Freier Wille vorgegaukelt?

Hallo,

schön, dass die Sache für dich so einfach ist
(!!! Ironie, Ironie, Ironie, Ironie !!!).

Warum, glaubst du, dass sich so viele Menschen mit dem Thema beschäftigen? Ich sag’s dir: Weil es ein wirkliches Problem ist.

Ob du springst oder nicht, hängt von so vielen Bedingungen ab, dass du zumindest leichte Zweifel bekommen solltest, wenn du darüber nachdenkst.

Grüße

Thomas Miller

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Bitte um Geduld
Hallo Thomas,
Deine letzte Antwort liegt ausgedruckt auf meinem Schreibtisch, an der einen oder anderen Stelle markiert oder beschriftet. Aber ich bekomme momentan meine Gedanken und Ideen auf keinen Nenner.
Wenn Du einverstanden bist, würde ich Dir gerne mal meine Ideen mailen - kann ja sein, dass es hier in dem Philosophie-Forum zum gegebenen Zeitpunkt nicht mehr reinpasst
Viele Grüße
grilla

Hallo Grilla,

nur zu.

Gruß

Thomas Miller

Die Kognitionspsychologen gehen im Moment (zumindest zum Teil) davon aus, dass es sich bei dem Leib-Seele-Problem um eine Kreiskausalität handelt, d.h. der „Geist“ beeinflusst den „Körper“ und der „Körper“ wiederum den Geist. Damit umgehen sie natürlich das Problem, sich wirklich festlegen zu müssen. Diese Sichtweise lässt allerdings nur einen bedingt (wenn überhaupt) freien Willen zu, es sei denn man verlässt die althergebrachten Pfade und gesteht dem Geist ein ebenso großes Einflussvermögen auf den Körper zu wie umgekehrt.

Simone

Hohe Brücken
Keine Panik, ich werde nicht von einer Brücke springen.
Ich tendiere zwar als Physikstudent berufsbedingt eher zu einer Welt ohne Mystik, aber so richtig habe ich mir noch keine Meinung gebildet.
Aber ich danke euch allen sehr herzlich, für die vielen interessanten Posting.
Vielleicht ist auch „Willensfreiheit“ der falsche Ausdruck, mag sein „Gedankenfrehit“ ist hier besser.

ein neuer Anlauf
Hallo Thomas,
kennst du das Lied?:
die Gedanken sind frei. Wer kann sie erraten. Sie fliegen vorbei, wie nächtliche Schatten…

Dabei kommt mir der Gedanke, dass sich der Mensch seiner Freiheit dann bewußt ist, wenn er Unfreiheit erlebt hat. Ich glaube, dass Freiheit immer im Kopf entsteht, etwas also ist, das nicht ergriffen sondern nur begriffen werden kann. Doch was in meinem Kopf entsteht, braucht, um für die Vorstellungskraft anschaulich zu werden, ein „Drum-Herum“ aus Erlebtem und Emfühltem. Wenn ich jemanden erkläre, was ich als Freiheit empfinde und argumentiere mit einem „das-habe-ich-gesehen-und-jenes-gefühlt“, muß ich damit rechnen, dass dieser mit meinen Stützpfeilern nichts anfangen kann (er ist ein anderes Wesen - im Sinne von Sein). Wenn er mir nicht zustimmt - er kann es nicht nachvollziehen - passiert folgendes: meine Bemühung Freiheit begreiflich zu machen ist fehlgeschlagen, und verflüchtigt sich, weil der Begriff keine Gestalt annehmen kann. Es fehlt das Erklärungs-Verstehensumfeld.
Gedankenfreiheit unterscheidet sich von Willensfreiheit, nicht wahr? Beim letzteren liegt das Problem vor, dass der Willen von vielen Faktoren abhängig ist (Auslöser des Willens, Gewohnheiten, Bedürfnisse, Umfeld, Ziel des Willens - was auch eine Unfreiheit sein kann). Dadurch entstehen viele Möglichkeiten (dies will ich, dies nicht…) für den Willen. Und diese Möglichkeiten sind von Person zu Person trotz gleicher Ziele verschieden. Das meinte ich mit dünn und schwer eingrenzbar. Im gewissem Maß sind wir Menschen vergleichbar - zum Beispiel: Hunger. Doch selbst da gibt es Unterschiede bei der Willensfreiheit. Deshalb finde ich es schwierig dafür eine allgemeingültige Definition zu schaffen.
viele Grüße
grilla

Liebe Grilla,

kennst du das Lied?:
die Gedanken sind frei. Wer kann sie erraten. Sie fliegen
vorbei, wie nächtliche Schatten…

ja.

