Frage zur Notation für Fortgeschrittene

Hallo Experten,

ich möchte ein Musikstück transkribieren und stoße auf ein rhythmisches/metrisches Problem.

Es gibt einen Taktwechsel von 3/4 auf 4/4, wobei das Tempo des 4/4-Takts sich zu dem des 3/4-Takts genau so verhält wie eine Duole (= zwei Viertel des 4/4-Takts) zu drei Vierteln (drei Viertel des vorherigen 3/4-Takts). Gibt es dafür eine gängige Notation? Genügt es, über den ersten 4/4 Takt „Tempo II (2:3)“ zu notieren? Oder sollte ich besser ohne Tempowechsel einen 6/4-Takt in Duolen/Quartolen notieren? Ich favorisiere den Tempowechsel, um dem Metrum des 4/4-Takts besser gerecht zu werden, ist das aber auch bei den Profis gängige Praxis?

Weiterhin werden später im 4/4-Takt (immer noch Tempo II bzw. Duolen/Quartolen) durchgehend Triolen gespielt, die nahtlos in einen 5/8-Takt übergehen, der wiederum in einen triolisierten 4/8-Takt übergeht. Die Achtel des 5/8-Takts werden genau so schnell gespielt wie die Triolen im vorherigen 4/4-Takt. Die Triolen des 4/8-Takts werden genau so schnell gespielt wie die Achtel des vorherigen 5/8-Takts. Man könnte den 5/8-Takt und den triolisierten 4/8-Takt auch als einen 11/8-Takt zusammenfassen. Spätestens hier bin ich mit Duolen/Quartolen aufgeschmissen, weil ein Takt ungerade ist. Notiere ich also auch hier wieder den 5/8-Takt mit „Tempo I (3:2)“ und den 4/8-Takt mit „Tempo II (2:3)“ bzw. den zusammengefassten 11/8-Takt (5+6) mit „Tempo I (3:2)“?

Oder fällt euch noch eine andere Notation hierzu noch ein?

Falls es hilft: Es handelt sich um eine Version des Stücks „Big Swifty“ von Frank Zappa. Der zuerst oben angesprochene Wechsel von 3/4 zu 4/4 findet in der Version von der LP/CD „Waka Jawaka“ ca. bei 0:39 statt. Der Wechsel 4/4 zu 5/8 zu 4/8 (und dann wieder zu 4/4) vollzieht sich dort von 0:46 bis 0:53. In der Version von „You Can’t Do That On Stage Anymore Vol. 1“ ist der Wechsel von 3/4 zu 4/4 ebenfalls ca. bei 0:38-0:39 und der Wechsel 4/4 zu 5/8 zu 4/8 bei 0:45 bis 0:50.

Hörbeispiele sind zu finden bei http://www.grooveshark.com. Suche nach „zappa big swifty“ ohne Anführungszeichen. http://www.youtube.de gibt auch zwei Beispiele her.

Ich freue mich auf eure Antworten.

LG
Huttatta

ok, mal schauen, ob ich alles richtig verstanden habe (mag jetzt nix runterladen und anhören).

Es gibt einen Taktwechsel von 3/4 auf 4/4, wobei das Tempo des
4/4-Takts sich zu dem des 3/4-Takts genau so verhält wie eine
Duole (= zwei Viertel des 4/4-Takts) zu drei Vierteln (drei
Viertel des vorherigen 3/4-Takts).

einfachste möglichkeit: punktierte halbe (drei viertel) = halbe (zwei viertel) über die takte schreiben. ist an sich eine übliche vorgehensweise.

Genügt es, über den ersten 4/4 Takt „Tempo II (2:3)“
zu notieren?

das ist nicht unbedingt üblich, aber natürlich könntest du absolute metronomzahlen angeben.

Oder sollte ich besser ohne Tempowechsel einen
6/4-Takt in Duolen/Quartolen notieren?

angesichts der tatsache, daß das metrum gleich danach wieder zurückwechselt, wäre das eine ernstzunehmende möglichkeit. ich würde es aber statt duolen mit punktierten vierteln machen.

