Fragen zur Oralchirurgie

Hallo liebe Experten,

interessiere mich sehr für die Oralchirurgie und bereite mich derzeit für ein anstehendes Praktikum vor. Leider werden manche Aussagen in meinen Lehrbüchern nicht weiter erläutert, sodass sich nach und nach einige offene Fragen ergeben.

  1. Aussage: Eine elektrische Koagulation im Knochen ist kontraindiziert.
    Meine Frage: Warum? Können dadurch die Nn. alveolares gereizt werden?

  2. Aussage: Nach erfolgter Entfernung eines retinierten/verlagerten Zahnes wird der Mukoperiostlappen spaltfrei vernäht und eine primäre Wundheilung angestrebt (soweit logisch), außer bei UK-Sapientes, dort wird die Wunde offen gelassen und ein Streifen gelegt (wurde bei meiner Weisheitszahnextr. genauso gemacht).
    Meine Frage: Warum wird ausgerechnet nur dort ein Streifen gelegt? Entstehen durch die Nähe zum Kiefergelenk mechanische Belastungen des Gewebes, die die Wundheilung beeinträchtigen und eine primäre Wundheilung nicht ermöglichen?

Die Antworten sind wahrscheinlich banal, bin jedoch nicht selbstständig darauf gekommen.
Werde das Forum in nächster Zeit vermutlich noch öfter in Anspruch nehmen.

Bedanke mich im Voraus :wink:

Liebe Grüße

Servus

  1. Aussage: Eine elektrische Koagulation im Knochen ist
    kontraindiziert.
    Meine Frage: Warum? Können dadurch die Nn. alveolares gereizt
    werden?

Das Knochenmark in der Spongiosa wird verkokelt. Von dort gehen aber Heilungsmechanismen aus. Gerade die zahnärztlichen Implantologen behandeln den Knochen wie rohes Ei - langsam laufende-, mit wenig Auflagedruck betriebene- frische und scharfe Bohrer.

  1. Aussage: Nach erfolgter Entfernung eines
    retinierten/verlagerten Zahnes wird der Mukoperiostlappen
    spaltfrei vernäht und eine primäre Wundheilung angestrebt
    (soweit logisch), außer bei UK-Sapientes, dort wird die Wunde
    offen gelassen und ein Streifen gelegt (wurde bei meiner
    Weisheitszahnextr. genauso gemacht).

Wenn ein ‚spaltfreier‘ Mukoperiostlappen gelingt, gibt es keinen Grund, auf die primäre Wundheilung zu verzichten. Allerdings ist es nicht selten so, daß der Anlass für eine Weisheitszahnextraktion eine vorausgegangene putride Infektion ist - dann drainiert man lieber. Bei chirurgisch nicht sehr Erfahrenen dauert die Entfernung der ‚sapientes‘ manchmal ziemliche lange. Da gibt es dann gern viel gequetschte Wundränder (schlechte Heilungstendenz im Weichgewebe), eine malträtierte Knochenwunde (durch die nicht immer zureichend gekühlte Lindemann-Fräse und das lange Offen-Liegen des Knochens). In solchen Fällen kann es auch ratsam sein, auf die Sekundärheilung mit ihren Zugriffsmöglichkeiten zur Wunde zu setzen.

Entstehen durch die Nähe zum Kiefergelenk mechanische
Belastungen des Gewebes, die die Wundheilung beeinträchtigen
und eine primäre Wundheilung nicht ermöglichen?

Die mechanischen Belastungen können durchaus entstehen - siehe oben. Das hat mit dem Kiefergelenk (das so nah am Weisheitszahn gar nicht ist) erst einmal nichts zu tun. Richtig ist, dass (langdauernde) Eingriffe so weit distal durch die erforderliche weite Mundöffnung das Kiefergelenk deswegen traumatisieren können (Subluxation).

Gruß

Kai Müller