Folter revisited

Hallo!

Das Problem ist eben, dass :das GG grundsätzlich nur den
Bürger/Menschen vor :staatlichem Handeln schützt. :Nicht vor dem Handeln Mensch :gegen Mensch.

Der Staat handelt durch Amtsträger, durch Be amt e. Die Überschreitung bestimmter Gerenzen des Handeln von Amtsträgern ist im Dreißigsten Abschnitt StGB geregelt, hier speziell 343. Der einzige Ermessenspielraum liegt im Strafrahmen.

Die Angstfreiheit vor Übergriffen durch die Staatsgewalt erscheint vielen Menschen so selbstverständlich, daß deren Bedeutung nicht mehr bewußt ist und bis zur Geringschätzung geht. Nicht nur der Fall Daschner, auch der gerade publik gewordene Fall in Schwerin und im Grunde auch Übergriffe bei der Bundeswehr zeigen, wie unverzichtbar klare Grenzen sind. Das Schlimme ist eigentlich weniger der einzelne Vorfall, denn kein Gemeinwesen ist je vor durchgedrehten und über das Ziel hinaus gehenden Amtsträgern sicher. Schlimm ist in manchen Fällen insbesondere das lange Schweigen vieler Mitwisser. Es scheint verbreitet ein merkwürdiges staatsbürgerliches Selbstverständnis zu geben und elementare rechtsstaatliche Grundlagen scheinen in einzelnen Behörden und Dienststellen in Vergessenheit zu geraten. Es reicht nicht, wenn Absolventen von FHs, Verwaltungs- und Polizeischulen ihr lächerliches Propädeutikum öffentlichen Rechts gehört, aber von Geist und Hintergrund der Sache nichts begriffen haben. Ich möchte jedenfalls nicht in die Hände von Amtsträgern geraten, für die persönliches Ermessen und Gutdünken, aber keine absoluten Grenzen gelten.

Wir haben einen allgegenwärtigen Staat und ganz selbstverständlich glaubt so mancher Amtsträger an Vorgaben und Gesetze, die es für jede Lebenssituation geben müsse. Gibts aber nicht. Es gibt übergesetzliche Umstände und wenn ein Amtsträger in so einer Situation meint, sich über bestehende Gesetze hinwegsetzen zu müssen, so hat er sich dafür vor einem Gericht zu verantworten. Wer das angesichts des Einzelfalls anders sehen will, nimmt den Willkürstaat in Kauf.

Menschlich und emotional verständliche Anlässe für den Versuch gewaltsamer Aussageerzwingung sind offenkundig denkbar. Unabhängig vom Einzelfall muß man im Hinterkopf behalten, daß die Wahrheit per se nicht erzwingbar ist. Insbesondere darf niemand unsere Werteordnung aus dem Auge verlieren, deren höchstes, unantastbares Gut die Menschenwürde ist, nicht irgendwelche Sachen und zum Erstaunen mancher Leute auch nicht das Leben. Das alles berücksichtigend, Menschenrechtskonvention und GG im Hinterkopf, kann man wieder StGB 343 hernehmen. Da führt an der Verurteilung des Amtsträgers kein Weg vorbei. Aus guten Gründen, wie ich meine. Andernfalls reißt solches Verhalten ein und es gibt Anzeichen, daß derartige Verstöße längst eingerissen sind.

Das alles heißt nicht, daß der Amtsträger einsitzen muß, denn der vom Gesetz vorgesehene Strafrahmen läßt Bewährung zu. Aber „billiger“ wird es nicht, weil es Ausnahmen wie etwa Nothilfe o. ä. in den zur Anwendung kommenden Gesetzen nicht gibt.

Nun nehme man an, der Amtsträger sei nicht einfach nur durchgeknallt, sondern er sah emotional nachvollziehbar keinen anderen Weg und wollte nur das Beste. Ich kann dann wohl sehen, wie schwer es fällt, den Mann dafür zu verurteilen. Wenn wir aber einen höchsten Wert für unantastbar halten wollen, dürfen wir diesen Wert unter überhaupt keinen Umständen der persönlichen Beurteilung durch wen auch immer anheim stellen. Man stelle sich vor, wie es umgekehrt wäre, wenn nämlich die unantastbare Menschenwürde von der momentanen Beurteilung und Stimmung irgendwelcher Amtsträger abhängig wäre. Das ware mit unantastbar unvereinbar und es wäre die Hölle. Man kann dafür auch Guantanamo, DDR, Mittelalter oder Drittes Reich sagen. Das ist nämlich das Ergebnis, wenn man sagt: „Menschenwürde grundsätzlich schon, aber wenn…“. Es darf kein „aber wenn“ geben.

