Gattungskreuzungen

Hallo!!

Es ist noch nicht lange her, als ich in Biologie mein Abi geschrieben habe, umso schändlicher ist es, dass ich gerade feststelle, dass einiges bereits wieder den Weg aus meinen Synapsen gefunden hat… (bestimmt ist hier die verwendung des begriffes „synapse“ auch schon falsch…)

Konkret meine Frage:
Gab es in der Evolution Beispiele, wo sich verschiedene GATTUNGEN untereinander gekreuzt haben??
Können sich Gattungen überhaupt kreuzen oder nur Arten??

Wäre mir eine große Hilfe!!
Vielen Dank!!

Servus,

in der Botanik ist das nicht so streng, weder betreffend Arten, noch betreffend Gattungen. Bei Kulturpflanzen gibt es einigermaßen viele Kreuzungen zwischen verschiedenen Gattungen, die teils sogar in F1 und darüber hinaus fruchtbar sind - Beispiele dafür kannst Du um diese Jahreszeit überall blühen sehen und duften riechen: „Teerosen“ heißen nicht bloß so, sie sind tatsächlich aus rosa x camelia hervorgegangen.

Die vorübergehend recht populäre und als vielversprechend angesehene Getreideart „Triticale“ ist eine Kreuzung aus secale cereale und triticum aestivum, die ebenfalls fruchtbare F1, 2ff. hat und in sich stabil fortgepflanzt werden kann. Es gibt wohl die freilich spekulative Vermutung, dass der Wildroggen nicht bloß als Unkraut mit Emmer und Gerste nach Europa gekommen ist (wo es erst interessant wurde, ihn separat vom Weizen zu kultivieren), sondern dass secale vor (evolutionsgeschichtlich) nicht so sehr langer Zeit aus triticum hevorgegangen sein könnte. Freilich stammt diese Vermutung aus dem XX. Jahrhundert, inzwischen dürfte sie mit Mitteln der Genetik widerlegt (oder gar bestätigt?) sein.

Was von Menschenhand ohne allzu große Mühe geht, dürfte unter natürlichen Bedingungen auch nicht jenseits jeder Wahrscheinlichkeit liegen. Dass dennoch die beteiligten Arten und auch Gattungen in sich stabil bleiben und nicht beliebig herummendeln, hat mit der engen Generationenfolge zu tun, die in der Botanik üblich ist - jeder Ausrutscher hat entweder einen Nachteil, der ihn ruckzuck wieder rauswirft, oder er kann innerhalb relativ kurzer Zeit eine neue Art machen, die dann je nach Merkmalen entweder hier- oder dahin klassifiziert wird.

Schöne Grüße

MM

Juchuu, danke für die schnelle, ausführliche und sehr hilfreiche Antwort!! Das passt genau in das Konzept meiner Hausarbeit!! :smile:

Für weitere Beispiele vom Tierreich bin ich trotzdem noch offen!! :smile:

Servus,

wenn Dich der Exkurs in die eigentlich nicht gefragte Thematik „Kreuzung zwischen Arten“ nicht stört:

Da habe ich aus dem Tierreich außer dem klassischen Standard-Gegenbeispiel für Kreuzung zwischen Arten, die keine fruchtbare F1 hat: equus caballus x equus asinus, hier noch etliches aus der fleißigen Schweiz zum Thema bos primigenius und Co. zu bieten:

http://www.yakzucht.ch/downloads/domes_genetik_rind.pdf

Und damit übergebe ich an die richtigen Wissenschaftler.

Schöne Grüße

MM

Hallo!

Bin leider kein Experte, aber so weit ich weiß, ist es das Kennzeichen einer Gattung, dass sie sich mit keiner anderen Gattung kreuzt!
Zumindest in der Zoologie!
Wenn das trotzdem vorkommt, dürfte einfach ein Fehler in der Einordnung vorliegen.

Gruß, Nemo.

Hallo kalla,

Kanarienzüchter kreuzen alles mögliche an Gattungen untereinander (z.B. Kreuzschnabel mit Dompfaff, Grünling mit Buchfink, u.s.w.).