Ich favorisiere den
Tempowechsel, um dem Metrum des 4/4-Takts besser gerecht zu
werden, ist das aber auch bei den Profis gängige Praxis?

da wäre jetzt aber eher die frage, wie es zappa intendiert hat, und nicht deine empfindung in dem moment. an sich sind beide lösungen ok.

Weiterhin werden später im 4/4-Takt (immer noch Tempo II bzw.
Duolen/Quartolen) durchgehend Triolen gespielt, die nahtlos in
einen 5/8-Takt übergehen

das ist kein problem, wenn du die zweite möglichkeite gewählt hast, denn dann gibt es keine duolen oder triolen, sondern die vierteln von tempo I, die dann den achteln des 5/8-taktes entsprechen.

Die
Triolen des 4/8-Takts werden genau so schnell gespielt wie die
Achtel des vorherigen 5/8-Takts.

das ist dann einfach ein 6/8-takt nach den 5/8.

Man könnte den 5/8-Takt und
den triolisierten 4/8-Takt auch als einen 11/8-Takt
zusammenfassen.

eben.

Spätestens hier bin ich mit Duolen/Quartolen
aufgeschmissen, weil ein Takt ungerade ist.

deswegen würde ich dir davon auch abraten.

Oder fällt euch noch eine andere Notation hierzu noch ein?

wenn ich das richtig sehe, kannst du eigentlich fast die ganze zeit in 3/4 bleiben. so wie ich das verstanden habe, sind die achteln in den 5/8 genauso schnell wie die viertel in den ursprünglichen 3/4? oder hab ich mich irgendwo vertan?

wenn es stimmt, dann hast du im wesentlichen einen durchgehenden 3/4-takt, nur eben eine zeit lang mit puntkierten vierteln (deinen duolen), und dann eben einen dazwischengeschobenen 2/4- oder 5/4-takt.

Hallo gyuri,

erst mal vielen herzlichen Dank, dass du dich meinen Fragen widmest.

einfachste möglichkeit: punktierte halbe (drei viertel) =
halbe (zwei viertel) über die takte schreiben. ist an sich
eine übliche vorgehensweise.

Ja genau! Jetzt wo du’s sagst, so habe ich es schon gesehen und so werde ich es auch machen.

Spätestens hier bin ich mit Duolen/Quartolen
aufgeschmissen, weil ein Takt ungerade ist.

deswegen würde ich dir davon auch abraten.

Also besser das neue Tempo angeben, wie ich bereits vermutete.

wenn es stimmt, dann hast du im wesentlichen einen
durchgehenden 3/4-takt, nur eben eine zeit lang mit
puntkierten vierteln (deinen duolen), und dann eben einen
dazwischengeschobenen 2/4- oder 5/4-takt.

Das Stück enthält auch noch 7/8- und weitere 5/8-Takte, aber im Grunde genommen hast du bezüglich der betroffenen Passage absolut Recht, da die wechselnden Tempi stets im 2:3- bzw. 3:2-Verhältnis zueinander stehen. Es wäre dann jedoch ein eingeschobener 5/8-Takt und ein 6/8-Takt (oder eben der zusammengefasste 11/8-Takt), aber egal. Würde ich anfangen, die Hauptzählzeiten in punktierten Vierteln zu notieren, wäre das Notenbild bei den rhythmischen Figuren, welche die Takte tatsächlich enthalten, extrem unübersichtlich. Darum werde ich es mit dem Tempowechsel und den gleichgesetzten Notenwerten notieren, wie du es vorgeschlagen hast. Ich meine, grundsätzlich spräche nichts gegen einen zusätzlichen, ultrakurzen Textkommentar einzuwenden, so lange es dem Verständnis des Notenlesenden dient, oder?