Dabei kommt mir der Gedanke, dass sich der Mensch seiner
Freiheit dann bewußt ist, wenn er Unfreiheit erlebt hat.

Das könnte man auch umdrehen: Der Mensch ist sich seiner Unfreiheit dann bewusst, wenn er Freiheit wirklich erlebt hat.
Zum Beispiel könnte man sich Kinder denken, die sich in einer Familie, die durch Strenge gekennzeichnet ist, zunächst ganz wohl fühlen, weil sie ja nichts anderes kennen. Wenn sie dann Freiheiten erleben, werden sie sich ihrer Unfreiheit bewusst, in der Pubertät ein ganz normaler Vorgang.

Ich
glaube, dass Freiheit immer im Kopf entsteht,

Handlungsfreiheit im Sinne von Selbstbestimmung nicht.

etwas also ist,
das nicht ergriffen sondern nur begriffen werden kann.

Das verstehe ich nicht. Ist Freiheit nun existent oder nicht?

Doch was in meinem Kopf entsteht, braucht, um für die
Vorstellungskraft anschaulich zu werden, ein „Drum-Herum“ aus
Erlebtem und Emfühltem.

Ja, wenn ich es anschaulich haben möchte, aber grundsätzlich ist Freiheit ein Abstraktum, also unanschaulich.

Wenn ich jemanden erkläre, was ich als
Freiheit empfinde und argumentiere mit einem
„das-habe-ich-gesehen-und-jenes-gefühlt“, muß ich damit
rechnen, dass dieser mit meinen Stützpfeilern nichts anfangen
kann (er ist ein anderes Wesen - im Sinne von Sein).

Auch das verstehe ich nicht ganz: Versuch mal zu erklären, was du an dieser Stelle mit „Sein“ meinst (andere Eigenschaften?).

Gedankenfreiheit unterscheidet sich von Willensfreiheit, nicht
wahr? Beim letzteren liegt das Problem vor, dass der Willen
von vielen Faktoren abhängig ist (Auslöser des Willens,
Gewohnheiten, Bedürfnisse, Umfeld, Ziel des Willens - was auch
eine Unfreiheit sein kann). Dadurch entstehen viele
Möglichkeiten (dies will ich, dies nicht…) für den Willen.

Nein, die Frage der Willensfreiheit fragt nicht, ob ich etwas will oder nicht, sondern ob ich etwas wollen kann oder ob ich es nicht wollen kann und in welchem Sinn.

Und diese Möglichkeiten sind von Person zu Person trotz
gleicher Ziele verschieden. Das meinte ich mit dünn und schwer
eingrenzbar. Im gewissem Maß sind wir Menschen vergleichbar -
zum Beispiel: Hunger. Doch selbst da gibt es Unterschiede bei
der Willensfreiheit. Deshalb finde ich es schwierig dafür eine
allgemeingültige Definition zu schaffen.

Du denkst für die Freiheitsunterscheidungen zu konkret. Es geht bei der Frage nach der Willensfreiheit nicht um Wirklichkeit, sondern um Möglichkeit: Ist es überhaupt möglich, zu wollen? Oder ist der Wille überhaupt eine Täuschung? Das aber macht die Frage freilich noch schwieriger.

Auch die Verbindung mit dem Begriff „Sein“ ist nicht korrekt. In deinem Zusammenhang müsste man von „So-Sein“ oder „Wie-Sein“ sprechen. Willensfreiheit fragt aber nach dem „Da-Sein“ oder nach dem „Ob-Sein“.

Mein Tipp: Versuch mal, von deinem Erleben zu abstrahieren
(Ich weiß, dass das schwierig ist.).

Viele Grüße und den Mut für einen weiteren Anlauf
wünscht

Thomas Miller

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abstrakt und konkret
Lieber Thomas,
erst einmal vorweg. Mein Pseudonym grilla finde ich mittlerweile hier im Forum unangemessen, nicht zuletzt deshalb, weil ich in Dir ein Gegenüber habe, der hier nicht mit einem ausgedachten Namen auftritt.

