Gebräuchliche Gewürze in Deutschland um 1900

Hallo … ich habe diese Frage meiner Mutter (85 Jahre) gestellt … und Sie konnte mir keine wirkliche Antwort darauf geben.

Frage1: Welche Gewürze/Kräuter benutze die „normale“ Hausfrau in Deutschland um 1900 in der Küche ?

Frage2: Waren in der deutschen Gastro-Küche um 1900 schon weitere, heute vielleicht gebräuchlichen Gewürze in Einsatz, die damals noch etwas „besonderes“ waren?

Vielen Dank und Gruß

Kai G.

Hallo,

Frau Davidis http://de.wikipedia.org/wiki/Henriette_Davidis

kann dir das sicher beantworten:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/4461/1

Grüße
miamei

Hallo,

Im Link sind die Gewürze etwas umständlich zu finden, hier etwas aus einem Kochbuch von 1865 „Die süddeutsche Küche“ von Katharina Prato (gemeint ist allerdings eher die Küche im deutschsprachigen Österreich, erschienen ist das Buch in Graz), in der Reihenfolge der Aufzählung:
Schalotten, Petersilie, Kerbelkraut, Estragon, Kresse (ohne Angabe ob Garten - oder Brunnenkresse),Sauerampfer, Pimpinelle, Muskatblüte und - nuß, Safran, Zitronenschalen, Knoblauch, Pfeffer, Neugewürz (Piment), Sternanis, Ingwer (hier sicher getrocknete Wurzel), Curcuma, Koriander(samen), Cayennepfeffer (Chillisamen),Kümmel sowie Salz und Zucker. Bei diversen Gerichten werden auch Nelken Vanille, weißer und schwarzer Senf sowie Zimt erwähnt, eine lexikalische Aufzählung existiert nicht.
IMHO dürften die importierten Gewürze auch anderswo in Gebrauch gewesen sein, bei Wildkräutern sind natürlich regionale Gebräuche denkbar.

Es grüßt

Der Daimio

Mahlzeit,

Frage1: Welche Gewürze/Kräuter benutze die „normale“ Hausfrau
in Deutschland um 1900 in der Küche ?

definiere ‚normal‘
Auch heute gibt es Köche/Köchinen, die außer Salz und fester Brühe keine anderen Gewürze kennen.

Frage2: Waren in der deutschen Gastro-Küche um 1900 schon
weitere, heute vielleicht gebräuchlichen Gewürze in Einsatz,
die damals noch etwas „besonderes“ waren?

Der Gebrauch von Küchenkräutern war früher weiter verbreitet als heute, weil es keine (oder nur wenige) fertig konfektionierte Gewürze gab.

Das gilt sowohl für den privaten Haushalt als auch für professionelle Küchen.

Auch wurden viele Gewürzkräuter verwendet, die heute kaum noch bekannt sind.
Diese hier http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCchenkr%C3%A4uter waren vor hundert Jahren sicher bekannt (mit wenigen Ausnahmen wie Huacatay) und wurden mehr oder weniger häufig verwendet.

Früher gab es auch wesentlich mehr Arten von Gemüse, von denen einige wieder entdeckt werden, Mangold und Pastinaken z.B. waren vor wenigen Jahren fast unbekannt und erleben gerade eine Art Wiedergeburt.
Siehe auch
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Gem%C3%BCse

Gandalf

Hallo Kai,

es wäre sehr hilfreich, wenn Du benennen könntest, in welches gesellschaftliche Umfeld der Jahrhundertwende um 1900 Du die von Dir genannte „normale Hausfrau“ einordnen würdest:

großbäuerliches U.
kleinbäuerliches U.
Handwerker
Häuslinge + Tagelöhner

Hochadel
Adel
Großbürgertum
Kleinbürgertum
Arbeiter + Proletariat in der Industrialisierung

Jede dieser Gruppen zeichnete sich durch eine durchaus eigenständige Speisenzubereitung mit entsprechenden Grund- und Würzzutaten aus.

