für Auflehnung?

Theologie der Befreiung: Ist sie eine Rechtfertigung sich gegen Unterdrückung aufzulehnen? Notfalls auch mit Gewalt?

Vorweg, Befreiungstheologie ist nicht mein Spezialgebiet. Allerdings habe ich den Eindruck, daß sie vor allem die Situation der Armen ansprechen will und das Ende der Not einfordert, ich sehe nicht, daß sie Gewalt rechtfertigen würde, wobei es drchaus möglich ist, daß einige Anhänger genau das im Endeffekt befürworten. Das wäre dann aber auch bei diversen anderen Theologien möglich, man denke nur an die liberale Theologie und den ersten Weltkrieg. Oder Bonhoeffer und das Hitlerattentat.

Theologie der Befreiung: Ist sie eine Rechtfertigung sich
gegen Unterdrückung aufzulehnen? Notfalls auch mit Gewalt?

ja

Theologie der Befreiung: Ist sie eine Rechtfertigung sich
gegen Unterdrückung aufzulehnen? Notfalls auch mit Gewalt?

Theologie der Befreiung ist die kritische Theorie einer Praxis der Befreiung. Sie beschreibt, dass der Kern der christlichen Botschaft umfassende Erlösung und Befreiung aller Menschen, besonders der Armgemachten und ihrer Lebenschancen Beraubten. Weil Christus selbst „nicht festhielt, wie Gott zu sein“, sondern wurde wie der „letzte Mensch“, ist es Auftrag der Kirche, so zu handeln, dass Menschen aufatmen, gerechte Strukturen erfahren und die Chance bekommen, an einem Leben in Würde und Freiheit teilzuhaben.
Die Theologie der Befreiung lehnt Gewalt entschieden ab. Sie versucht, im gewaltlosen Widerstand, vor allem aber in der Bildung der Armen und Entrechteten Einfluss zu nehmen auf die politische Gestaltung der Welt.

Theologie der Befreiung: Ist sie eine Rechtfertigung sich
gegen Unterdrückung aufzulehnen? Notfalls auch mit Gewalt?

Hallo, tobffl,
erst einmal eine schnelle Antwort, sozusagen aus der Hüfte geschossen (um mal gleich ins Bild zu kommen).
Wahrscheinlich ist es im Leben immer so, dass bei ethischen Entscheidungen (also wenn es darum geht „wie handele ich richtig“) nicht immer eine eindeutig „richtige“ (im Sinne von allgemein gültige) Antwort gibt.
Die Theologie der Befreiung setzt ja eine bestimmte Lebenssituation voraus - eine Unterdrückung, gegen die mit legalen Mitteln kaum/schwer/gar nicht anzukommen ist.
Hier ist die Frage:
Wie kommen Menschen zu ihrem Recht?
Und das Problem hast du auf den Punkt gebracht:
Ist es auch erlaubt, das Prinzip der Gewaltlosigkeit zu brechen?
Oder auch die Frage:
Darf ich mich gegen die Obrigkeit auflehnen, wenn es doch im Römerbrief, Kapitel 13,1 heißt: Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat. Denn es ist keine Obrigkeit außer von Gott; wo aber Obrigkeit ist, die ist von Gott angeordnet.

Vor diesem Problem standen auch die Christen im dritten Reich - die bekennende Kirche hat da meiner Meinung nach etwas sehr gut erkannt. Sie hat gesagt (ich gebe verkürzt wieder), dass der Staat die Aufgabe hat,nach göttlicher Anordnung für Recht und Frieden zu sorgen - auch mit Androhung und Durchführung von Strafen. Aber - und hier kommt das dicke Ausrufezeichen!: "Wir verwerfen die falsche Lehre, als solle und könne der Staat über seinen besonderen Auftrag hinaus die einzige und totale Ordnung menschlichen Lebens werden [und also auch die Bestimmung der Kirche erfüllen.] - Wo der Staat totalitär wird, unterdrückt, das Recht mit Füßen tritt, handelt er gegen göttliche Anordnung. Somit kann ich mich auch dagegen auflehnen.