(deinen duolen)

Soll das ein Wink mit dem Zaunpfahl sein? Verwende ich den Begriff etwa falsch oder war das jetzt gar nicht so gemeint? Ich bin leider bloß begeisterter Hobbymusiker, lerne aber sehr gerne dazu. Duolen bzw. Quartolen sind meines Wissens zwei bzw. vier gleiche Notenwerte, die im Zeitwert von drei bzw. sechs gleichen Notenwerten gespielt werden. Man sieht das nicht selten. Sie werden mit einer Klammer oder einem Bogen ähnlich wie Triolen notiert, bloß dass über der Klammer statt der 3 eine 2 bzw. eine 4 steht und dass unter der Klammer in der Summe statt eines durch 3 teilbaren ein durch 2 oder 4 teilbarer Notenwert zusammengefasst ist. Somit kann man in meinem konkreten Beispiel (aus dem Wechsel 3/4 zu 4/4 würde dann ein Wechsel 3/4 zu 6/4) normal in 4/4 notieren, darf aber die Klammern mit der 4 nicht vergessen. Dieser verflixte 5/8-Takt macht dies jedoch leider für diesen einen Takt unmöglich. Ich habe auch schon oft gesehen, dass statt irgendeiner Ziffer an der Klammer gleich das Wertverhältnis notiert wird, z.B. 2:3 für Duolen, 5:4 für Quintolen, oder 7:3 für eine Septole über drei Achtel etc.

Bei der Gelegenheit stellt sich mir gerade noch eine begriffliche Frage, die mit dem Bisherigen nichts zu tun hat. Während einer Emai-Korrespondenz mit einem Musiker, in der es um ein anderes Musikstück ging, redeten wir offenbar aneinander vorbei. Ich schlug bei einer seiner Transkriptionen, die er mir zusendete, statt eines 3/4-Takts einen triolisierten 4/4-Takt vor, da die Betonungen im Takt ganz klar auf einen 4/4-Takt hinwiesen. Mich fragte er anchließend, ob denn nicht ein triolisierter 4/4-Takt gleich einem 3/4-Takt wäre. Das hat mich stutzig gemacht. Ich verstehe darunter nämlich, dass die Viertel triolisiert werden, also „1-er-lei 2-er-lei 3-er-lei 4-er-lei“ und dass die Hauptbetonungen in den bekannten Abstufungen auf den 4 Hauptzählzeiten liegen. Ist das so richtig, oder hätte ich der Logik des Gesprächspartners folgend besser einen triolisierten 16/16-Takt vorschlagen sollen?

Viele Grüße
Huttatta

P.S.: Sorry für den langen Text. Wenn’s wirklich stört, sag’s einfach, dann fasse ich mich zukünftig kürzer.

Das Stück enthält auch noch 7/8- und weitere 5/8-Takte […]

ich werde mit das stück morgen aus reiner neugier anhören. ich vermute allerdings, daß die achteln durchgehen und du mit lauter x/8-takten auskommen würdest. im moment ist das reine spekulation, laß uns morgen nochmal drüber quatschen.

Würde ich anfangen,
die Hauptzählzeiten in punktierten Vierteln zu notieren […]

ich meinte nicht, die hauptzählzeiten in punktierten vierteln zu notieren, sondern vermute, daß es sich beim beschriebenen takt um rhythmische figuren handelt, die eben nicht nur auf den hauptzählzeiten, sondern manchmal off-beat betont werden. näheres morgen nach studium des hörbeispiels.

Ich meine,
grundsätzlich spräche nichts gegen einen zusätzlichen,
ultrakurzen Textkommentar einzuwenden, so lange es dem
Verständnis des Notenlesenden dient, oder?

natürlich nicht.

Soll das ein Wink mit dem Zaunpfahl sein?

du verwendest die begriffe richtig. ich hab die duole in anführungsstriche gesetzt, weil das für mich einfach puntierte vierteln in einem dreiertakt sind - rechnerisch natürlich identisch mit der duole, aber zumindest impliziert meine schreibweise die durchlaufenden achteln.

