Freundin isst nichts mehr (Depression?)

Hallo Desperado,

vielen Dank, dass Du Dich gemeldet hast und berichtet, wie es aussieht!

vielleicht isst sie ab jetzt auch
(langsam) wieder mehr und ihr Zustand verbessert sich, bin
jedenfalls optimistisch aber moechte noch nicht sagen dass
alles wieder voellig OK ist.

Ich kann gut verstehen, dass Du erstmal erleichtert bist, dass sie einen Kakao getrunken hat - aber ich teile Deinen Optimismus leider ganz und gar nicht. Und von „alles wieder OK“ ist sie so was von entfernt, dass ich keine Worte dafür finde.

Desperado, eine Krankheit, die einen dazu bringt, sich selbst auszuhungern, ist eine richtig schwere Erkrankung! Dass sie nicht isst, ist ein Teil davon - der Teil, der im Moment unmittelbar lebensbedrohlich ist.

Selbst wenn sie äße, wäre damit die seelische Erkrankung noch lange nicht geheilt. Vielleicht ist Dir das alles dadurch, dass Du so lange schon damit zu tun hast, schon zu selbstverständlich geworden, so dass Du gar nicht mehr richtig siehst, wie ungeheuerlich ihre Lage ist.
Aber eine Krankheit, die sich so gegen das eigene Leben richtet, ist nicht nur mit gutem Willen zu heilen - egal, ob das eine Psychose oder eine schwere Depression ist. Sie braucht Behandlung, dringend!

Falls sie eine Psychose hat, wird sie Dir nicht sagen, was in ihrem Innern für Vorstellungen und Zwänge herrschen. Sie kann das gar nicht, weil die Psychose sie absolut unbarmherzig kontrolliert.

Sie hat jetzt Deinem Druck nachgegeben und etwas getrunken, um Dein weiteres Eingreifen abzuwenden. (Mal vorausgesetzt, dass sie das nicht unter dem Einfluss ihrer Krankheit nur gesagt hat!) Natürlich ist das für ihren aktuellen Zustand eine kleine Hilfe - eine kleine, denn Kakao und Multivitaminsaft sind ja noch lange nicht ausreichend.

Aber wenn Du Dich davon beruhigen lässt, fällst Du auf ihre Krankheit herein!

Es ist ja gut, dass Ihr so nah an der deutschen Grenze seid. Ich habe Dir mal den sozialpsychiatrischen Dienst in Leer herausgesucht:

http://www.landkreis-leer.de/index.phtml?La=1&sNavID…

Deren Hilfe richtet sich ausdrücklich auch an Bezugspersonen von psychisch Kranken, und die Gespräche sind kostenlos und vertraulich.

Die Verantwortung, die Du gerade trägst, ist zu groß! Lass Dich beraten, im Interesse Deiner Freundin und in Deinem eigenen.

Viele Grüße,

Jule

Hallo Desperado,

hoffentlich täuscht sie Dich nicht, weil sie z.B. vemeiden will, dass Du Schritte einleitest… wäre nicht ganz untypisch.

Wieso geht sie nicht selbst einkaufen?
Wieso lenkt sie ein, wenn Du ihr mit den Eltern kommst?
Meinst Du wirklich, dass sie einsichtig wird?
Wie viel wiegt sie schätzungsweise noch?

Glaube nicht, Du hättest sie oder die Situation unter Kontrolle.
Das hast Du nicht.

MfG, iceage

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Hallo Jule,

Danke fuer Deine Hilfe, hab mir die Adresse des SPD aufgeschrieben und werde versuchen sie dort hin zu bewegen.

Meine Freundin meinte dass sie den Kakao getrunken hat nachdem sie geduscht hat und anschliessend fast zusammengebrochen waere, vielleicht hat sich dadurch die Grenzen ihres Koerpers kennengelernt und beginnt nun hoffentlich wieder zu essen. Wie sie heute auf den Multivitaminsaft reagiert werde ich sehen, hab geplant mit ihr zum Supermarkt zu gehen und hoffe dass sie dann etwas entdeckt was sie vielleicht essen koennte.

Da ich Psychologie studiere werde ich versuchen am Montag mit einem Professor in klinischer Psychologie Kontakt aufzunehmen und die Situation zu schildern.

