Falsch!
Hallo Jana,
verboten ist der Gebrauch nach offizieller Lesart aller (!) „Portable Electronic Devices“ während Start- und Landung.
Die LuftEBV §1, Abs2 sagt dazu:
„(2) Elektronisches Gerät im Sinne dieser Verordnung ist ein transportables Gerät, das elektronische Schaltkreise enthält und mittels eigener Energieversorgung betrieben oder aus einer Bordsteckdose versorgt wird. Betrieb eines elektronischen Geräts bedeutet die Versorgung der Schaltkreise eines derartigen Geräts mit elektrischer Energie; hierzu gehören auch jene Betriebsarten, die ein internes Weiterarbeiten des Geräts zulassen (z. B. Stumm- oder Bereitschaftsschaltungen), nicht jedoch solche Betriebsarten, die lediglich Einschaltvorgänge vorbereiten, steuern oder der Erhaltung gespeicherter Daten dienen. Sendefunktion bedeutet die beabsichtigte Ausstrahlung von elektromagnetischen Wellen im Frequenzbereich bis 300 Gigahertz; die Ausstrahlung von Licht oder Wärme wie etwa bei einer Infrarotschnittstelle ist darin nicht eingeschlossen.“
Ausnahmen §1, Abs 1: "1. elektronische Geräte aus dem Bereich der Medizintechnik, deren Betrieb zur Aufrechterhaltung, Unterstützung oder Überwachung von Körperfunktionen erforderlich ist,
2. elektronische Geräte, die ausschließlich durch geräteeigene Solarzellen oder Knopfzellen mit Energie versorgt werden und nicht über eine Sendefunktion verfügen,
3. tragbare satellitengestützte Navigations- und Aufzeichnungsgeräte,
4. sonstige elektronische Geräte ohne Sendefunktion wie tragbare Computer, elektronische Informationsund Unterhaltungsgeräte, Geräte zur Foto- und Videoaufzeichnung, soweit sie nicht während des Rollens, des Starts, des Endanflugs und der Landung betrieben werden, und
5. elektronische Geräte mit Sendefunktion, solange das Luftfahrzeug an einer Parkposition steht und die Triebwerke nicht in Betrieb sind.
Die Ursache dafür ist weniger ein herumnfliegen von Gegenständen (eine abgeschaltete Videokamera im Nacken tut genauso weh wie eine eingeschaltet
) sondern in der Tat die elektromagnetische Verträglichkeit.
Mit gesundem Menschenverstand ist leicht nachzuvollziehen, daß ein CD-Player, der u.U. über einen Hochfrequenzteil zur Ansteuerung des Motors oder zur Digital-/Analog-Wandlung besitzt, sehr viel weniger strahlt als die drahtlose Maus, die Rennauto-Funkfernsteuerung oder das Handy. Aus der Praxis ist auch bekannt, daß ein eingeschaltetes Handy meist keine Probleme verursacht und eine Kamera meist noch weniger.
Das Problem ist nur schlicht und ergreifend ein „meist kein Problem“ in die Fliegerei nicht ausreicht. Die Anforderungen an technische Systeme gehen an eine Sicherheit 1*10^-9 für das Risiko einer Katastrophe. Dieser statistische Wert ist für Menschen nicht nachzuvollziehen, da er deutlich über das gefühlte Sicherheitsempfinden („das paßt schon“, „das habe ich noch nie erlebt“) hinaus geht - und führt insofern zwangsläufig zu einem gewissen Unverständnis.
Die Eingangs gestellte Frage ging auf den Aspekt der Einstrahlung ein: Einstrahlung ist ein Problem, denn auch wenn die FLugzeuge heute allgemein als „modern“ angesehen werden, so sind sie Mitte der 80er Jahre (A320), bzw. Ende der 60er Jahre zum ersten Mal geflogen. Die jeweilige Entwicklung hat in den 5-10 Jahren davor stattgefunden. Technisch weiterentwickelt sind seitdem nur kleine Subsysteme, das Gros der Installationen basiert nach wie vor auf den Bauvorschriften von damals und wird nur - gerade bei der 737 - über sog. „Großvaterrechte“ weitergeführt. Wäre z.B. die 737-800 heutzutage ein Neuentwurf, könnte sie nicht mehr zugelassen werden. Nur weil es eben kein Neuentwurf ist, sondern die Veränderung eines bestehenden und genehmigten Entwurfs, darf sie heutzutage noch fliegen.
In Konsequenz heißt das aber auch: Damals kannte noch keiner Handys, Bluetooth, UMTS oder WLAN. Die elektromagnetische Abschirmung ist daher längst nicht so gut, wie heutzutage. Dazu kommt, daß es ja „meist“ eben nicht das „eine“ Gerät ist. Die Frage ist doch: Kann mit Sicherheit (1*10^-9) ausgeschlossen werden, daß eine beliebige, unbekannte Zahl an Sendern (also z.B. 200 Handys, 50 Videokameras und 30 MP3-Player), die Bordelektronik katastrophal stört?
Last but not least noch ein Aspekt: Bei der heutigen Anzahl von Geräteausführungen (Handy „oldschool“, Smartphone mit Flugzeugmodus, iPod normal, iPod Touch mit WLAN, iPhone mit WLAN, UMTS und GSM, Infrarotmaus, Bluetoothmaus, Videokamera mit WLAN, …) ist es für eine(n) Flugbegleiter(in) nicht möglich, ad hoc zu entscheiden, ob ein System eine potentielle Gefährdung ist oder auch nicht. Dem trägt der Gesetzgeber Rechnung, in dem er das Gesetz entsprechend pauschal verfaßt hat.
Gruß,
Nabla