Freie Marktwirtschaft

hallo, ich hab mal ne frage zur freien marktwirtschaft von Adam Smith!
Letztens hat die Lehrerin gefragt was das Prinzip der freien marktwirtschaft sei…daraufhin antwortete ich :
-freie wirtschaft
-Unternehmer darf über den preis selbst entscheiden
-Markt als Vorraussetzung

ich war fest der überzeugung es sei richtig doch die Lehrerin meinte es wäre falsch…

Und würde gerne von euch wissen ob ihr das auch so seht…

danke schonmal

Hallo Jessy,
das Prinzip der freien Marktwirtschaft nach Adam Smith ist schlicht (im wahrsten Sinne des Wortes), dass der Egoismus bzw. das ungehinderte Profitstreben von Unternehmern in einem „System natürlicher Freiheit“ (= frei von Monopolen und frei von staatlicher Regulierung des Marktes) automatisch das Allgemeinwohl fördert - ohne dass jemand überhaupt eine solche Absicht hegen müsste. Dafür sorgt eine geheimnisvolle „unsichtbare Hand“. Die „unsichtbare Hand“ in ihrer unfasslichen Weisheit und Güte sitzt heute auf Gottes Thron und die Kirche wurde durch die alleinseligmachende freie Marktwirtschaft ersetzt; so predigen es deren Missionare und Propheten noch heute mit religiöser Inbrunst und tiefem Glauben.

Wie toll das funktioniert, erleben wir gerade in der jüngsten Witschaftskrise. Da muss jemandem wohl die unsichtbare Hand eingeschlafen sein …

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Jessy,
das Prinzip der freien Marktwirtschaft nach Adam Smith ist
schlicht (im wahrsten Sinne des Wortes), dass der Egoismus
bzw. das ungehinderte Profitstreben von Unternehmern in einem
„System natürlicher Freiheit“ (= frei von Monopolen und frei
von staatlicher Regulierung des Marktes) automatisch das
Allgemeinwohl fördert - ohne dass jemand überhaupt eine solche
Absicht hegen müsste. Dafür sorgt eine geheimnisvolle
„unsichtbare Hand“. Die „unsichtbare Hand“ in ihrer
unfasslichen Weisheit und Güte sitzt heute auf Gottes Thron
und die Kirche wurde durch die alleinseligmachende freie
Marktwirtschaft ersetzt; so predigen es deren Missionare und
Propheten noch heute mit religiöser Inbrunst und tiefem
Glauben.

Hallo,

Wie toll das funktioniert, erleben wir gerade in der jüngsten
Witschaftskrise. Da muss jemandem wohl die unsichtbare Hand
eingeschlafen sein …

witzigerweise ist gerade die nicht-freie Marktwirtschaft an der Krise schuld, sondern staatliche Eingriffe: zu viel und zu billiges Geld und eine implizite Staatsgarantie führten dazu, daß die Institute Geld zu leichtsinnig und zu billig verliehen. In einer wirklich freien Marktwirtschaft, bei der Risiken adäquat bezahlt werden müssen und man bei unternehmerische Fehlentscheidungen sein eigenes Geld verliert, wäre das ganze nicht passiert.

Gruß
Christian

1 Like

Moin,

In einer wirklich freien Marktwirtschaft, […] wäre das ganze nicht passiert.

das höre ich stets von diversen Seiten, nur glauben mag ich das nicht.
Die Smithsche These (unsichtbare Hand etc.) gilt nur dann, wenn keine Monopole gebildet werden, selbsst Oligopole sind schon kritisch (leichte Absprache möglich = Quasimonopolisierung)

Und was diese ‚Unsichtbare Hand‘ ist und wie sie wirkt, das konnte mir bislang niemand verständlich erläutern.

Gandalf

Hallo,

In einer wirklich freien Marktwirtschaft, […] wäre das ganze nicht passiert.

das höre ich stets von diversen Seiten, nur glauben mag ich
das nicht.
Die Smithsche These (unsichtbare Hand etc.) gilt nur dann,
wenn keine Monopole gebildet werden, selbsst Oligopole sind
schon kritisch (leichte Absprache möglich =
Quasimonopolisierung)

vorab: ich bin nicht der Ansicht, daß ein völlig freier Markt erstrebenswert ist. Mir gehts hier nur um die konkrete Krisenursache.

Die FED hat seit etwa 2000 die Kreditinstitute mit praktisch kostenlosem Geld versorgt. Weiterhin haben die USA eine lange Tradition was die Rettung von Unternehmen und Branchen angeht. Gerade das Kreditgewerbe wurde in der Vergangenheit häufiger mit Hilfen versorgt. Bankpleiten kamen praktisch nicht vor.

Ein Kaufmann, der mit seinem Geld agiert, läßt sich Risiken bezahlen, damit er sein Geld nicht verliert. In den USA waren die Zinsen günstig und es gab die implizite Staatsgarantie. Die Folge war leichtsinnige Kreditvergabe zu viel zu geringen Zinssätzen.

In Deutschland war die Situation ähnlich: Sparkassen und Landesbanken unterlagen der Gewährträgerhaftung, d.h. der Staat springt letztlich ein. Die Folge waren risikoreiche Geschäfte und zu niedrige Zinssätze (auf dem Gesamtmarkt; bei realistischen Zinssätzen hätten sich die Privatbanken aus dem Markt kalkuliert). Kurz vor Wegfall der Gewährträgerhaftung haben sich insbesondere die Landesbanken mit Unmengen praktisch kostenlosem Geld vollgesogen.

Dieses wollte investiert werden und weil man so viel Kreditgeschäft gar nicht akquirieren konnte, hat man es in vermeintlich risikolose Wertpapiere gesteckt. Nicht umsonst gehörten vor allem deutsche Institute (und allen voran die Landesbanken) zu den größten Investoren was die wunderbaren Wertpapieren, die sich aus Immobilienfinanzierungen speisten, anging (was im übrigen auch bekannt war).

In einem freien Markt hätten die Landesbanken deutlich höhere Zinsen für aufgenommenes Geld bezahlen müssen, so daß sich die Investitionen in die vergleichsweise niedrig verzinsten Wunderpapiere gar nicht gerechnet hätten.

Hinzu kommt, daß die Landesbanken und die ebenfalls betroffene IKB in den Führungsetagen mit Politikern und (früheren) Beamten durchsetzt sind. Dsa ging so weit, daß manche designierte Vorstände von der Bafin als nicht befähigt abgelehnt und in Wartepositionen geparkt wurden. Auch hier: kein Gesellschafter bei Verstand packt massenweise und dauerhaft Leute aus Gefälligkeit in Leitungs- und Aufsichtsgremien.

Soviel mal in groben Zügen.

Und was diese ‚Unsichtbare Hand‘ ist und wie sie wirkt, das
konnte mir bislang niemand verständlich erläutern.

Die unsichtbare Hand sorgt beispielsweise dafür, daß die Nachfrager mit den gewünschten Waren und Dienstleistungen versorgt werden. Hohe Preise sorgen für höheres Angebot und damit wieder für niedrigere Preise. Das ließe sich fortsetzen.

Problematisch wird es bei den von Dir erwähnten monopolistische und oligarchische Marktstrukturen, bei Waren und Dienstleistungen, mit denen kein Gewinn erzielt werden kann (Sicherheit, Hochwasserschutz u.a.) und bei denen Gesundheit, Sicherheit und Versorgung betroffen sind.

Gruß
Christian

3 Like

Hallo Gandalf,

Dein Einwand bezüglich Oligo- und Monopol ist völlig richtig. Daher haben die Neoliberalen (die echten, nicht die aus Lafontaines Propagandakiste) genau dort den starken Staat gesetzt: als Schiedsrichter über den freien Markt (z.B. Kartellamt) und überall dort, wo man den Markt nicht wollte.

Die unsichtbare Hand finde ich persönlich sehr treffend. Du siehst doch z.B. im deutsche Sozialstaat prima, wie Menschen sich ökonomisch rational verhalten!

Gruß,
Andreas

Das Prinzip der freien Marktwirtschaft ist zunächst, dass der Preis das Regulativ für die produzierte Menge sind. Dieser ergibt sich aus Angebot und Nachfrage und diese wiederum aus der Knappheit des Guts. Aus diesem ergibt sich ein Feed-Back-Mechanismus : hohe Preise, dadurch mehr Produktion wg. hoher Gewinnerwartung, dadurch sinkende Preise wg. Überschuss, dadurch weniger Produktion wg. sinkender Gewinnerwartung, dadurch steigende Preise wg. Unterschuss, …

Letztlich ergibt sich dieses Prinzip aus der Beobachtung der realen Verhaltensweisen von Menschen. Daraus eine Ideologie zu machen, ist unangebracht. Die „unsichtbare hand“ ist eine Methapher für selbstregulierende Prozesse, keine Religion !

Selbstverständlich soll der Staat eingreifen, z. B. um Dinge, die nicht „von selbst“ richtig laufen (z. B. Monopolbildung, Kriminalität,…)zu korrigieren. Außerdem soll ja auch demokratischer Einfluss genommen werden, wenn man etwas will oder nicht will, was „von selbst“ anders passiert.

Wichtig erscheint mir hier allerdings, dass der Staat bei Einflussnahme das System versteht und sensibel mit ihm umgeht, denn sonst gibt es unerwünschte Neben- (oder sogat Haupt-) Effekte.

MfG
Klaus

Hallo, Jessy,

ich versuche mal, Dir ohne Ideologie zu antworten. Das ist nicht ganz einfach, weil ja über Wirtschaftsdinge jeder seine feste Meinung hat, obwohl wahrscheinlich niemand die Wirtschaft völlig durchblickt.

In Deiner Antwort auf die von der Lehrerin gestellten Frage sehe ich einen Fehler und eine weitere Schwäche.

Fehler: Ein Unternehmer kann nicht allein über den Preis entscheiden, denn wenn einer z.B. für ein Pfund Butter zehn Euro verlangte, bliebe er auf der Butter sitzen. Der Preis wird deshalb zwischen Anbieter und Kunde ausgehandelt. Über das Zusammenspiel von Angebot, Nachfrage, Preis und Produktion hast Du ja schon eine schöne Antwort bekommen.

Schwäche: Deine beiden anderen Punkte, „freie Wirtschaft“ und „Markt als Vorraussetzung“ wiederholen eigentlich nur den Ausdruck „freie Marktwirtschaft“.
Es ist so, als würdest Du Heiligabend damit erklären, es sei 1. ein Abend und 2. sei er heilig.

Je nachdem, in welcher Klasse/Jahrgangsstufe Du bist, brauchst Du eine komplexere Definition von „Freiheit“, „Wirtschaft“ und „Markt“.

Wirtschaft: In den Nachrichten werden mit diesem Wort nur die Unternehmen bezeichnet. Es gehört aber mehr dazu. In der Wirtschaft geht es um den Austausch von Waren und Dienstleistungen und damit auch von Geld, Rohstoffen und Arbeitskraft. Wirtschaftsteilnehmer sind deshalb Unternehmen (bei Adam Smith UnternehmeR), Arbeitnehmer (bei Smith Arbeiter) und Kunden. (An vielen wirtschaftlichen Aktivitäten ist noch eine vierte Gruppe beteiligt, nämlich „die“ Allgemeinheit. Beispiel: Wenn Du Dir eine Trompete kaufst, kannst Du Dich leicht mit dem Händler auf einen Preis einigen. Aber spätestens, wenn Du sie das erste Mal gespielt hast, werden Deine Nachbarn behaupten, sie hätten auch ein Wörtchen mitzureden.)

Doch davon ab. Zu Smiths Zeiten waren die meisten Leute entweder Unternehmer oder Arbeiter (oder adlig). Heute sind die meisten Leute abwechselnd alles drei. Kunden sind wir alle irgendwann, ob wir Butter oder eine Trompete kaufen oder zum Friseur gehen. Arbeitnehmer sind wir hoffentlich auch die meiste Zeit zwischen Schule und Rente - das schließt die Bankvorstände mit ihren Bonuszahlungen ein, auch sie sind Arbeitnehmer. Und die meisten Leute haben, wenn schon keine Aktien, dann doch Fondsanteile, und sei es über ihren Riesterrentenvertrag. Die Fondsanteile bedeuten über drei Ecken wiederum Aktienbesitz, also Anteile an Unternehmen. So gesehen sind die meisten von uns auch Unternehmer. Allerdings dürfen die Leute mit den Fondsanteilen nicht über das Handeln jener Unternehmen mitbestimmen. Das dürfen die Fondsmanager. Ich könnte noch endlos weitersabbeln, will aber nur sagen, die Wirtschaft ist heute viel komplexer als zu Smiths Zeiten.

Freiheit: Smith meinte tatsächlich, wenn alle Marktteilnehmer einfach ihr eigenes Interesse verfolgten, würde eine „unsichtbare Hand“ des Marktes für das Wohlergehen der Allgemeinheit sorgen. Zu dem Thema hast Du ja einige widerstreitende Antworten bekommen. Der Streit kommt daher, dass noch niemand überprüfen konnte, ob die These von der unsichtbaren Hand stimmt. Denn noch nie seit der Eisenzeit, vielleicht noch nie seit der Steinzeit, hat es eine Wirtschaft ohne Eingriffe der Obrigkeit gegeben. Die meisten Menschen finden gewisse Eingriffe auch richtig. Mach Dir klar, in einer wirklich freien Wirtschaft könnte jeder mit Heroin handeln, jeder mit dem nötigen Kleingeld könnte Atombomben kaufen und verkaufen, auch der Handel mit Menschen wäre erlaubt. Es ist wohl im Interesse der Allgemeinheit, dass solche „Waren“ nicht gehandelt werden. Es ist auch im Interesse der Allgemeinheit, dass bestimmte Dinge überhaupt nicht erst produziert werden. Beispiele wirst Du selbst genug finden.

Der freie Handel kann aber an einer weiteren Stelle eingeschränkt werden. Wenn es für eine Ware oder Dienstleistung nur einen Anbieter gibt, also nur ein Unternehmen oder ein Kartell, das die Preise abspricht, sind die Kunden in einer sehr schwachen Position. Bis vor wenigen Jahren gab es in Deutschland nur einen Anbieter für Telefonverbindungen, die Bundespost. Die Telefongebühren wurden vom Staat festgelegt, also von einem Vertreter der Allgemeinheit, der auch der Eigentümer war. Wäre die Bundespost damals in Privatbesitz gewesen und hätte frei über die Gebühren entscheiden können, wäre sie eine Goldgrube gewesen, denn aufs Tefonieren kann man ja nicht völlig verzichten.

Eingeschränkt sind Produktion und Handel auch durch Patente. Wer ein Medikament gegen eine bisher unheilbare tödliche Krankheit entwickelt, darf allen anderen verbieten, dieses Medikament zu kopieren. Wer auf der anderen Seite diese tödliche Krankheit hat, ist dem Hersteller des Medikaments völlig ausgeliefert. In einer völlig freien Wirtschaft gäbe es keine Patente.

Richtig frei sind auch nicht die Arbeitnehmer. Wenn Du zehn Millionen Euro investieren willst, bist Du fast überall auf der Welt willkommen. Wenn Du bloß Krankenschwester bist, hast Du überall Grenzbeamte, die Dir peinliche Fragen stellen, und Dich im Zweifel nicht durchlassen.

Viele Leute meinen, zu einer freien Wirtschaft gehörten auch die bürgerlichen Rechte, also freie Rede, Pressefreiheit, Brief- und Telefongeheimnis, Versammlungsfreiheit, gleiches und geheimes Wahlrecht, Religionsfreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, Schutz vor Diskriminierung usw. Es gibt aber andere Länder, Singapur z.B., in denen man außer Herstellen und Handeln sehr wenig darf.

Bleibt der Markt: Hier geht es ums Handeln. Beteiligt sind Anbieter und Nachfrager. Beides können Unternehmen, müssen aber nicht Unternehmen sein. Wenn Du z.B. Arbeit suchst, bist Du Anbieter. Ein Unternehmen soll Dir ja etwas abkaufen, nämlich Deine Arbeitskraft zu einem möglichst hohen Preis. Wichtig für die freie Marktwirtschaft ist die Transparenz des Marktes. Jeder Kunde muss alle Anbieter des Produktes kennen, das er sucht, ihre Preise und die Qualität, die sie jeweils bieten. Zu Smiths Zeiten war das einfacher als heute, weil die Qualität damaliger Produkte, etwa von Äpfeln oder von Tuch, leicht zu erkennen war und weil als Anbieter nur solche aus der Umgebung infrage kamen. Heute kannst Du einen CD-Spieler direkt aus Hongkong bestellen, wenn Dir der Preis inkl. Transportkosten recht ist. Es sind also viel mehr Anbieter zu vergleichen. Der Vergleich fällt aber umso schwerer, weil ein CD-Spieler viel schwerer zu durchschauen ist als ein Apfel. (Deshalb gibt es Testberichte.) Trotzdem hat die Wirtschaftswissenschaft bis vor kurzem einhellig angenommen, alle Märkte seine völlig transparent.

Uff. Ich sagte ja, es ist komplex.

Mein Fazit wäre: In einer freien Marktwirtschaft werden alle Waren und Dienstleistungen öffentlich von etwa gleichstarken Partnern gehandelt. Alle Anbieter informieren möglichst umfassend und detailliert über ihr Angebot. Der jeweilige Preis ergibt sich aus Angebot und Nachfrage. Eingeschränkt wird der Handel nur durch Gesetze, die den Frieden und die guten Sitten schützen.

Ich hoffe, so ähnlich stehts auch bei Adam Smith.

Grüße,
GoThen