Frauen in der Nachkriegszeit

Guten Abend liebe Member,

nach zahlreichen Quellen, Statistiken, Biografie-Ausschnitten und Büchern, die ich in kürzester Zeit durchnehmen musste, stehe ich vor einem kleinen Problem.
Ich muss in einigen Wochen einen wichtigen Vortrag halten.
Habe eigentlich schon das nötige Themenwissen, was ich natürlich im Laufe der Zeit noch ein bisschen verfeinern werde.
Das Thema ist also der Frauenalltag bzw. die Rolle der Frau während der Nachkriegszeit.
Das ist nun etwas worüber man stundenlang diskutieren könnte, aber zu meinem Unglück kriege ich nur 20min zur Verfügung.
Jetzt frage ich mich (mein eig. Problem), wie ich diesen extrem umfangreichen Sachverhalt sinnvoll gliedern soll!
Des Weiteren muss ich einen Bezug zum Buch/Film „Anonyma - Eine Frau in Berlin“ herstellen - das soll nun meine Sorge sein.
Ich erwähne das nur, damit ihr versteht in welcher Weise sich der Vortrag entwickeln soll.

Ich dachte an:

  • Frauen während des Krieges (Land-/Stadtbewohnerin,Widerstandskämpferin,weibliche Flüchtlinge etc.)
  • Einmarsch der Alliierten (Nachkriegszeit)
  • Vergewaltigungen, Prostitution
  • „Amiliebchen“, Besatzerkinder
  • Patchwork-Familien und Frauenberufstätigkeiten
  • Trümmerfrauen- Frauen und Politik

Vielleicht könnte man die Hauswirtschaft 1946 oder die Ernährungskrisen/Hungerstreiks mit reinbringen.

So ungefähr hab ich mir bereits was überlegt - bin aber irgendwie ziemlich unzufrieden damit (scheint für mich nicht gerade sinnvoll gegliedert - irgendwas fehlt!).
Also wenn jemand Ergänzungen oder komplett neue Entwurfsvorschläge für mich hat, wäre ich extrem dankbar dafür!
Anregungen jeglicher Art wären nat. auch hilfreich.

Besten Dank schonmal im Voraus.

Gruß
Vegas

Hallo Vegas,

Das Thema ist also der Frauenalltag bzw. die Rolle der Frau
während der Nachkriegszeit.

Ich würde noch klarstellen, dass sich der Alltag damals deutlich von dem Alltag heutiger Frauen unterschied - ganz unabhängig vom Krieg.

  • kein Kühlschrank -> täglich einkaufen, damit Milch oder Fleisch nicht schlecht wird
  • keine Waschmaschine -> alles mit der Hand waschen, einschließlich Bettwäsche, Unterwäsche, Stofftaschentücher und Babywindeln
  • kein Auto -> alle Einkäufe zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Leiterwagen nach Hause schleppen.

Dass der Krieg die Sache nicht leichter machte, versteht sich von selbst.

Jetzt frage ich mich (mein eig. Problem), wie ich diesen
extrem umfangreichen Sachverhalt sinnvoll gliedern soll!

Die Gliederung finde ich gut, aber ich würde diesen Punkt hier streichen:

  • Einmarsch der Alliierten (Nachkriegszeit)

Was genau soll das bedeuten?

  • Patchwork-Familien und Frauenberufstätigkeiten

Die Patchwork-Familien braucht man glaube ich auch nicht unbedingt - nicht weil es uninteressant wäre, sondern weil du etwas kürzen musst.

  • Trümmerfrauen

Wusstest du, dass die Frau auf dem 50-Pfennig-Stück eine Trümmerfrau darstellen sollte? Kannst sie ja als Abbildung für deinen Vortrag verwenden.

Schöne Grüße

Petra

Guten Tag Vegas,

du solltest unbedingt noch etwas über die miserable Versorgungslage bringen. Auf den Lebensmittelkarten gab nicht einmal das Nötigste, das zudem noch bezahlt werden musste. Meine Mutter, damals noch nicht verheiratet, Fabrikarbeiterin, musste nach Feierabend noch im Garten arbeiten, um die schmale Kost aufzubessern. Dauerkrach mit Mutter und Schwester gab es regelmäßig, wenn es darum ging, Kostbarkeiten wie Nähgarn oder gar Knöpfe gerecht zu verteilen. Klingt für uns aberwitzig, bestimmte aber damals den Alltag.

Bei Liebe und Partnerwahl - absoluter Männermangel - spielten wieder Dinge wie Mitgift der Braut, Ansehen der Familie, der sog. gute Ruf der jungen Frau eine Rolle wie zuletzt in preußischen Zeiten. Witwen mit Kindern taten sich schwer, einen neuen Partner zu finden, ledige oder geschiedene Mütter waren Frauen zweiter Klasse. Nicht zuletzt darum wurden so viele Kinder in Heime abgeschoben.

Liebe Grüße
Hagazussa

HAllo, nicht direkt Trümmerfrau, sondern Symbol für den Wideraufbau
http://de.wikipedia.org/wiki/Gerda_Johanna_Werner

Gruß Susanne

Ja, aber ist nicht dieses Symbol (fälschlischer Weise) ein nationaler Mythos?
Bis auf wenige Ausnahmen (die die Arbeit nicht zuletzt wegen der erhöhteren Lebensmittelzuteilung gemacht haben) hatte doch die ganze Bevölkerung weitaus größere Sorgen - das Überleben - und arbeiteten am Wiederaufbau kaum mit.
Erst durch die Alliierten wurden erst die „politisch Belasteten“ und dann die gesamte Bevölkerung (wer genau ist da eig. gemeint?) zum „Wiederaufbau“ gezwungen.

