Hallo Neo,
ich nehme an, dass Sie die Voraussetzungen für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) erfüllen. Nicht jeder kann sich freiwillig weiterversichern, aber nach Abschluß einer normalen Ausbildungszeit ist es normalerweise möglich und andernfalls hätte Ihnen die Krankenkasse die Unterlagen für die freiwillige Weiterversicherung nicht geschickt.
Die Krankenkasse hat bei ihrem Angebot hoffentlich berücksichtigt, dass Sie Schüler sind. Das bedeutet, dass keine Absicherung für den Fall der Arbeitsunfähigkeit angeboten wird. Der Beitrag dürfte dann so um die 130 bis 140 EUR pro Monat betragen.
Kurios ist nun, dass Sie als Student nur etwa die Hälfte zahlen würden. Die Krankenkassen unterscheiden also zwischen Schüler und Student, und das entspricht auch der geltenden rechtlichen Lage. Eine Besonderheit gibt es aber: Wenn Ihr Schulbesuch eine Maßnahme des zweiten Bildungsweges ist, kann man Ihnen unter Umständen den deutlich günstigeren Studentenbeitrag einräumen. Da muss dann im konkreten Fall noch das eine und andere geprüft werden, aber das macht die Krankenkasse. Wichtig: Die Krankenkasse sollte wissen, dass Sie kein „normaler“ Schüler sind, sondern schon eine Ausbildung gemacht haben und nun einen weiteren Schulabschluß nachholen.
Aber natürlich gibt es die Alternative einer privaten Absicherung, denn grundsätzlich können Sie in Ihrer Situation wählen zwischen gesetzlicher Krankenkasse und privatem Krankenversicherer. Aber eines von beiden muss es sein. Ganz ohne Krankenversicherung dürfen Sie in Deutschland nicht sein, andernfalls kann es zu einem schmerzhaft hohen Bußgeld kommen. Sie werden die Versicherung wahrscheinlich auch rückwirkend abschliessen müssen, um zwischen dem Ende Ihrer Ausbildung im Sommer und heute keine Lücke in Ihrem Krankenversicherungsschutz entstehen zu lassen. Das ist ärgerlich, weil Sie für diese Zeit auch Beiträge nachzahlen müssen (fragen Sie aber konkret danach).
Wenn Ihre Eltern privat krankenversichert sind, kennen Sie die Vorteile (vermutlich waren Sie als Kind auch selber privat versichert): Häufig eine schnellere, manchmal auch eine intensivere medizinische Betreuung und Leistungen, die die gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr oder nur begrenzt erbringen (z.B. bei Brillen, Zahnersatz, Physiotherapie usw.), je nach Tarif auch besondere Unterkunft im Krankenhaus. Der Nachteil der privaten Krankenversicherung: Sie müssen die Beträge für Arztrechnungen in der Regel erst mal auslegen und sich dann später beim Versicherer wiederholen (einige Versicherer sind allerdings so schnell, dass sie die Rechnungen unbezahlt dort einreichen und die Zahlung auf Ihr Konto abwarten können, bevor Sie das Geld an den Arzt überweisen). Anders als bei einer Krankenkasse muss man sich eben um die Bezahlung der Arztrechnung kümmern und die Unterlagen beim Versicherer einreichen. Das ist natürlich eine zusätzliche Arbeit.
Wenn Sie sich für eine private Krankenversicherung entscheiden, sollten Sie aber einige weitere Punkte beachten:
* Die meisten Versicherer bieten spezielle Schüler- und Studententarife an (Adressen unter www.pkv.de; vielleicht fragen Sie als erstes mal bei dem Versicherungsvertreter Ihrer Eltern an, wenn die mit ihrer privaten Krankenversicherung zufrieden sind).
* Sie könnten auch in einen „normalen“ Tarif gehen, der ist aber viel teurer, ohne wesentliche Vorteile zu bieten. Der hohe Preis ist also kein Hinweis darauf, dass der Versicherer aus dem teureren Tarif viel mehr erstattet als aus dem Schülertarif. Der vergleichsweise höhere Beitrag resultiert daraus, dass der Versicherer bei dem „normalen“ Tarif eine Rücklage für die „Seniorenphase“ des Versicherten bilden muss (die so genannte Alterungsrückstellung) und dafür einen Teil des Beitrags verwendet. Bei Schülertarifen gibt es diese Rücklage für das Alter in dieser Form nicht, denn Sie bleiben ja nicht bis ins hohe Alter ein Schüler.
* Die Tarife unterscheiden sich in ihrem Umfang und Preis sehr; günstige Angebote entsprechen weitgehend den Leistungen einer gesetzlichen Krankenkasse, aber das steigt an bis zum absoluten Topschutz für eine entsprechend hohe Prämie.