Herzliche Grüße

Helmut

Hallo,

Aus der Küche meiner Urgroßmutter Jahrgang 1885 in NRW erinnere ich mich an folgende Gartenkräuter

Petersilie
Estargon
Liebstöckel
Bohnenkraut

Gewürze Salz und Pfeffer

Hallo Kai,

Frage1: Welche Gewürze/Kräuter benutze die „normale“ Hausfrau
in Deutschland um 1900 in der Küche ?

Aus dem Nürnberger Puppenkochbuch von 1896, das aber fast nur süße Gerichte hat:
Zimt, Vanille, Bittermandel, Zitronenschale, Pfeffer, Salz, Kümmel, Anis, Schnittlauch

Aus dem historischen Kamener Kochbuch von 1828:
Zimt, (sehr oft) Salz, Zitronenschale (sehr oft), Sellerie, Petersilie, Cardamom (selten), Muskatnuss, Macis (häufig, auch zu herzhaften Gerichten wie Fisch), Senf, Kapern, Nelken, Piment, Rosenwasser (selten), Vanille (ganz selten), Thymian (selten), Sauerampfer (selten), Estragon (selten), Lorbeerblätter, Basilikum (selten), Ingwer (selten), Meerrettich (selten), Fenchel (selten)

Herzliche Grüße

Uli

Hallo Helmut, ich würde mal meine Oma als „städischen Mittelstand“ bezeichnen. Wohnhaft in Breslau, 3 Kinder, gemietete 4 Zimmer Wohnung, usw … nicht reich und nicht arm.
Gruß Kai

Hallo Kay,

nach Deiner Beschreibung des gesellschaftlichen Umfeldes Deiner Zielperson gehe ich mal von der Einstufung

„bürgerlicher Mittelstand“

aus.

In einer Stadt wie Breslau war um die Jahrhundertwende sicherlich so gut wie alles an bekannten Würzzutaten, wie sie ja die Vorposter für die „bürgerliche + herrschaftliche Küche“ schon ausführlich beschrieben haben (Davidis, Löffler-Bechtel, Rottenhöfer, Ehrhardt, Kurth, Mary Hahn z. B. als Autoren zeitgenössischer bürgerlicher Kochwerke) zu beschaffen (so es denn der zur Verfügung stehende Küchenetat hergab).

Wenn Du tiefer und intensiv einsteigen willst, so sei Dir die öffentliche Bibliothek Deines Vertrauens als Freund empfohlen (auch mit Rückgriff auf die mögliche Fernleihe), wo Du neben den Werken der vorgenannten Autoren auch die nachstehend genannten zur Einsicht beschaffen könntest, die einen recht deutlichen Einblick in das vermitteln, was sich in den bürgerlichen Haushalten der Jahrhundertwende küchen- und finanztechnisch abzuspielen hatte:

Lina Schrank: Kochrezepte für den feinbürgerlichen Haushalt
Buchdruckerei Carl Ritter G.m.b.H., Wiesbaden, o. Jg.
(Lehrbuch einer Koch- und Haushaltungsschule für Bürgertöchter)

Julie Böddinghaus: Der gute Ratgeber für jeden Tag - Wirtschafts-Kalender für die deutsche Frau
A. Bagel, Düsseldorf 1908
(Ein Werk, das für jeden Tag des Jahres ein Mittag- und Abendessen für die kleinbürgerliche Küche anbietet, mit Kostenrechnung für alle Zutaten und Zubereitungsrezept)

Ich hoffe, ich konnte helfen…

Herzliche Grüße

Helmut

Vielen herzlichen Dank für all Eure Antworten.
Ich habe sie ausgedruckt und meiner Mutter mitgebracht … sie war sprachlos.

Gruß Kai

Hallo und guten Abend, bei meiner Großmutter gab es oft Majoran und Bohnenkraut.Wundert mich, es wird hier garnicht erwähnt.Ebenso Dill.
Oma Jahrgang 1874
Tschüß der Steinpilz