Ich habe im Juli einen Gebrauchtwagen (VW Sharan V6, AT, Bj. 2000) bei einem freien Händler gekauft. War danach noch zweimal da, weil sich die Außenspiegel nicht verstellen ließen und drei Warnleuchten sporadisch immer mal wieder angingen. Fehler wurden ausgelesen, soweit ok.
Nun ist mir aber vor zwei Wochen mein Rückwärtsgang „abhanden“ gekommen! Bin wieder zum Händler. Und nun beginnt das Dilemma: Händler macht lediglich „Ferndiagnosen“, d.h. auch auf mein „anraten“ hin, den Wagen mal auf die Bühne zu nehmen ist er dennoch der Meinung, dass das Getriebe defekt ist und nun getauscht werden muss!
ICH musste ihn darauf hinweisen, dass es sich auch um einen anderen Fehler handeln könnte, was er aber abtat. (Angeblich hätte er noch NIE einen „verlorenen“ Rückwärtsgang gehabt). Nun kommt der gute Mann einfach nicht aus dem knick! Ich weiß, das solch ein Getriebe schwer gebraucht zu besorgen ist! ABER ich brauche auch definitiv einen Rückwärtsgang! Das ist wie Fahrradfahren ohne Sattel momentan! Nun meine Frage, wer von uns beiden muss die Rechnung zahlen? Ich möchte ihm nicht gleich mit Anwalt etc „drohen“ aber so langsam reicht es mir auch! Wer weiß was? Danke schon mal!
Wenn du dein Auto bei einem Händler gekauft hast, dann hast du 1 Jahr Gewährleistung. Da ich nicht glaube dass ein Getriebe von heut auf morgen geschrottet werden kann, liegt es nahe dass das Getriebe bereits beschädigt war bevor du das Fahrzeug gekauft hast.
Mein Tipp: bestehe auf deine Gewährleistung - hierbei liegt die Beweispflicht, in den ersten 6 Monate beim Händler.
Wenn der Händler zicken macht, schalt so schnell wie möglich einen Anwalt hinzu!
Hallo,
@Wolly75 hat absolut Recht!
Ich hatte einen ähnlichen Fall.
Anlasser nach ca. drei Monaten defekt.
Verkäufer hat die Materialkosten bezahlt; ich die Einbaukosten.
Man sollte sich immer auf „Deals“ bei gebrauchten Autos einlassen.
Ro
Aber sicher kann man das. Fahre auf die Autobahn und schalte ab Tempo 140 in den Rallyegang - auf dem Schaltknauf mit R gekennzeichnet.
Das Thema Beweislastumkehr beim Gebrauchtwagenkauf hat schon mehrmals den BGH beschäftigt.
Die Beweislastumkehr greift nur, wenn die Abweichung des Fahrzeugs vom Sollzustand ein Sachmangel ist, bei dem lediglich der zeitliche Eintritt strittig ist.
Beispiele:
Turbolader defekt: Hier war strittig, ob normaler Verschleiß oder ein Mangel vorlag. Sachmangel unbewiesen, keine Haftung.
Motorschaden: Hier war strittig, ob ein alternder Zahnriemen die Ursache war oder ein Fahrfehler. Keine Haftung.
Dellen am Kotfügel: Hier war klar, dass von außen eintretende Gewalt die Dellen verursachte. Man wusste lediglich nicht, ob dies schon vor dem Kauf passiert war oder nachher. Beweislastumkehr greift, Händler haftet.
Katalysator defekt: Ebenso klar verursacht durch Aufsetzen des Fahrzeugs zu einem unklaren Zeitpunkt. Händler haftet.
Zylinderkopfschaden: Obwohl unklar ist, was die Ursache des Schadens am ZK war, wurde bejaht, dass es ein Sachmangel war. Händler haftet.
Nach den ersten vier Urteilen dachte ich, die Logik begriffen zu haben. Das fünfe verstehe ich aber nicht.
Muss ich aber auch nicht, bin kein Jurist.
