Fragen zur Terminologie / Verständnis (DRINGEND !)

Hallo,

da ich diese Woche eine Prüfung zur Gerichts- und Behördenterminologie habe, hier ein paar Fragen, welche mir noch Kopfzerbrechen bereiten:

  1. Was ist der Unterschied zwischen Richter und Staatsanwalt? Ist „Staatsanwalt“ = „Richter im Strafverfahren“? Wenn ja: was ist dann los, wenn es mehrere Richter sind? Oder ist es der Berufsrichter vom Schöffengericht?

  2. Was ist ein Laienrichter? (z. B. bei Strafverfahren -> die beiden Laienrichter im Schöffengericht) Ist es ein Richter ohne Ausbildung? Oder ein ehrenamtl. Richter?

  3. Bundesversammlung (die ja den Bundespräsidenten wählt): ist es nur Bundestag + Bundesrat, oder kommt da noch jemand dazu?

  4. Konkursverfahren: was sind Aussonderungsberechtigte / Absonderungsberechtigte?

  5. Entspricht 2. Instanz immer „Berufung“, die 3. immer „Revision“? Im Buch „Gerichts- und Behördenterminologie“ von U. Dau, steht nämlich (S. 76): „Sie können gegen das Urteil entw. Berufung od. (!) die Revision einlegen.“

  6. Was ist die große, was die kleine Strafkammer?

  7. Folgende Begriffe sind mir nicht ganz klar:
    Parteifähigkeit/Prozeßfähigkeit/Postulationsfähigkeit/Prozeßführungsbefugnis/Prozeßstandschaft

Danke!

CU,
Alex

Suchen im Netz? http://SEARCH-IN.NET !!!

  1. Was ist der Unterschied zwischen
    Richter und Staatsanwalt?

Der Staatsanwalt ist kein Richter, sondern der Ankläger. Er vertritt in einem Prozess, der sich nicht nach Zivilrecht, sondern z.B. nach Strafrecht richtet, die Anklage (also den Staat), weil eine Straftat von Amts wegen verfolgt wird, auch wenn niemand (also kein Privatmensch) Klage erhebt.

Gruß,
Delia

grübelgrübel
Hallo Alex,

damit ich mich hier nicht totschreiben muß, teile doch schnell mit, welche der folgenden Gesetze zur Verfügung hast:

Frage 1): GG, StPO, GVG

Frage 2): DRiG, GVG, StPO oder ArbGG

Frage 3): GG

Frage 4): InsO

Frage 5): ZPO, StPO

Frage 6): StPO

Frage 7): ZPO

Währenddessen versuche ich mich mal an Delias Frage unten und danach gehe ich in die Kneipe. Solltest Du die Gesetze haben, dann beantworte ich die Fragen mal paragraphenweise:

  1. Richter: Art 92 GG
    Staatsanwalt: § 160 StPO
    und wie Delia schreibt

  2. Laienrichter: §§ 1,44-45a DRiG

  3. Bundesversammlung: Art. 54 Abs. 3 GG

  4. Aussonderung: § 47 InsO
    Absonderung: § 49 InsO

  5. nicht immer, Betonung auf „Zweite“, z.B. § 333 StPO.

  6. § 76 GVG

  7. Parteifähigkeit: § 50 ZPO, § 1 BGB
    Prozeßfähigkeit: § 51 ZPO
    Postulationsfähigkeit: § 78 ZPO
    Prozeßführungsbefugnis: nicht geregelt
    Prozeßstandschaft: z.B. § 265 ZPO

Für was für einen Beruf außer Bundespräsident/Richter/Staatsanwalt/Rechtsanwalt/Professor braucht man denn solche Sachen?

mfg
ralph

Hallo Alex,

damit ich mich hier nicht totschreiben
muß, teile doch schnell mit, welche der
folgenden Gesetze zur Verfügung hast:

Habe leider gar nichts (werde noch suchen, vielleicht doch etwas). Gibt’s die Texte im Internet?

Für was für einen Beruf außer
Bundespräsident/Richter/Staatsanwalt/Rechtsanwalt/Professor
braucht man denn solche Sachen?