Ist das so richtig, oder hätte ich der
Logik des Gesprächspartners folgend besser einen triolisierten
16/16-Takt vorschlagen sollen?

ehrlich gesagt glaube ich nicht, daß es eine festgelegte und eindeutige bedeutung für die formulierung „triolisierter 4/4-takt“ gibt. ich verstehe deine ausführungen, möchte aber kein urteil fällen. ich würde im beschriebenen fall vermutlich zu einem 12/8-takt tendieren :wink:

spontan würde ich beim begriff an einen 4/4-takt mit drei triolischen halben denken, und das ganze würde nur dann einen sinn ergeben, wenn vorher und/oder nachher die selben 4/4 ohne triolen etabliert werden und der takt mit den triolen dazu im bezug gesetzt werden muß.

grundsätzlich möchte ich anmerken: es ist alles erlaubt, was eindeutig zu lesen und zu verstehen ist (und es gibt auch vieles, was nicht eindeutig ist). wenn dir deine lösung zusagt und sie von anderen verstanden wird, dann paßt sie auch.

1 Like

Hallo gyuri,

ich danke dir nochmal für deine Ausführungen!

ich werde mit das stück morgen aus reiner neugier anhören.

Dann nimm bitte die Version von „You Can’t Do That On Stage Anymore Vol.1“, genau die schreibe ich auf. Hier der Direktlink:

http://listen.grooveshark.com/#/s/Big+Swifty/1Uso3n

Einfach das Flash-Zeugs zuende laden lassen, das Stück sollte dann vonselbst zu laufen anfangen. Der Rest nach dem Improvisationsteil geht schon klar. Mich plagt bloß die Notation der beiden besagten Stellen bzw. dessen, was dazwischen passiert. Wenn’s fertig aufgeschrieben ist, sende ich dir die Noten gerne zu, falls es dich überhaupt interessiert.

LG
Huttatta

hallo!

danke für den link und die noten. ich finde, du hast das ganze sehr schön und übersichtlich notiert, und du hast recht, es gibt nicht wirklich die möglichkeit, etwas zu vereinfachen.

ich würde vermutlich dort, wo bei dir die triolen beginnen, einen 12/8-takt schreiben, dann paßt der 5/8 besser dazwischen, und du sparst dir die triolen. bzw. man könnte es auch als geshuffleten 4/4-takt schreiben.

die relation von tempo II zu tempo I ist mir nicht ganz klar, dürfte aber nicht 2:3 sein, sonst müßte der dazwischengeschobene 5/8-takt im gleichen tempo sein wie die 5/8-takte am anfang, und das ist nicht der fall.

off topic
Moin,

und du hast recht, es
gibt nicht wirklich die möglichkeit, etwas zu vereinfachen.

Zappa eben :wink:

Der hat manchmal mit voller Absicht seine Musiker in den Wahnsinn getrieben und hat Leute, die seine Sachen transkripieren konnten immer sehr geschätzt bis bewundert, z.b. Steve Vai.

Das es nicht so auf die Schnelle klappt ist also keine Unfähigkeit :wink:

Gandalf

Hallo gyuri,

die relation von tempo II zu tempo I ist mir nicht ganz klar,
dürfte aber nicht 2:3 sein, sonst müßte der
dazwischengeschobene 5/8-takt im gleichen tempo sein wie die
5/8-takte am anfang, und das ist nicht der fall.

aber doch. :wink: Die sind im gleichen Tempo wie die Achtel vom Anfang bis zum Taktwechsel, meine ich zumindest. Man müsste es mit WaveLab o.ä. mal nachmessen, habe aber gerade keine Zeit und muss wieder weg.

LG
Huttatta

Hi Gandalf,

Das es nicht so auf die Schnelle klappt ist also keine
Unfähigkeit :wink:

das tröstet mich sehr. *schnief* Aber Dank gyuris netter Hilfe weiß ich jetzt, was in Zukunft bei ähnlichen Fällen zu machen ist. Ich mag es, mich immer ein wenig zu übernehmen, denn nur dann ist die Wahrscheinlichkeit am größten, auch was dazuzulernen. Das gilt für die Praxis genau so wie für Transkriptionen oder vielleicht sogar allgemein. Wer immer bloß das macht, was er bereits kann, wird nicht besser.

LG
Huttatta

sorry, aber mein Musiklehrer hat mir mal gesagt: wer zählt u. rechnet, beim Musikmachen, sterilisiert die eigentliche Seele, der Musik.
Zottel