Gedenken an verstorbene Kinder im Mittelalter

Wie erinnerte man sich früher an verstorbene Kinder vor Erfindung der Fotografie?

Wie erinnerte man sich früher an verstorbene Kinder vor
Erfindung der Fotografie?

Mit Hilfe seines Gedächtnisses.

ich brauche die Antwort für eine Belegarbeit… gab es spezielle Rituale wie Kinder zu der Zeit beerdigt wurden und wie wurde ihrer gedacht?

Guten Tag,

wir reden hier über eine Zeit in der nur 50% aller Kinder das 6. Lebensjahr erreichte
und in vielen Familien nur jedes 3. oder 4. Kind das Erwachsenenalter (sprich die eigene Hochzeit) erlebte.

Es gab weder Fotos, noch Gemälde, weder Grabsteine noch Skulpturen oder ähnliches für verstorbene Kinder.
Nur die ganz vermögenden Familien erlaubten sich solch eine ‚Gefühlsduselei‘ in seltenen Fällen.

Verstorbene Kinder waren nichts besonderes und gehörten zum alltäglichen Leben dazu -
es gab nicht einmal festgelegte Trauerzeiten bei Kindestod.
Normalerweise ging das Leben schnell wieder seinen gewohnten Gang.

Die bereits getroffene Aussage:
man erinnerte sich in seinem Gedächtnis!
ist zu 100% richtig.

Mit Gruß
Yvisa

Was hast du denn bis jetzt herausgefunden? Und von welcher Epoche sprechen wir genau?

Moin Grußlose,

Wie erinnerte man sich früher an verstorbene Kinder vor
Erfindung der Fotografie?

wie schon gesagt, wenn überhaupt durch Erinnerung.

Da der Tod damals allgegenwärtig war, von 10 oder mehr Kindern nur 3 oder 4 das Erwachsenenalter erreichten wurde um den Tot der Kinder kaum Aufhebens gemacht.

Eine Trauerkultur wie heute wäre damals auf völliges Unverständnis gestoßen.

Gandalf

Hallo Diana,

auf eine - wahrscheinlich bloß lokal ausgeprägte - Art von Ritualisierung für die Beerdigung von verstorbenen kleinen Kindern bin ich im Bassin d’Apt südlich von Gordes, beim Weiler Les Martins, gestoßen, wo unmittelbar um eine außerhalb des Dorfes St. Pantaléon frei stehende (daher möglicherweise im Zusammenhang mit einem vorchristlichen Heiligtum stehende) Pantaleonskirche eine große Zahl von Grabkammern aus dem 11.-12. Jahrhundert in den Fels gehauen sind. Das Besondere an St. Pantaléon ist, dass ungefähr zwei Drittel dieser Gräber sechzig Zentimeter und kürzer sind - der Nothelfer Pantaleon hatte hier lokal offenbar eine besondere Funktion in der Betreuung verstorbener Säuglinge und Kinder.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

ergänzend zu Gandalf noch:
Da gerade im ersten Jahr die Sterblichkeit besonders hoch war, wurde den Babys jetzt auch lange nicht so viel Bedeutung beigemessen, wie unseren Säuglingen. Meist wurden sie nur genährt und gewickelt. Das Interesse an den Kindern stieg erst mit zunehmenden Alter.
Den nötigen Kontakt, der für die Entwicklung der Säuglinge notwendig war, kam meist dadurch, dass die Säuglinge während der Arbeit auf Rücken oder Bauch geschnallt bei der Mutter waren.

Das hatte nichts mit Kaltherzigkeit zu tun sondern war eine Art Selbstschutz für die Mütter. Bauten sie zu ihren Säuglingen eine zu enge Beziehung auf, war es noch schlimmer, alle 1-2 Jahre ein Kind zu beerdigen. Für die Väter waren die Kinder oft erst existent, wenn sie laufen konnten.

Gruß Inge

Und warum jetzt anders?
Hallo,

mich würde mal interessieren, ob wir das dann schlimmer empfinden, oder man härter im nehmen war? Oder warum heute Frauen nach Fehlgeburten in der 6. Woche monatelang trauern, aber meine Uroma 3 Kinder augenscheinlich ohne weitere Lebensprobleme beerdigte… Will damit nichts schlecht machen, aber was stecken da für grundlegende psychische Strukturen hinter ?

lg

brenna

Moin,

aber was stecken da für grundlegende psychische Strukturen
hinter ?

