollen.
Man kann das jetzt auch mit etwas einfacher Schulphysik berechnen: Die Kugel liegt anfangs sehr tief, und es braucht Energie von E=mgh, um sie bis auf die Höhe des Lakens in der Unendlichkeit anzugeben. Diese Energie kann man der Kugel direkt am Anfang mitgeben, indem man sie auf eine Geschwindigkeit bringt, deren Energie E=1/2 mv² mindestens gleich der o.g. Energie ist.
Natürlich kann man die kleine Kugel auch an einem Faden langsam heraus ziehen.

Das Modell beschreibt noch mehr:

  • Wenn die kleine Kugel nicht genug Energie bekommt, rollt sie einfach wieder zurück.
  • Wenn die Kugel nicht exakt senkrecht vom Ball weggeschossen wird, rollt sie entlang eines Bogens.
  • Und wenn die Kugel nicht senkrecht abgeschossen wird, und auch nicht genügend Energie hat, beschreibt sie eine Ellipsenbahn, und wird nach weniger als einer Umdrehung um den Ball wieder auf diesen treffen.
  • Wenn die Startgeschwindigkeit nicht ausreicht, und man der Kugel während des Rollens noch nen geringen
    seitlichen Stoß gibt, dann kann die Kugel auf eine elliptische bis kreisförmige Bahn geraten, und rollt nicht zurück zum Ball. Sie ist dann auf einer Umlaufbahn.

Hi!

Nö, dazu braucht es zumindest eine Geschwindigkeitskomponente tangential zum Himmelskörper. Dann bekommt man eine elliptische Bahn, aber wenn die die Oberfläche des Himmelskörpers schneidet, kracht es.

hi,

nunja. da die Rakete keinesfalls die Geschwindigkeit auf der Startrampe erreicht sondern erst irgendwo in einer Höhe x, wird die Umlaufbahn den Planet (ohne Atmosphäre) doch eher nicht schneiden, oder?

Ich hab dunkel in Erinnerung, dass die Position exakt die gleiche sein müsste.

grüße
lipi

Alles klar, Fluchtgeschwindigkeit bedeutet ohne weiteren Antrieb! Dann ist alles logisch.
Karl

Nachfrage: Wenn ich deine wunderbare Lakenerklärung richtig verstanden habe, funktioniert das gerade nicht? Ich brauche eine gewisse Geschwindigkeit, um mich der Anziehungskraft des Balles zu entziehen. Wenn ich Schneckengeschwindigkeit verwende, würde ich auf ewige Zeiten in einer niedrigen Umlaufbahn um den Ball kreisen? Fluchtgeschwindigkeit müsste doch mindestens größer sein als die Gravitation?

Soon

Hi!

Naja, es ist alles eine Frage der Umstände.

Auf einem sich nicht drehenden Planeten fliegt ein senkrecht abgeschossener Gegenstand senkrecht hoch, und kommt senkrecht wieder runter - zurück an den Startort.
Auf einem sich drehenden Planeten bekommt der Gegenstand schon eine gewisse tangentiale Geschwindigkeit mit, und fliegt dann eine perfekt elliptische Umlaufbahn. Das heißt auch: Er würde immer wieder durch den Startpunkt durchfliegen, wenn der Planet nicht im Weg wäre. (Wobei der wahre Startpunkt mit der Drehung des Planeten mitwandert)

Bei ner Rakete wird das ganze was komplizierter, da sie eben für ne gewisse Zeit angetrieben wird. Aber nach Brennschluss ist auch sie auf einer elliptischen Umlaufbahn. Ob die die Planetenoberfläche schneidet oder nicht, hängt maßgeblich davon ab, wie die Rakete während der Brenndauer gesteuert wurde. Zivil will man ja schon eine echte Umlaufbahn, bei einer Interkontinentalrakete ist das Schneiden dagegen explizit gewünscht. Wobei ich davon ausgehe, daß der Schub einer Interkontinentalrakete normalerweise nicht ausreicht, um einen echten Orbit ohne Kollision zu erreichen.

Hi!

Die Rakete ist das mit dem Faden!

Man kann das noch etwas weiter treiben: Man kann den Faden, während man an ihm zieht, durchschneiden. Es ist dann möglich, daß die Kugel aus dem Trichter entkommen kann, obwohl ihre Geschwindigkeit niemals die Fluchtgeschwindigkeit direkt am Ball erreicht hat.

Eigentlich will ich es auch verstehen und frage nach. Ich verstehe die Fluchtgeschwindigkeit so: Es ist die Mindestgeschwindigkeit mit der eine Kanone ein Projektil abschiessen müsste, damit es nicht mehr auf die Oberfläche zurückfällt. Also ein Projektil ohne eigenem Antrieb nach dem Start.
Beim Weg nach oben wandelt sich die kinetische Energie in Lageenergie um, das Projektil wird dabei unendlich immer langsamer.
Habe ich das richtig verstanden?

richtig

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Dann muss man aber mehr Kraft an dem Faden aufwenden als die Gravitation des Balles ist. Wenn ich nur ein bisschen an dem Faden ziehe, bekomme ich meine Kugel nicht von dem Ball weg. Und das kann dann wirklich unendlich lange sein. Oder anders gesagt, die Kugel geht auf eine Umlaufbahn?

Soon

Hi!
Ja klar, der Antrieb der Rakete bzw. die Kraft auf den Faden muß mindestens so groß wie die jeweilige rücktreibende Gravitationskraft des Planeten / des Balls sein, plus zumindest am Anfang ein wenig, um die Bewegung in Gang zu bringen.