* Wenn Sie ab und zu ins Ausland reisen, sollten beachten, ob und ggf. wie lange die Versicherung im Ausland gilt (da wird in aller Regel zwischen europäischem und außereuropäischem Ausland unterschieden); wenn der Schutz nicht ausreichend ist, empfiehlt sich eine zusätzliche Auslandsreisenkrankenversicherung, die pratisch jeder Versicherer für wenig Geld anbietet
* Wenn Sie nicht gerade Top-Zähne haben, achten Sie auf die Erstattungssätze bei Zahnbehandlung. Häufig werden bei Zahnbehandlung 80% bis 100% der Kosten übernommen, bei Zahnersatz (Brücken, Kronen, Inlays u.a.m.) aber nur 50% und weniger; weil es hier immer um relativ hohe Beträge geht, schmerzt der Eigenanteil dann sehr
* Überlegen Sie, wie gut der Versicherungsschutz im Krankenhaus sein soll: Muss es 1-/2-Bettzimmer sein, oder genügt auch die sonst übliche Unterkunft im Mehrbettzimer? Wie sieht es mit der Chefarztbehandlung aus? Was ist Ihnen das wert? Lassen Sie sich ggf. Angebote mit und ohne diese Leistungen ausrechnen
* Wenn Sie häufig krank sind (chronisch oder rezidivierend) kann der Versicherer einen Beitragszuschlag verlangen oder Ihren Wunsch nach einer Versicherung auch ganz ablehnen. Dazu ist er berechtigt (anders als gesetzliche Krankenkasse, die dürfen das nicht). Ein solcher Zuschlag kann den Beitragsvorteil einer privaten Krankenkasse ganz schnell aufheben. Andererseits: Verschweigen Sie im Antrag auf keinen Fall irgendwelche Erkrankungen, nach denen gefragt wird; das kann später üble Probleme bereiten.
* Steuerlich werden gesetzliche und private Krankenversicherung inzwischen weitgehend gleich behandelt (falls Sie überhaupt steuerlich relevante Einkünfte haben).
* Ist einer Ihrer Elternteile Arbeitnehmer? Wenn Sie noch keine 25 Jahre sind, haben Ihre Eltern u.U. Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuß für Sie. Dann würde der Arbeitgeber Ihrer Eltern einen Teil Ihres Beitrags zahlen. Mehr Infos dazu bekommen Sie bei dem Versicherungsberater.
* Sowohl gesetzliche Krankenkassen als auch private Versicherer erhöhen regelmässig die Beiträge. Bei privaten Schülertarifen ist das zwar zumeist weniger heftig, aber trotzdem lohnt es sich zu fragen, wie sich die Beiträge des Ihnen angebotenen Tarifes in den letzten 5 bis 8 Jahren entwickelt haben; daraus lässt sich dann zumindest grob eine Prognose für die Zukunft ableiten (wobei ein moderater Anstieg aber völlig normal ist, weil auch die Kosten im Medizinbereich steigen).
* Wenn Sie später als Arbeitnehmer arbeiten werden, müssen Sie in die gesetzliche Krankenkasse zurückkehren - auch wenn Sie dann „vom Start“ weg recht gut verdienen sollten. Nur bei einer späteren selbständigen / freiberuflichen Tätigkeit könnten Sie weiterhin privat versichert bleiben, dann allerdings nicht mehr in einem Schülertarif, sondern einem teureren „Normaltarif“.
*Wenn Sie während Ihrer Schulzeit einen Job annehmen, sollten Sie darauf achten, dass daraus Versicherungspflicht in einer gesetzlichen Krankenkasse entstehen kann, dann müssten Sie von einer privaten in die gesetzliche Kasse zurückwechseln. Weitere Infos dazu erhalten Sie von Ihrem Arbeitgeber.
Sie sehen, dass man bei Abschluß einer privaten Krankenversicherung eine ganze Menge Dinge entscheiden muss. Das ist einerseits lästig, andererseits kann man aber auch viel individueller auswählen, was einem wichtig ist und wofür man Geld bezahlen will. Ein guter Versicherungsvermittler hilft Ihnen bei der Entscheidungsfindung (wenn er sie nicht gut berät und sie zum Abschluss drängt, dann gehen sie besser zu einem anderen).
Eine klare Empfehlung für die gesetzliche oder für die private Krankenversicherung kann ich Ihnen nicht geben. Wenn Sie für den Beitrag, den die gesetzliche Krankenkasse von Ihnen verlangt, eine private Absicherung bekommen, die mehr Leistungen bietet und es Sie darüber hinaus nicht abschreckt, sich um die Erstattung der Rechnungen selbst zu kümmern, ist die private Krankenversicherung sicherlich die bessere Lösung. Es ist einfach mehr in der Tüte fürs gleiche Geld. Aber schauen Sie sich die Leistungen genau an und lassen Sie sich erklären, wo Sie mit Zuzahlungen rechnen müssen.
Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall eine gute Entscheidung und viel Erfolg auf Ihrem beruflichen Werdegang!
Tintin