Fußball im Roman

Hi.

Kennt jemand einen Fußball-Roman (für Erwachsene, fiktional oder dokumentarisch) mit wirklich packend und detailliert geschriebenen Spielszenen? Ist das überhaupt möglich?

Hier…

http://www.wissenschaft-im-dialog.de/aus-der-forschu…

… heißt es:

Der Grund dafür, dass sich das Fußballspiel der literarischen Bearbeitung entzieht, liegt darin, dass es selbst eine Kunst ist: Das Fußballfeld ist ein Rahmen, in dem sich während eines Spiels die unterschiedlichsten Kunsttechniken vollziehen. Ein faires Spiel, gut aufgenommen, übertragen oder im Stadion gesehen, ist vom ästhetischen Standpunkt aus betrachtet ein Kunstwerk für sich. Man kann es nicht oder nur unzulänglich in eine andere Kunstform, beispielsweise die der Literatur übersetzen. Alle diesbezüglichen Versuche müssen scheitern oder aber so blass bleiben, dass sich das ursprüngliche Kunsterlebnis nicht mehr mitteilt, weil es übersetzt, vermittelt, mittelbar wird.

Ist dem uneingeschränkt zuzustimmen?

Chan

Ich finde ja, dass das Lesen über Fussball immer in einer Menge Statistikkram ausartet, egal ob Fachmagazin oder anderweitig. Vermutlich kann ein richtig guter Schriftsteller, der sein Handwerk versteht schon die Stimmung einfangen, die Frage ist hier nur, was dem Einzelnen gefällt und wie man einen guten Schriftsteller definziert. Allein das Handwerk ist hier nicht ausschlaggebend.

Lange Rede (bevor ich noch mehr philosophiere)…

Also ich erinnere mich, dass ich den Roman zu das Wunder von Bern gelesen habe. Der ist halbdokumentarisch. An die Spielszenen kann ich mich nicht mehr so richtig erinnern, aber du kannst ja mal reinschauen.

Viel Spass

Nachtrag zu deiner zweiten Frage.

Pauschal kann man das Zitat wohl nicht stehen lassen. Warum ist das so? Weil es früher oder später einen Künstler geben wird, der sich dann traut das Thema zu verändern und siehe da, schon entsteht eine neue Form von Kunst.

Die eigentliche Schwierigkeit liegt meiner Meinung nach woanders: Vielleicht ist dir auch schon mal beim Lesen aufgefallen, dass gewisse Dinge, die du vom Fernsehen gewöhnt bist, dir im Roman nie begegnen werden. Jede Kunstform hat unterschiedliche Möglichkeiten. Das Problem ist darin zu sehen, dass beim Fussball eine Menge gleichzeitig passiert. Wenn man das in „Zeitlupe“ schreibt, klingt es nie so spannend als würdest du zusehen. Weil du die Ereignisse nur nacheinander behandeln kannst, obwohl manches im Bruchteil einer Sekunde geschieht. Bei Beschreibungen ist da einfach nach ein paar Zeilen die Luft raus.

Hallo,
einen erstzunehmenden Fussballroman gibt es wohl nicht - die zitierte Begründung halte ich jedoch für Kokolores. Vor allem ist es ja gar nicht wahr, „dass sich das Fußballspiel der literarischen Bearbeitung entzieht“. Die Form des Romans halte ich in der Tat für ungeeignet, als Sujet ein Fussballspiel zu behandeln - es sei denn etwa in der Art von ‚Finnegan’s Wake‘. Das hat etwas mit den formalen Bedingungen des Romans zu tun - Erzählperspektive, epische Breite, psychologische Entwicklung usw. - aber es gibt ja nicht nur den Roman …

Beispiele einer literarischen Bearbeitung in der Lyrik oder in Prosa-Kurzformen gibt es hingegen durchaus. Insbesondere Ror Wolf ist da beachtenswert, z.B. mit „Das nächste Spiel ist immer das schwerste. Gesammelte Fußballprosa in einem Band.“ und ganz besonders mit seinen Radio-Collagen „Rückblick auf große Tage“ und „Cordoba Juni 13 Uhr 45“. Auch andere Kunstformen sind denk- und machbar; so wurde bei der Ruhr-Triennale 2005 das Oratorium in zwei Halbzeiten, 1 Pause und einem Nachspiel „Die Tiefe des Raumes“ von Moritz Eggert (Libretto Michael Klaus) uraufgeführt. Das alles widerlegt die angeführte These von der Unübersetzbarkeit des Fußballs „in eine andere Kunstform“ deutlich. Mal abgesehen davon, dass ich die Aussage, Fußball sei eine Kunstform, für einen Schmarren halte …

Freundliche Grüße,
Ralf

Fußball-Action

Ich finde ja, dass das Lesen über Fussball immer in einer Menge Statistikkram ausartet, egal ob Fachmagazin oder anderweitig.