Übersetzer (!)
Um (in Bayern, in anderen Bundesländern ist alles deutlich einfacher) die staatliche Übersetzerprüfung erfolgreich ablegen zu können, muß man sich da gut auskennen (und zwar ohne jegliche Ausbildung !)
Es wird wohl damit begründet, daß man auch für Gerichte übersetzen muß, und deshalb die entspr. Terminologie kennen muß. Doch ich meine, das ganze ist etwas übertrieben. Ich habe mir sogar überlegt, mal schnell in ein anderes Bundesland umzuziehen und dort die Prüfung zu machen - alles ist deutlich einfacher. Doch am kommende Mittwoch ist der Prüfungstermin :frowning:

Könntest Du mir bitte alles genauer erläutern? Ich versuche, vielleicht doch irgend-wo die Gesetztestexte zu finden…

Hallo Alex,

ok, ich mach’ mich dran. kann noch ne Weile dauern.

Als Übersetzer hast Du ständig mit solchen Dingern zu tun. Beobachte nur den armen Donovan auf diesen Seiten. Und darum rate ich Dir zur Anschaffung des folgenden Buches:

Model/Creifelds, Staatsbürger-Taschenbuch, Beck-Verlag ISBN 3-406-39682-8 Buch anschauen, etwa 40,- DM.

Kann ich auch anderen nur empfehlen. Da steht alles drin, was man über den Staat wissen sollte. Ich bekomme übrigens keine Provisionen.

Bis nachher
ralph

Los gehts:

Frage 1)

Zum Verständnis des Ganzen die Volksweisheit „Ohne Kläger kein Richter“:
Zu einem Prozeß braucht man einen Richter, einen Kläger, einen Beklagten und einen Streit.
Der Richter entscheidet den Streit, den der Kläger vor Gericht gebracht hat.
Im Strafprozeß heißt dieser Kläger „Ankläger“ und ist der Staat in Gestalt der Staatsanwaltschaft bzw. des Staatsanwalts. Der Beklagte ist dann je nach Stadium des Verfahrens der „Beschuldigte“, „Angeschuldigte“ oder „Angeklagter“.
Der Staatsanwalt bereitet den Prozeß vor, indem er das Ermittlungsverfahren leitet. Er ist also der „Chef“ der Kriminalpolizei, hält sich aber - anders als im Fernsehen - normalerweise heraus, da er auf seinen Fachmann, den Kriminalkommissar verlassen kann. Geschichtlich gesehen ist der Staatsanwalt die juristische Vertretung der Exekutive. Es gibt zum Beispiel im Verwaltungsprozeßrecht noch die Einrichtung eines Landesanwalts (früher: Staatsanwaltschaft bei den Verwaltungsgerichten). Da Behörden heutzutage vor Gericht meistens selbst auftreten, hat der Landesanwalt nur noch eine untergeordnete Bedeutung.

Frage 2)

Das Wort „Laienrichter“ gibt es im Gesetz nicht. Es ist die volkstümliche Bezeichnung eines ehrenamtlichen Richters (insbesondere eines Schöffen). Wie der Name schon sagt: Er ist Richter und er muß juristischer Laie sein. Sinn des Ganzen soll die Beteiligung des Volkes an der Rechtsprechung sein und verhindern, daß Richter nur noch rein juristisch urteilen (Fachtrottel).

Frage 3)

Art 54 Abs. 3 GG:
„Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des Bundestags und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden“. Er besteht also nicht aus Bundestag + Bundesrat, sondern aus Bundestag + gleich viel Leuten, die von den Landtagen (!) zu wählen sind. Im einzelnen wird das von einem Gesetz geregelt, das ich jetzt nicht herausgesucht habe.