Gruß
Wolfgang

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Du kannst ja meinen was Du willst…

Hallo Mike,

Das Problem ist eben, dass das GG grundsätzlich nur den
Bürger/Menschen vor staatlichem Handeln schützt. Nicht vor dem
Handeln Mensch gegen Mensch.

Das sehe ich anders,

Du kannst es sehen wie Du möchtest… Ist trotzdem falsch…

da das Grundgesetz die Basis aller
unserer Gesetze (also auch derjenigen des Zivil- und
Strafrechts) ist.

Achja? Wusstest Du denn, das StGB und BGB schon lange VOR dem GG Bestand hatten, es sich also um vorkonstitutionelles Recht handelt?
Zu Deiner Beruhigung - bei Gesetze sind natürlich trotzdem Verfassungskonform…
Ansonsten lies mal zur Menschenwürde das hier:

http://www.123recht.net/article.asp?a=512&f=ratgeber…

Und im übrigen:
Sry, aber das ist so also ob ich im Technik-Brett meine Meinung dazu schreibe, wie ein Fernseher funktioniert, ohne irgendetwas darüber zu wissen.

Jedes Gesetz und jede Verordnung hat sich in
diesem Rahmen zu bewegen. Eine „private“ Folterung kann
demnach noch viel weniger ertragbar sein, da sie das
rechtstaatliche Gewaltmonopol zusätzlich noch bricht.

Diese Diskussion hat wenig Sinn. Das ist so als würde ich mit Dir über die Grundsätze der Materialflussoptimierung (was auch immer das ist) diskutieren - Du müsstest erstmal ein halbes Buch schreiben um mir das zu erklären…

Tut mir leid,

M.

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Geschwafel
Weisst Du, ich habe mir bereits nach einigen Sätzen das weitere Lesen dieser Worthülsen erspart, genauso wie ich mir eine weitere Diskussion spare.
Du erkennst offensichtl. nicht dass es überhaupt nie darum ging ob es toll wäre die Folter wieder einzuführen, sondern darum, dass/ob die rechtstheoretische Möglichkeit in bestimmten Fällen der Nothilfe besteht. Darüber kann man am Gesetzestext und anhand von Kommentaren diskutieren.

Dein allgemeines, hysterisches anmutendes bla, bla ist da wenig hilfreich.

M.

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Hallo Mike!

dass/ob die :rechtstheoretische :Möglichkeit in bestimmten :Fällen der Nothilfe besteht. :smiley:arüber kann man am
Gesetzestext und anhand von :Kommentaren diskutieren.

Bisher kam von Verfechtern bedingter, mithin dem Ermessensspielraum untergeordneter Menschenwürde, weder öffentlich noch in diesem Forum auch nur ein einziger ernst zu nehmender Satz. Da strotzt es nur so von den Gefühlen der Eltern des betroffenen Kindes, da wird von angeblichem Täterschutz statt Opferschutz gesprochen und die Abwegigkeiten reichen bis zur Konstruktion, der Amtsträger handele als Privatmensch. Bisher sah ich nichts Fundiertes über Nothilfe, wo Menschenwürde (nicht das Leben!) von europäischem oder nationalen Recht gedeckt von Bedingungen abhängig gemacht wird.

Ich empfehle Lektüre der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Artikel 3 und insbesondere Artikel 15.

Art. 3 Verbot der Folter
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Art. 15 Abweichen im Notstandsfall
(2) Aufgrund des Absatzes 1 darf von Artikel 2 nur bei Todesfällen infolge rechtmäßiger Kriegshandlungen und von Artikel 3 … in keinem Fall abgewichen werden.

