Worum es mir geht ist das Bild auf den Straßen.
Hallo, Carlos,
naja, es ist hier der übliche Mix, der die menschliche Gesellschaft ausmacht.
Natürlich ist es erstrebens- und wünschenswert, bis ins hohe Alter gesund und aktiv zu bleiben und dann eines Tages beim Aufwachen festzustellen, dass einem nichts mehr weh tut 
Nur, das ist nicht jedem vergönnt. Aber das heißt ja nicht, dass man trotz altersbedingter Behinderungen nicht dennoch noch Freude am Leben haben kann. Dass man sich nicht trotzdem auf den nächsten Tag freuen kann.
Wichtig ist, dass man sich nicht hängen lässt. Dass man nicht die Flinte ins Korn wirft und nur noch herumjammert und sich und der Umgebung auf den Wecker geht.
Ich sehe das an meinem Schwiegervater: Er ist gut über 80, hat sein Leben lang hart körperlich gearbeitet (unter Tage und als Landschaftsgärtner). Heute macht er noch den Großteil unserer Gartenarbeit - soweit seine Kräfte reichen. Außerdem beschäftigt er sich mit Lesen und Malen, wenn das Wetter Gartenarbeit ausschließt.
Geistige und körperliche Betätigung im Rahmen der Möglichkeiten, der Kontakt mit anderen Menschen, jungen und alten, die Übernahme von Pflichten im eigenen Umkreis tragen dazu bei das Gefühl zu behalten „zu etwas nütze“ zu sein, das Selbstwertgefühl zu päppeln.
Leider lassen unsere „modernen“ Lebensweisen das nicht immer zu. Ich stelle mit Betrübnis fest, dass unsere Gesellschaft sich zu einer immer stärkeren Individualisierung hinbewegt. Schon des öfteren habe ich auf die Vorteile der Großfamilie hingewiesen, in der sich Menschen aller Altersstufen integrieren können und ihren natürlichen Platz und ihre Aufgabe, die ihnen gemäße Fürsorge finden können.
Ich bin glücklich und dankbar, in einem drei-Generationen-Haus leben zu können. Hier finde ich den Rat der älteren, die Tatkraft der mittleren und die Beweglichkeit der jungen Generation. Nicht immer geht das ohne Konflikte, aber die zwingen auch alle Beteiligten dazu, aufeinander einzugehen und halten lebendig.
Und - wie könnte es anders sein - hier noch ein paar Verse:
Am Tisch des Lebens
Ein Mensch tät sich noch gerne gütlich,
doch wirds am Tische ungmütlich:
Auf seinen Essplatz wartet schon
die nächste Generation,
mit großem Löffel, spitzer Gabel,
das Messer wetzend wie den Schnabel.
Der Mensch, der - was noch unvergessen! -
manch zähes Zeug hineingefressen
und der es oft schon satt gehabt,
hätt zwar grad jetzt sich gern gelabt,
wo es vorübergehend besser -
doch schaut er sich die neuen Esser
nicht ohne tiefe Rührung an:
Er sieht den holden Jugendwahn,
der zu verspeisen sich getraut,
was er, als Greis, nicht mehr verdaut.
Freiwillig rückt er sich ins Eck
und trinkt sein letztes Schöpplein weg.
»Denn«, sagt er sich, bescheiden-klug:
»Viel oder wenig war - genug!
Auch diesen wird nicht ungemischt
des Lebens Freude aufgetischt.
Geb Gott nicht allzu grobe Brocken -
Lass munter sie beisammen hocken,
bis auf den Platz die nächsten kommen,
den ich auch - zweitweis - eingenommen.
Gespeist - gezahlt: nun bin ich quitt
und wünsche Guten Appetit!«
Eugen Roth
Grüße
Eckard