Mir geht´s jetzt nur um die Spielszenen.

Vermutlich kann ein richtig guter Schriftsteller, der sein Handwerk versteht schon die Stimmung einfangen, die Frage ist hier nur, was dem Einzelnen gefällt und wie man einen guten Schriftsteller definiert.

Nun, grundsätzlich wäre doch denkbar, dass einer mit ´ner Schreibe wie Robert Ludlum, Eric Van Lustbader oder Clive Cussler sich dieses Genres annimmt. Ein guter Schriftsteller? Jemand, der gut schreibt und das Publikum unterhält und ihm auch was zu sagen hat.

Also ich erinnere mich, dass ich den Roman zu das Wunder von Bern gelesen habe. Der ist halbdokumentarisch. An die Spielszenen kann ich mich nicht mehr so richtig erinnern, aber du kannst ja mal reinschauen.

Ein „guter Schriftsteller“ schafft es aber, dass seinen Lesern Szenen im Gedächtnis bleiben.

Pauschal kann man das Zitat wohl nicht stehen lassen. Warum ist das so? Weil es früher oder später einen Künstler geben wird, der sich dann traut das Thema zu verändern und siehe da, schon entsteht eine neue Form von Kunst.

So sehe ich das auch.

Die eigentliche Schwierigkeit liegt meiner Meinung nach woanders: Vielleicht ist dir auch schon mal beim Lesen aufgefallen, dass gewisse Dinge, die du vom Fernsehen gewöhnt bist, dir im Roman nie begegnen werden.

Und umgekehrt.

Jede Kunstform hat unterschiedliche Möglichkeiten. Das Problem ist darin zu sehen, dass beim Fussball eine Menge gleichzeitig passiert. Wenn man das in „Zeitlupe“ schreibt, klingt es nie so spannend als würdest du zusehen.

Könnte man auch anders sehen: Gerade im Roman lässt sich Fußball-Action mit einer Spannung schildern, die mit SloMo-TV-Bildern nur angedeutet werden kann. Der Roman lässt nicht nur die äußere Aktion, sondern auch das Innenleben, die Gedanken, Emotionen und physischen Empfindungen der Akteure, erkennbar werden. Man kann mikroskopisch fein in die äußeren und inneren Details einer Szene hineinzoomen,

Weil du die Ereignisse nur nacheinander behandeln kannst, obwohl manches im Bruchteil einer Sekunde geschieht. Bei Beschreibungen ist da einfach nach ein paar Zeilen die Luft raus.

Immerhin erst nach ein paar Zeilen. Im TV - du schreibst es ja selbst - schon innerhalb einer Sekunde.

Zur Argumentation des Zitats:

Man kann es (= das Fußballspiel ) nicht oder nur unzulänglich in eine andere Kunstform, beispielsweise die der Literatur übersetzen. Alle diesbezüglichen Versuche müssen scheitern oder aber so blass bleiben, dass sich das ursprüngliche Kunsterlebnis nicht mehr mitteilt, weil es übersetzt, vermittelt, mittelbar wird.

Das würde ja bedeuten, dass auch Spielfilme (Actionthriller usw.) nicht ohne wesentlichen Substanzverlust in Romanform übertragen werden können. Das ist aber nicht der Fall. Filme können sehr wohl erfolgreich „transkribiert“ werden.

Außerdem übersieht der Autor den hohen Stellenwert des TV-Spielkommentators. Fußballspiele zu kommentieren, hat sich längst zu einer Kunstform entwickelt, ohne die (z.B. bei Tonausfall) eine TV-Übertragung fade wirkt. Im Stadion mag das aufgrund der Liveatmosphäre anders sein, aber eine „sprachlose“ Übertragung per TV wäre ein Unding. Kommentatoren wie Wolf-Christoph Fuss und Tom Bartels demonstrieren, dass die sprachliche Aufarbeitung des Geschehens den Unterhaltungswert enorm steigert. Speziell Fuss hat schon seit Jahren Kultstatus, es gibt eine ihm gewidmete Fansite, die alle Bonmots von ihm auflistet.