Was Du gerne „rechtstheoretisch“ diskutieren möchtest, ist aus der Diskussion zum Zweck der Interpretation und Ausgestaltung verbindlich ausgenommen und als unveränderliche Vorgabe hinzunehmen. Nothilfe kann sogar Tötung einschließen und dies in ausdrücklichem Einklang mit der EMRK. Genau an dieser Stelle gibts offenkundig Verständnisprobleme. Wenn der Staat unter bestimmten Voraussetzungen sogar töten darf, wieso dann nicht ein bißchen weh tun oder erniedrigen? Das hat etwas mit Ethik, Werteordnung und letztlich auch geschichtlicher Erfahrung zu tun und schlägt sich im GG und in der EMRK nieder. Dabei steht in letzter Konsequenz die Menschenwürde über dem Leben.

Juristen sind überhaupt erst gefragt und dürfen diskutieren, wenn es um die auf den Basics aufbauenden Gesetze geht. Art. 3 in Verbindung mit Art. 15 EMRK nimmt ausgerechnet Folter unter allen Umständen, auch unter noch so großer Not, aus der Juristendiskussion und Interpretation heraus. Da gibts keine Diskussionen, sondern das ist Grundlage unseres Daseins, so klar und einfach formuliert, daß es jeder Polizist, jeder Amtsträger, jeder Jurist und sogar jeder Politiker verstehen kann.

Ähnlich wie ein Ingenieur alles Mögliche gestalten kann und dabei auf den Naturgesetzen als gegebenen Basics aufbaut, kann unser Recht, können die Juristen, nur auf den u. a. von der EMRK festgeschriebenen Vorgaben gestalten und diskutieren.

In mir keimt der Verdacht, daß etliche Juristen oder solche, die sich dafür halten, in elementaren Vorlesungen schwänzten, um sich dann unwissend u. a. über den Hintergrund des Gesprächspartners in der Sache verrennen und im Ton vergreifen.

Gruß
Wolfgang

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Hallo Mike,

Achja? Wusstest Du denn, das StGB und BGB schon lange VOR dem
GG Bestand hatten, es sich also um vorkonstitutionelles Recht
handelt?

Genau DA besteht das Problem…
das man sich nicht von „Alten Zöpfen“ verabschieden konnte…
DAS GG wurde zwar neu geschrieben…aber im StGB und BGB ließ man
die „alten Kamellen“ weiter laufen…

mfg

Frank

Geschwafel (owt)

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EMRK - na und? Verstehst Du das nicht???
Kannst oder willst DU nicht verstehen, dass Du die ERMK so oft zitieren kannst wie Du willst, sie steht trotzdem nicht über dem StGB?

http://www.anwalt-a.de/html/auslanderrecht.html

http://www.jurawelt.com/literatur/internationales/343

http://www.pappa.com/recht/urt/lzwe2996.htm

http://www.koeppel-kindschaftsrecht.de/netzkom11.html

http://bodenreformland.de/Forum/public/236130326848/…

Auch in der schweiz

http://www.lawbusiness.ch/sis/presentations/streitig…

Reicht das??? Sonst einfach mal Google „emrk bundesrecht“ eingeben, da gibts nochmehr. Die EMRK kann höchsten zur Konkretisierung des StGB herangezogen werden. Du kannst sie zitieren sooft Du willst, das hilft nix.
Und der Knackpunkt liegt wohl im Daschner-Fall in der Gebotenheit der Nothilfe. Man kann(!!) konstruieren, dass die Nothilfe, die jedem Menschen möglich ist, ob Beamter oder nicht, ob Folter oder Todesschuss, im Falle der Folteranwendung nicht Geboten (Tbm des § 32 StGB) ist und wird dies wahrscheinl. tun, weil nicht sein kann was nicht sein darf. Das wäre ein Argument - nicht Dein Gelaber.
Man wirds im Verfahren sehen.

Wenn Du das nun immernoch nicht verstanden hast tuts mir leid. Zitier halt weiter die EMRK, oder denk Dir einfach neue §§ aus und zitier die. Ist genau so sinnvoll wie Deine bisherigen schreibseleien.

M.

Hallo Mike!

