Frage zu Steuerklasse bei Eheleuten

Guten Abend zusammen,

ich habe mal eine ganz allgemeine Frage (rein interesse halber) zu den Steuerklassen.
Als meine Frau und ich geheiratet haben waren wir natürlich beim Finanzamt und haben uns entsprechend gemeldet um die Stuerklasse zu wechseln. Es gibt ja ganz grob die Möglichkeiten zwischen 4/4 und 3/5 zu wählen.
Jetzt heisst es ja immer, man würde eine ganze Menge Steuern sparen, wenn man dann die „richtige“ Kombination wählt (zumindest hört man das immer wieder). Eigentlich bin ich da immer etwas kritisch.
So dumm das auch klingt, aber ich habe das einfach mal mit diesen ganzen „Brutto / Netto Rechnern“ im Internet durchgerechnet.
Also einen Unterschied (auch wenn er nicht besonders groß war) gab es, aber wir haben uns gedacht, dass wir mal den Finanzbeamten fragen was denn jetzt Sinn macht. Um so erstaunter war ich als dieser sagte, dass es vollkommen egal ist, welche Kombination man wählt.
Wenn man die scheinbar günstigere Kombination nimmt muss man zwar monatlich etwas weniger an Steuern zahlen, bekommt beim jährlichen Lohnsteuerjahresausgleich aber auch weniger zurück oder muss evtl. sogar noch nachzahlen. Die Aussage von ihm war „Wenn jemand am Jahresende nachzahlen muss, dann sind das meistens diejenigen, die ein 3/5 Kombination haben“.
Was mich jetzt einfach nur interessiert ist die Frage, ob das dann wirklich am Jahresende auf’s gleiche hinausläuft.

Ich habe mit einem Bekannten eine Recht lange Diskussion darüber geführt und mein Bekannter hat konsequent behauptet, dass dieser Finanzbeamter keine Ahnung von dem hat, was er da erzählt (wohl gemerkt hat mein Bekannter keienrlei beruflichen Hintergrund, der in diese Richtung geht. Er ist lediglich seit 30 Jahren verheiratet und stützt seine Aussagen eben auf diese Tatsache).
Da ich davon eigentlich keine Ahnung habe war mein einziges Argument eben die Aussage des Finanzbeamten (mal ehrlich - ich gehe davon aus, dass gerade der sich doch damit auskennen sollte).
Da es aber immer mal wieder welche gibt, die tatsächlich nicht alle Fakten berücksichtigen und sich vielleicht auch mal irren können wollte ich mal ein wenig nachforschen.
Im Internet selbst habe ich einige Artikel dazu gelesen, werde da aber auch nicht schlau draus. Das schlimmste ist, dass einige Artikel besagen, dass man dadurch Steuern sparen kann und andere sagen halt, dass es am Jahresende auf Grund des Lohnsteuerjahresausgleiches egal ist und dann halt auf’s selbe hinausläuft.
Vielleicht kann mich mal jemand aufklären. Insbesondere zu dem Punkt ob das beim Lohnsteuerjahresausgleich entsprechend verrechnet wird und man somit tatsächlich mit +/-0 rauskommt.
Viele Grüße und schonmal ein schönes Wochenende,
Nibbler

Hallo,

es ist tatsächlich so, dass die Wahl der Steuerklasse 3/5 oder 4/4 nur über das Jahr einen Vorteil oder Nachteil hat, weil der AG entweder zu viel oder zu wenig Steuern einbehalten hat. Die durch den AG abge-führten Steuern sind „Vorauszahlungen“, die bei der Steuererklärung dann mit der tatsächlichen Steuerschuld verrechnet werden.

si

Hallo,

das System der Steuerklassen erfüllt nur einen einzigen Zweck, nämlich die Steuervorauszahlungen vom Lohn zu bestimmen.

Ehepaare haben nun die Möglichkeit zwischen der Kombination 4/4 und 3/5 zu wählen. Damit können sie verschiedene Arten der Vorauszahlungen wählen.

