Hallo chilipepper,
Dein Fall ist durchaus interessant und enthält eine Menge Rechtsprobleme, die teilweise erst kürzlich entschieden worden sind.
Zunächst einmal muss ich allen anderen „Expertenmeinungen“ hier widersprechen.
Ich muss mich doch schon sehr über den Wissensstand der Leute hier in diesem Forum wundern. Gerade bei diesem Gebrauchtwagenhändler-Lobbyisten stehen mir wirklich die Haare zu Berge. Deswegen meine Empfehlung zunächst an Dich. Solche Rechtsfragen könntest Du ohne Weiteres beim Durchforsten der BGH-Rechtsprechungsdatenbank finden. Dazu unten mehr. Rechtsfragen sollte man nicht an Amateure stellen. Ich nehme mal an, dass Du als Jurastudent, der hier diesen abstrakten Fall gestellt hat, die Problematik wirklich verstehen willst und nicht irgendwelche „…das glaube ich nicht“ oder „…wie ich das interpretiere“ hören möchtest
Aber jetzt zu Deiner Frage.
ein Käufer „K“ kauft im Jahr 2006 ein Gebrauchtfahrzeug für
12000 € bei einem Vertragshändler „V“. das Fahrzeug hat 60
TKm. Es wird im Kaufvertrag eingetragen dass das Fahrzeug
lediglich einen kleinen Parkschaden hinten rechts hat und
dieser gerichtet sei.
Nach zwei Jahren und weitern 50Tkm, wird festgestellt dass
nicht nur das Seitenteil hinten rechts repariert wurde,
sondern die gesamte Hecklappe instand gesetzt wurde. Das
Fahrzeug wurde von „K“ regelmäßig in einer Fachwerkstatt
gewartet.
Kann „K“ den Kauf Rückgängig machen?
Nur weil in diesem Beispielsfall der Mangel nicht bei Gefahrübergang (§ 446 BGB) von K entdeckt worden ist, bedeutet das weder, dass es sich um einen „geringfügigen Mangel“ handelt, noch dass K dadurch eventuelle Ansprüche verwehrt bleiben.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass K ein Verbraucher i.S.d. § 13 BGB und kein Unternehmer i.S.d. § 14 BGB ist, da ansonsten für den K günstige Vorschriften nicht anwendbar sind (vgl. §§ 474 ff. BGB)
Ferner ist es unerheblich, dass im Kaufvertrag (KV) eine Auflistung des Mangels als „Parkschaden“ durchgeführt wurde. Ein Mangel ist im Umkehrschluss aus § 434 I 1 dann gegeben, wenn die Kaufsache bei Gefahrübergang NICHT die vereinbarte Beschaffenheit hat. Vereinbart war hier, dass am Heck ein Parkschaden vorhanden war. Sollte sodann der Schaden größer ausfallen, liegt ein Abweichen von Ist- und Sollbeschaffenheit vor. Der Wagen des K war also definitiv mangelhaft.
Kann er also Mängelgewährleistungsrechte geltend machen? Wenn er tatsächlich erst nach zwei Jahren den Mangel feststellt, so sind seine Ansprüche hier gem. § 438 Nr. 3 BGB möglicherweise verjährt.
Nicht unbedingt! Das Schöne ist, dass V hier möglicherweise besagten Mangel ARGLISTIG verschwiegen hat. Dann wiederum greift die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB ein, wonach Ansprüche erst nach drei Jahren verjähren (vgl. § 438 III BGB). K KANN also Ansprüche aus dem Kaufmängelgewährleistungsrecht geltend machen.
Somit bleibt es hier eine Frage der Beweislast. Leider muss nach den Grundprinzipien des Zivilrechts immer derjenige, der einen Anspruch durchsetzen will, die nötigen Beweise erbringen. Etwaige Beweislastumkehrregelungen greifen hier nicht, da diese im Verbrauchsgütterkaufrecht bereits nach 6 Monaten nach Gefahrübergang unwirksam werden (vgl. § 476 BGB).
Was passiert wenn „K“ in dem Zeitraum in dem er das Fahrzeug
hatte ebenfalls ein Unfall passiert ist aber an einer anderen
Stelle, und dieser aufgrund dessen dass er kaum Sichtbare
Schäden hat diesen nicht reparieren lies?
Im vorliegenden Fall ist es noch problematischer, dass K den Wagen hat reparieren lassen. Das könnte für ihn bei der Beweisfindung ein Problem werden.
Sollte K also beweisen können, dass dieser Mangel in der Form bereits bei Gefahrübergang vorlag, kann er Ansprüche geltend machen. Was käme also in Betracht (Im mega-günstigsten Fall)?
Sollte K jetzt wegen arglistiger Täuschung gem. §§ 123, 142 BGB anfechten, wird der KV zwischen K und V ex tunc vernichtet. D.h. dass beide Vertragspartner so gestellt werden müssen, als hätten sie nie einen KV abgeschlossen.
K könnte aber auch wegen der verlängerten Fristen zurücktreten (und noch einiges mehr - wirf mal einen Blick in §§ 437 ff. BGB).
Prinzipiell steht ihm enorm viel rechtliches Material zur Verfügung, mit dem er gegen V vorgehen kann. Lies Dir dazu mal UNBEDINGT folgende BGH-Entscheidung durch: BGH NJW 2006, 2839 ff.
Was ist mit den Aufwendungen von „K“ für Wartungsarbeiten?
Auch die Wartungsarbeiten am Fahrzeug kann K als notwendige Verwendungen selbstverständlich gem. § 994 BGB geltend machen.
Was kann „V“ von „K“ für die Nutzung des Fahrzeugs verlangen?
Auf die Gegenansprüche des V gegen K werde ich möglicherweise nochmal nachher eingehen, sofern es meine Zeit zulässt. Nur so viel: Das Zivilrecht mag den „arglistigen Täuscher“ überhaupt nicht und gönnt ihm noch weniger.
Lass es Dir gut gehen mit diesem schwierigen (durchaus examensrelevanten) Fall.
Beste Grüße
Matrix