Hallo Kate,
Nun, nach meiner Kenntnis war es aber im alten Buddhismus
(also vor der Formation des Mahayana) so, dass Frauen dem Mann
doch untergeordnet waren?
Du sprichst hier ein soziales Phänomen an, kein religiöses. Dass Frauen dem Mann untergeordnet sind, ist ja auch für uns noch nicht so lange her - eine grundsätzliche rechtliche Gleichstellung brachten erst das Grundgesetz bzw. die Verfassung der DDR 1949. Man kann sich vorstellen, dass ein halbes Jahrtausend vor Christus die indische Gesellschaft noch in ganz anderem Ausmaß patriarchalisch war.
Dies ist der Grund dafür, dass der Frauenorden durch Gautama Shakyamuni dem Männerorden ‚untergeordnet‘ wurde. Es war in der indischen Gesellschaft schlechthin unmöglich, als Frau ein autonomes Rechtssubjekt zu sein. Eine Frau stand immer unter der Vormundschaft eines Mannes - unter der des Vaters, des Ehemannes, des ältesten Sohnes, des nächsten männlichen Verwandten. Eine Frau ohne Vormund war recht- und schutzlos, sie konnte z.B. ohne weiteres von jedem Mann als Eigentum beansprucht (versklavt) werden. Die ‚Unterordnung‘ des Frauenordens unter den Männerorden löste dieses Problem, sie war primär eine Unter-Schutz-Stellung. Diese formale Unterordnung gibt es übrigens in den Mahayana-Ländern ebenfalls - anders gesagt, nach den Bestimmungen des Sarvastivada- respektive Dharmaguptaka-Vinaya.
Dass diese Notwendigkeit heute nicht mehr besteht, ist eine andere Geschichte …
Grundsätzlich gab es bereits von Anfang an nach buddhistischer Vorstellung keine Entstehungs-„Hierarchie“ wie beispielsweise nach biblischer Lehre. Nach buddhistischer Auffassung gab es zunächst keine unterschiedlichen Geschlechter bei den Menschen. Diese entwickelte sich erst später bei der Reisernte parallel zu einer Arbeitsteilung. (Aggañña Sutta, DN 27). Mann und Frau haben einander entsprechende Rechte und Pflichten in der Partnerschaft (Sigalaka Sutta, DN 31).
Zumindest in dem Sinne, dass eine
Frau erst als Mann wiedergeboren werden musste um die Chance
zu haben Arhat zu werden. So habe ich das zumindest in der
indischen Religionsgeschicht gelernt.
Da bist Du falsch informiert bzw. unterrichtet. Dass diese Auffassung in den Theravada-Ländern weit verbreitet ist, ist richtig - sie hat jedoch keinerlei Rückhalt in der kanonischen Überlieferung, dem Palikanon. Gautama Buddha selbst unterstrich die Fähigkeit der Frauen, vollständige Erleuchtung zu erfahren:
_„Sind Frauen, oh Herr, fähig - wenn sie das häusliche Leben hinter sich gelassen haben und in den Stand der Hauslosen eingetreten sind, unter der Lehre und Disziplin des Gesegneten - sind sie fähig, die Frucht der Umkehr, oder die des zweiten Pfades oder des dritten Pfades oder der Arhatschaft zu verwirklichen?“
„Sie sind dazu fähig, Ananda.“_
(Palikanon, Vinaya - Kullavagga Khandhaka X)
Der Palikanon nennt namentlich eine Vielzahl von Beispielen für weibliche Arhats, eine Zusammenstellung findest Du z.B. hier: http://ccbs.ntu.edu.tw/FULLTEXT/JR-ENG/lawbud.htm .
Hier: http://www.buddhanet.net/e-learning/history/women.htm findet sich eine gute Einführungsseite zum Thema, u.a. mit umfangreicher Literaturliste. Als Einstieg vielleicht mit den FAQ’s beginnen. Hier: http://www.enabling.org/ia/vipassana/Archive/D/DeSil… noch ein interessanter Vortrag zum Thema.
Die Auffassung, Frauen müssten erst als Mann geboren werden, um Arhatschaft zu erreichen, ist ein Beispiel dafür, wie soziale Bedingungen das Verständnis und die Auslegung der Lehre verzerrt haben. Das Mahayana wandte sich in der Tat explizit gegen diese Fehlauffassung. Eine Schlüsselstellung hat hier das Vimalakirti-Nirdesha-Sutra, das eine berühmte Passage enthält, in der eine im Haushalt des Laien Vimalakirti lebende Devi einigen Hauptschülern Buddhas derartige Flausen austreibt (u.a. indem sie Sariputra zeitweilig in eine Frau verwandelt). Das Sutra ist deutlich vor 185 u.Z. (Übersetzung ins Chinesische, diese früheste Übersetzung ist allerdings verloren gegangen) entstanden, gehört also in die Zeit der Formierung des Mahayana.
Freundliche Grüße,
Ralf