Ach so, die Quelle der zitierten Urteile:
http://lexetius.com/2007,1957
Übrigens haben auch Experten wohl Schwierigkeiten mit diesem Urteil:
Wenn es eines letzten Beweises dafür bedurft hätte, dass die Praxis mit dem § 476 BGB nicht klar kommt, dann hätte es dieser Fall sein können. Zwei Gerichte entscheiden pro Händler, der BGH dreht die Sache um und stärkt mit seiner Entscheidung – der fünften (!) zum Gebrauchtwagen-Kauf – Verbrauchern den Rücken. Warum, so fragt man sich, hat der Fahrfehler-Einwand in dem berühmten „Zahnriemenfall“ (BGH VA 04, 145, Abruf-Nr. 041808) gezogen und wieso diesmal nicht? In beiden Fällen soll der Käufer nach der Behauptung des Händlers durch eigenes Fehlverhalten „den Schaden“ verursacht haben, beim Zahnriemen durch einen Schaltfehler, jetzt durch Nichtbeachten der Anzeige für die Kühlwassertemperatur und/oder Motorüberlastung durch Anhängerziehen. Der BGH versucht, den entscheidenden Unterschied deutlich zu machen. Dabei hat er ein Problem: Er will sein Fehlurteil im Zahnriemenfall nicht korrigieren. Also muss er für die Fallgruppe „Fahr-/Bedienungsfehler“ zwei unterschiedliche Lösungsansätze anbieten. Das sorgt für Verwirrung. Fazit: Händlern ist der Einwand „Du bist selbst schuld“ erschwert worden; sie müssen alles daran setzen, ihn bei der vorrangigen Ob-Überhaupt-Frage zu platzieren (dazu VA 06, 157). Das sind diejenigen Fälle, in denen der Sachmangel nicht das (meist sichtbare) Resultat, sondern dessen – oft verdeckte und ungewisse – Ursache ist.
(Hervorhebung „Fehlurteil“ durch mich.)
Man muss noch dazu sagen, dass das BGB einen Fehler eingebaut hat.
Demnach sei ein Sachmangel nur dann vorhanden, wenn er bei Gefahrübergang bestand (§434 BGB).
Und der §476 sagt nun: „Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war,“
Wir erinnern uns: Das selbe Gesetz schränkt den Begriff Sachmangel ein auf bei Gefahrübergang bestehende Mängel. Der 476 sagt also im Prinzip: „Wenn beim Gefahrübergang ein Mangel bestand und dieser sich innerhalb von sechs Monaten zeigt, dann wird vermutet, dass er bei Gefahrübergang bestand.“ Oder anders: „Wenn ein Stuhl rot ist, dann wird innerhalb von 6 Monaten nach dem Kauf davon ausgegangen, dass er rot ist.“
Das Problem ist, dass die Richter technische Laien sind.
Wenn da zwei Experten mit gegenteiligen Meiningen sitzen, versteht der Richter meist auch nicht mehr als jede Hausfrau. Dann entscheidet sich der Richter halt für den Experten mit der hübscheren Krawatte oder für den Experten der ihm sympathischeren Partei…
Vor Gericht braucht man nicht einen möglichst abgehobenen Guru als Experten, sondern jemand, der das Problem jedem Kind verständlich machen kann.
MfG Peter(TOO)
Wäre im Zweifelsfall auch mein Lösungsansatz. Hoffe nur, der Händler ist daran interessiert. daher auch meine frage hier. SOLLTE er es nicht sein, hätte ich zumindest gerne ein bisschen was in der Hand!
Vielen Dank dir!
Unsere Gesetzgebung ist wirklich …interessant!
Danke dir für die Ausführliche Antwort!
Das Getriebe ist nicht schwer zu besorgen, jeder Autoteilehändler besorgt dir eines innerhalb eines Tages.
Der sagt genau gar nichts aus und hilft niemandem weiter. Aber schön, dass wir drüber gesprochen haben.
Da geht es um Rechtsprechung und nicht um die Gesetzgebung. Der Gesetzgeber schafft mit den Gesetzen den Rahmen, die Rechtsprechung spricht Recht innerhalb dieses Rahmens und berücksichtigt dabei die Gegebenheiten des Einzelfalles. Ohne diese genau zu kennen, ist eine Beurteilung als „interessant“ schon sehr anmaßend. Krawattenfarbe oder Sympathie spielen vor Gericht übrigens keine wesentliche Rolle, sondern die Glaubwürdigkeit der Zeugen bzw. Gutachter.