Gewalt? - Ich denke, das muss letztlich auch wieder in jedem konkreten Einzelfall entschieden werden. Auch die Hitler-Attentäter haben mit sich und ihrem Gewissen gerungen.
Von Dietrich Bonhoeffer, einem bekennenden Christ, ist der Spruch überliefert, man solle „nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen“ (wenn ein Verrückter mit seinem Wagen den Ku-Damm herunterrast und die Menschen überfährt). Er wartet mit seinem Freund von Dohnanyi auf den Tod Hitlers, als Oberst Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff den „Führer“ in die Luft sprengen will - die Minen dazu hatte Dohnanyi besorgt.

So, das war jetzt doch ziemlich viel.
Ich weiß nicht, ob Dir das wirklich weiter hilft.

Bei diesem sensiblen Thema noch eins - ich denke, das ist wirklich ganz, ganz wichtig: Treffe solche ethischen Entscheidungen nie allein (denn sonst ist die Gefahr groß, dass Du Dich selbst zum Maßstab machst und allein entscheidest, ob der Staat im Unrecht ist).
Lass Dir möglichst Zeit für Entscheidungen und überprüfe Dein Gewissen.

Theologie der Befreiung: Ist sie eine Rechtfertigung sich
gegen Unterdrückung aufzulehnen? Notfalls auch mit Gewalt?

Jesus selbst hat sich nie aufgelehnt. Er sagte²gebt dem Kaiser was des Kaisers und gebt Gott was Gottes. Es bleibt denoch umunstritten, das wir Gott mehr gehorchen müssen als den Menschen. Hätte sich Jesus aufgelehnt, hätte er das Kreuz nicht erdulden müssen. Somit hat für mich die Theologie der Befreiung die gleichen Mittel die auch Jesus angewandt hat und er hat es auch seinem Vater überlassen zu handeln.

Theologie der Befreiung: Ist sie eine Rechtfertigung sich
gegen Unterdrückung aufzulehnen? Notfalls auch mit Gewalt?

Hallo, tobffl!
Ich kenne mich zwar mit der Befreiungstheologie nicht so gut aus, aber zumindest kann ich dir soviel sagen, dass Theologien, die Theorien zur gewaltsamen Befreiung von unterdrückenden Regimen anbieten, grundsätzlich mit Misstrauen zu betrachten sind.
Eine christliche Theologie, die sich als gesellschaftlich verantwortbare Rede von Gott versteht, wird niemals zu Gewalt aufrufen.

Einen prominenten Ort hat die Befreiungstheologie in Lateinamerika. Von dort sind viele Impulse auch nach Deutschland gewandert. Lies z.B. D. Sölle / E. Gerstenberger, die sich bisweilen konkret auf Erfahrungen aus Lateinamerika u.a. Ländern beziehen.
Eine Rechtfertigung zur gewaltsamen Befreiung aus Unterdrückung findet sich hier nicht.

Theologie der Befreiung: Ist sie eine Rechtfertigung sich
gegen Unterdrückung aufzulehnen? Notfalls auch mit Gewalt?

Diese Frage kann ich grundsätzlich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Ich denke, eine theoretische Abwägung des Für und Widers, verliert im konkreten Fall sehr schnell seine Relevanz. Ich halte es mit Dietrich Bonhoeffer, der wie folgt formulierte:
„Freie Verantwortung beruht auf einem Gott, der das freie Glaubenswagnis verantwortlicher Tat fordert und dem, der darüber zum Sünder wird, Vergebung und Trost zuspricht.“
Wir sind als Christen zur Freiheit berufen und haben das Privileg eines freien, verantwortlichen Lebens. Das könnte im Einzelfall (so wie es bei Bonhoeffer der Fall war) eben auch bedeuten, ein Glaubenswagnis (z.B. die Auflehnung gegen staatliche Obrigkeit) einzugehen und sich in seinem Handeln der Barmherzigkeit Gottes anzubefehlen. Das grundsätzliche Recht oder gar die Pflicht zur „Auflehnung“ würde ich daraus aber nicht ableiten wollen.

Grüßle, Sec

Theologie der Befreiung: Ist sie eine Rechtfertigung sich
gegen Unterdrückung aufzulehnen? Notfalls auch mit Gewalt?