Fluchtweg Dach

Hallo,

angenommen, es bestünde folgende Situation:

Mieter M wohnt in einem sanierten, 5. stöckigen
Altbau im 4. Obergeschoss. Das Dach des Hauses
sei teilweise ausgebaut, der Hausbesitzer toleriere
die Nutzung des Dachs. Über eine Leiter im Treppenhaus
der 5. Stocks wäre der Zugang möglich gewesen, bis die
Hausverwaltung aus nicht ersichtlichen Gründen die Leiter
angekettet und damit einen vorläufigen Strich durch die
Rechnung der friedlichen Dachnutzer gemacht hätte.

Mieter M meint nun, dass ihm ein Schlüssel zu stünde und ihm
damit der Zugang zum Dach ermöglicht werden müsse. Immerhin
sei der Dachzugang ein Fluchtweg, der näher an der
Wohnung des Mieters läge, als die Haustür im Erdgeschoss.
Auf diese Art und Weise erhofft sich Mieter M, die Hausverwaltung
mit den entsprechenden Paragraphen im Handgepäck
überzeugen zu können.

Läge Mieter M richtig in seiner Annahme?

Beste Grüße,
Sebastian

Hallo

hat denn Mieter M das Dachgeschoss mit gemietet?
Und wer hat es ausgebaut?

Niemand, auch nicht Mieter M oder die Bewohner
des 5. Stocks, zahlen Miete für die Nutzung des
Dachs. Der Hausbesitzer hat das Dach ausgebaut und
der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Die
beiden Mietparteien im Dachgeschoss können
über ihre Balkone auf das Hausdach, der Hauptzugang
befindet sich im Treppenhaus.

Hausverwalter sollten eigentlich im Sinne des Vermieters handeln und wenn VM seine Zustimmung (wenn auch stillschweigend) gegeben hat, sollten die Mieter mal mit ihm sprechen. Evtl. weiß er gar nicht, dass die HVW so vorgegangen ist.

Dies wäre sicherlich eine gute Idee. Mieter M sollte sich
tatsächlich mit dem Hausbesitzer in Verbindung setzen.

Davon abgesehen, gäbe es denn eine entsprechende Verordnung,
die dem Mieter M von juristischer Seite Rückendeckung gäbe?
Immerhin wäre der Dachzugang tatsächlich der nächste
Fluchtweg für Mieter M.

Vielen Dank für die Antworten.

Fluchtweg Dach? Ist denn baurechtlich ein Fluchtweg über das Dach überhaupt ausgewiesen worden? Normalerweise genügt die Fluchtmöglichkeit über die Treppe und die Möglichkeit der Feuerwehr über das Fenster der Mietwohnung. Ein Fluchtweg über Dach ist also nicht unbedingt ein Argument für einen Zugang zu dem Dach.

Wurde die Nutzung des Dachraums durch die Gesamtheit aller Mieter bisher gestattet? Und wenn ja, in welcher Form. Normalerweise gilt der Grundsatz, wenn keine Miete für diese Fläche bezahlt wird, ist auch eine Nutzung nicht gestattet.

Hi,

Mieter M meint nun, dass ihm ein Schlüssel zu stünde und ihm
damit der Zugang zum Dach ermöglicht werden müsse. Immerhin
sei der Dachzugang ein Fluchtweg, der näher an der
Wohnung des Mieters läge, als die Haustür im Erdgeschoss.
Auf diese Art und Weise erhofft sich Mieter M, die
Hausverwaltung
mit den entsprechenden Paragraphen im Handgepäck
überzeugen zu können.

Läge Mieter M richtig in seiner Annahme?

nein, läge er nicht.

Für Wohnungen sind zwei Rettungswege (den Begriff des Fluchtweges gibt es im Bauordnungsrecht nicht) vorgeschrieben. Der erste Rettungsweg muß über eine (notwendige) Treppe führen. „Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein.“ (Zitat aus der Berliner Bauordnung) Eine Rettungswegführung über das Dach ist in keiner deutschen Bauordnung vorgesehen oder zugelassen.

Und jetzt aus der Praxis (der vorbeugende und abwehrende Brandschutz ist mein Broterwerb):
Das angedachte Verhalten wäre in der Regel ausgesprochen kontraproduktiv. Bei einem Brand in einem klassischen Wohnhaus gibt es für die Menschenrettung zwei Szenarien: Die Treppe ist nutzbar, dann ist es, egal aus welchem Stockwerk, das einzig sinnvolle, hierrüber ins Freie zu flüchten. Ist die Treppe aber nicht mehr nutzbar (weil z.B. bereits Rauch eingedrungen ist), sollte der Betroffene auf keinen Fall den Treppenraum betreten. Zwei, drei Atemzüge mit Brandrauch reichen oft aus den Flüchtenden zu töten. In diesem Fall hilft nur noch sich am Fenster möglichst lautstark bemerkbar zu machen und auf die Rettung durch die Kollegen der Berliner BF zu warten (die einen dann u.U. auch mit Fluchtmasken ausstatten und durch den Treppenraum führen).

Wenn es dumm läuft, kann das Dach zur tödlichen Falle werden. Wärme steigt bekanntlich nach oben und staut sich dann unter der Dachhaut. Gleichzeitig ist das Dach brandschutztechnisch betrachtet i.d.R. eine der schwächsten Stellen im Haus, die Bauordnungen stellen an das Dach deutlich geringere Anforderungen als z.B. an die Wände des Treppenraums.
Wenn man also beim Öffnen der Wohnungs- oder Treppenraumtür (bei Fluren) Rauch und/oder heiße Luft bemerkt, sollte man die Tür sofort wieder schließen und, wenn nötig, z.B. mit feuchten Handtüchern abdichten. Auch das Nasshalten der Tür kann die entscheidenden Minuten bringen, die die Rettung erfordert (Feuerwehren rechnen bei der Rettung über Leitern ca. 1-2 Minuten pro Person).

Es kommt immer wieder vor, daß Menschen aufgrund ihres (falschen aber verständlichen) Verhaltens bei Bränden zu Tode kommen, die bei „richtigem“ Verhalten gerettet worden wären.

Gruß Stefan

Abgesehen von der beschriebenen (äusserst vernünftigen) Art und Weise, sich ggf. in Sicherheit zu bringen:

Wenn der Vermieter/Eigentümer lediglich die Nutzung von Räumen toleriert und dafür kein Nutzungsentgelt (Miete) verlangt, dann sind diese vom Mieter nicht zur Nutzung angemietet = der Mieter hat keinen Nutzungsanspruch - ergo auch keinerlei sonstigen Ansprüche.

Ein Mieter, der hier gerne mit §§ kommen möchte, wäre reichlich unvernünftig, denn der nette Vermieter könnte es sich auch anders überlegen und ganz einfach die kostenlose Nutzung zukünftig nicht mehr tolerieren wollen …

Rudi