Gefährden Katzen das biologische Gleichgewicht?

Hallo, Zoologinnen und Ornithologen

Offenbar hat meine Katze draussen zum fast völligen Verschwinden
von Amseln und Kleibern beigetragen. Gefährdet sie das ‚biologische
Gleichgewicht‘? Oder ist sie eine natürliche Mitwirkende in der
Herstellung dieser Balance?

Amseln und Kleiber habe es genug, sagt der städtische
Umweltbeauftragte. Hingegen sei die Zauneidechsenpopulation am
alten Bahndamm durch die Katzen unseres Quartiers ernsthaft
gefährdet. Sie könne nur stabilisiert werden, wenn eine Verbindung zur
nächsten (ungefährdeten) Eidechsenpopulation hergestellt werden
könne.

Muss ich meine Katze einschläfern lassen?

Gruss
Adam

Hallo,

Deine Fragestellung ist absichtlich provokant. Wenn Du aufkreischende Katzenmuttis verärgern willst, musst Du vermutlich im Haustierbrett posten … kleiner Scherz.

Oder ist sie eine natürliche Mitwirkende in
der
Herstellung dieser Balance?

Das kann man verneinen. Zum einen gehört die Europäische Hauskatze nicht in unser Ökosystem, zum anderen gibt es wohl keine Überpopulation an Singvögeln oder Reptilien, die im Zaum gehalten werden muss.

Ja, freilaufende Katzen erjagen Vögel und Reptilien, besonders gerne Jungtiere. Dadurch kann die Population der Beutetiere sich verringern. Man sollte sich aber vor Augen führen, dass das Jagen der Katze nur einen verhältnismäßig geringen Einfluss hat, im Vergleich zu den vielen anderen Faktoren: zerstörter Lebensraum, Lärm, Bebauung, ordnungsfanatische Gartenbesitzer, usw.

Hier ein Infoblatt vom NaBu mit Ratschlägen:
http://www.nabu.de/ratgeber/katzenundvoegel.pdf

Gruß,

Myriam

Hallo!

Naja, das ist eine gute Frage.
Was ist denn überhaupt „ökologisches Gleichgewicht“?

Und, zählt ein ökologisches Gleichgewicht, zu dem Menschen beigetragen haben, als ökologisches Gleichgewicht?

Der Witz an der Sache ist, das sich in (fast) jedem beliebigen System irgendwann ein Gleichgewicht einstellt, wenn es nicht ständig gestört wird.
Menschen neigen aber dazu, natürliche Systeme permanent zu stören, so das der Gleichgewichtszustand (halt ein stabiles System) nie erreicht wird.

Es gibt in Deutschland sehr, sehr viele Hauskatzen (so ca. 7 Mio., IIRC), unter denen viele Freigänger sind - das sind wesentlich mehr Katzen, als sich unter normalen Umständen und ohne zufütterung hier ansiedeln könnten.

Auch eine Hauskatze, die regelmäßig gefüttert wird und Freigang hat, jagt - und dann besonders Tiere, die leicht zu erwischen sind.
(Z.B. halt Zauneidechsen)

Wenn sich jetzt (ohne Menschen) ein Gleichgewicht einstellen würde, gäbe es viel weniger Katzen, da sie sich nicht alle ernähren könnten.

Wenn die Menschen alle verschwinden würden, von einem Tag auf den anderen, würden die Hauskatzen (nach langem, erfolglosen gebettel um Futter) alle für sie möglichen Beutetiere auffressen, die ihnen nicht entkommen können - womit diese vermutlich aussterben würden - und dann verhungern.

Nur wenige Katzen würden überleben, und dann würde sich ein Gleichgewicht einstellen.

Also, es nützt gar nichts, wenn du deine Katze einschläfern läßt, weil sich in deiner Nachbarschaft noch ungefähr 100 andere Katzen aufhalten, die genau so viel Spass daran haben, Zauneidechsen zu jagen.

Viele Grüße!
Ph.

Ja - aber nicht hier
Hallo Adam,

Du solltest bedenken, dass die hiesige Fauna weit von irgendeiner Art von ‚natürlichem‘ Zustand entfernt ist. Sämtliche großen Beutegreifer sind entschwunden,ebenso auch etliche der kleineren (Wildkatze!), dafür machen sich Einwanderer (z.B. Waschbär) breit; von den Folgen von Landwirtschaft, Straßenbau, Umweltverschmutzung etc.pp einmal ganz zu schweigen. Da macht die eine oder andere übereifrige Katze den Kohl auch nicht mehr fett…

Anders sieht es in Weltgegenden aus, in denen es bis zur Ankunft von Katzen keinerlei auch nur annähernd ähnlichen ‚Raubtiere‘ gegeben hat. In Australien gelten Katzen im Allgemeinen als hauptursächlich verantwortlich für die starke Dezimierung bis hin zur Ausrottung verschiedener einheimischer Spezies; wobei auch dort inzwischen der Einfluss des Menschen auf die Fauna in der Diskussion Berücksichtigung findet.

