Frauenseele in der kath. kirche

Hallo Chan,
da Metapher, der für eine Antwort auf diese schräge These zweifellos deutlich qualifizierter wäre als ich, die Grenzen seiner Geduld wohl nicht weiter austesten möchte, werde ich selbst einmal wieder eine Tasse in dieses Danaidenfass kippen. Nicht, um Deine These zu diskutieren - es wird bei diesem einen Posting bleiben - sondern weil hier exemplarisch deutlich wird, was bei Deinen Diskussionsbeiträgen - entschuldige - so nervt.

Zunächst einmal geht Dein Einwurf völlig am Thema vorbei; das Thema selbst dient Dir nur wieder einmal dazu, hier ungefragt eine Deiner Thesen in den Raum zu stellen. Es geht hier in diesem Thread um die Stellung der Frau in der Lehre der katholischen Kirche - nicht darum, ob diese sich zu Recht oder zu Unrecht dabei auf die Bibel beruft. Eine ‚Entscheidung‘ in dieser Frage ist weder möglich noch sinnvoll - es geht hier um exegetische Fragen, nicht um philologische. Für letztere wären auch die genannten Ambrosius und Thomas von Aquin zumindest in einer Hinsicht nicht qualifizierter als Du oder ich - sie beherrschten beide kein Hebräisch. Was aber, wie gesagt, hier nichts zur Sache tut.

Um nun trotzdem auf Deine These einer „Androgynität von Jahwe und Adam“ einzugehen - diese ist in mehrerer Hinsicht völlig abwegig.

1.) Deine These beruht wesentlich darauf, dass Du schlicht ignorierst, dass in Gen 1,1-2,4a und Gen 2,4b-24 zwei unterschiedliche (aus verschiedenen Quellen stammende) und einander widersprechende Schöpfungsmythen vorliegen, der jahwistische und der priesterschriftliche. Wenn die (zugegeben angreifbare) Datierung der Quellen des Pentateuch einigermaßen zutreffend ist, dann besteht zwischen den Quellen der beiden Schöpfungsmythen auch ein zeitlicher Abstand von etwa vier Jahrhunderten. Du hingegen vermengst die beiden miteinander und interpretierst den einen Bericht auf Grundlage des anderen. Genauer: aufgrund des 400 Jahre älteren jahwistischen Berichtes interpretierst Du die priesterschriftliche Aussage Gen 1, 1,27 („Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; männlich und weiblich schuf er sie (sic! - Mehrzahl)“) so, als seien da nicht Mann und Frau sondern ein Zwitter erschaffen worden, der dann später geteilt wurde. Das ist absurd.

Nun ist eine ‚Zusammenschau‘ von Texten unterschiedlicher Herkunft und die exegetische Aufhebung offensichtlicher Widersprüche zwischen ihnen im Rahmen religiöser Lehraussagen durchaus legitim (wenn auch nicht notwendig plausibel). Man muss sich natürlich bewusst sein, dass dies unter dem Postulat der göttlichen Inspiriertheit biblischer Texte geschieht - was wiederum implizit deren Wahrhaftigkeit und damit wechselseitige Widerspruchsfreiheit zur Folge hat. Da Du ein solches Postulat nicht in Anspruch nimmst, kannst Du auch nicht von einem einzigen, in sich widerspruchsfreien Schöpfungsbericht ausgehen. Deine Interpretation ist dann eben nicht legitim, sie muss vielmehr historisch-kritischen Ansprüchen genügen. Was sie so wenig tut wie traditionelle, konservative Bibelexegese.

Übrigens - in solchen Fragen ist es durchaus hilfreich, den hier kürzlich ideologischer Voreingenommenheit verdächtigten Jörg Sieger heranzuziehen.

2.) Kommen wir zu ‚Rippe‘ und ‚Seite‘. Wie schon gesagt, habe ich von Hebräisch keine Ahnung - aber ich habe mir von jemandem, bei dem das der Fall ist, sagen lassen, dass beide Übersetzungen zulässig sind. Mythengeschichtlich ist ‚Rippe‘ die wohl sinnvollere Übersetzung; die Tradition, die ‚Seite‘ vorzieht, beruft sich auf die griechische Septuaginta, in der der Begriff mit ‚pleura‘ wiedergegeben ist. Nun gilt für pleura dasselbe wie für ‚zela‘, es kann für ‚Seite‘ stehen oder für ‚Rippe‘. In der Septuaginta freilich steht ‚pleura‘ im Dual (pleuron), und da Adam sicher zwei Seiten hatte, aber deutlich mehr als nur zwei Rippen, haben die Übersetzer der Septuaginta offensichtlich ‚zela‘ mit ‚Seite‘ interpretiert.

Nun ist Seite aber nicht Hälfte. Wenn man ‚zela‘ oder ‚pleura‘ als ‚Seite‘ liest, dann ist damit eine Seite des Körperrumpfes gemeint - ohne Arm, ohne Bein, selbstverständlich ohne Kopf oder auch nur einen Teil davon. Dann wird auch klar, dass der Unterschied hier zwischen ‚Seite‘ und ‚Rippe‘ gar nicht so groß ist, wie es vielleicht scheinen mag. Offensichtlich sah der angebliche androgyne Adam vor seiner Zerteilung doch ganz anders aus als das von dem Witzbold Aristophanes in Platos ‚Symposion‘ geschilderte Monster. Also auch im Detail - von der bemühten Vermengung der Schöpfungberichte abgesehen - kein Hinweis auf einen Mythos eines androgynen ‚Ur-Adam‘.

3.) Was nun gar die angebliche Androgynität Jahwes angeht, so beruht sie natürlich auf derselben unplausiblen Vermengung der beiden Schöpfungsberichte. Ganz konkret steht diese These (von fehlenden stützenden Belegen einmal abgesehen) im Widerspruch zu der epigraphisch belegten Assoziierung Jahwes mit einer Aschera als weiblichem Pendant in der vorexilischen Zeit, in den Elephantine-Texten sogar noch im 5./6. Jahrhundert (Yaho und Anath).

Freundliche Grüße,
Ralf

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