Kannst oder willst DU nicht :verstehen, dass Du die ERMK :so oft zitieren kannst wie Du :willst, sie steht trotzdem :nicht über dem StGB?

Wie ungeeignet diese Kategorie des Denkens ist, will ich gerne begründen, denn daraus ergeben sich fatale Irrtümer und Gegensätze zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts:

Die von der EU erlassenen Rechtsnormen wirken in das innerstaatliche Recht hinein und sind von den Gerichten der Mitgliedsländer anzuwenden. Entgegen früherer Auffassung geht das BverfG regelmäßig und ohne weitere Prüfung davon aus, daß EU-Rechtsnormen innerstaatliches Recht überlagern und verdrängen können. EU-Rechtsnormen richten sich an die Mitgliedsstaaten, nicht an den einzelnen Bürger. Deshalb hieße es, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, wollte man EU-Recht in eine Rangfolge etwa zum Strafgesetzbuch bringen.

Die EMRK ist anderer Qualität. Sie ist kein EU-Recht, sondern eine Rechtsnorm des Europarats. Dabei handelt es sich um einen eigenen Rechtszug. Zuständig ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der auch von einer natürlichen Person, also von jedem Bürger eines Mitgliedsstaats des Europarats als Beschwerdeführer angerufen werden kann. Die Mitglieder des Europarats, also auch die Bundesrepublik Deutschland, haben die EMRK als verbindliche Rechtsnorm anerkannt. Dabei ergibt sich die Analogie zum EU-Recht (deshalb erwähnte ich es eingangs), daß nämlich nationale Rechtsnormen im Kollisionsfall verdrängt werden. Ein paar Zeilen weiter unten mehr dazu. Aber anders als beim EU-Recht, das sich nicht unmittelbar, sondern nur auf dem Umweg über die Umsetzung in nationales Recht an den einzelnen Bürger richtet, bildet die EMRK einen eigenen jedem Bürger zugänglichen Rechtszug mit eigener Gerichtsbarkeit.

Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Unzulässigkeit der Auslegung eines innerstaatlichen Gesetzes insoweit, als hierdurch ein Widerspruch zur EMRK entstünde und sprach in einer weiteren Entscheidung dem EMRK den Geltungsrang eines Bundesgesetzes zu (für den vollständigen Wortlaut der Entscheidungen müßte ich beim Lehrstuhl herumgraben, aber dafür fehlt mir jetzt die Zeit). Mit Begrifflichkeiten wie Rangfolge, Über- und Unterordnung trifft man dabei nicht den Kern der Sache, aber es wird deutlich, daß auch das Strafgesetzbuch nicht entgegen, sondern nur im Einklang mit der EMRK interpretiert werden darf. Wenn man denn unbedingt die Rangfolge haben möchte, muß man bei Widersprüchen oder Interpretationsmöglichkeiten die Höherwertigkeit der EMRK erkennen, die eben nicht im Sinne anderer Gesetze interpretiert werden darf, sondern immer nur umgekehrt.

Mike, für sachliche Auseinandersetzung auf jedem angemessenen Niveau stehe ich gerne zur Verfügung. Bitte nur mit dem Wort als Florett; für den Bulldozer ist mir die Zeit zu schade.

Gruß
Wolfgang

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Knopf entwirren
Hallo!

Da ist jetzt, so denke ich ein bisschen ein Knopf drinnen, ich versuche das mal auseinanderzunehmen:

Wir reden hier von EU-Recht, der EMRK und inländischem Recht.

Zuerst einmal zur EMRK und innerstaatlichem Recht:

Die EMRK ist kein Rechtsakt des Europarates, sondern ein im Rahmen des Europarats abgeschlossener Staatsvertrag und somit Völkerrecht. Die EMRK verpflichtet somit den Staat zu einem bestimten Verhalten. Auf Grund der Staatensouveränität muss Völkerrecht aber immer in innerstaatliches Recht transformiert werden, damit es auch innerstaatlich gilt und nicht nur im Außenverhältnis. Wie diese Transformation geht ist im nationalen Verfassungsrecht geregelt. Im deutschen Recht wurde die EMRK generell transformiert (muss also nicht durch Gesetze umgesetzt werden) und steht im Rang des einfachen Gesetzesrechtes.