In der Natur kommen diese Verpaarungen i. d. R. nicht vor, da gattungsgleiche Geschlechtspartner vorgezogen werden. Das unterschiedliche Balzverhalten oder auch verschiedene Lebensräume lässt in freier Natur keine Gelüste auf derartige Verpaarungen aufkommen.

http://farbenkanarien.homepage.t-online.de/skv/handb…
(nach unten scrollen, da findest du jede Menge Wildvogelbastarde)

Gruß

Johnny

Hallo Nemo,

grundsätzlich gehören zu diesem Kriterium schon auf der Ebene der Arten nicht bloß die Kreuzung, sondern auch das Hervorgehen fruchtbarer Nachkommen aus der Kreuzung. Eine hochinteressante Definition, weil sie allein aus vergleichender Beobachtung von Phänotypen entwickelt wurde, lange bevor der genetische Zusammenhang bekannt war.

Wenn das trotzdem vorkommt, dürfte einfach ein Fehler in der
Einordnung vorliegen.

In der Tat muss man sich hier vor Augen führen, dass die gesamte heutige Systematik allein auf der Grundlage der Beobachtung von Phänotypen entwickelt wurde, und die heutigen Kenntnisse der genetischen Zusammenhänge zwar darauf fußen, aber ihrerseits teilweise zu überraschenden Ergebnissen führen.

Ein bekanntes Exempel ist die Einordung des Vikunjas (vicugna vicugna) in eine eigene Gattung wegen Eigenschaften seines Gebisses, die sich sonst bei keinem anderen Lama finden. Das Vikunja ist aber ohne weiteres mit dem Guanako (lama guanicoe) fruchtbar, einschließlich fruchtbarer Nachkommen.

Die heutige Kenntnis der Verwandtschaften auf der Grundlage der DNA führt dazu, dass das Vikunja wohl in sowas wie „lama vicugna“ umbenannt werden wird.

Was dann freilich auf der phänotypischen Ebene zu einer Ausnahme von der Regel führen wird: „Lamas haben keine nachwachsenden Zähne - außer dem Vikunja“.

Sicherlich muss im Zweifelsfall die Systematik den Erkenntnissen der Genetik angepasst werden. Andererseits verliert sie dadurch den Zusammenhang zu den Grundlagen, auf denen sie erstellt wurde.

Wat nu?

fragt sich

MM

Wat nu?
fragt sich
MM

Hallo Martin,

die Taxonomie auf der Grundlage von, >was stammt von wem abAber portugiesische Kohlmeisen können keine fruchtbaren Nachkommen mit chinesischen haben.
Folglich müsste irgendwo, auf dem Weg von Westeuropa nach Ostasien sogar eine Gattungsgrenze liegen! Es gibt aber nicht einmal eine Artgrenze!
Was einfach heißt, der Natur ist es ziemlich egal, wie die Taxonomen ein Tier einordnen.

Die DNA-Methode kann zwar manches klären, aber auch da müsste man zuerst einmal festlegen, wieviel Prozent DNA-Unterschied es denn sein und vor allem, wo diese Unterschiede liegen müssten.

Wenn man analoge Vorgänge digitalisieren möchte, wird man immer auf diese Schwierigkeiten treffen.

Der Natur ist es egal!

Gruß, Nemo.

Durch die modernen Methoden der Genforschung wird die bisherige
systematische Einordnung anhand von phänotypischen Merkmalen immer
mehr korrigiert in Richtung genetischer Verwandtschaft. Die
Definition, dass Individuen innerhalb einer Art fruchtbare Nachkommen
zeugen müssen, bleibt bestehen, sie bezieht sich aber nicht auf
die Unterarten. Hier sind Kreuzungen möglich. Übergänge zwischen Art
und Unterarten sind fließend. Auf Gattungsebene, also einer
systematischen Etage höher, sind fruchtbare Kreuzungen absolut nicht
möglich. Eine Ausmahme bilden in gewisser Hinsicht die Orchideen.
Sie sind eine stammesgeschichtlich so junge Gruppe, dass hier die
Artbildung und damit auch ihre Zusammenfassung zu Gattungen noch voll
im Fluss ist. Man spricht deshalb bei vielen Orchideen auch nur von
Hybriden.

MOD: Überflüssiges Vollzitat gelöscht.

Roma