Die Arroganz springt hinterm Bush hervor…
Also, ich kann Dir im Prinzip nicht widersprechen. Ich weiß aber, daß es den meisten Amerikanern gar nicht so paßt, was
die US-Regierung außenpolitisch so abzieht. Es geht ihnen
hauptsächlich um das Innenpolitische. Du mußt das Ganze aus der Sicht der Amis betrachten. Stelle Dir vor, Du lebst in einem riesigen Land - östlich und westlich von Dir nur riesige Ozeane und dahinter „winzige Miniländer“ (mit einer Ausnahme), denen Du über Jahre hinweg nur beim wirtschaftlichen Aufbau geholfen hast. Nördlich von Dir ein Land, mit dessen Bevölkerungszahl Du gerademal eine Deiner zahlreichen Großstädte füllen kannst und südlich von Dir ein Land, das ständig bewundernd zu Dir aufschaut. Dann ist es kein Wunder, daß den „einfachen“ Amerikaner die „Außenwelt“ nicht oder kaum interessiert. Inneramerikanische Geschehnisse nehmen Platz 1,2,3… in der amerikanischen Tagespresse ein. Dann, irgendwann, ganz zum Schluß, kommt mal ein Schröder, ein Blair, ein Putin auf das Papier. Das darf man den Amerikanern selbst aber nicht übelnehmen. Mit ihrem Land bewohnen sie quasi ihren eigenen Kontinent, ihre eigene Welt. Wenn jetzt ein Bush, den ich übrigens nicht besonders gut leiden kann - Gore wäre mir echt lieber gewesen - dauernd auf internationaler Ebene querschießt, dann interessiert das den normalen Amerikaner gar nicht. Nicht aus Arroganz, sondern vielmehr, weil er meint, es beträfe ihn ja gar nicht. Das Ausland? Was ist Ausland? Wo ist Ausland. Ich kenne nur Kanada, Mexiko … ach ja, Frankreich…der älteste Parfumhersteller der Welt. Deutschland? Deutschland GmbH, oder? Großvertrieb für Kraftfahrzeuge und Zubehör…glaube ich. England…ein Inselmuseum.
Sorry für das blöde Beispiel, aber die USA sind ein eigener Planet auf der Erde. Ich will auch nicht den Fehler machen und behaupten, die Amerikaner sind blöd, was sie definitiv nicht sind, jedoch sehen sie die Welt aus einer ganz anderen Perspektive. Wir sind in einer ganz anderen Situation. Wir hatten ständig andere Länder, andere Sprachen um uns herum. Wir mußten uns ständig mit anderen Ländern auseinandersetzen. Wir mußten um unsere Sicherheit verhandeln. Andere Länder mußten mit uns um ihre Sicherheit verhandeln. Wir mußten unsere Nachbarn durch Krieg und Frieden hinweg kennenlernen. Haben gelernt, wie wir, und auch unsere Nachbarn, auf Unmittelbares reagieren, wie jetzt z. B. in Sachen MKS. Wenn die Türkei (3000km entfernt) die Kurden ärgert, dann gehen hier Reisbüros hoch. Wenn in England ein Bauer seine Schweine quält, dann sperren Deutschland und die Niederlande ihre Grenzübergänge, um zu desinfizieren. All diese engen Verknüpfungen kennen die Amerikaner so nicht. Ihr eigenes Land ist weit und breit fast ganz allein auf dem Globus. Das Land ist so groß wie ein eigener Kontinent, hat dafür aber auch entsprechend viele eigene innere Probleme. Aber wieviel wissen wir von den inneren Problemen der USA, dieses inneramerikanischen Kontinents. Wahrscheinlich soviel, wie die Amerikaner von den inneren Problemen anderer Kontinente. Erst jetzt beginnt sich die Welt, richtig zu verknüpfen. Ein Netzwerk, dem auch die Amerikaner nicht mehr „entrinnen“ können. Deshalb sollten wir dem normalen Amerikaner keine Arroganz vorwerfen, sondern es ist vielmehr eine Unkenntnis fremder Dinge, für die man aber die amerikanische Politik verantwortlich machen muß, die jedoch von den Amerikanern nicht
