Moin,
Solche Dinge, die wir hier meinen, sind schon immer
an gewissen Extreme in den äusseren Bedingungen
geknüpft, da magst Du recht haben und das haben
wir seit xx Jahren hier in Europa so erlebt.
Wieso knüpfst du diese an äußere Bedingungen und nicht an innere Bedingungen ?
Wie schnell so etwas kippt, siehst Du, wenn
„existentiale Exponenten“ des Menschen sich
zu stark ändern; Ängste, fehlende Hoffnung,
Glaube an „Verschwörungen“ und Ungerechtigkeiten
gegen einen selbst. Siehe z.B. auf dem Balkan.
Ich weiß so gut wie nichts über die Situation auf dem Balkan vor dem Krieg. Somit kann ich auch weder bestätigen, noch dementieren, das die von dir genannten Faktoren eine Rolle gespielt haben.
Dann finden die „dunklen Propheten“, die es
immer gibt, plötzlich Gehör und verfügen
über Macht. Der Mensch, der sich plötzlich
auf der Strasse findet und gegen „die Neger“,
„die Juden“ oder den „-ismus“ ficht, ist nahezu
der selbe, wie noch eine Woche zuvor. Aber etwas
hat sich geändert in seinem Leben. Er hat plötzlich
wieder „Hoffnung“, keine „Angst“ mehr und „weiss
Bescheid“.
Mir ist da zuviel „plötzlich“ dabei. Kein Mensch verwandelt sich „plötzlich“ von einem relativ harmlosen Normalbürger in einen hasserfüllten Faschisten. Das mag allefalls nach außen so erscheinen.
Du hast mir ein Szenario gemalt, das ich mir vorstellen
sollte. Was hätte ich mir deiner Meinung nach bei dem Begriff
„Finanzjudentum“ denn bitte vorstellen sollen ? Ich befürchte,
da versagt meine Phantasie ein wenig. Hilf mir doch mal.
Ich wollte Schlagworte nennen, die eine Gruppe
bezeichnen, die aus der Sicht einer anderen Gruppe
„für alles Schlechte“ in der Welt verantwortlich zeichnet.
Diese „Personifikation des Bösen“ rechtfertigt dann
jede Massnahme, um die vermeintlich verlorengegangene
„Gerechtigkeit“ wieder herzustellen.
Ich denke, dafür gibt es zur Zeit jede Menge anderer aktueller Beispiele als ausgerechnet das „Finanzjudentum“. Man muss da gar nichts künstlich konzipieren. Es reicht, wenn du den Fernseher anschaltest. Allerdings gerät man dann plötzlich in Zugzwang. Darf man dazu schweigen ? Sollte man etwas machen ? Kann man etwas machen ? Oder wollen wir nicht doch lieber die Mitläufer vergangener Jahrzehnte beschimpfen: Wie konntet ihr sowas zulassen ? Wie konnte ihr dazu schweigen ? Tja…wie konnten wir…
Und das ist dann wieder die Bindung an das
Diskussionsthema. Hätten nicht die freiheitlich
gesonnenen Staaten „geheime Eingreiftruppen“ auf-
stellen müssen, die die Führung von AEI und AIPAC
schnappen und foltern, um Informationen über den
„Kriegsgrund“ für den Iraq zu gewinnen und den
Krieg zu verhindern? Wo ist der Unterschied, wenn
man einen AEI-Scholar foltert oder einen Baath-
Funktionär; um an „wichtige Informationen“ zu kommen?
Ich hab keine Ahnung, wer AEI und AIPAC sind, aber ich bezweile, dass irgendwer in der Lage gewesen wäre, den Krieg gegen den Irak zu verhindern, solange die USA entschlossen waren, ihn zu führen.
Das geht keineswegs immer und überall. Faschistische
Regime und Völkermorde fallen genau so wenig vom Himmel
wie 100 Euro Scheine. Die einzelnen Faktoren, „wie es
dazu kam“ sind heutzutage relativ gut erforscht.
Augenreib.
Du machst das nicht tatsächlich an äusserlicher
„faschistischer Insignia“ der jeweiligen Macht/Clique/Gruppe
fest, oder?
Nein, irgendwelche Äußerlichkeiten meine ich ganz genau eben nicht. Im Gegenteil halte ich es sogar für eine der Gefahren, dass Leute nicht in der Lage sind, faschistisches Gedankengut zu erkennen, solange sie auf der Seite der Begünstigten stehen oder einfach nicht betroffen sind.
Ok, dieses Wissen allein schützt uns noch nicht, aber es
bringt uns schonmal in eine grundsätzlich bessere
Ausgangsposition als sie die Menschen um 1930 hatten.
Kaum, denn „die nationalsozialistische Bewegung“ war zu-
nächst etwas spektakuläres, ehrfurchtgebietendes – und
zielte wirkungsvoll auf den Generationenkonflikt. Afaik auf
die „Unzufriedenheit mit der Politik der Parteien der Eltern“
und dergleichen.
Darauf zielten auch die 68’er, mit denkbar anderen Ergebnissen.
Was heute (imho) „den Deutschen fehlt“, ist das
„Gefühl der Größe und Macht“, die von „Deutschland“
ausging, es fehlt das „Gefühl der Angsterzeugung
bei den Feinden“. Das ist ein reiner Erziehungseffekt,
er kann in einer Generation weggewischt werden.
Ich bitte dich, Erziehung ist doch nicht etwas, das im stillen Kämmerlein unter Abschottung der Welt da draußen stattfindet. Heutzutage hat bereits jedes zweite Grundschulkind einen eigenen Fernseher im Zimmer stehen. Wie soll denn dieses „Wegwischen“ deiner Meinung nach praktisch vonstatten gehen in D ?
Ich meine, solange es noch Menschen wie Joseph Darby gibt, die
bereit sind, ihre Aussagen auch unter Eid zu machen, und
solange diese Aussagen Untersuchungen und Anklagen gegen die
Beschuldigten zur Folge haben, und kein Erschießen des
Informanten wegen Hochverrat, solange lass ich mich gerne als
Gutmensch beschimpfen 
Halte ich für etwas naiv. Auch ich schätze Leute, die
sich aus welchen Gründen auch immer gegen ihr ver-
brecherisches System stellen, hoch ein. Es
demonstriert edle Gesinnung und persönlichen Mut.
Darum ging es mir bei meinem Beispiel nicht. Es ging mir darum zu zeigen, dass zwei Faktoren hierbei eine Rolle spielen: zum einen das couragierte Auftreten Einzelner, zum anderen aber auch ein Rechtssystem, dass diesen den Rücken stärkt. Dies dürfte die heutige Zeit z.B. grundlegend von der Zeit des Nationalsozialismus unterscheiden.
Aber was bedeutet das schon wirklich? Wurde nicht
der professionelle Teil des bürgerlichen deutschen
Widerstands gegen den Nationalsozialismus von führenden
SS-Leuten gebildet?
Nein.
Gruß
Marion