Gruss

Desperado

Hallo nochmal,

Danke fuer Deine Hilfe, hab mir die Adresse des SPD
aufgeschrieben und werde versuchen sie dort hin zu bewegen.

Wenn Dir das gelingt, wäre es natürlich wirklich gut!

Von der Psychiaterin habe ich noch Tips zum Gespräch bekommen, die ich Dir gern weitergeben will:

  • Sie meinte, manchmal könne man da einhaken, wo derjenige Beschwerden zugibt. Wenn sie z.B. von ihren Schmerzen spricht, könntest Du sagen, dass der SPD da auch helfen kann. Nicht lügen, aber sie würde da ja wirklich auch Hilfe bei ihren Schmerzen und Zusammenbrüchen bekommen!

  • Und sie empfiehlt, mal direkt und ohne große Scheu zu fragen, ob ihr vielleicht Stimmen das Essen verbieten. Wenn man da konkret nach frage (also nicht nur „Hörst Du Stimmen?“), ohne selbst davor zurückzuscheuen, könnten die Menschen das dann oft auch sagen.

  • Sie sagte, Menschen mit Psychosen seien oft widersprüchlich in dem, was sie wollen. (Ist ja auch logisch, oder?) Es kann sein, dass sie auch erleichtert ist, wenn Du ihr die Entscheidung abnimmst, und dann einwilligt, zum SPD zu gehen.

Da ich Psychologie studiere werde ich versuchen am Montag mit
einem Professor in klinischer Psychologie Kontakt aufzunehmen
und die Situation zu schildern.

Das ist sicher auch ein guter Gedanke, da kannst Du im direkten Gespräch schildern, was los ist. (Und, wie gesagt, auch der SPD ist für solche Beratung da - falls das mit dem Prof nicht klappt. Ich denke, die sind wirklich auch gut und einfühlsam.)

Hoffentlich kommt sie gut übers Wochenende, und Du auch!

Wenn sich was zuspitzt, kannst Du sicher auch dort in den Niederlanden die Psychiatrie rufen. Die können sie dann nach D verlegen.
Klasse, dass Du Dich kümmerst!
Du gibst doch sicher Bescheid, wie es sich weiter entwickelt?

Alles Gute!

Jule

Hi Desperado,
gehen wir halt mal tatsächlich von einer Psychose aus.

I’m with IceAge: Menschen mit Psychosen können andere Menschen unglaublich gut täuschen. Hat Schwester meiner Freundin jahrelang gemacht (und die beiden haben zusammen gelebt!), und meine Freundin auch mit mir, wenn auch nicht so extrem.

Falls sie tatsächlich ein klein wenig Nahrung zu sich nimmt, ist das kein Schritt der Besserung, sondern für sie eine Vermeidungstaktik:

Wie vermeide ich, dass Desperado meine Eltern kontaktiert? I’ll give him what he wants/ I’ll tell him what he wants to hear.

Bitte bleib an der Sache dran. Erstmal kannst Du ihr auch mal nen gekochtes Süppchen vorbeibringen. Aber ziemlich bald wirst Du handeln müssen.

Gruss, isabel

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Den Inhalt dessen, was Du schreibst kann ich schon nachvollziehen, mit dem Verstand.
Ich hatte dennoch relativiert, weil da irgendetwas nicht ganz stimmig ist, es spürt sich, als wärest Du selber involviert beim Thema, als würde da - auch- ein Knopf gedrückt.

Wie auch immer, wichtig scheint mir, wie gesagt, wenn helfen, dann vorher genau überlegen wie und mit wem, und auch schon mal mit Fachleuten Kontakt aufnehmen, und das nicht in einem Forum, sondern persönlich.

Grüße, Zahira

Hallo Jule und andere,

gestern war ich wieder bei ihr. Nachdem sie mir am Abend zuvor geschrieben hat dass sie einen Kakao getrunken habe und mich fragte ob ich ihr einen Multivitaminsaft mitbringen kann kam ich in ihr Zimmer und 1. war das Fenster geoeffnet (was sie sonst nie macht, sondern ich luefte immer wenn ich sie besuche) 2. hat sie mir noch gesagt dass sie eine Suppe gegessen hat und ein leerer Teller mit Loeffel stand demonstrativ auf dem Bett. Den Multivitaminsaft hat sie nur ein wenig angenippt. Wir sind dann noch ca. 1 km zu einem Laden gelaufen und sie hat ein paar Konservendosen gekauft, auf dem Rueckweg mussten wir Pause machen weil ihr schlecht war (von der Suppe, wie sie sagt).