Mit der Einkommensteuererklärung wird dann errechnet, was dieses Ehepaar tatsächlich an Steuer zu bezahlen hat. Dabei ist es vollkommen egal, welche Steuerklassen man hatte, denn die Steuerschuld ist unabhängig von der Steuerklasse immer gleich.

Beispiel, ein Ehepaar hat zusammen 50.000 € Einkommen. darauf müssen sie 15.000 € Steuer bezahlen.

Bei 4/4 haben Sie darauf 16.000 vorausbezahlt.
Bei der Steuererklärung bekommen sie 1.000 erstattet und freuen sich, obwohl sie dem Staat einen zinslosen Kredit in dieser Höhe gewährt haben.

Bei 3/5 hat dieses Paar nur 14.000 vorausbezahlt.
Die müssen nun 1.000 nachbezahlen und schreien Zeter und Mordio wegen dieser Ausbeutung, obwohl sie vom Staat einen zinslosen Kredit erhalten hatten. Auch dem Berufsstand des Steuerberaters wird in dem Fall gerne die Unfähigkeit unterstellt.

Im Ergebnis haben aber beide Paare die exakt gleiche Steuerlast. Die einen haben ihre Steuererklärung ganz „toll“ ausgefüllt, während die anderen ausgebeutet werden.

„Falsche“ Steuerklassen kann es also nur geben, wenn das Paar, das Anspruch auf die 1.000 Erstattung hätte, aus Faulheit oder Angst keine Steuererklärung macht und damit dem Staat diees Geld schenkt.

Mit ganz einfachen Worten, vergleiche ich mit der Stromabrechnung: die Steuerklasse bestimmt wieviel für den Strom monatlich vorausbezahlt wird. Die Steuererklärung ist dann die Endabrechnung der Stadtwerke.
Die Stadtwerke (das Finanzamt) können aber immer nur den gleichen Verbrauch (Steuerlast) feststellen.

Gruß
Lawrence

Genau so hatte ich mir das auch vorgestellt. Besten Dank für die ausführliche Erklärung. Damit ist meine Frage beantwortet. Schön, dass es selbst bei einem so komplexen Thema wie Steuern eine einfache Antwort gibt :wink:
Gruss, Nibbler

Vielen Dank für die Antwort. Das deckt sich mit dem, was ich vermutet hatte.
Gruss, Nibbler

Nichtsteuerliche Vorteile…
… gibt es noch bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes: Wenn man AlG beziehen müssen sollte, bekommt man einfach mehr AlG bei Lohnsteuerklasse 3 gegenüber der 4. In der LSt-Klasse 5 wird das wenigste AlG aller 3 LSt-Klassen gezahlt, gleichen Bruttoverdienst vorausgesetzt.

Mit freundlichen Grüßen

Ronald

Ehepaare haben nun die Möglichkeit zwischen der Kombination
4/4 und 3/5 zu wählen. Damit können sie verschiedene Arten der
Vorauszahlungen wählen.

nicht zuvergessen die „Steuerklasse 4 mit Faktor“ :smile:
Schließlich wollen wir es den Menschen noch einfacher machen und sie nicht verwirren :smile:

LG

Ein bisschen OT
Hallo Lawrence,

toll geschrieben und erklärt. Sternchen.

Was ich etwas beängstigend finde, ist, dass dies die wenigsten Leute wissen. In meinem Unterricht (Lohn- und Gehaltsbuchhaltung) spreche ich dieses Thema im Rahmen der Lohnsteuer an. Es gab bis jetzt keinen einzigen Schüler oder Schülerin, der das wusste.
Vielleicht sollte man doch mal etwas mehr Wirtschafts- oder Steuerlehre in den Schulunterricht bringen. (Ganz schwarze Gedanken: Vielleicht ist das ja gar nicht gewünscht)

Viele Grüße

Gesine