wegen ihrer außenpolitischen Disqualifikation, sondern vielmehr wegen ihrer vermutlich innenpolitischen Qualifikation, zumindest jedoch Akzeptanz, gewählt wurde, was natürlich zu beurteilen den Amerikaner obliegt. Wenn ich das Ausland gar nicht richtig wahrnehmen kann, dann finde ich doch den Wahlslogan „USA FIRST“ richtig gut. Damit tue ich dann aus Gründen der Unwissenheit niemandem weh und mutmaße, daß es meinem Land doch bald besser geht, wenn wir doch an erster Stelle stehen werden. Wie gesagt, die Amerikaner sind nicht blöde, aber warum glauben viele Amerikaner, wir Deutschen rennen alle mit Lederhose und Dirndl rum, haben alle ein eigenes Schloß in den Bergen, essen nur Wurst mit Krautsalat, trinken nur Bier und wenn´s draußen regnet, dann rennen wir mit schwarzem Mantel und Seitenscheitel rum und klopfen nachts mit vorgehaltener Pistole bei anderen mit den Worten „Aufmachen! Geheime Staatspolizei“ an die Tür? Die Italiener sind alle die Top-Liebhaber und lovely Sängerknaben, haben alle ein eigenes Fischerboot und leben in Felsbaracken, die Franzosen singen den ganzen Tag betrunken unterm Eiffelturm und essen Meterbrot und die Russen sind alle drei Meter groß, haben die tiefe Stimmen und versuchen allen guten Menschen die Schultern zu brechen, während alle Engländer hochnäsige Lords, die ihre Kriminalfälle nur beim Teetrinken lösen sind und alle Menschen die islamischen Glaubens sind, ständig mit Maschinenpistolen rumrennen und Chemiefabriken bewachen? Es liegt tatsächlich an mangelnder Aufklärung und dem Willen, sich über den Rest der Welt zu informieren. Kein Wunder, daß die amerikanische Filmindustrie, die auf Grund ihrer oftmaligen Schlichtheit (die ich trotzdem jedoch oft sehr reizend finde), z. B. bei arte vermutlich nie einen Platz an der Sonne bekommen würde, sich mit diesen klischeehaften Filmen glänzend über Wasser hält. Ich hatte sogar mal das Problem, einem Amerikaner zu erklären, daß Peru ein eigenes, souveränes Land ist und nicht die Hauptstadt vom Libanon, obwohl es sich im Englischen tatsächlich entfernt ähnlich anhört. Dieses ist bitte kein Witz! Aber berurteilen wir hier bitte nur den amerikanischen Präsidenten für seine unzulängliche, arrogante Außenpolitik. Den Amerikanern selbst sollten wir ruhig noch etwas Zeit geben, bis sie endgültig dahinter kommen, daß die USA ein Teil der Welt sind und nicht die Welt ein Anhängsel der USA. Wer die Amis persönlich kennt, der weiß, daß es eigentlich ganz normale, gastfreundliche Leutchen sind - wie Du und ich. Ansonsten gehe ich mit Deiner Meinung konform, daß sich die amerikanische Außenpolitik arrogant zeigt. Ich bin überzeugt, daß ein schnelleres Zusammenwachsen (in Maßen) der Europäischen Union ein geeignetes Gegengewicht zu den USA schaffen kann. Allerdings kein Gegenwicht, mit dem wir die Amerikaner auf der anderen Seite der Wippe in der Luft hängen lassen, sondern so, daß keiner in der Luft hängt und keiner in die Knie gehen muß, wenn er auf der Wippe bleiben will. Auch muß darauf geachtet werden, daß der Schwerere nicht plötzlich absteigt. Deshalb muß hier bemerkt werden und auch westlich des Nordatlantiks - im Hause Bush - erkannt werden, daß es keine gesunden USA ohne eine gesunde EU und ohne eine gesunde EU keine gesunde USA geben kann. Um das klar zu machen, muß die EU Flagge zeige. Die Schaffung eines EU-Außenbeautragten mit Sonderrechten, Mr. Solana, war hier schon ein Schritt in die richtige Richtung. Allerings muß man auch sehen, daß dieser gesamte Vereinigungskraftakt nichts bringt, wenn dann ein Mitgliedstaat der Meinung ist, er müsse nicht an der Einführung des EURO-Teilnehmen, während ein anderer wieder der Meinung ist, er braucht Schengen nicht durchzusetzen. Das macht die europäische „Emanzipation“ zu einer peinlichen Sache und die Verträge von Maastrich und Schengen scheinen in den Stadtfarben von Schilda.