Für das innerstaatliche Recht bedeutet dies, dass die EMRK ganz einfach wie ein Gesetz zu beachten ist, mit ganz normalen Interpretationsregeln. Daraus folgt zB dass zur Interpretation des StGB die EMRK natürlich nach dem Grundsatz der „systematischen Interpretation“ herangezogen werden kann und muss (zur Interpretation ist immer die gesamte Rechtsordnung heranzuziehen). Im nationalen Stufenbau hat dies aber auch die Folge, dass die EMRK in Deutschland unterhalb des Verfassungsrechtes steht, sodass die deutsche Verfassung nicht an Hand der EMRK ausgelegt werden kann, sondern dies innerstaatlich vielmehr eigentlich sogar umgekehrt ist. (Ein wesentlicher Unterschied zu Österreich übrigens, wo die EMRK unmittelbar geltendes Verfassungsrecht ist).

Völkerrechtlich, also nach außen hin, ist natürlich nur die Rechtslage nach der EMRK maßgeblich. Der EGMR prüft daher das Verhalten Deutschlands nur nach der EMRK, ganz egal, welches Organ entschieden hat und wie das im nationalen deutschen Recht aussieht. Ein Extremfall wäre zB ein Widerspruch zwischen EMRK und Grundgesetz. Diesfalls müsste das BVerfG nach dem deutschen Grundgesetz gegen die EMRK entscheiden, der EGMR aber gegen Deutschland wegen einer Konventionsverletzung. Ich denke der Unterschied zwischen innen und außen ist sohin klar.

Dann einmal zum EU Recht:

Hier gilt es zu unterscheiden: nur europäisches Gemeinschaftsrecht hat Anwendungsvorrang, nicht das gesamte EU Recht. Also alles was in die zweite und dritte Säule der EU gehört ist kein Gemeinschaftsrecht, sondern normales Völkerrecht. Die Unterscheidung zwischen EG-Recht und EU-Recht ist daher nicht nur von akademischer Bedeutung, auch wenn sie selbst von Juristen leider nicht ordentlich gemacht wird.

Im konkreten Fall der EMRK liegt aber der Clou bei der Sache etwas anders: der EuGH ist der Ansicht, dass bestimmte Grundrechte Bestandteil des europäischen primären Gemeinschaftsrechtes sind. Er zieht hiezu die sog. Allgemeinen Rechtsüberlieferungen der Mitgliedsländer heran (dies ist zulässig, da solche Quellen völkerrechtliche anerkannt sind und der EG-Vertrag selbst ein völkerrechtlicher Vertrag ist) -> daher zieht er auch die EMRK zur Interpretation europäischen Gemeinschaftsrechtes heran. Somit kommt man, jedenfalls teilweise, dazu, dass bestimmte Rechte der EMRK zum europäischen Gemeinschaftsrecht gehören und diesfalls ist die Rangfolge im Stufenbau gänzlich anders als oben dargestellt: EG-Recht genießt Anwendungsvorrang vor nationalem Recht und zwar auch vor nationalem Verfassungsrecht! Dies hat zur Folge, dass eine nationale gesetzliche Bestimmung, und zwar ganz egal in welchem Gesetz, nicht angewendet werden darf, soweit sie Gemeinschaftsrecht widerspricht und genau dieses Gemeinschaftsrecht besteht zum Teil auch aus Rechten der EMRK. In diesem Fall macht es daher auch Sinn, sich auf Rechte aus der EMRK zu berufen, da keine deutsche Behörde oder Gericht, bis hin zum Bundesverfassungsgericht, ein nationales Gesetz europäischem Gemeinschaftsrecht entgegenhalten kann (ich weiß schon, dass das BVerG diese Ansicht zunächst abgelehnt hat, aber mittlerweile wurde auch dort der Anwendungsvorrang akzeptiert).

