Hi ImpreZza,
nun dann unternehme ich noch einen zweiten Versuch:wink:
Hans Carossa (1878 - 1956)
Der alte Brunnen
Lösch aus dein Licht und schlaf! Das immer wache
Gesplätscher nur vom alten Brunnen tönt.
Wer aber Gast war unter meinem Dache,
Hat sich stets bald an diesen Ton gewöhnt.
Zwar kann es einmal sein, wenn du schon mitten
Im Traume bist, daß Unruh geht ums Haus,
Der Kies beim Brunnen knirscht von harten Tritten,
Das helle Plätschern setzt auf einmal aus,
Und du erwachst, — dann mußt du nicht erschrecken!
Die Sterne stehn vollzählig überm Land,
Und nur ein Wandrer trat ans Marmorbecken,
Der schöpft vom Brunnen mit der hohlen Hand.
Er geht gleich weiter. Und es rauscht wie immer.
O freue dich, du bleibst nicht einsam hier.
Viel Wandrer gehen fern im Sternenschimmer,
Und mancher noch ist auf dem Weg zu dir.
Johann Wolfgang von Goethe (dieses Gedicht entstand 1779)
Gesang der Geister über den Wassern
Des Menschen Seele gleicht dem Wasser:
Vom Himmel kommt es, zum Himmel steigt es,
und wieder nieder zur Erde muß es, ewig wechselnd.
Strömt von der hohen, steilen Felswand der reine Strahl,
dann stäubt er lieblich in Wolkenwellen zum glatten Fels,
und leicht empfangen, wallt er verschleiernd,
leisrauschend zur Tiefe nieder.
Ragen Klippen dem Sturz entgegen,
schäumt er unmutig stufenweise zum Abgrund.
Im flachen Bette schleicht er das Wiesental hin,
und in dem glatten See weiden ihr Antlitz alle Gestirne.
Wind ist der Welle lieblicher Buhler;
Wind mischt vom Grund aus schäumende Wogen.
Seele des Menschen, wie gleichst du dem Wasser!
Schicksal des Menschen, wie gleichst du dem Wind!
Friedrich Hölderlin (1770 - 1843)
Der Neckar
In deinen Tälern wachte mein Herz mir auf
Zum Leben, deine Wellen umspielten mich,
Und all der holden Hügel, die dich
Wanderer! kennen, ist keiner fremd mir.
Auf ihren Gipfeln löste des Himmels Luft
Mir oft der Knechtschaft Schmerzen; und aus dem Tal,
Wie Leben aus dem Freudebecher,
Glänzte die bläuliche Silberwelle.
Der Berge Quellen eilten hinab zu dir,
Mit ihnen auch mein Herz und du nahmst uns mit,
Zum stillerhabnen Rhein, zu seinen
Städten hinunter und lustgen Inseln.
Noch dünkt die Welt mir schön, und das Aug entflieht,
Verlangend nach den Reizen der Erde mir,
Zum goldenen Paktol, zu Smyrnas
Ufer, zu Ilions Wald. Auch möcht ich
Bei Sunium oft landen, den stummen Pfad
Nach deinen Säulen fragen, Olympion!
Noch eh der Sturmwind und das Alter
Hin in den Schutt der Athenertempel
Und ihrer Gottesbilder auch dich begräbt,
Denn lang schon einsam stehst du, o Stolz der Welt,
Die nicht mehr ist. Und o ihr schönen
Inseln Ioniens! wo die Meerluft
Die heißen Ufer kühlt und den Lorbeerwald
Durchsäuselt, wenn die Sonne den Weinstock wärmt,
Ach! wo ein goldner Herbst dem armen
Volk in Gesänge die Seufzer wandelt,
Wenn sein Granatbaum reift, wenn aus grüner Nacht
Die Pomeranze blinkt, und der Mastixbaum
Von Harze träuft und Pauk und Cymbel
Zum labyrinthischen Tanze klingen.
Zu euch, ihr Inseln! bringt mich vielleicht, zu euch
Mein Schutzgott einst; doch weicht mir aus treuem Sinn
Auch da mein Neckar nicht mit seinen
Lieblichen Wiesen und Uferweiden.
Karel Vinařický (1803-1869)
Am Bach
Durch das Tal
nimmt der Bach
seinen Lauf.
Auch der Winter kann
ihn nicht halten an.
Er schießt auf.
Im Schoß der Erde wird er wach
Hurtig rinnt er
munter springt er.
Flinke Rinnen
langen ins Tal
gegen die Kiesel
schäumt Geriesel.
Zieht ein Wetter auf am Himmel
trübt er sich ein, brodelt herum
im Rasen
aufgeblasen,
ergießt er sich, zwirbelt
gellt er und wirbelt,
pflügt Auen und Weiden um,
reißt Flechtwerk und Wälle nieder,
kein Mensch kann ihm Einhalt gebieten.
Das Unwetter geht.
Es verebben,
verläppern
Schäume, Getöse, Gegelle.
Der Bach wird sanft,
stürzt in des Flusses Welle.
Gleicht des Baches Kraft
nicht Jünglings Leidenschaft?
Werner Rohrmoser
Wasserflohgedicht
Nummer zwei
Ein Wasserfloh
im Paletot
verirrt sich
außerst selten,
gewöhnlich liebt
das kleine Tier
ganz klare
Wasserwelten.
Da schmust es mit
dem Borstenwurm,
da jagt es
Flagellaten,
treibt sich mit
Rädertierchen rum,
anstatt durchs
Watt zu waten.
Turnt albern durch
das Nass dahin
und ärgert
Wasserwanzen
und dennoch
hat es seinen Sinn
als kleiner Teil
vom Ganzen.
Das Ganze,
das sind Du und Ich,
das Tier und auch
die Pflanze,
die Elemente
und das Licht
und Wasser,
Krug und Kranze.
Als Mensch muss man
das nicht verstehen,
doch sollte man
es schonen;
denn eines wird
bestimmt nicht gehen:
So eine Welt
zu klonen.
K.E.Ebert
Wasser
Wasser trägt im Ozeane
tröstend fernhin den Betrübten,
spült im Fluss auf leichtem Kahne
den Geliebten zur Geliebten.
Wasser rauscht aus Felsgeklüften
als Gesang herab zum Tale,
perlt als Tau aus Morgenlüften
in der Blumen Duftpokale.
Wasser träuft als milder Regen
kühlend in die trockne Erde,
Wasser labt als Quell an Wegen
Wandrer, Hirten, Wild und Herde.
Ohne dass es Wasser sauge,
stürb` auf Erden alles Schöne,
ach, und nur im Menschenauge
ist das Wasser eine Träne.
Viele Grüße
Eve*