Deshalb hoffe ich nicht über die Stränge zu schlagen, wenn ich an dieser Stelle aus persönlicher Anschauung heraus fordere, daß schon in bälde ein Verfassung für die EU-Kernstaaten geschaffen werden möge, die zwar die Option für beidseitig freiwillige Erweiterung beinhaltet, allerdings auch die Staaten, die Schengen und/oder der Währungsunion nicht oder nicht vollständig zugestimmt haben, nur als „Assoziierte“ anerkennt. Wer nicht die volle Rechnung bezahlt, der bekommt auch keinen ganzes Stück Torte. So ist es überall und verleiht dem Ganzen - meiner unmaßgeblichen Meinung nach - etwas mehr Ernsthaftigkeit. Denn die Amerkaner wissen derzeit mit der EU noch nicht viel anzufangen. Sie wissen nicht, ob sie jetzt mit dem EURO bezahlen sollen, oder mit nationalen Währungen. Verhandeln sie mit uns, dann verhandeln sie meist nicht mit Brüssel und einer Gegenübermeinung, sondern sie verhandeln mit London, Paris, Berlin, Rome, Madrid, DenHaag, Brüssel, Kopenhagen, bla, bla, bla…und vielen verschiedenen Gegenübermeinungung. Geht es um militärische Dinge, dann verhandeln sie nicht mit einem EU-Sicherheitsrat oder einem EU-Verteidigungsminister, sondern sie verhandeln mit Berlin, Paris, London, Rome, bla, bla, bla, pi, pa, po…sie verhandeln mit Hinz und Kunz und jeder weiß was, jeder möchte was und jeder möchte was nicht. Berlin will´s sich nicht Paris verscherzen, London will´s sich nicht mit Washington verscherzen, London will aber auch nochmal mit Rome sprechen, Rome macht nur mit, wenn Athen auch mitmacht. Athen aber hat Ärger mit Ankara und will deshalb nichts provozieren und sagt ab. Italien hat´s sich überlegt, macht mit, aber nur halb. Jetzt kommt noch Stockholm dazwischen und ist der Meinung, man sollte das ganze nochmal besprechen und bittet die Amerikaner, doch bitte in zwei Jahren nochmal anzufragen. WIE SOLLEN DIE AMERIKANER DIE EU DENN DANN ERNST NEHMEN? Und wenn dann ein Bundeskanzler Schröder bei Bush auftaucht und sagt: „Wir, die EU, haben beschlossen…und wir sind jetzt der Meinung…sie sollten auch.“. Ehrlich gesagt, dann würde ich vermutlich auch denken…„Sie haben wohl nicht
genug geschlafen…in den letzten Monaten.“. Verstehst Du was ich meine, Klaus? Wir haben noch nicht genug PWR. Wie sollen wir
andere anschieben, wenn der Schub für uns selbst nicht reicht.
Aber weißt Du, vielleicht kommt uns die US-Außenpolitik so arrogant vor, weil wir diesbezüglich in einer Zuschauerposition sind. Wir kommen uns extrem wichtig vor, haben aber als vermeintliche Union nicht die Kraft, die Amerikaner zu beeindrucken und zu beeinflussen. Wir müssen alle unseres Bestes geben, damit unser Europa schnell, stark und gesund zusammenwächst. Vielleicht ist die Arroganz der US-Politik unsere eigene Schuld. Wir müssen Herrn Bush öfter ins Wort fallen. Ihm Grenzen zeigen Ihm zuvorkommen. Er ist zwar Präsident, aber was Poltik anbelangt - da ist er vollkommen unreif. Selbst uns Joschka (als Ur-Grüner) zeigt sich diesem erzkonservativem US-Leader in Sachen politischer Professionalität tausendfach überlegen. Klaus…was sollen wir tun?
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