Hallo Unserwort,
bei einer multiplen Persönlichkeitsstörung spaltet sich die Persönlichkeit, da die erlebte Wirklichkeit für denjenigen unerträglich ist. Dieser Mensch erträgt also die Wirklichkeit nur, wenn er sich in einem Teil seiner Personlichkeit befindet und einen anderen Teil aussen vor lässt. Ich will das mal vereinfacht ausdrücken: Wenn jemand z.B. als Kind immer wieder vergewaltigt oder auf andere Art und Weise misshandelt wurde und Schmerz, Angst und Machtlosigkeit bis zum Nicht-mehr-Aushalten erlebt hat, kann er geistig - anstatt ohnmächtig zu werden -, in eine andere Persönlichkeit schlüpfen. (Wichtig: auch kleine Jungen werden vergewaltigt) Er wünscht sich vielleicht er wäre Tarzan und würde keinen Schmerz spüren. Dann stellt er sich vor, er wäre Tarzan und er merkt, dass die Schmerzen, die ihm zugefügt werden, dann besser auszuhalten sind. Dann benutzt er diese Hilfe immer mehr, stellt sich also in immer mehr Situationen mal eben vor, er wäre Tarzan, geht in die Tarzan-Rolle. Schliesslich existieren beide Rollen nebeneinander: das brave Kind, das seinen Eltern gehorcht und Tarzan, der keinen Schmerz und keine Angst kennt.
Wenn man solchen Menschen therapeutisch helfen möchte, kann man sie die beiden Persönlichkeiten mit einander kommunizieren lassen, einfach, um die Seele wieder zu einer Seele zusammenschmelzen zu lassen. Dadurch soll der Patient dann den Schrecken und die Machtlosigkeit vor den Rollen verlieren und Verständnis für beide Gefühlszustände finden, bis er versteht, dass beide nur zwei Seiten einer Münze sind. Wir sagen ja auch manchmal zu uns selbst „Komm, jetzt reiss Dich am Riemen und erledige das.“ Dann spricht die verantwortungsvolle Seite in uns zur verantwortungslosen, ohne dass wir uns für schizophren halten. Bei psychisch gestörten Menschen geht die Schere nur weiter auseinander, und sie wissen nicht, wie sie mit ihren beiden Persönlichkeiten umgehen sollen.
Wenn schizophrene Menschen z.B. ihren Partner attackieren, misshandeln oder gar töten, ist das oft der verzweifelte Versuch, Kontrolle über den Partner zu erlangen, da der eigene Kontrollverlust während der Kindheit und den Misshandlungen so schmerzhaft und tief sitzt. Solche Menschen können dann aggressiv werden, weil sie einfach diesen Kontrollverlust (über sich und ihren eigenen Körper) nie, nie, nie wieder erleben wollen. Daher rührt auch das Besinnungslose bei ihrem Verhalten. Wenn sie anderen Schmerzen zufügen, gibt ihnen das gleichzeitig das Gefühl, die Kontrolle (über den Schmerz) zu haben. Endlich.
So, ich hoffe, das hilft Ihnen ein wenig. Eigentlich gefällt es mir nicht, dass sie jemand psychisch Kranken als Monster darstellen wollen. Es wäre gut, wenn sich im Laufe des Buches zeigen würde, von welchen Misshandlungen die Schizophrenie bei Ihrem Protagonisten gekommen ist, und wie er geheilt wird.
Freundliche Grüsse
von der Turnerin