Hatte ein wenig den Eindruck dass sie mir das mit dem Essen erzaehlt hat damit ich Ruhe gebe. Sie war dann auch enttaeuscht dass ich immer noch „genervt“ habe damit sie „noch mehr“ isst.

Hab dann noch eine Art Therapiegespraech begonnen, dabei kam heraus dass sie das Essen nicht vertraegt weil das ihre „Therapie“ (welche aus Meditation und Konzentration auf ein bestimmtes Koerperteil, welches schmerzt, besteht) stoeren wuerde. Sie hat die Illussion dass sie praktisch ein neuer Mensch ist wenn sie ihre „Therapie“ abgeschlossen hat. Wie der Abschluss dieser „Therapie“ aussehen sollte weiss sie nicht genau. Sie hat Symptome einer Depression beschrieben, z.B. sagt sie dass sie sich bei Aktivitaeten mit anderen als aussenstehend fuehlt und nichts wirklich geniessen kann.

Heute abend besuche ich sie wieder, ich werde versuchen herauszufinden woher sie ihre Ueberzeugungen hat. (Sie befasst sich viel mit Esoterik und Ueberirdischem, hat z.B. das Buch „Gespraeche mit Gott“ von Niels Donald Welsh gelesen und es koennte sein dass sie denkt irgendwelche Eingebungen (von Gott…) zu haben welche ihr ihr Verhalten diktieren, aber bisher ist das nur Spekulation.

Gruss und Danke an euch

Stefan

Hallo Desperado,

Du wirst ja sehen, was passiert.

Ich sage dazu jetzt nur noch:

„Der Mensch hat Verantwortung, nicht Macht.“

Viel Glück (und viel Kraft)!
MfG, iceage

Hallo Jule und andere,

soweit ich es beurteilen kann hat sich ihre Situation verbessert, sie hat mir erzaehlt dass sie mehrere Male in den letzte Tagen Suppe gegessen und Kakao getrunken hat da sie selbst gemerkt hat dass sie sonst zusammenklappt, gesehen hab ich das (sie beim essen) allerdings noch nicht.

Sie hat mir auch erzaehlt dass sie sich Gedanken darueber gemacht hat wie sie reagieren soll wenn ich etwas gegen ihren Willen tue (wie z.B. ihre Eltern kontaktieren, sie zum SPD bringen…) - und dass sie ziemlich wuetend auf mich war. Ich hoffe nun dass ihre Taktik nicht daraus bestand mir zu erzaehlen dass sie isst.

Jetzt werde ich sie weiterhin (fast) taeglich kontaktieren um ihre Situation und Veraenderungen beurteilen zu koennen und halte euch auf dem Laufenden.

Gruss und Danke

Desperado

Hallo Desperado,

danke, dass Du berichtest! Hast Du denn auch Deinen Prof sprechen können? Und hast Du sie mal auf Stimmen angesprochen?

Die Reaktion „meiner“ Psychiaterin auf Deinen vorigen Bericht (von ihren Vorstellungen über ihre Therapie, um ein neuer Mensch zu werden):

Na, das klingt doch sehr nach Psychose. Man weiß auch,
daß  der weitere Verlauf einer Psychose um so günstiger ist, je früher
sie richtig behandelt wird  (natürlich nur statistisch, da geht es
allerdings nicht um Tage, sondern um Wochen, Monate, Jahre).

Sie hat mir auch erzaehlt dass sie sich Gedanken darueber
gemacht hat wie sie reagieren soll wenn ich etwas gegen ihren
Willen tue (wie z.B. ihre Eltern kontaktieren, sie zum SPD
bringen…)

Und? Was hat sie gesagt, wie sie reagieren würde? Meiner Meinung nach hast zumindest Du ein Recht darauf, Dir fachkundige Beratung für den Umgang mit ihr zu holen - denn ich finde die Verantwortung viel zu groß. Ich würde sie nicht alleine tragen wollen.

