Französische Reaktion auf den U-Bootdeal

Guten Morgen,

verfolgt zufällig jemand französische Medien zu dem Thema? Ich wundere mich ein wenig über die Heftigkeit der Reaktion und frage mich daher, ob da nicht eher innenpolitische Gründe dahinter stecken. Offensichtlich passt das US/GB Paket besser zu den australischen Bedürfnissen und ich tu mich schwer zu erkennen, was sich die Franzosen von dem Theater erhoffen.

LG
Penegrin

Hallo,

letztendlich geht es wohl um Entschädigung.
Der Handel wurde wohl bereits 2016 geschlossen und natürlich gab es bereits vor dem eigentlichen Produktionsstart Vorarbeiten, die nicht gerade billig waren

Hallo,
wir wissen (alle?) nicht, was in den Verträgen zwischen Australien und Frankreich bezüglich eines Ausstiegs vereinbart wurde.
„Normalerweise“ muss sich Australien an die Verträge halten und den Kaufpreis an Frankreich bezahlen, egal ob sie die Boote wollen oder nicht.
Gruß Michael

Da dürfte die Kränkung eine Rolle spielen, dass Frankreich außen vor gelassen wurde und praktisch erst im Nachhinein „nebenbei“ informiert wurde. So habe ich es jedenfalls den Meldungen entnommen.

Frankreich war historisch in Südostasien präsent und ist heute noch mit einigen Gebieten politisch verbunden. Es ist schon ein recht deutliches Signal, in diesem Gebiet ein Verteidigungsbündnis zu schließen und Frankreich trotz eigener Interessen dort erst im Rahmen der öffentlichen Verkündung zu informieren.

Außerdem haben Australien und Frankreich gerade mal zwei Wochen zuvor gemeinsam die Bedeutung des gemeinsamen U-Boot-Programms hervorgehoben. Zu diesem Zeitpunkt muss Australien bereits klar gewesen sein, dass die Vereinbarung keinen Bestand haben wird.
Dass Frankreich quasi aus der Presse erfährt, dass Australien die Verträge kündigt, dürfte im Kontext der anderen Überraschungen auch nicht gerade für gute Laune gesorgt haben.

Die Ansage an Frankreich „Ihr seid so unwichtig wie nur was“ hätte nur schwer noch deutlicher erfolgen können. Durchaus nachvollziehbar, dass man in Frankreich, wo man sehr viel auf die eigene Nation hält, nun so heftig reagiert.

Ich denke, dass die Botschaft - „wir lassen nicht so mit uns umspringen“ - sowohl nach Innen als auch nach Außen gerichtet ist.

Gruß,
KHK

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Du meinst also, dass damit der Preis in die Höhe getrieben werden soll?

LG

Ich habe mir mal die Artikel der letzten Monate angeschaut und da wird eigentlich durch die Bank durchaus auch Kritik an Frankreich laut:

Prime Minister Scott Morrison will discuss growing concerns over the $90 billion project directly with French President Emmanuel Macron when he travels to Paris later this month.

Das ist ja genau das, was Morrison von Anfang an behauptet hat: Dass Frankreich sehr wohl wusste, dass noch lange nicht alles unter Dach und Fach ist. Und dass man sich nach Alternativen umschaut, steht auch explizit drin.

Dieser Artikel ist von nach dem Treffen:

Prime Minister Scott Morrison said he held „candid talks“ with French President Emmanuel Macron in Paris over the troubled project, as well as with the state-owned Naval Group company.
[…]
The Prime Minister raised his dissatisfaction with progress on the Attack Class submarines during a working dinner with Mr Macron, just days after the Defence Department revealed it was looking at possible alternatives.

Mr Morrison said he had been „discussing these issues for some time“ with Mr Macron but warned „there is still a long way to go“.

Das war Mitte Juni und im Artikel ist auch von einer Deadline im September die Rede. Klar ist es unangenehm, wenn man erst einen Tag vor der Presse davon erfährt, aber welchen Unterschied hätte es denn gemacht? Die französischen U-Boote können mit den US Booten nicht mithalten, da hätte ein Monat Vorwarnung auch nichts daran geändert.

Bin ja mal gespannt, ob das noch weiter eskaliert…

Hallo, guten Morgen,
jetzt habe ich mal eine blöde Frage: Geht das Geschäft zwischen zwei Staaten? Und nicht zwischen einem Staat und diversen Firmen?
Hat so ein Staatspräsident einen Auftragsblock von Firmen in der Tasche?
Schöne Grüße
Alfons

Servus,

Auf französischer Seite haben wir mit der Naval Group eigentlich eine private Firma. Aber an der ist der französische Staat mit 62,25% als Hauptaktionär beteiligt.

LG

Was KHK schreibt, habe ich auch so gelesen.

  1. Erst einmal geht es um sehr sehr viel Geld.

  2. Frankreich hatte das Gefühl, mit Australien eine enge Partnerschaft geschlossen zu haben. Aus Frankreichs Sicht ist Australien plötzlich fremd gegangen.

  3. Und das mit den seit dem Mittelalter ungeliebten anglophonen Konkurrenten USA und England!

  4. Frankreich wollte mit dieser Partnerschaft gegenüber dem expandierenden China Stärke zeigen. Die Vorstellung, ‚eigentlich‘ Großmacht zu sein, ist nicht totzukriegen.
    Nun kommt also der amerikanische große Bruder und sagt: ‚Geh woanders spielen, das ist hier nichts für kleine Kinder‘!

