Frage zu Seekarten

Moinmoin,

auf historischen Seekarten sind oft so sternartige Gebilde eingezeichnet (nein, nicht die Windrose), oft auch mehrere. Das sieht aus wie ein Stern mit etlichen Strahlen, die sich über die gesamte Karte erstrecken. Sehr oft sind da auch mehrere von auf einer Karte.
Was ist das? Wozu braucht man das? Wie bedient man das?

Lieben Dank,

Marcus

Hallo Marcus,

ist nicht sehr genau, deine Beschreibung. Ich vermute mal, daß es sich nicht um eine Detailkarte, sondern eher um eine Übersichtskarte eines relativ großen Seegebietes handelt. Auf solchen Karten ist oftmals eine Windstatistik mit angegeben, die anzeigt, wie oft in bestimmten Seegebieten Winde mit einer bestimmten Stärke auftreten, und aus welcher Richtung diese Winde kommen. Die grafische Darstellung dieser Information hat dann ein sternförmiges Aussehen.
Das müsste allerdings in der Kartenlegende erklärt sein.

Ich hoffe, ich habe richtig geraten.

Liebe Grüße,

Thomas.

Hallo,

nein, leider nicht.
Ich hab das Problem mit 200 Jahre alten Karten, da meist nix mit Legende.
Ich hab Dir mal ein Stück Kuba hochgeladen, da sieht man sehr gut, was ich meine:
http://www.asatcamo.de/kubakarte.jpg

Grüße,

Marcus

…oder es sind wirklich alte (Nachdruck-)Karten. Dann sind es Navigationshilfen.
Also die Kurse von einen Hafen zum nächsten, bzw. von einem fixen Punkt aus. das sieht dann fast schon wie ein Spinnennetz auf der Karte aus.

Und, was war es?

Dieter

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Hallo, Marcus,
das sind offensichtlich Anlegelinien für das Parallellineal. Mit Hilfe dieser Linien kann man die Karte benutzen/Kurse absetzen auch ohne einen Winkelmesser oder ein Kursdreieck zu verwenden. Die Unterteilung ist in Schritten zu je 7.5°.
Gruß
Eckard

Hallo !

Da damals, als diese Karten gezeichnet wurden, nur die Breitengrade bekannt, meßbar und auffindbar waren, zeichnete man diese „Kompaßrosen“ immer exakt auf einen Breitengrad.
Damals war es üblich, wenn man z.B. nach Kuba wollte, erstmal südlich zu fahren, bis auf einen bestimmten Breitengrad und dann westwärts. Oder auch nordwest oder südwest. Je nach Jahreszeit und den dann herrschenden Windrichtungen. Die Windrosen waren dann der Punkt, an dem man dann die Richtung änderte.
Diese Punkte sind aber nicht immer als Windrose eingezeichnet, oft auch nur als Punkt der zusammenfallenden Richtungen.
mfgConrad

Hallo, Eckard,

ich habe irgendwie nicht das Gefühl, dass die Strahlen auf der Kubakarte nur 7,5° auseinander liegen.
Das Ganze dient an sich nur für Liverollenspiele. Mein Navigationsbesteck besteht aus drei Zirkeln (1x Standard, 1x gegenläufig zu öffnen, 1x verstellbar mit Skala) und einem Lineal. Dazu ein Kartentischkompass zum auflegen auf die Karten.
Kannst Du mir irgendwie auch kurz erklären, wie man damit umgeht?
http://www.asatcamo.de/kubakarte.jpg