Chan

die zitierte Begründung halte ich jedoch für Kokolores.

Ich auch, wie ich schon an Jennilein schrieb, bevor ich deine Antwort entdeckte.

Vor allem ist es ja gar nicht wahr, „dass sich das Fußballspiel der
literarischen Bearbeitung entzieht“.

Ganz und gar nicht - was manche Fußballkommentatoren abliefern, ist bereits eine Form der literarischen Simultan-Bearbeitung.

Die Form des Romans halte ich in der Tat für ungeeignet, als Sujet ein Fussballspiel zu behandeln - es sei denn etwa in der Art von ‚Finnegan’s Wake‘. Das hat etwas mit den formalen Bedingungen des Romans zu tun - Erzählperspektive, epische Breite, psychologische Entwicklung usw. - aber es gibt ja nicht nur den Roman …

All diese formalen Bedingungen schließen meines Erachtes die Fußball-Thematik nicht aus. Letztlich stellt sich nur die Frage, ob die Spielszenen in literarisch interessanter Weise gestaltbar sind. Ich denke ja, sowohl in Ich- als auch Erzähler-Perspektive. Letzteres wäre besser, da ein einzelner Spieler nicht ständig in die Abläufe involviert ist.

Beispiele einer literarischen Bearbeitung in der Lyrik oder in
Prosa-Kurzformen gibt es hingegen durchaus. Insbesondere Ror
Wolf ist da beachtenswert, z.B. mit „Das nächste Spiel ist
immer das schwerste“.

Habe mir den Wolf zur Ansicht bestellt, gucke morgen rein und werd´s vielleicht kommentieren.

Mal abgesehen davon, dass ich die Aussage, Fußball sei eine Kunstform, für einen Schmarren halte …

Das ist wieder eine Frage der Definition von Kunst, aber auch eine Frage des Blickwinkels auf ein Fußballspiel.

Ein Fußballspiel ist 1) kreativ, 2) ästhetisch, 3), dramatisch und 4) hat keinen unmittelbaren Gebrauchswert. Damit erfüllt es einige wichtige Kriterien von Kunst. Ich denke, es fällt in die Rubrik „Aktionskunst“. Es gibt sicher eine Parallele zum Actionpainting, einer Mischform von Konzeption und Improvisation, was ja auch ein Kennzeichen des Fußballspiels ist. Und die Botschaft solcher Kunst, wenn Kunst denn eine haben soll (ich meine: ja)? Das harmonische Zusammenspiel menschlicher Tugenden führt zum Erfolg (Willenskraft, Kreativität, Teamgeist, taktische Planung usw.).

Hier sind ein paar Zitate von Wolff-Dieter Fuss, dessen Kommentare aus Fußballspielen sprachlich-sportliche Multimedia-Events machen:

_Ribery muss noch reinfinden in die Partie. Mnjaa, iss nochmal frisch beim Frisör gewesen, hat der Figaro nach Gehör geschnitten.

Das ist die Fergusonschule: Zwei Null und dann hinten raus nochmal kucken, ob nicht doch noch einer vom Laster fällt.

Metzelder deckt sich selbst und auch Höwedes hat auswärts Termine.

Was gibt’s zu mosern, José Mourinho? Was soll man halten von diesem Mann? Ist er ein cooler Socken oder hat er einen am Sträußchen?

Der kann vor Cojones kaum stehen (über Ronaldo)._

Chan

Ror Wolf

Beispiele einer literarischen Bearbeitung in der Lyrik oder in
Prosa-Kurzformen gibt es hingegen durchaus. Insbesondere Ror
Wolf ist da beachtenswert, z.B. mit „Das nächste Spiel ist
immer das schwerste. Gesammelte Fußballprosa in einem Band.“
und ganz besonders mit seinen Radio-Collagen „Rückblick auf
große Tage“ und „Cordoba Juni 13 Uhr 45“.

Geschmackssache. Nach Durchsicht des Buches habe ich festgestellt, dass das mit dem, um was es mir hier geht, jedenfalls nichts zu tun hat. Das ist ganze normale Alltags- und Sportreportersprache.

Chan

Guten Tag,

ich kenne mich leider nicht so gut mit Fußball aus. Aber mein Freund ich ein Fan und ich weiß, dass er sich letztens diese Seite http://www.frieling.de/presse/aktuelles/anstoss-zum-… angeschaut hat und ziemlich begeistert war.