Hallo,
dann war die „väterliche Sippe“ aber reichlich vermögend. Ich bin Baujahr 1952.
Die Elektrogeräte bis ungefähr 1960 im Haushalt meiner Eltern beschränkten sich auf ein elektrisches Bügeleisen und einen Staubsauger. Die Waschmaschine und Wäscheschleuder kam später.
Waschtag war bei meiner Mutter immer Dienstags. Die Arbeitsklamotten meines Vaters wurden in der gemeinschaftlichen Waschküche mit Ruppelbrett und Wurzelbürste geschruppt.
Der Geschirrabwasch wurde in den Schüsseln gemacht, die in einem Auszug unter dem Esstisch hingen. Das Wasser hierzu wurde in großen Töpfen auf dem Gasherd erhitzt.
Als sich meine Eltern - ich war ungefähr in der 2. oder 3. Klasse - einen Handmixer anschafften, hatte nur eine einzige Familie (waren Fabrikanten) meiner Klassenkameraden ein ähnliches Ding.
Wenn sich meine Mutter Lockenwickler ins Haar drehte, hielt sie ihren Kopf in die geöffnete warme Backröhre, damit die Haare schneller trockneten.
Der Staubsauger wurde möglichst geschont, damit er lange hält. Benutzt wurde er eigentlich nur für den großen Wohnzimmerteppich. Die kleineren Teppiche und Läufer und Brücken wurden im Hof mit dem Teppichklopfer (den man heute nur noch selten irgendwo kaufen kann) ausgeklopft.
Die Wohnung hatte teilweise Holzfußböden (weit entfernt von einer Ähnlichkeit mit einem Parkett) und mussten mindestens einmal wöchentlich, auf den Knien rutschend mit Schellack http://www.feinewerkzeuge.de/G109109.htm behandelt.
Andere Boden hatten eine Stragula-Oberfläche http://de.wikipedia.org/wiki/Stragula
Da wir ein Fünf-Personen-Haushalt waren, mussten diese Böden mehrmals wöchentlich mit Wachs (auf den Knien rutschend) eingerieben werden. Danach wurden das Wachs (nach dem antrocknen) mit dem schweren „Blocker“ vorbehandelt und danach mit einem weichen Tuch „nachgewienert“.
Gab es Kartoffelpüree, wurden große Mengen Kartoffeln geschält, durch die Presse gequetscht und dann mit dem Kochlöffel schaumig geschlagen. Der Handmixer wurde möglichst geschont.
Bei uns gab es täglich Fleisch, nur am Freitag gab es Fisch oder Süßspeisen. Allerdings war die Fleischportion genau abgemessen. Ein (damals relativ teures) Hähnchen musste für zwei Erwachsene, zwei Schulkinder und ein Kleinkind reichen.
Schokolade gab es für uns Kinder immer Sonntags. Zwei Tafeln wurden auf uns drei Kinder verteilt. Eine Tafel Karina kostete 1 DM. Die Eltern verzichteten auf diesen Genuss.
Ich (unheimlich dünn damals) habe immer Butter auf’s Brot bekommen. Mein schwerer Bruder, bekam Rama.
Kuchen wurde mindestens einmal die Woche gebacken. Gekauft wurde er nie. Fertigfutter kannten wir Kinder nicht. Als es dann mal eine Tütensuppe gab, fanden wir drei sie ganz toll.
Unser Ernährungsplan sah damals um vieles anders aus als heute. Da mein Vater Schwerarbeiter war, ich (trotz reichlichem Nahrungsangebot) stark untergewichtig, hat meine Mutter sehr kalorienreich gekocht.
Das „warme“ Fleisch-Essen gab es Abends wenn der Papa von der Arbeit kam. Zum Mittagessen gab es entweder Reste vom Abend, eine selbstgekochte Suppe oder auch (was wir Kinder gerne mochten) eine Süßspeise.
Dabei hat meine Mutter aber z. B. in den Griesbrei ein dickes Stück Butter und ein Eigelb plus Eischnee gerührt.
Unser Milchverbrauch war phänomenal hoch bei ca. drei bis vier Liter täglich und ich kann heute noch Quark selber machen.
Meine Eltern und (und ich auch heute noch) mochten keine total mageren Fleischstücke. Es gab überwiegend Schweinefleisch: Halsbraten (=Kammbraten) davon auch als Kotellet, Bauch (=Wammerl), Knöchle gekocht oder gebraten. Schwein wurde oft auch zur Suppenherstellung genommen. Gekochtes Rindfleisch, Ente, Gans und ab und zu mal ein Hähnchen. Zu meiner Kommunion gab es ein Zicklein, das meine Oma aufgezogen hatte.
Zu jedem Essen gab es Gemüse, im Winter oft Sauerkraut. Diese Beilage war weniger dazu da, weil es gesund ist, sondern weil sie auf angenehme Weise satt macht.
Mein Papa nahm jeden Tag einen Stapel Wurstbrote (nie Leber- oder sonstige Streichwurst) auf die Baustelle mit.
Obwohl es schon gefrorenen Spinat gab, hat meine Mutter meist frischen auf dem Markt (oder im gegenüberliegenden Supermarkt) gekauft, diesen geputzt, blanchiert, durchgedreht und (ohne Plupp) fertiggestellt. Auch die anderen Gemüse (außer Sauerkraut) wurden frisch hergestellt.
Meine Geschwister und ich hatten wirklich eine große Auswahl an Spielsachen. Puppenwagen, mit Kabel ferngesteuerte Autos, Puppenküche, Puppen, Rollschuhe, Roller, Schlittschuhe, Lego, Kinderfahrrad usw. Aber all die schönen Dinge gab es nur (von den Puppen, Bällen und normalen Autos abgesehen) jeweils einmal. Wir mussten uns halt einigen.
Mein Kommunionkleid hat meine Mutter selber genäht und es wurde dann an meine sieben Jahre jüngere Schwester „weitervererbt“.
Dieses Leben fand in einer bayrischen Großstadt statt, die im Krieg relativ wenige Bomben abbekommen hat. Wir waren einer der wenigen Familien in unserer Klasse (ca. 5. Klasse), die dann schon ein Auto hatten. Den Ford 12M fuhr nur mein Vater, da nur er einen Führerschein hatte.
Frauen hatten damals sehr selten einen Führerschein, da die Männer das Auto als ihre Domäne ansahen. Hierzu ein schönes Video: http://blog.zdf.de/dermarker/archives/1934
Als ich Anfang 1971 den Führerschein machte (und beim ersten Versuch bestand) war ich weit und breit in unserem Verwanden- und Bekanntenkreis noch jahrelang das einzige weibliche Wesen, das ihn hatte und sogar alleine per Auto durch die Gegend gefahren ist.
Meine Mutter war übrigens auch nach drei Kindern relativ schlank, trotz der kalorienreichen Nahrung. Dicker (ohne jemals dick zu werden) wurde sie erst in viel späteren Jahren.
Gruß
Ingrid