Grüße,

Marcus

Hallo Marcus,
auf den eingescannten Kartenausschnitten ist zu sehen, daß dort 90° in 8 Teile aufgeteilt sind, also 360° in 32 Teile. Das entspricht den in der Seefahrt heute noch gebräuchlichen „Strichen“.
Richtungsangaben werden auf der Brücke gegeben mit bspw. „2 Strich an Steuerbord voraus“, dann weiss der Wachhabende Offizier wo er mit dem Fernglas gucken muss wenn ein anderes Schiff gemeldeldet wird.
Die Richtungsangaben heissen voraus, querab, achteraus. Striche werden dazu in Beziehung gesetzt (2 Strich vorlicher/ achterlicher als querab an Backbord, 2 Strich an Steuerbord…)
Auf einer Karte hab ich das bisher allerdings noch nie gesehen…
Zu den Zirkeln:
Am Rand deines Kartenausschnitts sind abwechselnd dunkle/helle Felder. Diese dienen nicht der Verzierung der Karte sondern sind der Massstab der Karte. Entfernungen nimmst du mithilfe des Zirkels aus der Karte und liest dann am Rand der Karte ab wieviele Meilen (oder Kabel- sieht nach kleinem Maßstab aus, auf alten Karten werden Faden verwendet, das ist etwas weniger als ein Kabel und die Kurzform ist fm (fathom))
Ausser einem Zirkel benötigt man zur Kartennavigation aber noch ein bis zwei Dreiecke, dann hast du ein Navigationsbesteck. Mit dem einen Dreieck nimmst du an der Kompassrose (in deinem Fall halt die in Strichen) den gewünschten Kurs und machst dann mit dem zweiten eine Paralleverschiebung an der Kante des ersten entlang…

hoffe das war nicht zu unverständlich :smile:
Anja

Kannst Du mir irgendwie auch kurz erklären, wie man damit
umgeht?

Puuuh, Marcus,
ich bin Funker gewesen, kein Nautiker. Kann Dir also nur schildern, was ich mir abgekuckt habe.

Zunächst zu den Utensilien. Zirkel dienen dazu, Distanzen abzugreifen und an passender Stelle abzustecken. Das Lineal braucht man dazu um die Kurslinie eintragen zu können. Weiter wäre ein sog. „Geodreieck“ ( http://de.wikipedia.org/wiki/Geodreieck ) hilfreich, um das Lineal daran anzulegen und bequem Parallelverschiebungen durchzuführen.
Den Kompass braucht man in dieser Karte eigentlich nicht, denn die Hilfslinien (Sterne, die Du ansprachst) erlauben ja eine grobe Ausrichtung der Kurslinie (in Schritten zu 11.25°, nicht wie ich schrieb - 90° in acht Teile geteilt)

Ein Kurs wird durch zwei Größen festgelegt: Richtung und Distanz.

Den Kurs zwischen Abfahrtsort und Zielpunkt zeichnet man jetzt mit Lineal und Bleistift in die Karte ein.

Mit Hilfe einer Parallelverschiebung an einen Meridian kann man nun mit Hilfe des Geodreiecks (oder im Falle der vorliegenden Karte mit Hilfe der Hilfslinien) die Kursrichtung herauslesen. (am Besten an den Kurs dranschreiben)

Mit Hilfe des Zirkels misst man die Distanz. Dazu greift man am Meridian eine bestimmte Strecke mit dem Zirkel (5sm oder 10sm - je nach Massstab) mit dem Zirkel ab und misst durch mehrfaches Ansetzen des Zirkels die LÄnge der Kurslinie.

In gleicher Weise kann man auch Distanz und Richtung von Landmarken (Leuchtfeuer, Tonnen, Riffe etc.) ausmessen, um die in der Karte gemessenen Werte mit den in der Natur beobachteten Werten zu vergleichen und so seine Position bestimmen (Peilung, Kreuzpeilung) Damit kann man dann ein Abweichen vom geplanten Kurs feststellen und ggf. korrigieren.

Oftmals kann man keine gerade Kurslinie ziehen, weil Untiefen, Landvorsprünge etc. dies verhindern, also zeichnet man Teilstrecken ein. Die „Knicke“ legt man möglichst so, dass man sie mit einer Positionsbestimmung gut überprüfen kann.

Ich hoffe, diese grobe Anleitung bringt Dich ein wenig weiter. Und die Nautiker unter uns bitte ich schon mal um Nachsicht :smile:

Gruß
Eckard

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Hallo Marcus,
hab gerade gemerkt, daß man deinen Kartenausschnitt zoomen kann…
Also, deine Karte scheint auf dem Kopf zu stehen, d.h. Süden ist oben.
Die Skala am Seitenrand läuft von 19° (oben) nach 24° (unten)- da aber Kuba nördlich des Äquators liegt, ist damit nördliche Breite gemeint, also steht die Karte kopf…
Ein Grad entspricht 60 Minuten, eine Minute entspricht einer Meile- also entspricht in deiner Karte in der rot/weiss/schwarzen Skala ein Kästchen 4 Meilen…
Wenn ich von Meilen rede meine ich Seemeilen- eine sind 1852 Meter… ein Kabel ist ein zehntel davon, ein Faden ein tausendstel- das wird für Wassertiefen verwendet.