Fast alles, was Du niemals über dieses Thema wissen wolltest, findest Du hier: http://www.feralcat.com/sarah1.html

Schnurrige Grüße

=^…^=
Katze

Hallo Adam,

unsere Katze (Freigängerin) ist eine famose Jägerin und bringt uns regelmäßig Dankesbekundungen in Form von Mäusen (speziell Spitzmäusen, weil sie die nicht frisst :wink:, aber auch diverse Vögel.
Trotzdem haben wir viele Amseln, Hausrotschwänze, Schwalben und mehr.
Das kommt daher, weil wir den Vögeln sehr viele, für die Katze unerreichbare Brutmöglichkeiten bieten können. Fällt ein Junges aus dem Nest, hat es aber keine Chance, selbst wenn ich es ins Nest zurücksetze. Da helfen keine Handschuhe etc. die Jungen werden von den Eltern wieder rausgeworfen. Festmahl für die Katze.

Die Nachbarkatzen haben kaum eine Chance auf unserem Gelände, weil der Hund unserer Katze den Rücken frei hält :wink:

Natürlich ist das keine ‚Natur‘, aber ein Gleichgewicht scheint es trotzdem zu geben. Als wir mal eine Zeit keine Katze hatten, waren wesentlich mehr Mäuse auf dem Gelände.

Gandalf

Offenbar hat meine Katze draussen zum fast völligen
Verschwinden
von Amseln und Kleibern beigetragen. Gefährdet sie das
‚biologische
Gleichgewicht‘?

Das Verschwinden von Amseln und Kleibern sehe ich nicht unbedingt mit Deiner Katze im Zusammenhang. Aber: Wir haben zu viele Katzen im Umfeld der Städte. Auf meinem Grundstück leiden wahrscheinlich eher Eidechsen, Blindschleichen, Spitzmäuse und Ringelnattern. Auch einem Wasserfrosch, der sich an meinem Gartenteich eingestellt hatte, lauerte eine Katze erfolgreich stundenlang auf.
Ich will niemandem die Haltung von Katzen vermiesen, aber da ist schon ein Problem.
Udo Becker

Gefährdet sie das
‚biologische
Gleichgewicht‘? Oder ist sie eine natürliche Mitwirkende in
der
Herstellung dieser Balance?

Ich würde Haus- und Nutztiere nicht als Teil der „natürlichen“ Flora und Fauna ansehen, sondern als Teil der menschlichen Sphäre, wie Autos, Getreidefelder oder Strommasten. Wie diese interagieren sie natürlich mit dem nicht menschengesteuerten Teil der Biosphäre und nehmen Einfluss auf deren Dynamik.

Ich möchte die Katze nicht als Teil der lokalen Fauna sehen, weil ihre Population sich nicht aus der Interaktion mit den anderen Arten ergibt, sondern allein dem Willen des Menschen unterliegt - ihre Population hängt davon ab, was ihm Freude macht („ach wie süüüüß !“)und was für soziale Zwänge (Mietverträge, Hundesteuer) er sich selbst schafft.

MfG
Klaus

Ohne jetzt den Zorn aller Katzenhalter auf mich zu ziehen, aber wieso gibt es eigentlich nicht einfach ein generelles Verbot für „Freigänger“? Hunde darf ich auch nicht einfach so rumlaufen lassen, geschweige denn eine Boa, oder ein Pferd (ja, ich sehe ein, dass der Vergleich hinkt, weil ein Pferd zB. eine Gefährdung für Straßenverkehr etc. darstellt). Diesen Punkt hab ich noch nie verstanden. Und es GIBT ja Hauskatzen. Und wenn das Gegenargument lautet, die Katze verkümmert als Wohnungskatze, dann eignet sie sich eben nicht als Haustier, wie viele andere Tier auch.