Frage 4)

Böse Falle: Die Konkursordnung gibt es nicht mehr. Seit dem 1. Januar 1999 heißt das Ganze Insolvenzordnung.
Mit Aussonderung und Absonderung kann man einen juristischen Examenskandidaten herunterprüfen. Für Deine Prüfung müßte folgendes reichen:
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwandelt sich das gesamte Vermögen des Insolvenzschuldners in etwas, was man Insolvenzmasse nennt, und dann mehr oder weniger gleichmäßig auf die Insolvenzgläubiger verteilt wird. Wer geltend machen kann, daß ein bestimmter Gegenstand gar nicht zum Vermögen des Schuldners sondern in sein Vermögen fällt, kann eine Aussonderung des Gegenstands verlangen („Der Bagger ist mein Eigentum, den will ich zurück“). Danach kommen die Absonderungsberechtigten zum Zuge. Denen gehören zwar keine Gegenstände, sie haben aber Sonderrechte, z.B. Hypotheken. Bei denen werden die Gegenstände versteigert und das Geld dann verteilt. Dann kommen die Massegläubiger, grob gesagt diejenigen, deren Recht erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Ganz zuletzt kommen alle übrigen Insolvenzgläubiger zum Zuge. Dies geschieht auch nach Rangklassen.

Frage 5)

Das Wort „Instanz“ findet sich in den Gesetzen nicht. Dort heißt es „Rechtszug“. Es handelt sich vielmehr um ein terminus technicus, um auf das jeweils andere Gericht zu verweisen. So wird im Berufungs- oder Revisionsverfahren gerne von der „I. Instanz“ gesprochen, während im ersten Prozeß gerne mit der „II. Instanz“ gedroht wird. Es gibt Prozesse, da gibt es keine Berufung, in diesen Prozessen ist dann die Revision eben 2. Instanz.

Frage 6)

§ 76 Abs. 1 Satz 1 GVG:
„Die Strafkammern sind mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden und zwei Schöffen (große Strafkammer), in Verfahren über Berufungen gegen ein Urteil des Strafrichters oder des Schöffengerichts mit dem Vorsitzenden und zwei Schöffen (kleine Strafkammer) besetzt.“

Also: Landgericht als 1. Instanz (schwere Sachen): 5 Richter = 3 Berufsrichter + 2 Laienrichter
Landgericht als Berufungsinstanz eines amtsgerichtlichen Urteils: 3 Richter = 1 Berufsrichter + 2 Laienrichter.
Die große Strafkammer darf sich per Beschluß eines Berufsrichters „entledigen“.
Die Laienrichter heißen Schöffen. Die Berufsrichter heißen Richter.

Frage 7) *seufz*

Parteifähigkeit ist die Fähigkeit, vor Gericht als Partei aufzutreten. Ein Papagei darf das nicht, sondern nur ein Mensch, der geboren worden ist (§ 1 BGB) oder eine sogenannte juristische Person (z.B. eine GmbH). In der ZPO steht: „Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist“.

Prozeßfähigkeit ist die Fähigkeit, Prozeßhandlungen (Klage, Klageerwiderung, Vergleich o.ä.) selbst oder durch einen frei ausgewählten Vertreter vorzunehmen. Betonung: selbst. Ein Kind oder eine GmbH kann nicht selbst auftreten, sondern benötigt einen gesetzlichen Vertreter (Eltern, Geschäftsführer).

Postulationsfähigkeit ist die Fähigkeit, vor Gericht Erklärungen (=Anträge)abzugeben. Vor den Familiengerichten sind z.B. nur Rechtsanwälte postulationsfähig.

Prozeßführungsbefugnis ist nicht geregelt und heiß umstritten. Merk Dir einfach folgenden Satz: „Prozeßführungsbefugnis ist das Recht, einen Prozeß als richtige Partei im eigenen Namen zu führen“.

Prozeßstandschaft heißt, daß man ein fremdes Recht im eigenen Namen einklagt. Das passiert z.B.: Wenn ein Wohnungseigentümer gegen die Eigentümergemeinschaft klagt und zwischendrin seine Eigentumswohnung verkaufen muß. Der Kläger ist dann nicht mehr der Eigentümer. Der Prozeß geht grundsätzlich nicht auf den Käufer über, aber es kann sein, daß er aus einem günstigen Urteil den Nutzen zieht.

mfg
ralph