Gruß
Tom

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Hallo Markus,

da hast Du tatsächlich einen Stein angestossen. Ich habe keine Ahnung welche Rechtsgrundlagen oder Gesetzbücher zutreffen. Aber eine kleine Anregung vielleicht.
In meiner Nähe wohnt eine Familie, deren beide Kinder in einem Vergnügungspark abhanden kamen. Sie wurden nie mehr gefunden.
Als Vater, oder Onkel oder Opa könnte ich jeden der versucht meine Kinder, Enkel oder Patenkinder zu retten nur dankbar sein. Sollte derjenige der mir hilft die Kinder vielleicht aus den Klauen von einem Kinderschänderring zu retten verurteilt werden, würde ich es als meine Verpflichtung betrachten ihm und seiner Familie zu helfen?
Wenn jetzt jemand sagt dieses Verhalten wären Mafia-ähnliche, aknn ich nur sagen „na und“. … oder die Drecksarbeit innerhalb meiner Familie selbst erledigen.

Da ich nichts von den Gesetzen, die momentan gelten verstehe wäre es also egal. Eine Verurteilung wäre mir dann also sicher. Aber wie kann jemand weiterleben, der nichts für diese Kinder getan hat. Vor allem so schnell wie möglich. Ich verstehe nicht nur diese Beamten, ich finde es einfach mutig von Ihnen. Denn sie wußten vorab welches Risiko sie eingingen und riskierten trotzdem eine Verhandlung. Allein dafür gebührt Ihnen Dank, zumindest von allen Eltern in diesem Land der Weggucker.

Gruß Norbert

Hallo,

Diese Diskussion hat wenig Sinn. Das ist so als würde ich mit
Dir über die Grundsätze der Materialflussoptimierung (was auch
immer das ist) diskutieren - Du müsstest erstmal ein halbes
Buch schreiben um mir das zu erklären…

Das Problem ist, daß es hier nicht um eine rein fachliche Diskussion unter Juristen handeln darf. So wie ich das sehe, versuchst du anhand der vorhandenen Gesetze eine Handhabe zu finden, wie man das Vorgehen Daschners rechtfertigen kann - mithin eine legale Auslegungsmöglichkleit für Folter zu finden. Ich glaube dir, wenn du anführst, daß es verscheidene Paragraphen gibt, die so interpretiert werden könnten. Das ändert nichts an der Tatsache, daß Folter verboten ist und verboten gehört.

In dem Prozess wird es hoffentlich nicht darum gehen (ich bin sehr optimistisch), alle möglichen und unmöglichen Paragraphenwerke so zu lesen, daß die Folterandrohung für erlaubt erklärt wird, sondern darum, diese Paragraphen im Sinne der Verfassung auszulegen. Und da steht Schwarz auf Weiß, schon an erster Stelle: die Würde des Menschen ist unantastbar.

Ich will dich nicht beleidigen, aber es gab in Deutschland schon mal Juristen, die Todesurteile ganz im Einklang mit dem herrschenden Rechtssystem unterschrieben, und trotzdem war das Unrecht.

Gruß

Sancho

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…eigene Nase

Dann würd ich sagen, fass Dir mal an die eigene Nase, MIKE,
denn konstruktiverals Wolfganges beschrieben hat, geht es
wohl nicht mehr.

Der Dich störende Punkt wird wohl der sein, dass er mit seinem
Vortrag keinen Raum mehr für Parolen ala Bosbach-CDU-MDB mehr
lässt und die Erörterung mit dem Vortrag eigentlich
erledigtist…

Hallo,

eigentlich tut diese Diskussion schon weh.
Zur 1. Frage ist mir nichts bekannt.
Zu 2. nein weil auch dadurch der wille gebrochen würde.

Die Anwendung von Gewalt zur Aussageerpressung in der Bundesrepublik ist nach Verfassungsrecht und einfachem Recht absolut verboten (Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2001, Kapitel K, Rn 1; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 5. A. 2000, Art. 2 Rn 67m.w.N.).
Gemäß Art. 104 I 2 GG dürfen festgehaltene Personen weder seelisch noch körperlich misshandelt werden.
Art. 104 I 2 GG konkretisiert das allgemeine Gebot des Schutzes der Menschenwürde gemäß Art. 1 I GG für festgenommene Personen. In Art. 104 I 2 GG ist für im Polizeigewahrsam festgehaltene Personen unzweideutig geregelt, dass jegliche Zufügung von Schmerzen während der Zeit der Festnahme, das
heißt insbesondere auch bei Vernehmungen oder Befragungen, verboten sind. Das Verbot des Art. 104 I 2 GG wird nach ganz herrschender Meinung zum Kernbestandteil des Art. 1 I GG gezählt, der jeglicher Relativierung im Wege der Auslegung oder einfachen Gesetzgebung entzogen ist (Podlech, AK - GG, Art. 1 Rn 44 und Art. 104 Rn 40). Diese verfassungsrechtliche Rechtslage bildet die Grundlage für entsprechende einfachgesetzliche Regelungen in den Landespolizeigesetzen und in der Strafprozessordnung.