Lebensräume fehlen
Hallo,
zum Thema „ökologisches Gleichgewicht“ wurde ja schon einiges Richtiges gesagt.
Zu den Zauneidechsen wollte ich mich noch äußern. Hier wird ganz offensichtlich der klassische Tierschutz betrieben: Die einzelnen Bestände werden gehegt, gezählt und geschützt, wobei der Kern der Sache vertuscht wird: Es fehlen Lebensräume für geschützte Tiere, am Rande hat Dein Posting das ja auch gestreift:

Sie könne nur stabilisiert werden, wenn eine
Verbindung zur
nächsten (ungefährdeten) Eidechsenpopulation hergestellt
werden könne.

Diese auf Einzelindividuen fokussierende Art von Tierschutz ist meines Erachtens wenig sinnvoll. Erklärendes Beispiel: Verstoßene OrangUtans mit der Flasche aufziehen mag ja ganz süß sein, auch die Nachzucht im Zoo, aber wenn der zugehörige Urwald fehlt, in dem die Tiere nachher leben können ist es plakativ gesagt, rausgeschmissenes Geld. Nostalgie. Heuchelei. Einen gewissen informativen Marketingeffekt will ich in diesem Zusammenhang nicht bestreiten.

Für mich würde das bedeuten: Behalt Deine Katze, baue Deinen Garten naturnah um, schaffe Kleinlebensräume, engagiere Dich gegen Flächenverbrauch und Biotopzerstörung.

Grüße
kernig

Hallo,

wieso gibt es eigentlich nicht einfach ein generelles
Verbot für „Freigänger“?

meine Katze (und viele andere in der Nachbarschaft auch) ist eine ‚Nutzkatze‘ will meinen, sie macht sich insofern nützlich, daß sie meinen Bauernhof von Mäusen, Ratten und ähnlichem Getier frei hält oder besser gesagt deren Population begrenzt, damit ich Futtermittel für andere Tiere in der Scheune und den Ställen lagern kann, ohne sie diesen Tieren zum Fraß auszuliefern.

Das ist in den Städten vielleicht anders, aber auch da machen sich die Freigänger um die Menge der Ratten Mäuse etc. verdient.
Daß andere Tiere wie Singvögel auch gefangen werden, liegt daran, daß sie, platt gesagt, nicht geschickt genug sind.
Das Geschrei, wie viel Ungeziefer es plötzlich gibt möchte ich hören und die Kammerjäger versprühen dann flächendeckend ihre Mittel und die, die jetzt gegen Freigänger schimpfen, schimpfen dann gegen die Nagetiere und/oder gegen die Kammerjäger.

Es gibt eben Leute, die immer gegen etwas schimpfen müssen, sonst sind die nicht glücklich.

Gandalf

4 „Gefällt mir“

[MOD: offtopic]
Moin,

führt solche Diskussionen bitte - wenn überhaupt - im Haustierbrett. Hier geht es um Biologie, und da wollen wir bitte auch bleiben.

Gruß
[MOD] Cess

Vielen Dank an alle
Vielen Dank an alle.

Gruss
Adam

Hallo,

Offenbar hat meine Katze draussen zum fast völligen
Verschwinden von Amseln und Kleibern beigetragen.

Dazu wurde schon genug geschrieben :wink:

Gefährdet sie das ‚biologische Gleichgewicht‘? Oder ist sie
eine natürliche Mitwirkende in der Herstellung dieser Balance?

Weder noch! Es gibt dieses ominöse ‚biologische Gleichgewicht‘
immer nur in der menschlischen Interprätation einer relativ
kurzfristigen Situation. Wenn es sowas gäbe, könnte keine
Evolution stattfinden … denn alles wäre in einem paradisischen
Gleichgewicht.

In der Natur herrscht ein Wettbewerb um alle Resourcen und
dabei sind unendlich viele Arten ausgestorben bevor es den
Menschen oder deine Katze gab.

Meiner Meinung nach ist jedes Bemühen mittels menschlischer
Eingriffe ein ‚biologisches Gleichgewischt‘ herzustellen nur
eine neue Selbstüberschätzung unserer Art.

Es wäre absolut ausreichend, wenn wir all unsere Eingriffe
vermindern würden und unseren Dreck wegräumten …

Hingegen sei die Zauneidechsenpopulation am alten Bahndamm
durch die Katzen unseres Quartiers ernsthaft gefährdet. Sie
könne nur stabilisiert werden, wenn eine Verbindung zur
nächsten (ungefährdeten) Eidechsenpopulation hergestellt
werden könne.

Zaun eidechsen an Bahndämmen braucht die Natur um jeden
Preis … wobei die Benennung den Viechern sicher egal ist *g*

Viele Grüße

Jake