Leider tut Biden damit das, was die USA eigentlich schon immer gemacht haben: Wenn die eigenen Interessen zu groß sind, benimmt man sich wie ein Elefant im Porzellanladen. Ich halte das für unklug, die USA sollte im Eigeninteresse sich mit der EU eng und geschickt koordinieren.
Zur Wahrheit gehört freilich auch, dass die USA nie weiß, wo und inwieweit sie sich auf die vielstimmige EU verlassen kann, die im Zweifel gerne denkt: schauen wir mal, ob jemand anders die Probleme für und löst…

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Also hier muss man die USA bzw. Biden in Schutz nehmen. Soweit ich weiß haben es die USA bewusst Australien überlassen, Frankreich zu informieren. Das macht auch insofern Sinn, da die Verhandlungen ja zwischen den beiden Ländern stattgefunden haben und eine ‚Einmischung‘ der USA hier wohl eher kontraproduktiv gewesen wäre. Die diplomatischen (und eventuell politischen) Konsequenzen gehen auf das australische Konto.

Ich denke, wer am Ende Frankreich informierte ist nicht entscheidend. Ich glaube auch nicht, dass die USA Australien gefragt haben, ob dieses denn nun lieber französische oder amerikanische U-Boote hätte.

Es geht mir auch nicht um eine juristische Schuldfrage, sondern um politische Klugheit.

Ich bin mir sicher, die USA hat irgend wann entschieden, dass sie Atom-U-Boote am Australien verkaufen möchte, ganz bestimmt zu einem guten Preis, damit Australien das auch schultern kann. Ein Baustein aus amerikanischer Sicht, die chinesische Expansion aufzuhalten. Wenn ich es richtig im Kopf habe ist es das erste Mal, dass die USA diese (geheime) Technik einem anderen Land abgibt, also schon ein besonderer Vorgang, geschuldet der Angst Amerikas, ihre Weltmachstellung an China zu verlieren.

Dass dieser Vorgang für Frankreich als massiver Affront gesehen würde hätte eine kluge Diplomatie leicht voraussehen können. Dann hätte man zumindest den Versuch machen können, Frankreich in das amerikanische Konzept einzubinden oder irgend wie das Gesicht wahren zu lassen.

Sich als USA hinter dem kleinen Australien zu verstecken (die wollten unbedingt unsere Boote haben, können wir ja nichts dafür) hätte zu Recht scheinheilig gewirkt.

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Hallo,
wenn ich jetzt ein Wettbewerber von der Naval Group wär, hätte ich keinen Staat beiseite, der seine Botschafter abzieht, wenn mir ein Geschäft baden geht …
Also ich verstehe das nicht.
Schöne Grüße
Alfons

Soweit ich weiß führte Australien mit mehreren Ländern Gespräche, unter anderem auch mit Deutschland oder Schweden. Die USA schieden lange als möglicher Partner aus, da Australien eigentlich keine nuklear betriebenen Boot wollte.

Mir ja auch, aber mir geht es eher um die politische Klugheit Frankreichs. Wenn Russland Kritiker nach Sibirien wegsperrt oder China Konzentrationslager betreibt, hört man so gut wie gar nichts aus Frankreich. Aber wenn ein Verbündeter sich entscheidet, andere Waffensysteme zu kaufen, wird der Botschafter abgezogen und an einer Dolchstoßlegende gebastelt?

Ich frage mich auch ehrlich gesagt, was Australien hätte machen müssen, damit Frankreich nicht so dramatisch reagiert…

Doch, natürlich. Keinem Staat ist es egal, wer solche Waffen kauft, die die Weltmachtpolitik beeinflussen. Es geht hier nicht um Bohrmaschinen.

56 Milliarden Euro sind ja durchaus kein Pappenstiel.

Aber ich glaube, viel bedeutender für Frankreich ist die geopolitische Kränkung, nicht Teil des Aukus-Bündnisses zu sein und anscheinend nicht einmal gefragt worden zu sein. Frankreich sieht sich immer noch als Weltmacht und war immer der Meinung, besonders in Südostasien unverzichtbarer Teil der dortigen Ordnung zu sein.
Ein Bündnis zwischen Australien und USA ist das eine, aber dass die Briten mitspielen dürfen und Frankreich übergangen wird, das ist die eigentliche Ohrfeige. Und das verursacht auch den Groll auf die USA und Australien.
Indem offiziell der geplatzte Waffendeal Auslöser der Verstimmung ist, hofft man meiner Meinung nach, nicht ganz so sehr wie eine beleidigte Leberwurst zu wirken.

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Nö. Es passt zu den NEUEN australischen „Bedürfnissen“. Dem neuen Bündnis zwischen Australien, GB und USA. Über das sie seit einem halben Jahr verhandelt haben. Ohne die Franzosen.

Wenn man jetzt noch daran denkt, dass die Franzosen in Fernost mal die Großmacht waren, versteht man vielleicht die Empfindlichkeit, jetzt komplett außen vor zu sein. Die so weit geht, sogar die Nato in Frage zu stellen.

Theater ist das ganz und gar nicht.

Kommt mir auch so vor. Aber besonders erfolgreich scheint man damit nicht zu sein, oder?

Ja, Bedürfnisse ändern sich und offensichtlich ist es für Australien möglich, sich aus dem Vertrag zurückzuziehen. Wieso sollte Australien gezwungen sein, U-Boote zu kaufen, die es aufgrund von geänderten Umständen nicht mehr haben möchte?

Die Betonung liegt halt auf ‚waren‘ und auch wenn ich die Empfindlichkeit nachvollziehen kann, empfinde ich es als fatal, wie jetzt deswegen die NATO in Frage gestellt wird und laut darüber nachgedacht wird, wie man Australien jetzt bei Verhandlungen mit der EU eins auswischen kann. Das ist doch Kindergartenniveau und hilft dem Image der Franzosen ja wohl auch eher nicht.