Gemäß § 136 a I 1 StPO darf im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungsverfahren die Freiheit der Willensbeeinträchtigung und der Willensentschließung des Beschuldigten nicht durch Misshandlung, Ermüdung, einen körperlichen Eingriff, die Verabreichung von Mitteln, Quälerei, Täuschung oder Hypnose beeinträchtigt werden. Zwang darf gemäß § 136 a I 2 StPO nur angewandt werden, soweit die Strafprozessordnung dies zulässt, was für den Fall der Aussageerpressung nicht der Fall ist. Nach § 136 a I 3 StPO ist auch die Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme verboten.

Nach dem hessischen Gesetz über Sicherheit und Ordnung (HSOG) ist gemäß § 52 II unmittelbarer Zwang zur Abgabe einer Erklärung ausgeschlossen. Dies bedeutet, dass bei zulässigen polizeilichen Befragungen zwecks Gefahrenabwehr kein körperlicher Zwang (§ 52 HSOG) angewendet oder angedroht werden darf. § 12 HSOG, der die Möglichkeit der Befragung von Personen vorsieht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Person sachdienliche Angaben zur Aufklärung in einer bestimmten Angelegenheit der Gefahrenabwehr machen kann, sieht dieselben restriktiven Regelungen vor wie die StPO für Vernehmungen. Gemäß § 12 IV HSOG gilt für polizeiliche Befragungen § 136 a StPO entsprechend. Danach dürfen nach § 136 a StPO verbotene Methoden im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren auch nicht bei polizeilichen Befragungen im Rahmen der Gefahrenabwehr angewandt werden

(Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 2000, Kap. F, Rn 296 ff.).
Diese restriktiven Regelungen gelten auch, wenn im Einzelfall eine gesetzliche Auskunftspflicht einer Person besteht. Gemäß § 12 II HSOG unterliegt u. a. für die Verursacher einer Gefahr eine Auskunftspflicht, soweit nicht gemäß §§ 52 ff. StPO ein Aussageverweigerungsrecht besteht. Das Aussageverweigerungsrecht entfällt, wenn die Auskunft für die Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Auch beim Bestehen einer Auskunftspflicht zum Schutz des Lebens einer Person darf somit die Auskunft nicht unter Verstoß gegen die Bestimmung des § 136 a StPO erzwungen werden. Diese nach dem hessischen Polizeigesetz bestehende Rechtslage entspricht überwiegend der Rechtslage nach den Polizeigesetzen der anderen Bundesländer (zu den Unterschieden zwischen den Regelungen Rachor, Handbuch des Polizeirechts, Kap. F, Rn 296, 782). Die Aussageerpressung ist im Übrigen nicht nur im nationalen Recht der Bundesrepublik, sondern auch nach dem internationalen Recht ausdrücklich verboten. So sieht etwa § 3 der Europäischen Menschenrechts-konvention (EMRK) vor, dass niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf. Folter liegt nach anerkanntem Sprachgebrauch dann vor, wenn der Wille einer Person mit bestimmten Mitteln gebrochen werden soll. Folter setzt somit nicht erst bei besonders schweren Mitteln ein (Podlech, AK-GG, Art. 104 Rn 42). Auch die Zufügung von Schmerzen, die zu keinen dauerhaften Gesundheitsschäden führen, wie im Frankfurter Fall geplant, erfüllen danach zweifelsfrei den Tatbestand der Folter. Ebenso reicht die bloße Androhung von Schmerzen aus, um den Tatbestand der Folter zu bejahen.

Gruß

Genau was ich wollte!!
DANK!!

Markus Beck