Was lässt Dich denn so vor einem Anruf beim SPD zurückscheuen? Die Sorge, dass sie Dich nicht mehr reinlässt? Oder befürchtest Du, dass die sofort etwas in Gang setzen? Ich denke, die werden erstmal mit Dir Wege suchen, wie sie zu überzeugen ist und überhaupt versuchen zu klären, was da los ist.

Jetzt werde ich sie weiterhin (fast) taeglich kontaktieren um
ihre Situation und Veraenderungen beurteilen zu koennen und
halte euch auf dem Laufenden.

Das ist gut (und eine Riesenaufgabe)! Aber ich bleibe dabei: es reicht nicht, dass sie isst, und ich jedenfalls würde mir nicht zutrauen, wirklich sicher zu sein, dass ich eine bedrohliche Entwicklung erkennen würde, wenn sie sie verbergen will. Sie braucht so schnell wie möglich eine psychiatrische Behandlung.
(Was, wenn sie auf die Idee kommt, zu ihrer „Therapie“ könnte beitragen, Abflussreiniger zu trinken oder sonstwas? Ihre Therapievorstellungen sind offenbar selbstzerstörerisch.)

Viele Grüße,

Jule

Hallo Jule,

hab zwei Professoren eine e-Mail geschickt, beide meinten dass sie nichts genaues darueber sagen koennen, die Professorin meinte dass ich sie notfalls auch gegen ihren Willen in eine Klinik bringen sollte - wenn sie weiterhin nichts isst.

Gestern hab ich meiner Bekannten nur gemailt, sie hat gemeint dass sie mal ein wenig Ruhe von mir braucht. Heute abend werde ich sie trotzdem anrufen.

Hab sie indirekt auf Stimmen angesprochen: Ich fragte woher sie weiss was das richtige fuer sie ist (denn sie hat ziemlich genaue Vorstellungen auf welches Koerperteil sie sich konzentrieren muss). Sie meinte nur dass sie einfach auf die Signale ihres Koerpers hoert - und wenn ihr Koerper eben nicht nach Essen verlange esse sie eben nicht.

Wie sie sagt hat ihr Koerper anscheinend doch ein paar Mal nach Essen verlangt und sie isst wenig und unregelmaessig aber sie isst (wenn sie mir die Wahrheit erzaehlt).

Zu einer psychologischen Einrichtung kann ich sie derzeit jedenfalls nicht bringen: Ich kann ja nicht meine Bekannte „entfuehren“ und dem Psychologen sagen dass ich dass Gefuehl habe dass sie zu wenig isst - was sie bestreiten wird und womoeglich hat sie sogar Recht. Ich denke dass derzeit abwarten die einzige Moeglichkeit ist, wenn ich merke dass sie an Kraft verliert oder sonstige Dinge tut die bedrohlich fuer sie sind werde ich versuchen die Eltern zu kontaktieren um sie zusammen zu einer Therapie zu bewegen.

Gruss und Danke fuer alles

Desperado

Hallo Stefan,

Zu einer psychologischen Einrichtung kann ich sie derzeit
jedenfalls nicht bringen: Ich kann ja nicht meine Bekannte
„entfuehren“

Nein, das kannst Du nicht. Das ist ja einer der Gründe, warum ich so darauf herumreite, dass Du Dir Beratung von den Profis vom SPD holst. Die könnten mit Dir überlegen, wie Du vorgehen kannst, was sie vielleicht überzeugen könnte, wieviel Druck gut ist. Genau für solche Prozesse sind die doch da und haben Erfahrung damit.
Und sie können Dir helfen zu erkennen, wann (ob) es so bedrohlich wird, dass gegen ihren Willen etwas geschehen muss. (Und das musst dann nicht Du tun.)

Ich denke dass derzeit abwarten die einzige Moeglichkeit ist, wenn ich merke dass sie
an Kraft verliert oder sonstige Dinge tut die bedrohlich fuer
sie sind werde ich versuchen die Eltern zu kontaktieren um sie
zusammen zu einer Therapie zu bewegen.

Es ist Deine Entscheidung… ich würde in der Reihenfolge einiges umdrehen. Nie und nimmer würde ich mich darauf verlassen, in so einem Fall rechtzeitig zu merken, wann es zu gefährlich wird! Das ist es schon.

Ich wünsche Dir und ihr sehr, dass Du Dich nicht verschätzt und dass sie bald Hilfe bekommt. Alles Gute!

Jule