Korrigiert mich, wenn ich mich irre :smile:

Zu dem Einmarsch der Alliierten:
Ich dachte da an Flüchtlinge/Vertriebene und ihre Torturen (Hab und Gut wird zum größten Teil zurück gelassen).
Brutale Willkür der Besatzermächte (Sowjet Union), Plünderung, Misshandlungen. In Bezug auf die SU der berüchtigte Satz „Wenn sich das rächt…“

Aber ansonsten bin ich wiedermal schwer begeistert von den Antworten, besonders das mit den 50 Pfennig finde ich bemerkenswert.
Das pusht die Präsentation ein bisschen auf :smile:

LG
Vegas

Hallo, Vegas,

Bis auf wenige Ausnahmen (die die Arbeit nicht zuletzt wegen
der erhöhteren Lebensmittelzuteilung gemacht haben) hatte doch
die ganze Bevölkerung weitaus größere Sorgen - das Überleben -
und arbeiteten am Wiederaufbau kaum mit.

Ich musste bei Deinen Sätzen ein wenig schmunzeln. Die Bemühungen zu Überleben - und immer besser zu Überleben - waren der Wiederaufbau. Nur dadurch, dass jeder vom Kind bis zum Greis anpacken musste und anpackte wurde es möglich, dass es allen langsam ein wenig besser ging.

Ich bin in jener Zeit aufgewachsen. Um die Familie - die Männer waren noch in Gefangenschaft oder gefallen - durchzubringen, ging z.B. meine Großmutter, damals etwa 50 (eine geborene „von …“ und eigentlich mit einem goldenen Löffel im Mund geboren) zu den Bauern der Umgegend um zu nähen, brachte dann von dort mal ein Ei, von da mal einige Kartoffeln, ein paar Möhren mit. Wir gingen in den Wald, sammelten Brennmaterial, Pilze und Beeren für den Eigenbedarf - oder wenn Überschuß da war, um es in der Stadt zu verkaufen. Es wurden Wegränder zum Garten „umgestaltet“, selbst aus Rüben Sirup gekocht, Fallobst gesammelt und eingekocht oder getrocknet.

Alle diese Dinge dienten dem Überleben, aber sie waren der Grundstein für die langsame Normalisierung. Als dann die politischen Maßnahmen zu greifen begannen (Währungsreform, die geliehenen $27,56 pro Kopf des Marshall-Planes) nahm der Wiederaufbau Fahrt auf und die Verbesserungen wurden spürbar. http://books.google.com/books?id=q4f2LX0WWP4C&pg=PA2…

Insofern ist die Rückseite des 50Pf-Stücks tatsächlich ein Symbol für diese Zeit. Die Frauen dieser Zeit pflanzten den kleinen Eichenschößling, der sich zum heutigen Deutschland auswuchs.

Gruß
Eckard

2 Like

Servus Eckard,

schönen Dank für diese Einzelheiten.

Hierzu:

$27,56 pro Kopf des Marshall-Planes

noch eine Illustration aus den Jahren vor der „Währung“, als es zwar formal Geld gab, aber dieses den kleinen Schönheitsfehler hatte, dass man dafür nichts kaufen konnte, wenn man keine Bezugsscheine, Luckies oder Beziehungen hatte.

Preis einer Nähmaschinennadel = Zwei Flaschen à 0,75 L Obstwasser. Lohn für eine Woche Arbeit beim Bauern: 0,5 L Obstwasser.

Es ist ein Rechenexempel, dieses auf heutige Verhältnisse in Textilländern wie Pakistan, Vietnam etc. umzurechnen.

Aber auch noch in den ersten Jahren mit der DM: Lohn eines Assistenzarztes = Eine warme Mahlzeit am Tag. Aus 1948 wurde mir ein Ausspruch eines cand.med. von der Uferpromenade in Friedrichshafen hinterbracht, wo allerlei Gelichter aus der Schieberszene die Nylons etc. spazieren führte (Capri war ja noch nicht wieder erreichbar): „Wemma sieht, wer heit scho wieder Geld hot, denn hot ma liaber koins…“

Die Krawatte, die mein Vater zum Rigorosum getragen hat, halte ich in Ehren - sie ist von einem ziemlich schrill leuchtenden Rot - einer der seltenen Fälle, in denen eine Fahne am Ende doch noch zu etwas gut gewesen ist.

Aus lauter solchen einzelnen Ärmlichkeiten, Mühen und Nöten war der VW 1100 Export zusammengebaut. Freilich nicht bloß von Frauen, sondern auch von Männern wie dem gewesenen Wehrmachtspionier Hans Liebherr, der in den letzten Kriegsjahren an der Ostfront fast ausschließlich sprengen, umreißen, herausreißen, zerstören musste, und dann zur Fertigstellung seines ersten Turmdrehkranes (des ersten mobilen Turmdrehkranes der Welt) 1949 sagte: „Ich habe so viel kaputt gemacht, jetzt sollen die Leut bauen können.“

Schöne Grüße

MM