Fragen zu Heiko Maas "Zensurgesetz" bezüglich sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter etc

Hallo und Guten Tag,

dieser Tage wird ja viel diskutiert zu Bundesjustizminister Heiko Maas und dessen neuem Gesetz gegen sogenannte „Hasspostings“ und „Fake News“:

Dazu zitiere ich erst einmal bewusst vollständig Artikel 5 des deutschen Grundgesetzes:

Artikel 5
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_5.html

Jetzt meine Fragen dazu:

1.) Naheliegend ist jetzt natürlich, dass Maas sein Gesetz auf Absatz 2 des Artikels 5 GG basiert: „Diese Rechte finden ihre Schranken…“ usw. Lässt sich aus Sicht von Juristen das Gesetz von Maas damit wirklich hinreichend rechtfertigen?

2.) Gibt es eigentlich in anderen Ländern vergleichbare Gesetze wie das von Heiko Maas? In den USA, aber auch in anderen EU-Ländern? Oder in der Schweiz? Oder ist dieses deutsche Gesetz zumindest für demokratische Staaten einmalig?

3.) Überhaupt: Das Internet im Allgemeinen und Facebook, Twitter etc. pp. im Besonderen sind ja bekanntlich weltweit zugänglich. Wie kann dieses Gesetz also international greifen? Wenn jemand z.B. in den USA etwas auf Facebook, Twitter oder sonst einem sozialen Netzwerk postet, was in Deutschland unter dieses Gesetz von Maas fällt, aber dort, in den USA, unter „Freedom of Speech“ - wie wird das dann in Deutschland juristisch gehandhabt? Wovon hängt das ab? Vom Ort, also ob es in Deutschland oder in den USA auf Facebook gepostet wurde? Von der Staatsangehörigkeit des Posters, ob er nun Deutscher oder US-Amerikaner ist? Davon, ob das umstrittene Posting in deutscher oder englischer Sprache verfasst wurde? Oder wovon?

4.) Es gibt doch auch soziale Netzwerke, die sich von vornherein gar nicht darum scheren, wer was bei ihnen postet, z.B. das berühmt-berüchtigte russische VK:

Aber das müsste doch auch unter das Gesetz von Maas fallen, oder? Müsste VK also genau so auch Strafe zahlen, so wie Facebook? Oder wie wird damit umgegangen?

5.) Wo kann man eigentlich die genaue Formulierung des Gesetzestextes nachlesen? Vielleicht sogar online?

Vielen Dank im Voraus für Antworten,

Jasper

Nein. Der von dir zitierte Absatz 2 steht in direktem Zusammenhang zu Absatz 1. Man muss also immer abwägen, wenn man Meinungsäußerungen beurteilt. Wenn also jemand etwas sagt, das der eine für unzulässig hält, könnte ein anderer das als zulässige Meinungsäußerung ansehen.

Vor diesem Hintergrund muss man sich jetzt die entscheidende Frage stellen: Wer stellt denn fest, was zulässig ist und was nicht? Herr Maas - unser Justizminister! - weiß es nicht. Es sind unsere Gerichte. Und nicht irgendwelche F*******-Praktikanten, die sich nachts in einem einsamen Büro zwischen Pickelausdrücken und Austesten, ob die Pornoseiten freigeschaltet sind, binnen Minuten mit derartigen juristisch komplexen Fragen befassen sollen.

Martenstein beschreibt es so: In Zukunft sollen Facebook, Twitter, Youtube, WhatsApp et cetera verpflichtet werden, alle „offensichtlich rechtswidrigen Inhalte“ zu löschen, und zwar zum Teil schon innerhalb von 24 Stunden. Ansonsten drohen den Internetfirmen Strafgelder von bis zu 50 Millionen Euro. Aber was, zum Teufel, ist „offensichtlich rechtswidrig“? Gerichte brauchen oft mehrere Instanzen, um es herauszufinden. Nun sollen diese Firmen entscheiden, sie werden zu Hilfssheriffs ernannt. Sie sind Fahnder und Richter in einem. Wenn sie zu milde urteilen, sind sie selber dran, Millionenstrafen. Ich halte das für einen Angriff auf das Prinzip der Gewaltenteilung, für Erdoganismus in Reinkultur.

Das Gesetz hebelt somit Art. 20 Abs. 3 GG aus („Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden“) weil nicht nur vollziehende Gewalt und Rechtsprechung zusammengefasst, sondern auch an eine private Stelle zwangsvergeben und somit außerhalb von Recht und Gesetz gestellt werden. Das geplante Gesetz ist somit offenkundig verfassungswidrig.

Nein, in China, Nordkorea und im Iran gibt es das sicherlich auch.

Ist nicht entscheidend. Das Gesetz besagt ganz einfach: „Die Ordnungswidrigkeit kann auch dann geahndet werden, wenn sie nicht im Inland begangen wird“ (§ 4 Abs. 3). Weltpolizist Maas.

Bei mehr als 2 Mio. Nutzern im Inland fällt es unter das Gesetz.

https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_NetzDG.pdf;jsessionid=F3E8ED491BDA36DB1780E71D7A52C607.1_cid334?__blob=publicationFile&v=2

Hi!

Es gibt keinen Gesetzestext, weil es kein Gesetz gibt. Ist jetzt pingelig, ist aber nun einmal (noch) so. :smirk:

Aber es gibt einen Regierungsentwurf zu einem Gesetzesvorhaben und dazu auch die Info durch das BMJV https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/NetzDG.html.

Gruß
vdmaster