Meine Frage ist ganz einfach: Verhält sich der Unternehmer in folgendem Szenario richtig?
Und als zweite Frage: Spricht irgendetwas dagegen, sowohl eine freiberufliche Tätigkeit anzumelden als auch ein Gewerbe, und je nach Markt- und Auftragslage in bestimmten Zeiten nur das eine oder das andere zu machen, d.h. frei zwischen verschiedenen Tätigkeiten wechseln zu können?
Ein Informatiker möchte sowohl selbständig Systemsoftware für Firmen entwickeln (freiberuflich), als auch Anwendersoftware, die er Privatpersonen verkauft (zum Beispiel Apps für Smartphones, gewerblich). Dazu meldet er sowohl eine freiberufliche Tätigkeit als auch ein Gewerbe an. Für ersteres geht er brav zum Finanzamt, für zweiteres brav zur Stadtverwaltung (was natürlich nochmal Post vom Finanzamt auslösen wird und ein paar Euro kostet), bei beiden schätzt er einfach mal irgendeinen Umsatz, sagen wir etwa 30000 EUR/Jahr jeweils. Für beide beantragt er Ist-Besteuerung und Einnahmenüberschussrechnung.
Ok, Formalitäten erledigt, an die Arbeit. Erstmal ein Buchhaltungsprogramm angeschafft, und eine getrennte Buchführung für Freiberuf und Gewerbe eingerichtet. Das ist klar eine Anschaffung für beide Tätigkeiten, stellt sich nun die Frage in welcher Umsatzsteuervoranmeldung und in welcher Buchführung ist es als Investition zu verbuchen? Der Informatiker wählt einfach mal nach Gefühl eine Seite aus und verbucht es auf der Gewerbeseite, vermutlich ist es egal.
Nun beginnt der Informatiker nach Aufträgen als Freiberufler zu suchen. Das dauert zunächst mal ein paar Wochen, in denen der Freiberufler natürlich nicht untätig zuhause rumsitzen möchte. Also entscheidet er sich, seine tolle Idee für eine Smartphone-App umzusetzen. Er designt also sein Programm, implementiert es, kauft ein Smartphone (was er in der Buchführung des Gewerbes als Investition einträgt) um das Programm zu testen und bietet das Programm nach vier Wochen auf einer entsprechenden Plattform zum Verkauf für 5.95 EUR (5 EUR netto) an. In der Umsatzsteuervoranmeldung des Gewerbes trägt er einen Umsatz von 0 und die Vorsteuer der bisherigen Ausgaben (Buchhaltungssoftware und Smartphone) ein.
In den ersten vier Wochen kaufen 200 Anwender dieses Programm, insgesamt also ein Umsatz von 1000 EUR, von denen die Verkaufsplattform einen gewissen Anteil als Gebühr berechnet, sagen wir 20%. Umsatz von 1000 EUR in die Buchführung des Gewerbes, Ausgaben von 200 EUR (die Gebühren) natürlich auch.
Während die Verkäufe der App weitergehen und weiter Umsatz für das Gewerbe erzeugen, hat der Unternehmer nun seinen ersten Firmenkunden gefunden. Ein Kunde aus der Industrie benötigt eine Spezialsoftware für ein Projekt. Ein kleines Projekt, kalkuliert auf etwa 200 Stunden Arbeit (inklusive Beratung und Planung, Pflichtenheft, Implementierung, Dokumentation, Einweisung der Mitarbeiter). Der Kunde ist damit einverstanden und für das Projekt werden pauschal 20000 EUR Netto und ein Liefertermin in 6 Wochen vereinbart. Vollmotiviert entwickelt er die Software für die Firma, und nach 5 Wochen ist sie fertig, er vereinbart einen Termin mit dem Kunden, gibt dem Kunden die Software und weist ein paar Mitarbeiter in deren Bedienung ein. Er schreibt die Rechnung, und der zufriedene Kunde überweist 10 Tsge später 23800 EUR. Brav wird das alles in die Buchführung für die freiberufliche Tätigkeit eingetragen und bei der Umsatzsteuervoranmeldung für die freiberufliche Tätigkeit (bisher immer Nullumsatz gemeldet) werden die 3800 EUR Umsatzsteuer angegeben.
Auf der Freiberufler-Seite gibt es zunächst erstmal keinen neuen Auftrag, also schreibt er eine zweite App, die sich auch ganz gut verkauft, die beiden Apps erwirtschaften zusammen knapp 2000 EUR Umsatz im Jahr, die natürlich im Gewerbe verbucht werden. Das Jahr geht zuende, und der Unternehmer macht seine Steuererklärung, führt fein säuberlich alle Einnahmen etc. auf, klar deklariert was Gewerbe und was Freiberuf war, muss natürlich dann Einkommensteuer bezahlen, Gewerbesteuer fällt nicht an weil Gewinn aus den Apps zu gering.
Im nächsten Jahr boomt dann die Systemsoftware, die beiden Apps machen zwar immer noch kleinere Summen im Gewerbebetrieb, aber der Unternehmer ist zunächst voll ausgelastet mit Firmenaufträgen und macht im freiberuflichen Bereich 120000 EUR Umsatz bis Oktober, gibt brav monatlich seine Umsatzsteuervoranmeldungen ab und führt brav getrennt Buch. Zufrieden schreibt er im letzten Quartal ein weiteres Anwenderprogramm, das er im Internet zum Kauf anbietet. Dieses Programm schlägt sofort ein wie eine Bombe und erwirtschaftet bereits im Dezember 10000 EUR Umsatz, und im Folgejahr monatlich 5000 EUR. Begeistert von diesem Erfolg konzentriert sich für dieses dritte Jahr der Unternehmer nun voll auf Anwendersoftware, ist damit auch sehr erfolgreich und verdient nimmt insgesamt nun 120000 EUR/Jahr ein mit seinem Gewerbe, nimmt aber keine freiberuflichen Aufträge an. Bei der Steuererklärung gibt er also für die freiberufliche Tätigkeit nun einen Umsatz von 0 in seiner Steuererklärung an, auf den gewerblichen Umsatz bezahlt er brav Steuern und natürlich auch Gewerbesteuern (von denen ein Großteil mit der Einkommensteuer verrechnet wird). das ganze wiederholt sich im Folgejahr, er nimmt aber nebenher noch ein paar sehr kleine freiberufliche Aufträge an, was ihm Spaß macht und ein kleines Zusatzeinkommen beschert.
Wäre es ein Problem, wenn der Unternehmer nun langfristig nur Umsatz im Gewerbebetrieb oder auch nur Umsatz mit der freiberuflichen Tätigkeit erzielt? Müsste er eines von beiden abmelden, wenn er nur noch das andere macht? Oder hat er die Freiheit, je nachdem, was ihm im Moment mehr Spaß macht bzw. was in der aktuellen Marktlage lukrativer ist hin- und herzuwechseln und zu mischen?
Ich finde das ein sehr angenehmes Geschäftskonzept, weil man je nach Nachfrage und Ideen sehr frei arbeiten kann, und auch Marktrisiken reduziert, da z.B. eine schlechte Auftragslage im freiberuflichen Bereich nicht gleich einen totalen Verdienstausfall bedeutet, genausowenig schlechte Umsätze im gewerblichen Bereich z.B. durch Erscheinen eines Konkurrenzproduktes.
Verhält sich der Unternehmer in meinem Szenario (soweit ersichtlich) korrekt?