Hi,
Mieter M meint nun, dass ihm ein Schlüssel zu stünde und ihm
damit der Zugang zum Dach ermöglicht werden müsse. Immerhin
sei der Dachzugang ein Fluchtweg, der näher an der
Wohnung des Mieters läge, als die Haustür im Erdgeschoss.
Auf diese Art und Weise erhofft sich Mieter M, die
Hausverwaltung
mit den entsprechenden Paragraphen im Handgepäck
überzeugen zu können.
Läge Mieter M richtig in seiner Annahme?
nein, läge er nicht.
Für Wohnungen sind zwei Rettungswege (den Begriff des Fluchtweges gibt es im Bauordnungsrecht nicht) vorgeschrieben. Der erste Rettungsweg muß über eine (notwendige) Treppe führen. „Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein.“ (Zitat aus der Berliner Bauordnung) Eine Rettungswegführung über das Dach ist in keiner deutschen Bauordnung vorgesehen oder zugelassen.
Und jetzt aus der Praxis (der vorbeugende und abwehrende Brandschutz ist mein Broterwerb):
Das angedachte Verhalten wäre in der Regel ausgesprochen kontraproduktiv. Bei einem Brand in einem klassischen Wohnhaus gibt es für die Menschenrettung zwei Szenarien: Die Treppe ist nutzbar, dann ist es, egal aus welchem Stockwerk, das einzig sinnvolle, hierrüber ins Freie zu flüchten. Ist die Treppe aber nicht mehr nutzbar (weil z.B. bereits Rauch eingedrungen ist), sollte der Betroffene auf keinen Fall den Treppenraum betreten. Zwei, drei Atemzüge mit Brandrauch reichen oft aus den Flüchtenden zu töten. In diesem Fall hilft nur noch sich am Fenster möglichst lautstark bemerkbar zu machen und auf die Rettung durch die Kollegen der Berliner BF zu warten (die einen dann u.U. auch mit Fluchtmasken ausstatten und durch den Treppenraum führen).
Wenn es dumm läuft, kann das Dach zur tödlichen Falle werden. Wärme steigt bekanntlich nach oben und staut sich dann unter der Dachhaut. Gleichzeitig ist das Dach brandschutztechnisch betrachtet i.d.R. eine der schwächsten Stellen im Haus, die Bauordnungen stellen an das Dach deutlich geringere Anforderungen als z.B. an die Wände des Treppenraums.
Wenn man also beim Öffnen der Wohnungs- oder Treppenraumtür (bei Fluren) Rauch und/oder heiße Luft bemerkt, sollte man die Tür sofort wieder schließen und, wenn nötig, z.B. mit feuchten Handtüchern abdichten. Auch das Nasshalten der Tür kann die entscheidenden Minuten bringen, die die Rettung erfordert (Feuerwehren rechnen bei der Rettung über Leitern ca. 1-2 Minuten pro Person).
Es kommt immer wieder vor, daß Menschen aufgrund ihres (falschen aber verständlichen) Verhaltens bei Bränden zu Tode kommen, die bei „richtigem“ Verhalten gerettet worden wären.
Gruß Stefan