Freier Wille

Hallo Semjon,

Glaubt ihr, wenn wir KEINEN Gott hätten,
dass wir das dann auch erkennen könnten?

Glaubt ihr, wenn wir KEINEN Sinn hätten,
dass wir das dann auch erkennen könnten?

so siehts aus…

Gruss

Walden

Dann würde sich, ähnlich wie bei den tieren, die Frage
schlicht nicht stellen.

Die Tieren fragen sich aber auch nicht ob sie
einen freien Willen haben.
Aus dem Nichtwissen über eine Sache,
kann man nicht auf deren Nichtexistenz
schliessen.

Gruss
Walden

Dann würde sich, ähnlich wie bei den tieren, die Frage
schlicht nicht stellen.

Die Tieren fragen sich aber auch nicht ob sie
einen freien Willen haben.
Aus dem Nichtwissen über eine Sache,
kann man nicht auf deren Nichtexistenz
schliessen.

Hä? Sag ich doch. Tiere fragen sich das nicht. Ein fehlender freier Wille kann, weil nicht da, wahrgenommen werden. Warum sollte ein unfreies Wesen da noch etwas vermuten? Und das wäre dann, von außen betrachtet, ähnlich, wie bei den Tieren.

Hallo Walden,

mir fallen zum Thema „Freier Wille“ noch zwei Fragen ein:

  1. Wir nehmen es inzwischen als selbstverständlich an, daß die Vorgänge in der Welt naturgesetzlich ablaufen, beschreibbar und berechenbar mit Begriffen, Mitteln und Werkzeugen von Physik, Chemie, Biologie.

Die Existenz eines „freien“ Willen zu postulieren, hieße das nicht, die Existenz eines sehr persönlichen gewissermaßen „naturgesetzfreien“ Raumes zu postulieren?

  1. Ich weiß nicht, ob wir bisher immer schon von einem individuellen „freien“ Willen ausgegangen sind, oder ob das nicht eher eine relativ neue Vorstellung ist. Möglicherweise gibt es Zweifel und überhaupt andere Auffassungen schon weit vor Nietzsche und Freud.

Daß also der Wille möglicherweise so frei nicht ist, würde das nicht einer uralten Lebenserfahrung entsprechen? Ausgedrückt durch das Wort „Schicksal“. Handelt nicht z. B. die klassische griechische Tragödie vom oftmals vergeblichen Kampf zwischen den Kräften des Schicksals und dem naiven vermeintlich freien Willen?

Ich hoffe, mich verständlich ausgedrückt zu haben.

Grüße,

I.

Hallo,

  1. Wir nehmen es inzwischen als selbstverständlich an, daß die
    Vorgänge in der Welt naturgesetzlich ablaufen, beschreibbar
    und berechenbar mit Begriffen, Mitteln und Werkzeugen von
    Physik, Chemie, Biologie.

tun wir das?
Was sagt den Heisenberg und die Quantenphysik dazu?
Da wird doch, wenn ich das recht verstanden habe eher mit Wahrscheinlichkeiten gearbeitet.

Die Existenz eines „freien“ Willen zu postulieren, hieße das
nicht, die Existenz eines sehr persönlichen gewissermaßen
„naturgesetzfreien“ Raumes zu postulieren?

Wahrscheinlich nicht :wink:

Gandalf

Hallo Walden,

mir fallen zum Thema „Freier Wille“ noch zwei Fragen ein:

  1. Wir nehmen es inzwischen als selbstverständlich an, daß die
    Vorgänge in der Welt naturgesetzlich ablaufen, beschreibbar
    und berechenbar mit Begriffen, Mitteln und Werkzeugen von
    Physik, Chemie, Biologie.

Die Existenz eines „freien“ Willen zu postulieren, hieße das
nicht, die Existenz eines sehr persönlichen gewissermaßen
„naturgesetzfreien“ Raumes zu postulieren?

Das ist der Unterschied zwischen „Wollen“ und „Können“. Wir können schwerelos fliegen wollen, nur können können wir nicht weil die Naturgesetze uns einen Riegel vorschieben.
Edward E. Doc Smith hat in seinen Lensmen Romanen eine interessante Theorie aufgestellt. Er hat überlegene Lebewesen eine Vision der Zukunft aufstellen lassen. Das wurde so ähnlich wie ein Schachspiel beschrieben, also in etwa wie „wenn ich alle Parameter kenne, kann ich es einfach hochrechnen“. Nur tauchte immer ein Störfaktor auf. Immer wenn einer dieser kleinen menschlichen Geister nicht alle Parameter kannte, begann er grob unlogisch zu handeln und die ganze Vision war im Eimer.
Ich glaube (dieses Mal ein Wenig entlang der Asimov’schen Überlegungen), dass Menschen beschreibbar sind wenn es um große Zahlen geht. Es wäre einem Herrn Goebbels schwer gefallen, füfn Trottel zu finden, die „ja“ zum totalen Krieg schrien. Tausend zu finden war hingegen kein Problem. Weil, wie bereits Asimov erkannte, der durchschnittliche IQ von Menschen umgekehrt proportional zu deren Anzahl zu sein scheint. Das war natürlich sehr böse formuliert, aber es zeigt zwei Dinge. Es ist ein Ansatz einer mathematischen Beschreibung (eines Modells) möglich, auch wenn es an allen Ecken hinkt. Und zweitens, Individualität ist nicht mehr so wichtig, je größer die homogene Gruppe wird. Das ist offensichtlich richtig, denn die Anzahl derer, die so einem Gruppenzwang widersprechen war ja zu allen Zeiten nur sehr gering. Wir feiern etwa 50 Widerständler aus diversen deutschen Lagern gegen Hitler. Gegenüber einer Basismenge von rund 100 Mio damals.