Menschen mit ernsthaften Problemen haben ihre Existenz zu behaupten, haben besseres zu tun als solch einer Trauerkultur nachzuhängen oder anders herum (Achtung böse!) Menschen, die keine solche elementaren Probleme haben, suchen und finden welche.

Gandalf

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Also ich gehöre ja zu der „monatelang- trauer- Generation“ :wink:

Ich denke es ist einfach so, dass man heute ganz bewusst 1-2 Kinder bekommt. Man plant und stellt sein Leben darauf ein.

Jetzt geht der Wunsch in Erfüllung und in der 6. Woche ist der ganze Traum schon wieder vorbei.

Von meiner Uroma weiß ich, dass sie wohl 12 mal verloren und 4 Kinder ausgetragen hat. Sie hatte keinen Mann und es war Kriegszeit. Ich glaube sie war froh, dass sie die Kinder nicht allein großziehen musste.

Die Frauen damals waren garantiert auch traurig. Aber es wurde nicht so ein Theater darum gemacht und viele Frauen wussten auch gar nicht so Bescheid.
Meine Uroma hat ja auch nur die Fehlgeburten bemerkt, die schon sichtbar waren. Also einen Embryo in der 14. Woche erkennt man ja schon. In der 8. hast du evtl. nur starke Blutungen…

Die Familien sind anders damit umgegangen, aber traurig waren sie garantiert auch. Auch Tiere trauern oder suchen ihre Jungen, darum macht das das Säugetier „Mensch“ garantiert auch.

Gruß Jenny

Hallo Jenny,

Bei der Frage nach der Trauer um Kinder muss man die sehr andere Mutter-Situation Mittelalter/Jetztzeit herausstellen, was hier schon angeklungen ist, das ich aber noch vertiefen würde.

Heute wollen Frauen bewusst ein Kind, nehmen ihre Schwangerschaft eindrücklich wahr, erleben eine meist gefahrlose Geburt und erleben eine Mutter-Kind-Beziehung über etwa 2 Jahrzehnte.

Im Mittelalter war es für eine normale Frau (also nicht in Adel oder Geistlichkeit) zwischen 16 und 35 der Normalzustand, schwanger zu sein. Entweder sie war schwanger, oder sie stillte ein Kind. Aufgrund der Lebensumstände ging ein erheblicher Teil der Schwangerschaften ab. Bei einer Geburt stand die Frau vor dem lebensgefährlichsten Ereignis, was sie erleben würde. Von den sagen wir 10 Lebendgeburten überlebten vielleicht 3 oder vier die ersten drei Lebensjahre. Diese hatten dann eine Kindheit, die im sechsten bis achten Lebensjahr endete. Dann waren sie quasi minder belastbare Erwachsene.

Wenn wir die Situation also vergleichen und uns fragen, warum die Frauen heute ganz anders um Totgeburten trauern, dann halten wir uns vor Augen, dass es für mittelalterliche Frauen das Normale war, ein Kind zu verlieren und die Ausnahme, es überleben zu sehen. Heute ist es genau umgekehrt. Dies ist der eine Aspekt. Der andere ist, dass es eine „Familienidylle“, bei der man das Kind betüttelt, mit ihm spielt, es in seinem Kindsein begleitet, einfach nicht gab. Die Kindheit war eine notgedrungen hingenommene Zwischenstufe zum Erwachsensein.

Natürlich werden Mütter den Tod ihrer Leibesfrucht und noch mehr den Tod ihrer Kinder bedauert haben. Doch die ausgeführten Umstände erklären, das eine intensive Trauer ganz sicher unüblich war.

Gruß
Hardey

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Hallo
Naja nicht nur Mittelalter um 1900 war auch der Normalzustand, schwanger zu sein. Die Frauen waren Dauerschwanger, ein Kind im Bauch das andere im Arm und drei am Rockzippel.
Meine Oma hatte 16 Kinder, nur 4 überlebten und wie viele Fehlgeburten? Das war damals normal.
Sie haben sicher auch getrauert aber die waren so High von den ganzen Hormonen das die Trauer vielleicht leichter zu ertragen war.MFG

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