Funktionsweise der Critical-Point-Trocknung

Hey,

ich habe ein kleines Problem beim physikalischen Hintergrund der Critical-Point-Trocknung mit CO2:

Man baut doch einen relativ hohen Druck auf und senkt die Temperatur unter die Raumtemperatur und leitet flüssiges CO2 ein. Wenn man dann später die Temperatur leicht erhöht, bis sie den kritischen Punkt überschreitet, stellt sich abrupt die Gasphase ein, da die Kohäsionskräfte überwunden werden, ohne dass sich dabei ein Molekül bewegt, was (so denke ich) sehr vorteilhaft ist, weil so keine Strukturänderungen des Objektes auftreten.

Meine Frage ist aber:
Wo ist der Unterschied der obrigen Methode dazu, wenn man flüssiges CO2 ohne diesen hohen Druck erwärmt und sich die Gasphase ebenfalls langsam einstellt. Bewegen sich dabei die Moleküle so schnell, dass das Objekt zerstört werden würde?

Gruß

Moin,

Bewegen sich dabei die
Moleküle so schnell, dass das Objekt zerstört werden würde?

nein, aber es findet eine Phasenumwandlung statt, was für den Erhalt von Strukturen immer problematisch ist.

Gandalf

aber findet diese bei der CPT nicht auch statt?

Moin,

aber findet diese bei der CPT nicht auch statt?

nein, das ist ja der Witz an der Sache.

Ein überkritisches Fluid läßt sich nicht von einem Gas unterscheiden.

Gandalf

kanns du mir das genauer erklären? das ist glaube ich der punkt, der mir nicht so ganz klar wird.

gruß

Hay marblemonster,

leider machst du keine Angaben zu deiner Person in der Visitenkarte von wer-weiss-was. Wie ich annehme, arbeitest du mit der CPT Methode in einem Labor und versuchst wasserfreie Präparate für die Elektronenmikroskopie herzustellen.

Deine Frage vom UP:
„Wo ist der Unterschied der obrigen Methode dazu, wenn man flüssiges CO2 ohne diesen hohen Druck erwärmt und sich die Gasphase ebenfalls langsam einstellt. … ?“
würde ich deshalb selber versuchen zu beantworten.

Nehme z.B. ein Blatt vom Wald-Springkraut (Impatiens noli-tangere) oder ein Blatt der gut mit Wasser versorgten Zimmerpflanze Begonian x hiemalis (Hybridsorte).
Die Blätter beider Pflanzen besitzen einen relativ hohen Feuchtigkeitsgehalt.

Nun stellst du vorsichtig mehrere Mikrotomschnitte durch ein Blatt her um die einzelnen Gewebe zwischen oberer und unterer Epidermis im Querschnitt zu sehen.
Den Durchlicht-Aspekt eines normalen Lichtmikroskops nimmst du als Vergleich.

Jeweils ein Drittel der Querschnitte trocknest du:
a) längere Zeit vorsichtig bei Raumtemperatur und absteigender Luftfeuchte (z.B.: 80 % -> 60 % -> 40 %),
b) du läßt nach „deinem“ Verfahren bei Raumtemperatur und bei Atmosphärendruck aus dem Ventil einer schräg nach unten gehaltenen CO2 Flasche, flüssiges Kohlendioxid in ein Becherglas mit den Mikrotomschnitten laufen („ … wenn man flüssiges CO2 ohne diesen hohen Druck erwärmt und sich die Gasphase ebenfalls langsam einstellt.“) und
c) mit dem CPT – Verfahren.

Danach bringst du eine elektrisch leitende Schicht auf die trockenen Mikrotomschnitte auf und betrachtest vergleichend im Elektronenmikroskop.

Die Proben nach
a) werden verschrumpelt aussehen, bei
b) nehme ich an, daß die Zellwände des Palisaden- und des Schwamm- Parenchyms zerrissen sind und bei
c) eine verhältnismäßig gute Entsprechung zum lichtmikroskopischen Bild vorhanden ist.

Bei Methode a) zieht während des Verdunsten des Wassers seine hohe Oberflächenspannung die noch feuchten und damit lockeren zellulären Blatt-Strukturen zusammen.
Beim Verfahren b) entsteht „Kohlensäureschnee“ mit ca. – 78 °C, der die Zellflüssigkeit des Blattes zu Eisnadeln gefrieren läßt. Die letzteren können dann die Zellwände durchstoßen.
Zu Beginn der CP Trocknung nach c) löst sich das wenige Wasser des biologischen Präparats im großen Überschuß des hinzugegebenen flüssigen CO2.
Danach entfleuchen beide dampf -> gasförmig z.B. im Baltec CPD 030 Gerät.

Bei der Trocknung nach der CP Methode am kritischen Punkt von CO2 (73,8 bar und 31°C) beträgt die Oberflächenspannung des flüssigen CO2, das ja das Wasser der Probe mit seiner störend hohen Oberflächenspannung stark „verdünnt“ hat, nahezu Null und die Trocknung ist deshalb sehr schonend.

Auch am kritischen Punkt von Wasser (228,5 bar und 374°C) beträgt seine Oberflächenspannung nahezu Null, aber hier würde schon der hohe Druck und die extreme Temperatur normalerweise die filigrane Struktur des Blattes zerstören.

Einen stabilen Käfer mit seinem allein sichtbaren Exoskelett kannst du mit Hilfe deines Vorschlags nach b) sicher in voller Schönheit trocknen.

Gruß

watergolf

cool…danke dafür

aber ist der CP für jeden stoff etwa festgelegt? oder kann man ihn auf der temperaturskala auch nach oben oder unten verschieben und muss nur den druck anpassen?

Moin,

kanns du mir das genauer erklären? das ist glaube ich der
punkt, der mir nicht so ganz klar wird.

schau Dir mal dieses Diagramman.
und ließ Dir den dazugehörigen Wikiartikel durch.

Ein wichtiger Punkt für das Verständnis wird in diesem Diagramdargestellt. Die Verdampfungsenthalpie wird null und das ist auch einer der Gründe, warum es jenseits der Kritischen Daten keine Unterscheidungsmöglichkeit zwischen den Phasen mehr geben kann.

Aber genau aus diesem Grund ist die CPT auch so schonend.

Gandalf

aber ist der CP für jeden stoff etwa festgelegt? oder kann man
ihn auf der temperaturskala auch nach oben oder unten
verschieben und muss nur den druck anpassen?

Ich kann dazu aus dem buch Peter W. Atkins „Physikalische Chemie“ VCH Verlag, 2. Auflage, Seite 175 zitieren:
„Wird die Flüssigkeit in einem geschlossenen Gefäß erhitzt, findet der Siedevorgang nicht statt. Statt dessen nehmen Temperatur, Dampfdruck und Dichte des Dampfes kontinuierlich zu. … … Bei einer bestimmten Temperatur ist die Dichte des Dampfes gleich der Dichte der flüssigen Phase – die Phasengrenzfläche verschwindet.
Diese Temperatur nennt man kritische Temperatur Tkrit … Der entsprechende Dampfdruck ist der kritische Druck pkrit.
Bei und oberhalb dieser Temperatur wird das Gefäß von einer einzigen, homogenen Phase ausgefüllt. Grenzflächen existieren nicht mehr. Oberhalb seiner kritischen Temperatur besitzt kein Stoff eine flüssige Phase.“
und weiter auf wasser bezogen:
„…; der Dampfdruck von Wasser am kritischen Punkt (374 °C) beträgt 22 MPa.“

Im lehrbuch steht also nichts von einem „kritischen bereich“ nach dem du anscheinend fragst.