Guten Tag,
es ist ja kein Geheimnis mehr, dass die deutsche Bevölkerung zunehmend altert. Daher die Unternehmen in naher Zukunft vor alternden Belegschaften.
Es gibt verschiedene Maßnahmen aus der Arbeitswissenschaft die sich mit der Zielgruppe „älterer Mitarbeiter“ beschäftigen. So wei so gut. Aber wie sieht es mit der Führung aus? Es ist doch so, dass der Führungsstil bzw. der Vorgesetzte einen erheblichen Beitrag zur Arbeitszufriedenheit leisten kann.
Welcher Führungsstil trägt bei der Zufriedenheit des älteren Mitarbeiters bei?
Müssen ältere Mitarbeiter überhaupt anders geführt werden?
Oder anders gefragt: Vor dem Hintergrund, dass sich die Fähigkeiten im Alter wandeln, ändern sich auch die Ansprüche des älteren Mitarbeiters an die Führung? Entwickelt der ältere Mitarbeiter neue Bedürfnisse? Wird er anders motiviert?
Ich schreibe gerade an meiner Abschlussarbeit zu diesem Thema und würde gern ein paar Statements von Experten erhalten. Und hoffe, dass Sie mir eventuell meine Fragen beantworten könnten.
Viele Grüße
Lilli_86
Sehr geehrte Lilli_86,
meine Antwort muss ich unterteilen:
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Ein großer Teil älterer Mitarbeiter hat seine Lebensleistung vollbracht, leidet neben altersbedingten oft auch noch an berufsbedingten Beeinträchtigungen,
und will seine Ruhe haben.
Obwohl hier viel oft viel Praxiswissen und kreatives Problemlösungs - Potenzial steckt, fällt diese Gruppe aus.
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Mitarbeiter, die aus betrieblichen Gründen (Einsparungen oder Betriebsaufgabe) aus dem Erwerbsleben heraus gefallen sind, müssten eine gut ansprechbare Gruppe sein.
Aus eigener Erfahrung mit einem solchen Mitarbeiter, der dann 12 Jahre in meinem Betrieb weiter beschäftigt war,
muss ich sagen:
Entweder ist in diesen Menschen etwas zerbrochen, weil sie unverschuldet in diese schwierige Situation gekommen sind, dann hilft nur Verständnis, Hilfestellung -auch der anderen Betriebsmitarbeiter- beim Einarbeiten und Anerkennung.
Die Motivation wird also durch Kompensation des Erlittenen erreichtund kann zu einem tüchtigen Mitarbeiter führen.
Sollte aber die Firmenentscheidung beim frei gewordenen Mitarbeiter das Gefühl ausgelöst haben, dass die alle blöd seien und er ein Leben lang ausgenutzt und dann entsorgt worden sei, wird es schon wesentlich schwieriger.
Verständnis löst bei ihm Ärger aus, Hilfsbereitschaft will er nicht, weil er ja mehr weiß als diese „dummen“ Mitarbeiter, und Anerkennung geben setzt viel Feingefühl voraus, da es sonst seine Selbstüberschätzung an den Rand dessen bringt, was die neuen Arbeitskollegen und Führungs- kräfte ertragen können.
Mir ist die Zusammenarbeit nur geglückt durch:
- Exakte Stellenbeschreibung und Leistungsvorgabe
Dies hat ihn herausgefordert, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, und das war gut für meinen Betrieb.
- Guter Kontakt zu seiner Familie, für die er nach seiner damaligen Freisetzung nicht immer angenehm war.
Die außerbetriebliche Wertschätzung für meinen Betrieb und mich durch seine Familie war ihm vielleicht manchmal unangenehm, hat aber seine Einstellung zu uns von der Belastung des „ungerecht Erlittenen“ befreit.
- Gelegentliche Überheblichkeiten gegen Kollegen oder auch der Betriebsleitung gegenüber haben wir eingesteckt und meistens damit beantwortet, dass wir ihm eine besondere, zusätzliche Aufgabe, die seine Fähigkeiten heraus forderte und seinen Neigungen entsprach, übertragen haben.
Diese hat er auch bestens ausgeführt und so kam er dann auch in das seelische Gleichgewicht, welches Anerkennung aber andererseits auch berechtigte Kritik annehmen konnte.
Sehr geehrter Herr Winkler,
vielen Dank für Ihre Antwort.Diese hilft mir sehr weiter!
Ich wünsche Ihnen einen schönen Dienstag!
Viele Grüße,
Lilli_86