Anja

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So geht das heute, aber doch nicht zu Columbus-Zeiten!!

mfgConrad

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Tach…

Navigation mit „alten“ Mitteln… hmm…

Als Buchtip würd ich Dir empfehlen: Navigation nur zum Ankommen von Bobby Schenk. Das hab sogar ich verstanden :wink:

Aber ich denke mal, das dürfte fast zu viel des Aufwandes sein. Du brauchst das ja für ein Spiel - oder??

Aber mal ein recht brauchbarer Abriss: guckst Du: http://www.yacht.de/schenk/index.shtml
oder http://www.bobbyschenk.de

Viel Erfolg, und immer eine Handbreit zum Würfeln auf dem Brett

Grüße

Midir
P.S. Nautische Begriffe sind fix - hier gibts kein Gulasch-Unschärfe :wink:))

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Yarrrr…:smile:
Klasse. Nun tun sich mir schon Welten auf.
Bin mal gespannt, was ich in dem Thread noch erfahre.

Tally Ho,

Marcus

Moin,

nur ein Spiel…äh…well…
http://www.asatcamo.de/pirates/roisincrew.jpg

Ist also schon etwas mehr, nämlich LARP, bzw. Reenactment:smile:
Ich bin der „Captain“ ganz links (der gerade hier Grundkenntnisse in Navigation erklärt bekommt;wenigstens versteh ich was von Vorderladern).
Je fundierter das Wissen, je größer der Background, desto besser und stimmiger das Spiel.
Dashalb bin ich recht dankbar für das, was ich hier gerade von Euch lerne.

Tally Ho,

Marcus

Moin auch,

sorry, das mit „Spiel“ sollte nicht abwertend klingen :wink:

Grüße

Midir

Hallo!

Jetzt wird es klarer! Die Linien sind Navigationshilfslinien. Damals hatte man noch keine durchsichtigen Liniale und Winkelmesser wie heute. Außerdem war es nicht üblich einen Kurs in Grad anzugeben, sondern man hat die Windrose mit den 4 Hauptrichtungen immer weiter zweigeteilt. So bekommt man Richtungsangaben wie SSW (Süd-Süd-West). Man teilte die Kompasrose in 32 Segmente, was einem Winkel von 11,25 Grad pro Segment entspricht. Diesen Winlel bezeichnete man als „ein Strich“. Das ist auch die Winkelrasterung der auf deiner Karte eingezeichneten Navigationshilfslinien. Sie helfen dem Navigator Kurslinien einzuzeichnen und ermittelte Kurse als Richtungsangabe an den Steuermann weiterzugeben.

Ein Vergleich mit einer aktuellen Karte zeigt, daß bei deiner Süden oben liegt. Der obere Teil der Karte zeigt Cubas Südküste mit Santiago de Cuba und Gantanamo Bay. Das auf deiner Karte eingezeichnete „Mancanilla“ heißt heute „Manzanillo“. Siehe aktuelle Karte hier: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6d/C…

Ich hoffe, das hilft dir weiter.

Liebe Grüße,

Thomas.

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So geht das heute, aber doch nicht zu Columbus-Zeiten!!

mfgConrad

Hallo Conrad,

und wie machte man es dann damals, zu Columbus’ Zeiten?

mfgMartin

So geht das heute, aber doch nicht zu Columbus-Zeiten!!

mfgConrad

Hallo Conrad,

und wie machte man es dann damals, zu Columbus’ Zeiten?

Ganz einfach.
Man wußte z.B. wo die Insel La Gomera liegt. Man kannte den Breitengrad.

Fuhr also von Spanien Richtung Süden. Sobald man den breitengrad von La Gomera erreicht hatte, bog man nach Westen ab und fuhr auf dem Breitengrad, bis man die Insel erreichte.

Solange man keine Längengrade hatte, nützte ein Lineal und Zirkel nichts.

mfgConrad

Das nennt man heute „Breitengradnavigation“.