So allmählich merke ich, wo es mit meinem Verständnis hakt. Die Philosophie scheint sich von Bildern verabschiedet zu haben, um nur mit Wörtern, über deren Sinn man sich wohl einig sein muß, Definitionen für Begriffe zu schaffen. Bisher habe ich bevorzugt nur in Bildern gedacht. Vielleicht war das ein Unterlassungsfehler von mir.
Aber bei Deinem Tipp abstrakter zu denken, bleibe ich an einzelnen Wörtern hängen, und mein Gehirn sucht die „Festplatte“ nach hilfreichen Informationen ab, die ich nicht habe.
Deinen Rat, mir ein wenig Grundwissen durchs Lesen anzueignen, werde ich beherzigen. Aber das wird noch dauern, bis ich so ein Buch durch habe. Mal schauen, was unsere Stadtbücherei zu bieten hat.
So frage ich jetzt einfach noch einmal:
Ist der Begriff Willensfreiheit von den Skeptikern bedacht worden? So wie Du sie beschreibst, scheint das Woher dieser Sorte Freiheit nicht geklärt sein, und auch uninteressant zu sein. Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass jeder Mensch sich durch seinen Willen darstellt. Die Motivation spielt insofern nur eine Rolle, als man bei der Willensfreiheit wissen will ob sie mit oder ohne Einfluß entstanden ist. Doch wenn ich über den Einfluß anfange nachzudenken, wird es friemelig, finde ich. Ich fange an mich zu fragen ob ich da weiterkomme.
Offenbar nicht, denn Du hast geschrieben:
„die Frage der Willensfreiheit fragt, ob ich etwas wollen kann oder ob ich es nicht wollen kann und im welchem Sinn.“
Geht es dabei um die Fähigkeit etwas wollen?
Wenn ja, wie soll mir diese Frage weiterhelfen, wenn ich wissen will ob hier Willensfreiheit vorliegt. Die meisten Menschen können einen Willen äußern, auch unter Druck und nonverbal. Und darunter gibt es einige, die ihren Willen äußern können und behaupten es kam aus freien Stücken. Dann will ich doch den Beweggrund wissen. Liegt keiner vor, ist das Willensfreiheit?
(der nicht nachweisbar ist, wie Du mir mal erklärtest)
Und ich verstehe die Aussage in dem obigen Satz von Dir nicht betreffend „im welchem Sinn“. Ist für die Willensfreiheit der Sinn wichtig?

In Deinem letzten Posting (Antwort auf meins) hast Du ein paar meiner Aussagen bemerkt, die Dir unklar sind. Ich glaube, es ist nicht nötig so manches Unausgegorenes von mir nochmals zu klären. Das würde uns nur Zeit kosten.

Auf Deine Antwort freut sich
Claudia

Hallo Claudia,

(fast hätte ich „Grilla“ geschrieben - naja, nichts ist stärker als die Gewohnheit …; hast du auch deine Visitenkarte geändert? Ich meine in Erinnerung zu haben, dass du ein Foto von dir veröffentlicht hattest. Oder irre ich mich da? Wir sind übrigens etwa gleichaltrig; ich „nulle“ in diesem Jahr und 2 Kinder habe ich auch.)

erst einmal vorweg. Mein Pseudonym grilla finde ich
mittlerweile hier im Forum unangemessen, nicht zuletzt
deshalb, weil ich in Dir ein Gegenüber habe, der hier nicht
mit einem ausgedachten Namen auftritt.

Computerexperten spielen halt gerne. Aber ich finde es eine gute Idee, den richtigen Namen zu benutzen. Das trägt vielleicht dazu bei, unseriöse Äußerungen, wie ich sie manchmal finde, zu vermeiden.

Nun aber zur Sache:

Die Philosophie scheint sich von Bildern verabschiedet zu
haben, um nur mit Wörtern, über deren Sinn man sich wohl einig
sein muß, Definitionen für Begriffe zu schaffen.

Wieso **nur mit Wörtern? Philosophie beschäftigt sich mit Phänomenen, die sich auf den Begriff bringt und unter dem Aspekt der Reflexion interpretiert. Das ist ihre Methode.

Bisher habe ich bevorzugt nur in Bildern gedacht.
Vielleicht war das ein Unterlassungsfehler von mir.

„Fehler“ würde ich das nicht nennen, nur eben nicht philosophisch. Außereuropäische Arten von Philosophie benutzen übrigens auch oft Bilder und sogar die europäische Philosophie versucht manchmal, etwas mit Bildern zu erklären, freilich dann nur als didaktisches Mittel.

Aber bei Deinem Tipp abstrakter zu denken, bleibe ich an
einzelnen Wörtern hängen, und mein Gehirn sucht die
„Festplatte“ nach hilfreichen Informationen ab, die ich nicht
habe.

Kein „aber“: Ich sehe das eher positiv. Philosophie fragt mehr, als dass sie Antworten gibt (vorausgesetzt, sie ist redlich).