  1. Ich weiß nicht, ob wir bisher immer schon von einem
    individuellen „freien“ Willen ausgegangen sind, oder ob das
    nicht eher eine relativ neue Vorstellung ist. Möglicherweise
    gibt es Zweifel und überhaupt andere Auffassungen schon weit
    vor Nietzsche und Freud.

Na ja, Nietzsche und Freud waren zunächst einmal Menschen. Sehr intelligente Menschen, aber trotzdem Menschen und von daher nicht frei von Irrtümern und sicher nicht im Besitz der Allwissenheit. Wenn Nietzsche sagt, Gott sei tot, können wir das nicht überprüfen. Wir können lediglich überprüfen, das Nietzsche tot ist.
Warum ich darüber etwas meine Witze mache, hat eine einfachen Grund. Die Vorstellung eines freien Willens hat es immer schon gegeben. Sie ist Bestandteil antiker griechischer und römischer Schriften genau wie sie im alten Ägypten und davor im Zweistromland behandelt wurde. Aber zwei Typen, die gerade einmal vor 100 bzw. 60 Jahren lebten, formen unsere Vorstellung nun zu beinahe 100%, letzten Endes weniger, weil sie irgendetwas wirklich Beweisbares gesagt haben sondern einfach nur, weil sie in unserem eigenen Kulturraum laut genug tätig waren.

Daß also der Wille möglicherweise so frei nicht ist, würde das
nicht einer uralten Lebenserfahrung entsprechen? Ausgedrückt
durch das Wort „Schicksal“. Handelt nicht z. B. die klassische
griechische Tragödie vom oftmals vergeblichen Kampf zwischen
den Kräften des Schicksals und dem naiven vermeintlich freien
Willen?

Eigentlich, wenn Du genau hinschaust, handelt die griechische Tragödie weit öfter vom freien Willen der Götter (das was Du als Schicksal bezeichnest) und dem freien Willen der Menschen, der dem oftmals entgegen steht. Orpheus geht aus freiem Willen in die Unterwelt und Hades und Persephone sind zwar auf Grund seiner sängerischen Macht gezwungen, mit ihm zu verhalndeln, aber sie linken ihn (oder er sich selbst, weil er sich umwendet).

Gruß
Peter B.

Hi,

Hä? Sag ich doch.

Deine Antwort impliziert, auf die Frage bezogen,
eine nicht adäquate Aussage. Wenn wir keinen freien
Willen hätten, würde sich die Frage nicht stellen,
bedeutet, dass wir uns das nur fragen können, weil
wir einen freien Willen haben und das ist falsch.
Schliesslich könnte grade dieser unfreie Wille
UNS zu dieser Frage leiten, während er die Tiere
in Ruhe lässt, obwohl sie auch keinen haben.

Und das wäre
dann, von außen betrachtet, ähnlich, wie bei den Tieren.

Ich verstehe schon, was du meinst. Das klingt vielleicht
ein wenig nach Sophisterei, verzeih mir das, aber ich kann
mir diese Frage nicht so einfach beantworten.

Sei gegrüsst
Walden

Du hast aber übersehen, dass wir nicht in einer deterministischen Welt leben. Die quantenmechanischen Unschärfen und chaostheoretische Verstärkungsmechanismen sorgen dafür, dass unsere ganze Welt auch im Makrokosmos in weiten Teilen nichtdeterministisch abläuft (ein gutes Beispiele sind die Lottozahlen). Es gibt in unserer Welt also absolut spontane, nicht kausal durch anderes verursachte Ereignisse. Und in einer solchen Welt kann es in der Tat Freiheit geben. Das hat schon Kant in seiner „Kritik der Reinen Vernunft“ so gesehen.

Grüße
Gunter

Hallo Gunter,

ich habe die Quantentheorie nicht wirklich übersehen. Natürlich ist die Quantentheorie die Grundlage für die Beschreibung der mikroskopischen Welt, und letztlich beruht auch die makroskopische und somit unsere Alltagswelt auf ihr. Aber im Alltag springen uns die Quantenphänomene nicht ins Gesicht. Die Quantentheorie hat sich daher erst entwickelt, nachdem es bereits eine Atomphysik wenigstens in ihren Grundzügen gab, also im frühen 20. Jh.

Das Gehirn ist wohl eindeutig ein makroskopisches Objekt. Wir wissen inzwischen einiges über die Prozesse im Gehirn, die ablaufen, wenn wir Sinnesreize wahrnehmen und wenn wir zu Handlungen ansetzen. Aber über das Bewußtsein und wie subjektives Empfinden zustandekommt, wissen wir immer noch so gut wie nichts.

Deshalb erscheint es mir als untaugliches Unterfangen, aus der Nicht-Determiniertheit in der Quantentheorie auf die Willenfreiheit schließen zu wollen. Die Quantentheorie auf der einen Seite, das subjektive Empfinden von frei getroffenen Willensentscheidungen auf der anderen Seite, welches wären die Zwischenglieder, die beides verbinden könnten? - Wir kennen sie nicht.

Mir scheint, daß diese Experimente, die bereits Aktivität im Gehirn zeigen, bevor die bewußte Absicht zu einer Handlung da ist - viel Unbehagen hervorrufen. So als ob wir dann in unserem Innersten nicht mehr frei wären - „nicht mehr Herr im eigenen Haus“. Das wollte ich ausdrücken mit der Aussage vom „naturgesetzfreien Raum“.

Und in einer solchen Welt kann es in der Tat
Freiheit geben. Das hat schon Kant in seiner „Kritik der
Reinen Vernunft“ so gesehen.

Mich interessiert sehr, wie Kant da argumentiert.

Grüße,

I.