Deinen Rat, mir ein wenig Grundwissen durchs Lesen anzueignen,
werde ich beherzigen. Aber das wird noch dauern, bis ich so
ein Buch durch habe. Mal schauen, was unsere Stadtbücherei zu
bieten hat.

Ich weiß gar nicht, in welcher Stadt du lebst. Aber möglicherweise findest du den Weischedel dort nicht. Dann empfehle ich dir, bezüglich des Freiheitsproblems mit Schopenhauer zu beginnen („Über die Freiheit des menschlichen Willens“). Das ist die erste Preisschrift (von zweien) in „Die beiden Grundprobleme der Ethik“. Das hat eigentlich fast jede Stadtbibliothek. Möglicherweise besitzt sie auch die Vorlesungen Schopenhauers, die du ergänzend lesen könntest (Schopenhauer: „Metaphysik der Sitten“, S. 77-109). Auch wenn man nicht alles teilt, was Sch. meint, kann man viel von ihm lernen, besonders was die Denkstrukturen der Philosophie angeht.
Außerdem schreibt er sehr verständlich. Außerdem gibt es ein kleines Büchlein von Hans Driesch über die Freiheit (von 1919), das du dir vielleicht über die Fernleihe der Bibliothek bestellen kannst. Hier denkt ein Philosoph gewordener Naturwissenschaft abseits der Tradition über Freiheit nach (Hans Driesch, Das Problem der Freiheit).

Ist der Begriff Willensfreiheit von den Skeptikern bedacht
worden? So wie Du sie beschreibst, scheint das Woher dieser
Sorte Freiheit nicht geklärt sein, und auch uninteressant zu
sein.

Die Frage nach der Willensfreiheit ist eigentlich erst ein Problem des Mittelalters. Umfassend und gut erklärt im „Historischen Wörterbuch der Philosophie“ (hg. v. Ritter u. a.), Art. „Freiheit“ (Buchstabe „F“, Spalte 1064-1098).

Bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass jeder
Mensch sich durch seinen Willen darstellt.

Das verstehe ich nicht. Was meinst du mit „darstellen“?

Die Motivation
spielt insofern nur eine Rolle, als man bei der
Willensfreiheit wissen will ob sie mit oder ohne Einfluß
entstanden ist. Doch wenn ich über den Einfluß anfange
nachzudenken, wird es friemelig, finde ich.

Ohne Zweifel: Die Frage nach der Willensfreiheit ist äußerst heikel, wenn man sie ernst nimmt.

Ich fange an mich zu fragen ob ich da weiterkomme.
Offenbar nicht, denn Du hast geschrieben:
„die Frage der Willensfreiheit fragt, ob ich etwas wollen kann
oder ob ich es nicht wollen kann und im welchem Sinn.“
Geht es dabei um die Fähigkeit etwas wollen?

Nein, nicht „Fähigkeit“, sondern „Möglichkeit“.

Wenn ja, wie soll mir diese Frage weiterhelfen, wenn ich
wissen will ob hier Willensfreiheit vorliegt. Die meisten
Menschen können einen Willen äußern, auch unter Druck und
nonverbal. Und darunter gibt es einige, die ihren Willen
äußern können und behaupten es kam aus freien Stücken. Dann
will ich doch den Beweggrund wissen. Liegt keiner vor, ist das
Willensfreiheit? (der nicht nachweisbar ist, wie Du
mal erklärtest)

Wenn du Schopenhauer (die Preisschrift!) gelesen hast, wird vielleicht einiges klarer.

Und ich verstehe die Aussage in dem obigen Satz von Dir nicht
betreffend „im welchem Sinn“. Ist für die Willensfreiheit der
Sinn wichtig?

Das meinte ich nur formal, im Sinne von „wie ist das gemeint“, überhaupt nicht emphatisch oder so.

Bis zum nächsten Mal. Eine gute Lektüre!

Thomas Miller**

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Es sieht gar nicht gut aus. Der Physiker wird wahrscheinlich
sowieso bestreiten, dass irgendetwas nichtdeterministisches in
deinem Kopf abläuft.

aber sie finden es toll, wenn nichtdeterministisches in ihren
laboren ablaueft? der determinismus soll doch laengst gefallen
sein, oder hab ich was verpasst?

das problem ist doch eher, den zufall vom freien willen
abzugrenzen. beide sind sich naemlich verdammt aehnlich. wenn ein
atom einfach so zerfaellt, vielleicht wollte es das :smile: